Im Frühjahr 2011 empfing der ukrainische Ministerpräsident Mykola Asarow eine Delegation von deutschen Journalisten, zu der auch ich gehörte, in seinem Amtssitz.
Damals machte ich dieses Foto.
Quelle Ramon Schack privat
Als ich dem Ministerpräsidenten vorgestellt wurde, schauten mich hinter seinen Brillengläsern freudlose Augen an.
Seine Exzellenz reagierte verärgert auf Fragen nach der Pressefreiheit in der Ukraine, sowie nach seiner Sozialisation in der Sowjetunion. "Würden Sie Kanzlerin Merkel auch nach Ihrer Herkunft in der DDR befragen?" zischte er mich an. "Ja sicher!", gab ich ihm zur Antwort.
Wenig später machte ich mich dann völlig unbeliebt, als ich den Westukrainischen Schriftsteller Juri Andruchowytsch erwähnte.
Was ich nicht wusste, Andruchowowytsch hatte sich zuvor über die angeblich bescheidenen ukrainischen Sprachkenntnisse Mykolas öffentlich beschwert. Der Ministerpräsident verließ daraufhin verärgert den Raum.
Weder bei ihm, noch dem damaligen Staatschef Janukowitsch, die beide übrigens durch relativ freie Wahlen an die Macht gekommen waren - nachdem die Protagonisten der Orangenen Revolution von 2005 abgewählt worden waren -, aber durch einen Umsturz des Amtes verlustig wurden, handelte es sich um besonders empfehlenswerte Politiker.
Aber immerhin gab es damals keinen Bürgerkrieg, wie seit 2014, als ukrainische Sezessionsbewegungen von der Regierung in Kiew militärisch bekämpft wurden und erst recht keinen Krieg, wie durch den russischen Einmarsch seit 2022, also auch kein Blutvergießen, was ich als Vorteil bewerte. Außerdem war die territoriale Integrität der Ukraine gewährt.
Die aktuelle ukrainische Regierung, die so viele Parteien verboten hat wie keine Regierung zuvor in Kiew seit 1991, aber trotzdem unsere Werte verteidigt - wie es Frau von der Leyen propagiert, aber nicht nur die, was soll man da von unseren Werten halten -, hat jetzt Anklage gegen Asarow erhoben.
Die Berliner Zeitung berichtet:
„Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat gegen den nach Russland geflüchteten Ex-Regierungschef Mykola Asarow Anklage wegen Kollaboration mit Moskau und „Diskreditierung“ des Landes erhoben. Der frühere Ministerpräsident habe den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gerechtfertigt, begründete die Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag ihr Vorgehen.“
Was immer man sich in Kiew von solchen Manövern erhofft, die Tatsache, dass es um die Ukraine nicht gut bestellt ist, weder militärisch, noch ökonomisch und erst recht nicht sozial, lässt sich dadurch nicht mehr übertünchen.
In der vergangenen Woche verbreitete Selenskyj wieder Durchhalteparolen und präsentierte einen Sicherheitsvertrag mit Großbritannien, so als ob London bisher gar nicht in den Konflikt involviert wäre. Das Gegenteil ist der Fall, es war der Initiative des damaligen britischen Premierministers zu verdanken, dass der Krieg bis heute anhält.
"Gemäß den Aussagen des israelischen Politikers war ein Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine schon im März letzten Jahres zum Greifen nah, doch Washington und London wollten den Krieg verlängern."
Danach tingelte der ukrainische Präsident durch das Baltikum, um nicht nur Geld und Waffen einzutreiben, sondern die Regierungen in Riga, Tallinn und Vilnius, darum zu bitten, geflüchtete Ukrainer auszuliefern, um diese direkt an die Front zu schicken. In den Nato-Kernstaaten gibt es für den ukrainischen Präsidenten diesbezüglich auch nicht mehr viel zu holen.
"Frankreich, Deutschland und mehr als 20 weitere Länder haben am Donnerstag in Paris eine sogenannte Artilleriekoalition für die Ukraine ins Leben gerufen. »Es gibt keine Alternative zu einer modernen Artillerie. Wir müssen uns weiter anstrengen, um die Produktion von Munition zu erhöhen«, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow, der per Video zugeschaltet war. Frankreich kündigte an, zwölf zusätzliche Haubitzen für die Ukraine zu finanzieren. Dafür sollen 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Derzeit seien bereits 49 Haubitzen dieses Typs in der Ukraine im Einsatz und sechs weitere bestellt."
