Inflation – Mathematischer Basiseffekt als Sündenbock?

Rückenwind bekommt die Story natürlich durch die jüngst vermeldeten Inflationszahlen. So taxiert das deutsche Statistikamt die Inflationsrate für den Monat März auf 1,7 Prozent, während in den USA die Steigerung gegenüber dem Vorjahr 2,6 Prozent beträgt. Einige Experten geben Entwarnung und führen die Steigerungen auf den Basiseffekt zurück. Schließlich kam es im Frühjahr 2020 infolge des Lockdowns zu einem kurzzeitig deflationären Schock.

 

 

Sicher, der Basiseffekt hat gewiss einen Einfluss und es wird sich zeigen, wie die Inflationsdaten in den kommenden Monaten ausfallen werden. Nichtsdestotrotz kommt man nicht umhin, zu bemerken, dass es in Teilbereichen der Wirtschaft - Basiseffekt hin oder her - auch so bereits zu teils massiven Preissteigerungen gekommen ist. In der folgenden Grafik sehen Sie eine Auswahl an diversen Rohstoffen, wie Kupfer, Aluminium und Holz. Die vertikale schwarze Linie bildet den Beginn des Corona-Crashs ab.

 

 

Quelle: guidants.com

Die Preissteigerungen waren teils ganz massiv. Gerade Kupfer und Holz erfuhren deutliche Anstiege, ebenso Eisenerz, das sich in den vergangenen beiden Jahren nahezu verdoppelt und inzwischen wieder das Niveau von 2011 erreicht hat.

 

 

Quelle: markets.businessinsider.com

Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis sich die gestiegenen Rohstoffpreise durch den Wirtschaftskreislauf fressen und in den Portemonnaies der Verbraucher ankommen. Dass sich die erwarteten höheren Inflationsraten bisher noch nicht vollends in den Geldbörsen der Bürger bemerkbar gemacht haben, liegt gewiss auch an den politischen Restriktionen auf der einen Seite und dem durch Unsicherheit begründeten Investitionsstau in der Industrie auf der anderen Seite.

Eine Prise Inflationsschutz für’s Depot

Nun die Hyperinflations-Glocke zu läuten, wäre wohl verfrüht. Allerdings kann es auch nicht schaden, sein Portfolio auf Wetterfestigkeit in Bezug auf steigende Inflationsraten zu checken.

Der Vermögensverwalter Schroders hat in einer interessanten Studie zum Thema verschiedene Sektoren aufgegriffen und sie auf ihr historisches Potenzial zur Inflationsbekämpfung hin getestet. Die Y-Achse gibt dabei die inflationsbereinigte Rendite in Zeiten mit Inflationsraten über drei Prozent an, während die X-Achse angibt, in wie vielen Fällen die entsprechenden Sektoren eine positive Realrendite erzielen konnten.

In der Studie wird festgestellt, dass Aktien in der Vergangenheit einen gewissen Inflationsschutz boten, gerade in Zeiten mit Inflationsraten von unter drei Prozent. Stieg die Quote allerdings über diesen Bereich, konnte man mit Aktien auch nicht immer positive Realrenditen erzielen. Denn mit steigenden Inflationsraten wurden auch stets die Zinsen durch die Zentralbanken erhöht, was die Attraktivität von Aktieninvestments schmälerte und bei Unternehmen für steigende Kreditzinsen und damit niedrigere Gewinne sorgte.

Theoretisch müssten die Zinsen also steigen - und kurzfristig haben wir an den Anleihemärkten diese Tendenz auch beobachtet. Die Zentralbanker der Welt werden allerdings auch weiterhin alles dafür tun, um die Zinsen künstlich unten zu halten. Wie lange dies gelingen wird, steht auf einem anderen Blatt.

 

 

It’s the sector, stupid!

Irgendeine Aktie als Inflationsschutz zu kaufen, würde der Studie zufolge also nicht funktionieren. Vielmehr ist eine kluge Sektorenselektion wichtig. In der Vergangenheit waren die Sektoren mit der besten Trefferquote Aktien aus der Ölbranche sowie sogenannte Equity REITs. Bei Letzteren handelt es sich im Gegensatz zu Mortgage REITs nicht um Hypothekenpapiere (Stichwort Subprime-Krise), sondern um Immobilien-Investments, die Mieten abwerfen. Warum gerade diese beiden Sektoren in der Vergangenheit besonders gut abschnitten, ist schnell erklärt.

Steigende Inflationsraten werden vielfach durch sich verteuernder Treibstoff- und Heizölpreise gespeist, welche im Umkehrschluss für sprudelnde Gewinne in der Ölbranche sorgen. Derweil lässt sich in Phasen steigender Inflation und anziehender Inflationsangst eine rege Nachfrage nach Immobilien beobachten, die landläufig als Inflationsschutz bekannt sind.

