Die Moskauer Kreml-Regierung ruft die Partnerländer des BRICS-Verbunds und andere Staaten im globalen Süden nun bereits seit geraumer zu einer beschleunigten Abwendung von US-Dollar-Transaktionen auf.

„Kill the SWIFT-System“

Im russischen Bankensystem wird diese Ansicht augenscheinlich geteilt, wenn der Chef der drittgrößten Bank des Landes jetzt in dasselbe Horn bläst. So teilte Andrei Kostin, Chef der VTB Bank, im Rahmen der diesjährigen Konferenz Data Fusion mit, dass die Notwendigkeit zu einer Abkehr sowohl vom US-Dollar- als auch vom SWIFT-System dringender denn je sei.

Insbesondere aus Sicht des bilateralen Handels zwischen in der Russischen Föderation ansässigen Unternehmen und deren ausländischen Pendants handele es sich um eine immer wichtiger werdende Angelegenheit.

Gleichzeitig rief Andrei Kostin seine Zuhörerschaft dazu auf, die Digitalisierung des heimischen Transaktionswesens mit aller Kraft voran zu treiben. Eine ähnliche Entwicklung wäre ebenfalls in den Partnernationen der Russischen Föderation wünschenswert.

Einmal mehr drehten sich die Dinge in der durch Andrei Kostin gehaltenen Rede um eine Abkehr vom westlich dominierten Finanzsystem. Der Chef der VTB Bank nahm in diesem Zusammenhang kein Blatt vor den Mund.

Mit einer beschleunigten Abkehr vom SWIFT-System werde sich zudem auch die noch zu beobachtende Dominanz des US-Dollars im internationalen Handel weiter verringern. Ein wunderbarer Nebeneffekt dieser Entwicklung wäre überdies eine Rückeroberung der vollen Souveränität im Finanzbereich.

Andrei Kostin rief in diesem Kontext nicht nur seine eigene Regierung, sondern auch alle Regierungen der russischen Partnernationen dazu auf, möglichst bald auf eine Nutzung des SWIFT-Systems zu verzichten, um die zuvor erwähnten Ziele zu erreichen.

Russische Zentralbank wird mit Lob bedacht

Die Anstrengungen der russischen Zentralbank seien in diesem Hinblick bereits sehr weit gediehen, wie Andrei Kostin anfügte. Zu einer Ausweitung der Digitalisierung im russischen Finanzbereich rief der Chef der VTB Bank allein schon deshalb auf, weil sein Institut zurzeit an einem Pilotprojekt teilnimmt, das auf eine baldige Emission des digitalen Rubels abzielt.

Vorgesehen ist, den digitalen Rubel in der Zukunft auch in grenzüberschreitenden Zahlungstransaktionen zu nutzen. Russlands Partnernationen sollten auf diese Entwicklung in entsprechender Weise vorbereitet sein, um das Zahlungswesen im jeweils bilateralen Handel nicht nur zu beschleunigen, sondern ebenfalls auszuweiten.

Anders als manch andere Stimmen in der Russischen Föderation lobte Andrei Kostin zudem die Anstrengungen der russischen Zentralbank im Hinblick auf eine Adressierung der durch den Westen gegen das eigene Land verhängten Sanktionen.

Es sei in diesem Zusammenhang vor allem gelungen, den Außenwert des russischen Rubels in Relation zum US-Dollar und anderen westlichen Währungen zu stabilisieren. Kurs nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine hatte Joe Biden öffentlich erklärt, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen den Rubel in Schutt und Asche befördern werden.

Diese Einschätzung hat sich bis heute nicht bewahrheitet. Vielmehr konterte der russische Staatspräsident Wladimir Putin die westlichen Sanktionen, indem der Rubel auf eine lockere Weise an den Goldpreis gebunden wurde.