Keine Taurus-Marschflugkörper für Kiew
Nun ja. Vor allem aber aus Berlin, weht dem Präsidenten ein kühler Wind entgegen. Selbst die Rüstungslobbyistin Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, die ansonsten für jede Kriegstreiberei zu haben ist, knickte plötzlich um.
Der transatlantische Tagesspiegel schrieb dazu verbittert über die transatlantische Politikerin:
"Umgefallen bei der Taurus-Entscheidung:Strack-Zimmermanns Worte werden plötzlich sehr klein. Das Zögern des Kanzlers bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine nannte sie „verantwortungslos“. Nun stimmt die FDP-Verteidigungspolitikerin selbst mit „Nein“ – aus reiner Taktik."
„Was heißt das konkret für mich?!
Die sich abzeichnende Niederlage im Osten führt bei den Verantwortlichen für diesen gescheiterten strategischen Entwurf zu wachsender Nervosität und Reizbarkeit.
“Oben noch rauschende Feste, – aber man hört schon wie jemand im Keller ein Messer schleift!”, schrieb Heinrich Heine einst. Ein Zitat von beklemmender Aktualität.
Kommentare
Wenn man beim Schachspiel keinen Sieg mehr erreichen kann,
dann gibt man auf, nicht opfert man beidseits noch jede Menge Bauern (Menschenleben).
Mir freundlichen Grüßen
R.Müller
Wenn sich die Ukraine auf allen Kanälen diesem System Putin zur Wehr setzt, würde es einem Herrn Schack gut zu Gesicht stehen, diesem Bemühen etwas mehr Anerkennung zu zollen.
Oder will er, dass demnächst auch bei uns keine Luftverschmutzungswerte mehr veröffentlicht werden dürfen, weil ein Putin darüber bestimmt?
By the Way, in Europa sterben 238.000 Menschen jährlich wegen der Luftverschmutzung. Die entsprechende Opferzahl für Russland wird Herr Schack nie erfahren.
Falls Trump Präsident wird, ist er nicht mal mehr in Florida sicher.
Jetzt haben wir wieder den West-Ostkonflikt in einer neuen Auflage, den wir grundsätzlich nicht wollen. Die derzeitige Vertragsunion ohne lebendige Identität muss sich aus der einseitigen atlantischen Umklammerung lösen. Dies ist jedoch mit den derzeitigen „EU-Unionspersonal“ nicht möglich. Das europäische Gemeinwohl wurde Partikularinteressen überlassen, etwa denen der Finanzwirtschaft während der Bankenkrise, denen der Digital- und Pharmakonzerne während der Pandemie und denen der Rüstungsindustrie im aktuellen Ukrainekrieg.
Die EU befindet sich im Abstieg und die Regierenden haben dies nicht verhindert, sondern zu Lasten der europäischen Bürger sogar noch befördert. Daher gehören diese technokratischen, bürgerfernen und tendenziell teilweise korrupten EU- „Eliten“ abgewählt.
Seine revanchistischen Großmachtansprüche hat er doch schon postuliert indem er die untergegangene Sowjetunion wieder herstellen will und Stalin in der russischen Propaganda hoffähig gemacht wird.
Nach einer Regeneration seiner Armee wären Moldavien und die Baltischen Staaten seine nächsten Ziele.
Er lässt ja schon gegen Litauen hetzen wegen der dort lebenden Russen.
Wenn der Westen nicht in der Lage oder Willens ist (z. B. Trumps Wahlsieg) ihn zu stoppen, werden wir in Europa erhebliche Probleme bekommen.
Geschichte wiederholt sich manchmal doch, wenn auch in abgewandelter Form. Man denke nur an die deutsche Diktatur.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dreizack
Weder die Polit-Marionetten im hiesigen Absurdistan noch das Bandera-Regime in Kiew hat irgendetwas zu entscheiden. Strategie, Taktik und Maßnahmen werden allein in Übersee nach geopolitischem Interesse des Imperiums entschieden.
Das deutsche Schlafschaf muss natürlich Angst vor Putin haben, der unseren Rechtsstatt, Freiheit, Demokratie und guten Werte bedroht, neben der AFD natürlich. Deshalb verteidigen wir diese in der Ukraine, so wie auch schon 20 Jahre lang erfolgreich in Afghanistan.
