Wer die Entwicklungen aufmerksam beobachtet, dürfte zu dem Schluss gelangen, dass die aktuellen Spannungen letztendlich auf einen Bruch zwischen beiden Ländern hinauszulaufen scheinen, in dessen Zuge über die vergangenen Jahrzehnte etablierte Normen einfach über Bord geschmissen würden.

Im Juni warnte Guo Shuqing, Chef der Banken- und Versicherungsregulierungskommission Chinas, davor, dass der Weltwährungsreservestatus des US-Dollars seinem Ende entgegen sehen könnte. Im Rahmen einer Rede in Shanghai machte Guo damals vor allem auf die nachfolgenden vier Entwicklungen aufmerksam:

  • De facto handele es sich im Fall der Federal Reserve um eine Weltzentralbank. Wenn die geldpolitische Strategie der Fed nur noch auf die heimische Wirtschaft fokussiert sei, müsse es in der Folge zu nachteiligen Effekten in Übersee kommen. Hiervon seien ausländische Wirtschaftsräume im Allgemeinen und US-Dollar-Halter im Besonderen betroffen.

  • Die globale Pandemie könnte über einen langen Zeitraum anhalten, während Staatsregierungen damit fortfahren werden, die dadurch erzeugten Probleme mit elektronisch erzeugtem Geld zu bewerfen. Die hieraus resultierenden Effekte erwiesen sich jedoch als immer geringfügiger. Wer in der aktuellen Situation nicht zweimal nachdächte, bevor etwas beschlossen und verabschiedet würde, könnte in naher Zukunft feststellen, keine Munition mehr im Köcher zu haben.

  • Es gäbe keine Programme, die kostenlos erhältlich seien. Aus diesem Grund sei die Inflationsentwicklung aufmerksam zu beobachten.

  • Die Finanzmärkte sähen sich von der realen Wirtschaft abgekoppelt. Der Grad der aktuell zu beobachtenden Abkopplung sei in der Historie bislang ungesehen. Äußerst schmerzhaft werde es dann werden, wenn die geldpolitische Unterstützung eingestellt werden müsse.

Guo fuhr damals fort darauf hinzuweisen, dass manche Beobachter der Ansicht seien, dass es sich im Fall von in der Heimat gehaltenen Schulden nicht um Schulden handele. Dagegen erwiesen sich durch das Ausland gehaltene Schulden als Schulden. Aus Sicht der USA ließe sich gar behaupten, dass selbst externe Schulden keine Schulden wären.

Über einen viel zu langen Zeitraum in der Vergangenheit mag dies der Fall gewesen sein, doch immer deutlicher beginne sich abzuzeichnen, dass diese Sichtweise in der Zukunft nicht mehr länger Bestand haben werde. Aus diesem Grund werde die Volksrepublik China das heimische Finanzsystem nicht mit noch mehr Geld fluten. Die Einführung von Negativzinsen in China sei ebenso ausgeschlossen wie eine anhaltende Schuldenmonetisierung.

So weit, so gut. Es ist nicht das erste Mal, dass lautstarke Kritik aus der Volksrepublik China im Hinblick auf die „außerordentlichen Privilegien“, die mit dem Status des US-Dollars als Weltreservewährung einhergehen, ertönt ist.

Kurz nach Überwinden der globalen Finanzkrise sprach sich der damalige Gouverneur der People´s Bank of China, Zhou Xiaochuan, dafür aus, IWF-Sonderziehungsrechte zu nutzen, um den US-Dollar als Weltreservewährung zu substituieren. Doch diese Warnungen und Forderungen wurden bis zum heutigen Tage nahezu komplett ignoriert.

Eines steht allerdings fest. Die Volksrepublik China ist sich nur allzu bewusst darüber, dass die Regierung der Vereinigten Staaten bereit dazu ist, die heimische Währung im Kampf um die Aufrechterhaltung einer weltweiten Vorherrschaft als Waffe einzusetzen. Dies gilt umso mehr aus Perspektive eines sich tagtäglich intensivierenden Kalten Kriegs zwischen den USA und China.

Aufhorchen lässt nun ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, laut dem die Abteilung des Investmentbankings der Bank of China davor warnt, dass die Volksrepublik China sich auf potenziell zu verabschiedende US-Sanktionen vorbereiten sollte, indem das Land dem US-Dollar-zentristischen SWIFT-System den Rücken kehre. Fortan sollte China sein eigens aus der Taufe gehobenes Nachrichtenübermittlungsnetzwerk für grenzüberschreitende Zahlungen und Transaktionen in Festlandchina, Hongkong und Macau nutzen.

Eine verstärkte Nutzung des grenzübergreifenden Interbank Payment System (CIPS) anstelle des in Belgien beheimateten SWIFT-Systems würde zudem mit einer sich aus Sicht der USA verringernden Exposition von Chinas globalen Zahlungs- und Transaktionsdaten einhergehen. Der Chefökonom der Bank of China, Guan Tao, war zuvor als Direktor der Abteilung für internationale Zahlungstransaktionen bei der staatlichen State Administration of Foreign Exchange (SAFE) tätig.