Im Jahr 2023 befand sich der Rubel performancetechnisch mit unter den sich in Relation zu anderen Papierwährungen am stärksten entwickelnden Devisen. Der Rubel wertete bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gegenüber dem US-Dollar und dem Euro gar so stark auf, dass die Kreml-Regierung die eigene Zentralbank zum Ergreifen von Maßnahmen im Hinblick auf eine Abwertung der heimischen Währung aufrief.

Russlands Industriesektor nach wie vor enorm abhängig von ausländischen Importen

Ferner lobte Andrei Kostin die Etablierung eines effizienten Systems zur Reduzierung der eigenen Abhängigkeit vom globalen Finanzsektor. Dies gelte vor allem für zu importierende Waren und Güter aus dem Ausland.

Insbesondere im russischen Industriesektor ist die Abhängigkeit von Ersatzteilen aus dem Ausland nach wie vor recht groß. Und weil dem so ist, sei es aus russischer Perspektive unabdingbar gewesen, sich nach Verhängung der westlichen Sanktionen unabhängig von den bis dahin bestehenden Finanzmechanismen zu machen.

Es sei gelungen, innerhalb kürzester Zeit ein unabhängiges System zu etablieren, worauf das eigene Land laut Aussage von Andrei Kostin mehr als stolz sein könne. Insbesondere der russischen Zentralbank sei für ihre diesbezüglichen Anstrengungen zu danken.

Zu diesen Anstrengungen gehörten beispielsweise die Einführung der sogenannten Mir Card wie auch das prozessuale Voranschreiten des russischen Zahlungssystems SBPF. Ferner sei die Börseninfrastruktur des Landes einer Generalüberholung und Modernisierung unterzogen worden.

Zweitsanktionen winken

Wie nicht anders zu erwarten, ist es inzwischen zur Androhung einer Verhängung von Zweitsanktionen durch die USA gegenüber Drittstaaten gekommen, die nach wie vor mit durch den Westen sanktionierten russischen Banken und Unternehmen zusammenarbeiten.

Andrei Kostin hatte zu einer anderen Gelegenheiten zu dieser Entwicklung erklärt, dass es in einer Reihe von „befreundeten“ Nationen bereits zu einem Rückzug gekommen sei, indem in diesen Ländern die Geschäfte mit sanktionierten russischen Banken eingestellt worden seien.

Hierzu gehören selbst Kasachstan, Armenien und Kirgisien. Ziel der Vereinigten Staaten sei es, die Finanztransaktionen zwischen Banken der Russischen Föderation sowie Instituten in Drittstaaten zu beenden und die dort vorherrschende Akzeptanz der Mir Card zu unterbinden.

Angesichts der westlichen Sanktionen hat sich die Moskauer Kreml-Regierung verstärkt in Richtung der Volksrepublik China ausgerichtet, um im internationalen Handel vermehrt auf Yuan- beziehungsweise Renminbi-Transaktionen zu setzen.

Wladimir Putin hat insbesondere die Staaten Afrikas in diesem Zusammenhang wiederholt dazu aufgerufen, die chinesische Währung verstärkt im russisch-afrikanischen Außenhandel zu nutzen.

Parallel hierzu ist es zu einer sich intensivierenden Zusammenarbeit zwischen den beiden unabhängigen Zahlungsabwicklungssystemen der Russischen Föderation und dem Reich der Mitte gekommen.

Washington macht der Pekinger Regierung aus diesem Grund den Vorwurf, der Russischen Föderation eine Art Finanzrettungsleine zuzuwerfen. Die bislang durch die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, die Europäische Union und Japan gegenüber der Russischen Föderation verabschiedeten Sanktionen enthalten neben Exportkontrollen vor allem auch direkte Strafmaßnahmen gegenüber dem russischen Militär und politischen Instanzen.

Darüber hinaus sind führende russische Banken wie VTB und Sberbank mit zahlreichen Finanzrestriktionen belegt worden, während die im westlichen Ausland (einschließlich Japans) gehaltenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefroren wurden.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist es zu keiner Verhängung von vergleichbaren Sanktionen gegenüber irgendeinem anderen Land auf der Welt gekommen. Dass Russland sich bislang wie ein Fels in der Brandung gegen die damit verbundenen Auswirkungen stemmt, ist durchaus bemerkenswert.

