Die Mietpreisbremse ist ein Bundesgesetz.  Die Länder müssen dazu eigene Verordnungen erlassen und diese begründen. Das Land Hessen hat die Mietenbegrenzungsverordnung 2015 in Kraft gesetzt. Sie gilt in Hessen neben Frankfurt in 15 weiteren Städten wie in Darmstadt, Kassel, Offenbach oder Wiesbaden.

Die Mietpreisbremse soll die rasant steigenden Mieten in den Ballungsräumen stoppen. Bei Neuvermietungen darf die Miete demnach nicht höher als zehn Prozent über der Vergleichsmiete liegen - falls nicht der Vormieter bereits eine höhere Miete gezahlt hat.

Spannende Entwicklung für Mieter in Hessen

Schon im März hatte das Landgericht Frankfurt die Mietpreisbremse in einem Fall wegen fehlender ordnungsgemäßer Begründung für unwirksam erklärt.

Das hessische Bauministerium vertritt die Ansicht, dass die Mietpreisbremse dennoch weiterhin gültig sei, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handele.

Nun wurde das Land Hessen von Berliner Juristen erstmalig wegen dem Formfehler in der Mietpreisbremse verklagt. Hintergrund ist, dass eine Wohnbaugesellschaft von einem Mieter einen Mietpreis verlangt, der rund 50 Prozent über dem Mietspiegelniveau liegt.

Die Versuche des Mieters auf dem Verhandlungsweg mit der Vermieterin einen niedrigeren Preis auszuhandeln, scheiterten. Seine Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt blieb ebenfalls erfolglos. Die Wohnbaugesellschaft beruft sich auf die vom Landgericht Frankfurt festgestellte Unwirksamkeit der Mietpreisbremse.

Hessen hat geschlampt

Die Rechtsanwälte aus Berlin argumentieren „Wenn der Vermieter nicht haftbar gemacht werden könne, muss das Land selbst zur Rechenschaft gezogen werden.“ Es müsse für die "entgangene Ersparnis des Mieters“ aufkommen. Die Anwaltsorganisation hat bereits  Bayern und Hamburg verklagt. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.

"Wir wollen einfach mit dieser Klage Rechtsklarheit darüber haben, wer eigentlich zur Verantwortung zu ziehen ist", sagt Daniel Halmer, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Onlineplattform. "Hier geht es um die Frage, ob ein Verordnungsgeber, hier das Land Hessen, eigentlich haftet, wenn es bei dem Gesetzgebungsprozess Fehler gemacht hat."

Laut Halmer hat das zuständige Ministerium in Hessen geschlampt, da der Sticker „Entwurf“ nicht aus dem veröffentlichten Entwurf herausgenommen wurde. Das Land sieht dies naturgemäß anders und vertritt die Ansicht, dass die Mietbegrenzungsverordnung selbst in Ordnung sei. Außerdem liege der Mietrechtstreit vom März beim Bundesgerichtshof.

Das Problem dabei für die Landesregierung Hessen: Die Kammer des Landgerichts legte in ihrer Entscheidung dar, dass die Hessische Mietbegrenzungsverordnung nicht ordnungsgemäß begründet worden sei. Sie sei daher unwirksam. Das Begründungserfordernis sei in der sog. „Mietpreisbremse“ (§ 556d BGB) ausdrücklich festgeschrieben. Der Hessische Landesgesetzgeber habe die Verordnung deswegen nicht richtig begründet, weil er zum Zeitpunkt ihres Erlasses nur einen Begründungsentwurf vorgelegt habe. Das Landgericht stellt fest, „dass jede Seite quer dick mit dem Wort „Entwurf“ gekennzeichnet“ worden sei.

Die Kammer führt in ihrem Urteil aus: „Die Bestimmung und Abgrenzung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bedarf einer sorgsamen Prüfung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme, um auf diese Weise den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Eigentumsschutzes Rechnung zu tragen.“ Und weiter: „Die Begründung muss nachprüfbare Tatsachen liefern, warum die jeweilige Gemeinde gerade in die Verordnung aufgenommen wurde.“ Der bloße Entwurf einer Begründung genüge dem nicht.

Demnach muss begründet werden, wieso ein spezieller Wohnungsmarkt als angespannt einzustufen ist. Die Landesregierung habe zum Zeitpunkt der Verordnung nur einen Begründungs-Entwurf vorgelegt - denn die Blätter seien mit dem Zusatz "Entwurf" gekennzeichnet gewesen.

Die offizielle Begründung der Mietpreisbegrenzungsverordnung habe die Landesregierung frühestens im Jahr 2017 als pdf-Download auf der Homepage des zuständigen Ministeriums öffentlich zugänglich gemacht. Das hätte nach Ansicht des Gerichts aber zwei Jahre zuvor - also zum Zeitpunkt des Erlasses - passieren müssen.

Die grüne Umweltministerin Hinz informierte zwischenzeitlich darüber, dass die Mietpreisbremse in Hessen bis 2020 verlängert wird und rechtliche Unklarheiten in einer Neufassung beseitigt werden.

Fazit

Die nun laufende Staatshaftungsklage gegen Hessen ist eine spannende Sache für Mieter, die laut Mietpreisbremse weniger zahlen müssten und beim Vermieter aus den oben beschriebenen Gründen auf Granit gebissen haben. Hat die Klage Erfolg, muss das Land dem Mieter die Differenz erstatten.
 
Geht das Verfahren vor das Oberlandesgericht, wovon Anwalt Halmer ausgeht, könnte das Urteil Signalwirkung für alle Mieter in Hessen haben. Ähnliche Wirkungen hätten die Urteile in Hamburg und Bayern.

Anhang Gesetzeswortlaut

§ 556d des Bürgerlichen Gesetzbuches, sog. „Mietpreisbremse“
Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn; Verordnungsermächtigung

(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2) höchstens um 10 Prozent übersteigen.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt, die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt, die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 muss spätestens am 31. Dezember 2020 in Kraft treten. Sie muss begründet werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen.

Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

Hinweis
Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"