Im Bericht wurde über eine Reihe von Maßnahmen spekuliert, welche die Vereinigten Staaten gegen chinesische Banken ergreifen könnten, einschließlich einer kompletten Abkopplung des Zugangs chinesischer Banken zum Nachrichtenübermittlungsnetzwerk SWIFT. Im Fall von SWIFT handelt es sich um das führende Netzwerk, das durch global aktive Banken bei der Ausführung von Zahlungstransaktionen genutzt wird.

Sollten die USA zu der extremsten Maßnahme einer Abkopplung von China-Banken vom US-Dollar-System greifen, so sollte die Volksrepublik China definitiv in Erwägung ziehen, den US-Dollar spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Ankerwährung bezüglich der eigens verhängten ausländischen Kapitalkontrollen nutzen.

Chinesische Staatsbanken haben in Antizipation der Verabschiedung eines möglichen US-Gesetzes, mit dem Strafaktionen in Bezug auf all jene Banken verbunden wären, die an einer Implementierung des Nationalen Sicherheitsgesetzes für Hongkong beteiligten Offiziellen der chinesischen Regierung nach wie vor Finanzdienstleistungen anbieten, bereits zum aktuellen Zeitpunkt diverse Eindämmungsstrategien ausgearbeitet.

Die Volksrepublik China hat das System CIPS mit dem Zweck der Lancierung eines alternativen Abwicklungs- und Zahlungssystems – ähnlich wie Russland – zum SWIFT-System schon im Jahr 2015 auf den Weg gebracht. Hiermit ist ebenfalls die Hoffnung auf einen höheren Grad der Internationalisierung der heimischen Währung Yuan/Renminbi verbunden.

Im vergangenen Jahr wurden mittels des durch die People´s Bank of China beaufsichtigten Systems CIPS jedoch gerade einmal knapp 136 Milliarden Yuan (19,5 Milliarden US-Dollar) an Zahlungstransaktionen pro Tag verzeichnet. Immerhin nahmen bereits 96 ausländische Staaten an einer Nutzung des Systems teil.

Die Bank of China ruft die Pekinger Staatsregierung ferner dazu auf, ein gesetzliches Blockadestatut nach Vorbild der Europäischen Union zu verabschieden, in dessen Zuge es europäischen Unternehmen möglich ist, den Handel und die ökonomischen Beziehungen mit jenen durch die USA sanktionierten Nationen wie dem Iran aufrechtzuerhalten.

Allerdings muss in diesem Zuge auch gesagt werden, dass sich der europäische Versuch des Aufbaus eines alternativen Zahlungssystems zu SWIFT – namens Instex - bislang als Flop erwiesen hat. Denn kaum jemand auf der Welt scheint dazu bereit zu sein, sich dem Risiko einer Abkopplung vom US-Dollar-System auszusetzen, indem die europäische Alternative bereitwillig akzeptiert wird.

Solange es nicht zu einem politischen Zusammenschluss im Ausland und einem in diesem Zuge eigens erklärten Boykott des US-Dollar-Systems kommen wird, dürfte sich an den vorherrschenden Bedingungen nicht allzu viel ändern. Und deshalb werde China wohl nichts anderes übrig bleiben als mit „Plan B“ fortzufahren, wie SCMP berichtet.

In diesem Bericht wird unter anderem ausgeführt, dass dem ökonomischen Top-Berater von Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam zu Beginn dieses Jahres der Zugang zu seinem Bankkonto versagt wurde. Vorausgegangen waren durch Washington verhängte Sanktionen gegen chinesische Regierungsoffizielle und lokal aktive Offizielle, die bereits im Vorfeld einer Verabschiedung des Nationalen Sicherheitsgesetzes für Hongkongs ins Visier des US-Finanzministeriums geraten waren.

Andere chinesische Offizielle berichteten darüber, Bankkonten eröffnet zu haben, zu denen ihnen der Zugang verwehrt wurde. In einem zweiten Schritt wurden deren Konten durch die jeweilige Bank geschlossen, das eingezahlte Geld wurde zurückerstattet.

Gleichzeitig berichten Hongkonger Offizielle darüber, dass es ihnen immer schwerer fiele, im Angesicht der sich intensivierenden Spannungen zwischen den USA und China Transaktionen mit ausländischen Banken durchzuführen. Erst am 15. Juli hatte US-Präsident Donald Trump ein weiteres Sanktionsgesetz unterzeichnet, das sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen ins Visier nimmt, die zur Verabschiedung des Hongkonger Sicherheitsgesetzes beigetragen haben sollen.

Ausländische Staatsbürger oder Unternehmen, die aus Sicht der USA in diese Kategorie fallen, wird der Zugang zu Investitionen, Zahlungstransaktionen, Kontenabhebungen und Exportaktivitäten in den Vereinigten Staaten samt dem Zugang zu den amerikanischen Immobilienmärkten komplett verwehrt.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Während diese Entwicklungen an den Finanzmärkten (noch) ignoriert werden, hat der Finanzkrieg zwischen den USA und der Volksrepublik China längst schon begonnen. Es lässt sich davon ausgehen, dass sich dieser Finanzkrieg mit hoher Geschwindigkeit beschleunigen wird, da beide Seiten auf die Aggressionen des jeweils anderen mittels Gegensanktionen reagieren. Die Weltwirtschaft wird unter diesem anhaltenden Prozess indes mehr und mehr zu Grabe getragen.

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