Es sind schon recht interessante Dinge, welche sich zurzeit im globalen Halbleiter- und Chipbereich beobachten lassen. Sorgten im vergangenen Jahr noch Knappheiten und Engpässe im Halbleiter- und Chipsektor für mediale Schlagzeilen, so scheint sich diese Situation nun mehr und mehr in ihr exaktes Gegenteil umzukehren.

Für Aufsehen an den Finanz- und globalen Halbleitermärkten haben unter anderem jüngst getätigte Aussagen des südkoreanischen Chipkonzerns SK Hynix gesorgt. Im Rahmen der Veröffentlichung des Geschäftsberichts zum dritten Quartal warnte SK Hynix beispielsweise vor einem sich weiter verdüsternden Ausblick an den internationalen Halbleitermärkten.

Aktien-Kurse vieler Halbleiterhersteller setzen ihre Talfahrt fort

Resultat ist, dass die Aktien von Chip- und Halbleiterunternehmen, im vergangenen Jahr noch zu den absoluten Stars an den internationalen Technologiemärkten zählend, ihre Talfahrt in der laufenden Woche fortgesetzt haben.

Mittlerweile hat der Halbleiterindex $SOX in Relation zu den im Herbst letzten Jahres ausgebildeten Hochs mehr als vierzig Prozent an Wert eingebüßt. Unter Bezugnahme auf Analysten haben die jüngsten Aussagen von SK Hynix Hoffnungen unter Investoren auf eine bald bevorstehende Kehrtwende an den Halbleitermärkten zunichte gemacht.

Es war nicht nur die Warnung vor einem sich weiter verdüsternden Geschäfts- und Marktausblick, sondern auch die Bekanntgabe durch SK Hynix, die Kapitalinvestitionen des Unternehmens im Jahr 2023 im Vergleich zum laufenden Jahr um mehr als fünfzig Prozent reduzieren zu wollen.

Inzwischen herrscht ein gewaltiges Überangebot an Speicherchipmärkten

Hauptgrund hierfür sei ein Überangebot an den globalen Märkten für Speicherchips. Danach werden sich die im laufenden Jahr getätigten Kapitalinvestitionen in einem Umfang von sieben bis vierzehn Milliarden US-Dollar im nächsten Jahr mehr als halbieren.

Die jüngste Verlautbarung von SK Hynix erinnert sehr an ähnliche Entwicklungen im globalen Speicherchipbereich während der Zeit der globalen Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009.

Ähnlich wie die Zinsmärkte und inverse Zinskurven erweisen sich auch die Entwicklungen an den Halbleitermärkten als einer der zuverlässigsten Indikatoren für das womöglich schon bald bevorstehende Einsetzen einer wirtschaftlichen Rezession.

Auch damals (zu Zeiten der globalen Finanzkrise) verlautbarten Halbleiter- und Chipkonzerne massive Einschnitte im Bereich ihrer Kapitalinvestitionen. Aktuell spricht eigentlich alles dafür, dass es im kommenden Jahr zu einem schmerzhaften Abschwung in der Weltwirtschaft kommen wird.

Eine bislang ungesehene Verschlechterung der Marktbedingungen

Hierfür spricht unter anderem auch die Aussage von SK Hynix, wonach der internationalen Halbleiterindustrie eine bislang ungesehene Verschlechterung der Marktbedingungen ins Haus stünde.

Unter anderem haben sich die Speicherchip-Bestellungen unter den größten Kunden im Smartphone- und PC-Bereich zuletzt deutlich reduziert, wie es weiter hieß. Am stärksten von dieser Entwicklung sind momentan neben DRAM- auch NAND-Chips betroffen.

Deren Preise sind im abgelaufenen Quartal jeweils um mindestens zwanzig Prozent gesunken. Zum selben Zeitpunkt habe eine Überproduktion im Speicherchip-Bereich zu einer globalen Halbleiterschwemme geführt, die nun ihren Tribut einfordere.

Es sei unter Berücksichtigung der aktuellen Lage durchaus möglich, dass die Preise für viele Speicherchips in den nächsten Quartalen weiter sinken werden. Den Aussagen von SK Hynix wird unter Analysten an den Finanzmärkten ein hoher Grad an Aufmerksamkeit geschenkt, da es sich im Fall des südkoreanischen Produzenten um einen der weltweit größten Anbieter im Speicherchip-Sektor handelt.

Das Unternehmen Samsung, der größte Hersteller in diesem Bereich, hatte seinen Ausblick in Bezug auf die eigene Absatz- und Verkaufsprognose im zweiten Halbjahr zuvor schon um mehr als dreißig Prozent gesenkt.