Mit einer Beimischung von Ölaktien bzw. Titeln aus dem Rohstoffsegment kann man sein Portfolio also mit einem Inflationshebel versehen, wenngleich der ESG-Gegenwind langfristig stärker werden wird. Mit Fonds und ETFs auf Rohstoffaktien, wie beispielsweise dem iShares STOXX Europe 600 Basic Resources UCITS ETF (DE000A0F5UK5), kann man sich hier positionieren. Die Dividenden werden bei diesem ETF ausgeschüttet, während diese bei einem vergleichbaren ETF von Lyxor (LU1834983550) reinvestiert werden.

REITs können derweil durchaus ebenfalls als Beimischung dienen, zumindest falls man nicht bereits über eine eigene Immobilie verfügt und eine Erhöhung des Klumpenrisikos vermeiden möchte.

Konsum ist nicht gleich Konsum

Besonders auffällig ist auch der deutliche Performanceunterschied zwischen dem Sektor Basiskonsumgüter (Consumer Staples) mit Aushängeschildern wie Nestlé oder Procter & Gamble und Nicht-Basiskonsumgüter (Consumer Discretionary), der Autohersteller, Tourismusaktien oder Luxusartikelhersteller beinhaltet. Auch dieser Unterschied ist schnell erklärt.

Leicht anziehende Inflationsraten können Verbrauchern auf kurze Sicht zum verstärkten Konsum anleiten. Sobald die Geldentwertung aber an Fahrt gewinnt und sich im Portemonnaie breitmacht, vergeht aber die Lust auf teure und nicht lebensnotwendige Anschaffungen bei Verbrauchern recht zügig. Auf das tägliche Zähneputzen verzichtet man indes auch nicht, wenn die Zahnpasta statt 2,50 nun eben 3,80 Euro kostet. Auch hier kann man sich mit ETFs einfach und kostengünstig aufstellen. Beispielhaft sei hier der Xtrackers MSCI World Consumer Staples UCITS ETF (IE00BM67HN09) erwähnt, ein thesaurierender ETF, bei dem Dividenden reinvestiert werden. Wer regelmäßige Ausschüttungen favorisiert, könnte Gefallen am ETF von iShares (IE00BJ5JP329) finden.

Was Versorger und Aktien aus dem Gesundheitssektor angeht, zeigt die Studie ein gemischtes Bild, was auch daran liegt, dass diese beiden Sektoren vergleichsweise strengen staatlichen Regulierungen unterworfen sind und Preiserhöhungen nicht in jedem Fall und ohne weiteres auf den Endverbraucher abgewälzt werden können. Daraus resultiert möglicherweise auch die geringe historische Trefferquote in der Schroders-Studie.

 

 

Quelle: tradingview.com

Aktien aus der Value-Fraktion performen seit Herbst 2020 deutlich besser als Wachstumstitel. Börsenbeobachter führen dies auf das Einpreisen des Inflationsszenarios zurück. Ist dieser Umstand wirklich nur auf die genannte These zurückzuführen? Oder wurden vielmehr die sehr stark gelaufenen Growth-Titel ganz einfach aus Gründen regelmäßiger Portfolioanpassungen in schwächer gelaufene und damit untergewichtete Value-Werte umgeschichtet? Wer weiß das schon!?

Gold gehört ins Portfolio

Auch wenn Gold und Silber in der Schroders-Studie mit einem gemischten Bild vorhält, sollte eine Portion Edelmetalle in der Portfoliozusammenstellung nicht fehlen. Hier gilt, wie bei allen Beimischungen: Die Menge macht das Gift. Auch wenn man fest davon überzeugt ist, dass eine galoppierende Inflation bis hin zur Hyperinflation uns um unser Vermögen beraubt, sollte man dennoch niemals alles auf eine Karte setzen. Eine Beimischung von bis zu 15 Prozent macht aber durchaus Sinn, gerade in Anbetracht des globalen geldpolitischen Experiments, in das sich die Welt in den letzten Jahren hineinmanövriert hat.

„Was heißt das konkret für mich?!“

Auch wenn man es nicht mehr hören kann. Der Schlüssel zum Vermögenserhalt liegt in einer ausgewogenen Diversifikation. Ein global aufgestelltes Aktienportfolio mit einer Beimischung inflationsunabhängiger bzw. von Inflation profitierender Sektoren und sogenannten Burggrabenaktien, die aufgrund ihrer Marktmacht steigende Preise problemlos an ihre Kunden abwälzen, können dem Depot also guttun. Auch eine Prise Gold gehört hier dazu. Ganz unbeschadet wird man aber auch so nicht durch Zeiten hoher Inflationsraten kommen, aber wohl allemal besser als mit dem Vermögen auf dem Sparbuch.

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quellen:

https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Basisdaten/vpi001j.html

https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Basisdaten/vpi042j.html

https://tradingeconomics.com/united-states/inflation-cpi

https://www.schroders.com/de/de/privatanleger/insights/maerkte/welche-aktiensektoren-koennen-einer-hoeheren-inflation-die-stirn-bieten/?t=true

markets.businessinsider.com

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