Die durch die Geldpolitik der Federal Reserve verursachten Zyklen nach Art von Boom and Bust haben über den Verlauf der letzten dreißig Jahre nicht nur zu Tränen des Schmerzes, sondern auch zu Tränen der Freude unter Finanzinvestoren geführt.

Zentralbanken haben Moral Hazard Tür und Tor geöffnet

Über die vergangenen drei Dekaden ließ sich beobachten, dass die Federal Reserve, wann immer eine eigens kreierte Finanzblase geplatzt war, im Anschluss an eine hierdurch ausgelöste Rezession einfach noch mehr elektronisches Geld als zuvor erzeugte.

Die Corona-Krise hat dieser rücksichtslosen Geldpolitik nun die Krone aufgesetzt, weil jetzt bislang unvorstellbare Summen frischen Geldes erzeugt und sowohl in Finanzmärkte als auch in die Realwirtschaft gepumpt werden, was dazu zu führen scheint, dass immer mehr Geld vielerorts knapper werdende Produkte jagt.

Unter Bezugnahme auf Professor Jay Bhattacharya von der Universität Standford werden sich die durch Regierungen rund um den Globus im Zuge der Covid-Krise getroffenen Lockdown-Entscheidungen im Rückspiegel der Ereignisse „als schlimmste politische Entscheidung in der Geschichte der Menschheit erweisen“.

Aus Perspektive der globalen Finanzmärkte lässt sich konstatieren, dass die Federal Reserve und andere große Zentralbanken dem sogenannten Moral Hazard aufgrund von deren eigens betriebenen Geldpolitik Tür und Tor geöffnet haben.

Meme Stocks nur die Spitze des Eisbergs

Börsenplätze, einst einmal Institutionen, die aufstrebenden Unternehmen eine Aufnahme von Finanzkapital unter Investoren ermöglichen sollten, sind mittlerweile in pure Spielcasinos umfunktioniert worden. Wer in diesen Tagen einfach nur einmal auf die sogenannten Meme Stocks blickt, dürfte wissen, wovon die Rede ist, obwohl es sich hierbei nur um die Spitze des Eisbergs handelt.

Über die letzten Jahre hat sich eine Mentalität unter institutionellen Investoren, Spekulanten und Kleinanlegern verstetigt, die stets davon ausgeht, dass die Federal Reserve den globalen Finanzmärkten zu Hilfe eilen wird, wenn wieder einmal Not am Mann (und der Frau) ist.

Falls die Inflation in den Vereinigten Staaten und in vielen Teilen des Rests der Welt auch über die kommenden Monate und Jahre in jenem Ausmaß zulegen sollte, wie dies aktuell der Fall ist, darf die hieraus resultierende Zeche einmal mehr durch die Allgemeinheit beglichen werden.

Kein Bailout für Kleinanleger

Eine der gefährlichsten Nebenwirkungen des Moral Hazard resultiert aus der Tatsache, dass Investoren und Spekulanten, die nicht mehr daran glauben, finanziell verlieren zu können, in Reaktion auf Einschätzungen dieser Art fortan immer teurere, schuldenbasierte und riskantere Wetten an den Finanzmärkten abschließen.

Wenn Kleinanleger, wie im vergangenen Jahr im Zuge des bis dahin noch niemals auf eine solche Weise zu beobachtenden Absturzes der Rohölpreise (WTI auf bis zu knapp -40 US-Dollar), CFDs in diesem Bereich gekauft und gehandelt haben, deren innere Funktionsweise viele der hiervon Betroffenen inhaltlich nicht verstanden zu haben scheinen, so wird – anstatt die Verantwortung für eigens getroffenen Entscheidungen zu übernehmen – nun ebenfalls nach einem Bailout gerufen.

Falls dies nichts bringt, werden in der Folge Gerichte bemüht, um anstelle einer Übernahme von Eigenverantwortung eigens genutzte Brokerhäuser für die getroffenen Entscheidungen und eingegangenen Wetten haftbar zu machen.

Es war im vergangenen Jahr interessant zu beobachten, wie sich viele Kleinanleger aufgrund einer solchen Gedankenkultur mitunter so sehr „auf die Schnauze“ gelegt hatten, dass Haus und Hof danach weggewesen sind.

Zumindest unter einem Teil der Kleinanleger dürfte danach die Erkenntnis gewachsen sein, selbst nicht zum erlesenen Kreis jener Protagonisten an den Finanzmärkten zu gehören, die durch die Regierungen für systemrelevant gehalten werden und aus diesem Grund stets auf einen staatlichen Bailout setzen dürfen – zumindest solange, wie es das aktuell bestehende System noch hergibt.