Zu Beginn dieses Monats hatte Samsung zudem mitgeteilt, dass der operative Gewinn des Konzerns im dritten Quartal um 32 Prozent gesunken ist. Unter Analysten wurde bis zu diesem Zeitpunkt hingegen mit einem weitaus geringeren Gewinnrückgang gerechnet.

Halbleitermärkte leiden unter Zinsanstiegen

Medien in Südkorea machen unter anderem die erfolgten Zinserhöhungen unter Notenbanken für die aktuelle Situation verantwortlich. Anhaltende Zinserhöhungen setzten nicht nur die Wirtschaften in den Schwellenländern unter einen zunehmenden Finanzdruck, sondern hätten überdies auch zu einem Rückgang der globalen Nachfrage im Halbleiterbereich beigetragen.

Das Blatt Korea Economic Daily sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer „neuen Eiszeit“ in der internationalen Halbleiterindustrie. Die warnenden Stimmen aus der Industrie selbst vor einem sich intensivierenden Abschwung in der Weltwirtschaft seien unüberhörbar.

Ein Abbau und Verkauf der aktuell vorrätigen Halbleiterbestände könnte sich unter den jetzt gegebenen Bedingungen bis ins zweite Halbjahr 2023 hineinziehen. Unter Analysten hieß es nach den jüngsten Verlautbarungen von SK Hynix, dass die Bekanntgabe des Unternehmens zu einem massiven Rückgang der Kapitalinvestitionen nur als weitere Bestätigung für einen enorm wachsenden Grad der Unsicherheit in der gesamten Industrie zu interpretieren sei.

Andererseits deuten die damit verbundenen Implikationen darauf hin, dass das im Lauf des vergangenen Jahres produzierte Überangebot an den Speicherchip-Märkten – sollte sich die Lage nicht noch zusätzlich verschlechtern – im zweiten Halbjahr 2023 weitgehend abgebaut sein dürfte.

Eingehende Daten aus dem Chipsektor deuten schon seit Monaten auf einen sich intensivierenden Abschwung hin

Die aus dem Halbleitersektor eingehenden Daten deuten bereits seit einigen Monaten auf einen anhaltenden Abschwung in diesem wichtigen Bereich hin. So sank beispielsweise die weltweite Nachfrage im PC-Bereich im dritten Quartal um 19,5 Prozent im Vergleich mit der Vorjahresperiode.

Unter Bezugnahme auf die Gartner Group handelte es sich hierbei um den stärksten Rückgang der Verkäufe seit mehr als zwanzig Jahren. Wurden im dritten Quartal des Vorjahres weltweit noch 84,5 Millionen PCs ausgeliefert, so reduzierte sich diese Kennziffer im abgelaufenen Quartal auf 68 Millionen.

Während sich die globalen Lieferkettenschwierigkeiten im Verlauf der letzten Wochen und Monate ein wenig abgeschwächt haben, zeichnet sich die aktuell vorherrschende Lage an den internationalen Halbleiter- und Chipmärkten jetzt durch zu hohe Bestände und ein damit verbundenes Überangebot aus, wie es seitens der Gartner Group hieß.

Allein in den Vereinigten Staaten haben sich die PC-Auslieferungen im dritten Quartal um 17,3 Prozent im Vergleich mit der Vorjahresperiode verringert. Folge ist, dass immer mehr Anbieter im globalen Halbleitersektor ihre Preise senken, um gegen ein derzeit bestehendes Überangebot anzukämpfen und Kunden zu Käufen zu verleiten.

Auch Hewlett Packard, Dell, AMD und Texas Instruments warnen

Bislang scheint diese Vorgehensweise noch nicht von Erfolg gekrönt zu sein. Ins Bild passt, dass die beiden PC-Hersteller Hewlett Packard und Dell kürzlich vor einer deutlich sinkenden Nachfrage unter Unternehmen und privaten Verbrauchern nach ihren Produkten gewarnt haben.

Auch der amerikanische Halbleiterhersteller Advanced Micro Devices (AMD) hatte zuletzt seine Quartalsgewinnprognose einkassiert, um in diesem Zuge auf eine weltweit sinkende Nachfrage nach PCs hinzuweisen.

Die vorherrschende Lage im Smartphone-Bereich ähnelt der beschriebenen Situation im PC-Sektor. Unter einer zunehmenden Anzahl von Smartphone-Herstellern wurde in den letzten Wochen auf einen sich teils mit hohem Tempo verdüsternden Ausblick hingewiesen.

