Eine kleine Insel mit zwischenzeitlicher Schlüsselrolle

Revythoussa: Die kleine Insel, die zum Eintrittstor für Erdgas in Griechenland wurde“, titelte das Wirtschaftsmedium „Oikonomikos Taxydromos“ am 24. September 2022. Über Revythoussa wurden auch Nachbarländer Griechenlands versorgt. Der Plan war, dass die europäischen Staaten sich komplett von fossilen Energieträgern aus Russland lösen.

Griechenland sollte dabei eine Schlüsselrolle zukommen. Sogar der 2011 gekippte Plan einer Gaspipeline vom bulgarischen Burgas in die im Nordosten Griechenlands gelegene Hafenstadt Alexandroupolis wurde wieder aufgenommen. Das damals von den USA opponierte Pipelineprojekt bekam nach dem Februar 2022 die US-amerikanische Unterstützung und Rückenwind von der EU. Allerdings sollte das Gas nicht von Russland über Bulgarien nach Griechenland kommen, sondern umgekehrt von Griechenland nach Bulgarien geschickt werden. Von dort sollte das Gas sogar an Verbraucher in Ungarn geliefert werden.

Revythoussa ist eine unbewohnte Insel im Saronischen Golf mit einer Fläche von 0,18 Quadratkilometern. Sie liegt 500 Meter südlich der Küste von Agia Triada, der Bucht von Pachi Megara und 900 Meter westlich von der Insel Salamina. Die Nähe zu Attika und die geringe Bevölkerungsdichte in der Umgebung bewogen die Politik Revythoussa für das seit 1999 in Betrieb befindliche Terminal für Flüssigerdgas (LNG) auszuwählen. Die gesamte Anlage wurde ursprünglich in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts geplant, um sowjetisches LNG nach Griechenland zu importieren.

Die Anlage auf der Insel ist eine der drei Versorgungsquellen des griechischen nationalen Energietransportsystems. Die Terminals der Insel sind mit dem Gaspipelinenetz des griechischen Festlands verbunden. Dieses wiederum ist über eine bei Sidirokastro im nordgriechischen Bezirk Serres verlaufende Pipeline mit dem Pipelinesystem Bulgariens verbunden.

Nach Bulgarien kommt jedoch über die Turkstream-Pipeline über die Türkei russisches Gas. Dieses ist im Vergleich zum LNG, das zum Beispiel aus Katar, den USA und Norwegen per Schiff nach Revythoussa kommt, erheblich preiswerter. Im April führte der Preisdruck dazu, dass selbst bestellte LNG-Lieferungen kurzfristig storniert wurden. Der bulgarische Gasnetzbetreiber Bulgargaz hat mit dem türkischen Netzbetreiber BOTAS einen langfristigen Liefervertrag abgeschlossen.

Die weiteren Aussichten? Kaum Nachfrage für LNG

Der für Revythoussa „arbeitslose“ Monat April stellt lediglich den Tiefpunkt einer sich bereits seit längerem abzeichnenden Entwicklung dar. Nach Angaben des griechischen Gasnetzbetreibers gingen die gesamten LNG-Importe am Revythoussa-Terminal von 9,51 TWh im ersten Quartal 2023 auf 6,93 TWh im ersten Quartal 2024, also um 27,1 Prozent zurück.

Gleichzeitig registrierte der Netzbetreiber am Einfuhrpunkt in Sidirokastro im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um 113,86 Prozent. 43,8 Prozent der Gasimporte werden über diese Pipeline realisiert. Über Revythoussa importieren momentan nur noch griechische Unternehmen. Der Traum, dass die Insel zum Importterminal für die gesamte Balkanregion werden würde, ist zunächst einmal vorbei.

Für den Mai wird ein ähnliches Bild wie in den Vormonaten erwartet, wobei weniger Ladungen als ursprünglich geplant zur Entladung ankommen werden. Die griechische Fachpresse berichtet von drei Schiffsladungen, zwei für das halbstaatliche Stromunternehmen Public Power Company (PPC) und eine für den privaten Konkurrenten der PPC Elpedison.

Dabei ist zu beachten, dass es beim griechischen Inlandsverbrauch Anzeichen einer Erholung gibt. Die jüngsten Zahlen für das erste Quartal 2024 zeigen einen Anstieg um 22 Prozent beim Gasverbrauch für die Stromerzeugung und 200 Prozent beim Verbrauch der Industrie. Der Haushaltskonsum hat nach einem wegen milder Temperaturen kaum wahrnehmbaren Winter einen marginalen Rückgang gezeigt. Die DESFA als Netzbetreiber erklärt in ihrem Quartalsbericht, dass die Erholung der Inlandsnachfrage für Erdgas die Rückkehr zu normalen Energiepreisen signalisiert. Die durch den Krieg in der Ukraine verursachte Energiekrise sei vorbei.

Die EU schaltet sich ein

Hinsichtlich des Vertrags von Bulgargaz mit BOTAS gibt es seitens der EU eine Untersuchung. Parlamentarische Anfragen zeigen auf, dass allen bewusst ist, woher das Gas stammt, dass nach Bulgarien geliefert wird. Zum Anfang 2023 abgeschlossenen Deal selbst werden über entsprechende Untersuchungen im bulgarischen Parlament immer mehr Details bekannt. Allerdings scheinen die Mühlen der EU sehr langsam zu mahlen.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Im Text erfahren die Leser wie sich die einstige Hoffnung, dass eine kleine griechische Insel zum Energieknotenpunkt für LNG-Gasimport für den gesamten Balkan entwickeln würde, durch billiges russisches Pipeline-Gas zerschlagen hat. Gemäß den aktuell vorliegenden Informationen verdient neben Russland auch die Türkei an der Entwicklung des Gasmarkts in Südosteuropa. Bulgarien und Griechenland haben das Nachsehen. War da mal was mit Sanktionen gegen Russland?

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