Marktkräfte sind schon lange außer Kraft gesetzt – Fed regiert

Ein weiterer schwerer Nebeneffekt, der sich aus einem um sich greifenden Moral Hazard ableitet, ist die Tatsache, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt keine organischen – und somit nicht-manipulierten – Marktkräfte mehr gibt. Dieser Zeitpunkt wurde schon vor einigen Jahren erreicht.

Resultat ist, dass institutionelle Investoren, Spekulanten und Kleinanleger rund um den Globus nur noch an den Lippen der Mitglieder des Offenmarktausschusses der Federal Reserve hängen, um davon abzulesen, ob die durch die Fed betriebene Gelddruckerpresse nicht vielleicht in Kürze schon noch schneller rotieren wird als dies zuvor der Fall gewesen ist.

Ein kompletter Finanzmarkt macht sich somit zu einhundert Prozent von der Geldpolitik der Federal Reserve abhängig. Ergebnis ist, dass die Bereitschaft zum Spekulieren auf Kredit (Margin Debt) unter vielen Marktakteuren noch stärker wächst.

Ganz nach dem Motto: Wer braucht schon einen echten Markt oder eine reale Wirtschaft, wenn es doch die Federal Reserve gibt! Diese Form der Hybris hält solange an, bis das auf purer Illusion basierende Kartenhaus irgendwann zusammenbrechen wird.

Risiken lassen sich nur verschieben…

Denn Risiken lassen sich nicht einfach wegzaubern oder unter den Teppich kehren. Risiken lassen sich lediglich transferieren. Aus Sicht der Federal Reserve heißt das, dass bestimmte Risiken über einen Zeitraum von drei bis vier Jahrzehnten auf die Schultern des gesamten Systems transferiert worden sind.

Der Kollaps des Super-Hedgefonds LTCM im Jahr 1997, die sich daran anschließende Asien- und Russland-Krise im Jahr 1998 sowie die globale Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2010 haben den Gesellschaften rund um den Globus die ersten Risse im bestehenden Finanzsystem vor Augen geführt.

Ob genügend Leute hingeschaut haben, steht in Zweifel. Wäre dies damals der Fall gewesen, würden wir jetzt wahrscheinlich nicht in jener Situation sein, über die hier geschrieben und berichtet wird.

Es bestehen keine Selbstheilungskräfte mehr

Des Weiteren lässt sich behaupten, dass sich die Federal Reserve nicht nur zum alles bestimmenden Gravitationszentrum des Weltfinanzsystems gemacht hat, sondern es auf diese Weise auch zugelassen und hingenommen hat, das bestehende Weltfinanzsystem seiner eigenen Selbstheilungskräfte zu berauben.

Letztendlich handelt es sich hierbei um nichts anderes als ein Rezept für einen Systemcrash und einen damit verbundenen Finanz- und Wirtschaftszusammenbruch. Die durch die Fed über die vergangenen Jahre eingeleiteten Schritte und Maßnahmen lassen sich offensichtlich nicht mehr rückgängig machen.

Ergo kann es im bestehenden System auch nicht mehr zu einer Renaissance der organischen Marktfunktionen kommen. Schon die leisesten Anzeichen im Hinblick auf einen Entzug der Bowle-Schale (aka durch die Fed im Überfluss zur Verfügung gestellte Liquidität) haben das Potenzial dazu, einen Crash an den Finanzmärkten auszulösen.

Die kleinste Erschütterung kann das Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen

Problem in Bezug auf die einhundertprozentige Abhängigkeit von den Launen der Federal Reserve ist und bleibt, dass schon die kleinsten Erschütterungen riesige Wellen verursachen können. Tendenziell sinkende Gewinne könnten sich mit Blick auf die nächsten Jahre als eine solche Erschütterung und Crash-Auslöser erweisen.

Waren es auf dem Höhepunkt und nach dem Überwinden der globalen Finanzkrise noch Summen und Beträge im Multimilliarden-Bereich, die damals ausgereicht hatten, um das Gesamtsystem wieder ein wenig zu stabilisieren, so müssen es aus heutiger Sicht schon zig Billionen sein, die denselben Effekt erzeugen sollen.

Unliebsamer Nebeneffekt dieser vollkommen aus dem Ruder laufenden Gelderzeugung ist die Tatsache, dass Fiat- und Papierwährungen in diesem Zuge vollends zu Konfettipapier gemacht werden. Einmal mehr gilt: Was stört es die Federal Reserve und die Zocker an den Kapitalmärkten, wenn über deren Treiben der Allgemeinheit letzten Endes das Geld – oder die Geldwertstabilität – abhandenkommen wird?!