Die Europäische Union ging in der Frühphase der Sanktionsverhängung gar so weit, insgesamt sieben russische Finanzinstitute vom SWIFT-System abzukoppeln. Vor dieser Entscheidung hingen alle betroffenen russischen Institute zu einem hohen Grad von einer Nutzung des Kommunikations- und Informationsnetzwerks SWIFT im internationalen Zahlungsverkehr ab.

Der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr gestaltet sich noch immer als schwierig

Die hiermit verbundenen Implikationen lassen sich anhand der Tatsache ablesen, dass sich die hiervon betroffenen Institute nach wie vor mit teils erheblichen Schwierigkeiten in der Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungstransaktionen konfrontiert sehen.

Seitens der Russischen Föderation wurde auf diese sich stellenden Herausforderungen auf eine proaktive Weise reagiert, wozu insbesondere die Fertigstellung des eigenen Zahlungsabwicklungssystems namens SPFS gehörte, welches sich im Kommunikations- und Informationswesen alternativ zu SWIFT nutzen lässt.

Doch allein für sich genommen kann SPFS nicht alle sich ergebenden Probleme lösen. Vor allem aus diesem Grund strebte die Russische Föderation eine dauerhafte Zusammenarbeit mit Chinas Zahlungsabwicklungssystem Cross-Border Interbank Payment Solution (CIPS) an.

Schon seit einigen Jahren werden über CIPS mehrere Billionen US-Dollars pro Jahr in Form von Zahlungen abgewickelt. Nichtsdestotrotz hängt auch CIPS nach wie vor auf verschiedenste Weise von einem Zugang zu SWIFT ab, weshalb der Pekinger Regierung mittlerweile wohl an einer Internationalisierung des chinesischen Yuans (Renminbis) gelegen ist.

Gleichzeitig ist der bilaterale Handel zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Inzwischen ist das Reich der Mitte zum erwartungsgemäß größten Handelspartner Russlands aufgestiegen.

Nichtsdestotrotz ist die Internationalisierung des chinesischen Yuans (Renminbis) bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dies hängt vor allem mit der aktuellen Finanz-Infrastruktur in der Volksrepublik China zusammen.

Eher früher denn später wird wohl nichts an einer Öffnung der chinesischen Bond- und Kapitalmärkte wie auch einer Aufhebung der bestehenden Kapitalkontrollen im Reich der Mitte vorbeigehen, wenn die Währung des Landes eine konkurrierende Rolle gegenüber dem US-Dollar einnehmen soll.

Noch ist es jedoch augenscheinlich nicht soweit. Nichtsdestotrotz sind die in Yuan (Renminbi) weltweit abgewickelten Zahlungsströme in den letzten Jahren gewachsen. Um einen nachhaltigen Durchbruch in diesem Bereich zu erzielen, halten internationale Experten eine zukünftige Konvertibilität der chinesischen Währung allerdings für unabdingbar.

Die durch die Russische Föderation in Yuan (Renminbi) gehaltenen Währungsreserven und die zwischen der russischen Zentralbank und der People´s Bank of China (PBoC) ehedem vereinbarten Swap-Arrangements bieten zwar eine Art Puffer, doch reicht dies nicht aus, um die internationalen Handelsaktivitäten zu unterstützen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite menafm.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Die sich intensivierenden Spannungen im globalen Finanzbereich haben selbstverständlich Auswirkungen auf die geopolitischen Entscheidungen. Je mehr sich der Finanzkrieg intensiviert, und sich der Ausblick auf eine Verhängung von Zweitsanktionen verdichtet, desto größer werden die Risiken und Gefahren eines Zusammenwachsens der bestehenden militärischen Konflikte und deren Ausweitung.

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