Unter Analysten an den Finanzmärkten heißt es zu dieser Entwicklung, dass sich die Anzeichen für einen schnell an Fahrt aufnehmenden Wirtschaftsabschwung verdichteten. Die aktuelle Lage sei zudem kaum vergleichbar mit ähnlichen Perioden in der Vergangenheit. Aus diesem Grunde nähme der Grad der Unsicherheit allerorten zu.

Genährt wurden diese Befürchtungen kürzlich auch durch den amerikanischen Halbleiter-und Chiphersteller Texas Instruments. Denn auch seitens Texas Instruments wurde davor gewarnt, dass sich der Abschwung an den globalen Halbleitermärkten intensivieren wird.

Auch Smartphone-Märkte im Rückwärtsgang

Betroffen hiervon seien insbesondere die Submärkte für Smartphones und ähnliche Geräte sowie Industrieausrüstungen. In dasselbe Horn bliesen zuvor bereits die Konzerne Intel Corp., Nvidia (im vergangenen Jahr noch einer der absoluten Highflyer-Werte an den Chipmärkten) und Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC).

Nochmals sei erwähnt, dass der Philadelphia Stock Exchange Semiconductor Index ($SOX) im Herbst 2021 sein Hoch ausbildete, um seitdem um mehr als vierzig Prozent nachzugeben. Manche Analysten sprechen bereits über einen erfolgten Crash, der sich im Lauf der nächsten Quartale aufgrund einer anhaltend sinkenden Nachfrage unter Unternehmen und privaten Verbrauchern noch intensivieren könnte.

Trotz der im Verlauf der letzten Monate deutlich gesunkenen Aktienkurse unter Chip- und Halbleiterherstellern scheint also weiterhin Vorsicht geboten. Denn SK Hynix machte zudem darauf aufmerksam, dass die jüngst durch die Biden-Administration bekanntgegebenen Chip-Exportkontrollen gegenüber der Volksrepublik China und andere damit verbundene Restriktionen schlimmstenfalls auch die Schließung von mindestens einem großen Werk im Reich der Mitte zur Folge haben könnte.

Selbstverständlich würde sich das globale Angebot an den Speicherchip-Märkten auf diese Weise zusätzlich reduzieren. Allerdings traut sich an den Finanz- und Halbleitermärkten bis dato kaum jemand zu, eine belastbare Prognose darüber anzustellen, wie sich die durch die Washingtoner Regierung eingeführten Export-Kontrollen in diesem Bereich auf die globale Nachfrage und die Unternehmen in diesem Sektor selbst auswirken werden.

Abschließend sei erwähnt, dass in den vergangenen Monaten auch die Preise im Sektor der Grafikchips gefallen sind. Ob in diesem Bereich eine Talsohle erreicht sein könnte, steht aufgrund der zunehmenden Unsicherheit an diesen Märkten jedoch ebenfalls noch nicht fest.

In einem Bericht auf der Seite von asianews.network hieß es Anfang September, dass vier von fünf befragten Chipmarkt-Experten mit der schlimmsten Wirtschaftskrise in Südkorea seit mindestens einer Dekade rechnen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt neben dem im Bericht verlinkten Quartalsbericht von SK Hynix auch Bezug auf zwei Berichte auf den Seiten von usnews.com und seattletimes.com

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Unter Beobachtern und Analysten an den Finanzmärkten stellt sich die Frage, wie die Kommunistische Partei Chinas auf die jüngst verabschiedeten Export-Kontrollen der US-Regierung reagieren wird.

Vielerorts wird damit gerechnet, dass eine Reaktion stets eine Gegenreaktion – oder anders ausgedrückt eine Vergeltung – zur Folge haben wird. Die Volksrepublik China, deren politische Führung ihren Fokus verstärkt auf innenpolitische Entwicklungen im Land gelegt hatte – könnte sich in nicht allzu ferner Zukunft ihrer wirtschaftlichen Dominanz an den Märkten für Seltene Erden und anderen wichtigen Metallen bewusst werden.

Sollte es in diesem Bereich zu einer Ankündigung von Exportrestriktionen durch die Pekinger Regierung kommen, lässt sich keineswegs ausschließen, dass neue Turbulenzen an den Chip- und Technologiemärkten in aller Welt auszubrechen drohen.

Die Dinge lassen sich insbesondere aufgrund der Tatsache kaum mehr prognostizieren, da ein wachsender Grad der Entscheidungen an den internationalen Märkten von geopolitischen und geostrategischen Entwicklungen geprägt wird, die nicht unternehmerischer, sondern einer rein politischen Natur sind.

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