Geldwertstabilität geht flöten – ein in Kauf genommener Kollateralschaden

Auf eben jene Weise lesen sich auch viele Einschätzungen von sogenannten „Experten“, die auf den einschlägigen Finanzsendern aktiv sind, um den Zuschauern zu erzählen, dass die durch die Federal Reserve betriebene Geldpolitik keine negativen Auswirkungen zeitigen werde.

Alles, was einem hierzu einfällt, ist, dass es bezahlte Strohmänner sein müssen, die Tag ein Tag aus derlei unsinniges Gerede von sich geben. Diese Protagonisten verwenden wahrscheinlich täglich so viel Zeit darauf, von einem „ihrer“ Sender zum nächsten zu hecheln, dass für einen Einkauf im Supermarkt und ein wenig Realleben wenig Zeit zu bleiben scheint.

Dass es diesen Finanzsendern nicht selbst peinlich ist, so etwas permanent, nahezu kritiklos und diesem Narrativ eine ständige Plattform in der Öffentlichkeit bietend, auszustrahlen, ist eine Frage für sich und gewiss allein schon einen weiteren Bericht wert.

Ob sich die verantwortlichen Damen und Herren bei diesen Sendern noch um so etwas wie um einen guten Leumund scheren, muss aus Sicht der aktuellen Ereignisse bezweifelt werden.

Für die Federal Reserve gibt es nur zwei Dinge, die offiziell von Bedeutung sind. Erstens, für Geldwertstabilität zu sorgen, und zweitens für einen Zustand zu sorgen, welcher jenem einer Vollbeschäftigung in den USA statistisch nahekommt.

Und dann ist da noch ein drittes, inoffizielles Anliegen, das nach der globalen Finanzkrise an Bedeutung gewonnen hat und inzwischen die beiden zuerst genannten Punkt in den Schatten zu stellen scheint.

Inflationierung der Finanz- und Vermögensmärkte als Ziel der Fed?

Bei diesem Anliegen handelt es sich um eine Aufblähung und schamlose Inflationierung der Finanz- und Vermögensmärkte. Nachvollziehen lässt es sich allerdings durchaus, wenn man berücksichtigt, dass sich die Federal Reserve anteilsmäßig in Händen der großen Privatbanken befindet. Und diese Privatbanken haben nichts anderes außer Profit in ihren Köpfen.

Feststellen lässt sich, dass die jahrelange Nullzinspolitik und die seit mehr als einer Dekade anhaltenden QE-Aktivitäten der Federal Reserve ein Umfeld geschaffen haben, in dem nicht nur das Bilanzbuch der Fed, sondern auch die Gesamtsystemverschuldung Höhen erklommen haben, die noch vor einigen Jahren vielerorts für unvorstellbar gehalten wurden.

Offiziell das Narrativ verbreitend, dem Gesamtsystem und jenen in diesem System lebenden Menschen ausschließlich Gutes tun zu wollen, haben jene durch die Verantwortlichen der Fed ergriffenen Maßnahmen zu Destabilisierungstendenzen, Gefahren für den Erhalt des aktuellen Fiat-Geldsystems wie auch zu einer massiven Einkommensungleichheit geführt.

Gefahr für Fiat-Geldsystem und Ungleichheit als Ergebnis der „Geldpolitik“

Jedermann, der diese Tatsachen offen an- und ausspricht, wird seitens der Fed-Offiziellen – oder einer neuen Art von US-Politbüro – ins Gesicht gelacht, um diese Feststellungen und Beobachtungen zu verneinen und rundheraus in den Wind zu schlagen.

Spätestens seit der globalen Finanz- und Bankenkrise ließ sich zudem beobachten, dass die Verantwortlichen der Fed keine Chance ungenutzt ließen, um deren Machtbasis im eigenen Land permanent auszuweiten.

Finanzkrisen, welche durch die Geldpolitik der Fed – wie in den Jahren 2007 bis 2010 – überhaupt erst möglich wurden, haben im Nachhinein dazu geführt, dass dieselben Leute nun über ein Kaleidoskop von Regulierungsmechanismen „wachen“, um das Entstehen von Krisen dieser Art in der Zukunft zu verhindern.

Ebenso gut könnte man den lämmerreißenden Wolf zum Schäfer der Herde ernennen. März 2020 dürfte zumindest mal ein Aufwecker gewesen sein. Erinnert sei daran, dass die globale Finanzkrise, die das Gesamtsystem beinahe zu Fall gebracht hätte, mit Einwilligung des US-Kongresses dazu geführt hat, der Fed eine praktische Übernahme des rund zehn Billionen US-Dollar schweren Hypothekenmarktes zu erlauben.

De facto ist es in diesem Zuge zu einer Quasi-Verstaatlichung des nationalen Häuser- und Hypothekenmarktes in den Vereinigten Staaten gekommen. Nicht nur selbst MBS-Papiere (durch Hypotheken besicherte Anleihen) in Billionenhöhe aufkaufend, wurde zudem auch sichergestellt, dass nahezu alle emittierten Hypotheken in den USA durch eine der großen Hypothekenagenturen wie Freddie Mac, Fannie Mae, Ginnie Mae oder die FHA garantiert worden sind.

Staatsanleihen: Fed sucht neue Wege

Über den Verlauf der letzten Wochen und Monate ließ sich beobachten, dass die Federal Reserve ihren sogenannten Primary Dealers angesichts der aktuellen Entwicklungen an den Bondmärkten immer weniger über den Weg zu trauen scheint. Angemerkt sei, dass eben jene Primary Dealers bis dato eine tragende Rolle in Bezug auf die Emission von amerikanischen Staatsanleihen gespielt hatten.

Aus Sicht der Federal Reserve ist es eine der wichtigsten Aufgaben, wenn nicht gar die wichtigste, den Markt für US-Staatsanleihen am Laufen zu halten und dessen reibungslose Funktionsweise zu garantieren.

Nicht von ungefähr erweisen sich die beiden Säulen des US-Dollars und der Staatsanleihen als die bestimmenden Teile jenes Fundaments, die der US-Regierung deren Ausgaben – und damit auch deren Macht – ermöglichen.

Immer deutlicher zeichnete sich über den Verlauf der letzten Monate ab, dass die Federal Reserve nach Wegen sucht, um die Primary Dealers mit Blick auf diverse Marktgeschäfte und Aktivitäten zu umgehen und außen vor zu lassen.

Eigene Digitalwährung soll die Macht noch erweitern

Um noch mehr Aktivitäten an sich zu reißen, sehen die Pläne der Fed selbstverständlich die Emission einer eigenen Digitalwährung vor, mittels welcher sich Geld unter Ausschluss des US-Kongresses direkt an die privaten Haushalte in den Vereinigten Staaten übermitteln ließe.

Auf der Seite der Fed of Atlanta (FedNow System) lässt sich nachlesen, dass eine finanzielle Unterstützung des heimischen Konsums und somit der Ausgabebereitschaft der Verbraucher in der Heimat zu wichtig sei, um diese Aufgabe den Mitgliedern des US-Kongresses oder des Finanzministeriums zu überlassen.

Ganz nach dem Motto: Weil inzwischen so oder so alles und jeder von uns abhängig ist, können wir diese Aufgaben auch gleich ohne Euch (Primary Dealers und US-Kongress) an uns reißen und übernehmen. Selbstverständlich ist hiermit auch das „höhere“ Ziel verbunden, noch mehr frisch erzeugtes Geld aus dem Nichts ungestraft unter das Volk zu bringen.

Hierzu sollen die privaten Haushalte in den USA laut den aktuellen Plänen der Fed schon in absehbarer Zeit eigene Kryptokonten bei dem FedNow System der Fed unterhalten. Da die Selbstheilungskräfte der Märkte und des Systems praktisch außer Kraft gesetzt wurden, liegt die große Gefahr in einer Missinterpretation der aktuellen Geschehnisse durch die Fed.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Allein hierin schlummert eine katastrophale Gefahr, die das Gesamtsystem über die Klippe schicken könnte. Rufen Sie sich in Erinnerung, welchen Eindruck die Mitglieder des Politbüros in der ehemaligen Sowjetunion kurz vor dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes erweckt hatten.

Vergleichen Sie beide Situationen (die damalige und die heutige) miteinander! Ob die Emission einer Digitalwährung viel ändern oder wird retten können, soll abschließend in Zweifel gezogen werden. Die zahlreichen Probleme lösen sich dadurch nicht in Luft auf, sondern es wird lediglich der Versuch gemacht, die Dinge nochmals auf eine andere Ebene zu verschieben.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts basiert auf einem Bericht von Charles Hugh Smith auf der Seite von The Daily Reckoning, der durch Roman Baudzus inhaltlich und thematisch ergänzt und erweitert wurde.

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