Am besten sind jene Schafe, die nicht einmal im Ansatz merken wie sie über Jahrzehnte manipuliert und indoktriniert wurden. Nun denn, auf in den Krieg mit Russland, da haben die Deutschen ja beste Erfahrungen...
Sorry, Thema verfehlt. Nicht die Tiefe der Problematik erkannt.
@ironalex
Wenn der Putin am Ziel ist, wird es mit der Möglichkeit vorbei sein, sich über Politikversagen aufregen zu können.
Ich befürchte nur dass alle die Nase davon voll haben.
ich gebe hier einige kurze generelle Eindrücke über die Ukraine wieder die sehr SUBJEKTIV sind und den Stand der Ukraine 2016 zeigen.
Überdies habe ich selbst auch keine Lust über den Krieg zu sprechen, geht mir wie der Bevölkerung.
2015 nach dem Putsch wurde die Ostukraine beschossen und bombardiert, junge Männer wurden hier in Nikolaev aus Bussen heraus rekrutiert um an die Ostfront gegen die Ostukraine zu kämpfen. Viele junge Männer flohen oder versteckten sich, einem Freund von mir konnte ich Asyl in meinem Haus in Luxembourg geben.
Generell gilt: das Volk hier sitzt seit jeher tief in der Scheisse. Es gibt hier keinen Mittelstand sondern nur Arme und wenige Reiche, welche mit ihrem Reichtum sehr protzen. Die ganze Ukraine ist korrupt. Alles Geld wandert in die Taschen der Beamten, die Infrastrukturen sind desaströs, Titel werden gekauft, Hochschulabschlüsse, Führerscheine, Bauplanungen…. . Die Polizei kassiert stets in die eigenen Taschen, hält sogar oft willkürlich Autos an die bezahlen müssen. Von meinen ca 20 Protokollen wanderten 19 in die Taschen des Polizisten und das ist bei den Einheimischen das Gleiche. Reiche drängeln sich überall vor, stossen sogar manchmal Leute weg. Der Polizist welcher einen Reichen oder seinen Sprössling per Zufall protokolliert wird sofort entlassen. Es ist empörend für einen normalen Europäer zu sehen wie die Menschen ausgenutzt werden. Das Elend ist riesig und eigentlich nur ertragbar für grössere Familien mit eventuell einem eigenen Garten. Obst ist für den normalen Ukrainer nicht bezahlbar. Seit jeher werde ich in den halb leeren Supermärkten neidisch angekuckt wenn ich Bananen, Orangen , Äpfel etc kaufe.
Der Durchschnittslohn ist ungefähr 1500 - 3000 grivna pro Monat, da hat sich seit Jahren nichts geändert. Nur stand die Grivna 2005 ungefähr bei 6 zu einem Euro, jetzt gibst dafür schon 17 pro Euro, alles bei Haushaltsartikeln welche unwesentlich billiger sind als bei uns.
Das Leben in Dörfern ist 19. Jahrhundert. Leute schreien mich an weil sie glauben ich wäre taub, dabei ist nur mein Russisch sehr schlecht. Die sind ihr ganzes Leben keine 20 Kilometer weit weg gewesen. Toiletten im Haus sind Luxus. Besitzt jemand ein Stück Vieh, so wird es den ganzen Tag an der Leine herumgeführt, damit niemand es klaut. An den Strassenrändern sieht man immer Leute mit einer Ziege oder einer Kuh herumsitzen, Hühner sind häufiger. Obdachlose Hunde gibts in jeder Stadt zuhauf, sie treten in Rudeln auf, man sollte sich ihnen nicht nähern. Nehmen sie überhand und werden gefährlich in der Nacht, werden sie manchmal erschossen in Polizeiaktionen.
Ältere Menschen sind selten in den Strassen. Da die meisten 4 stöckigen Häuser keine Lifte haben, können die Leute nicht mehr rauf wenn sie alt sind. Sie sterben dann in den Wohnungen. Sterben ist sehr leicht hier, wen kümmerts wenn keine grosse Familie da ist. Invaliden ohne Beine rutschen über den Betonboden und betteln…die Obdachlosen sind nicht so aggressiv als in unseren Ländern, Alkoholiker auch nicht. Man säuft einfach bis man umfällt.
Bevölkerung ist eigentlich nett aber erinnert mich immer an die Auffassungen meiner Oma vor über 50 Jahren. Homosexualität ist total tabu, Gays gehören verprügelt, Pussy Riots erschossen; ist alles gängige Meinung. Die Leute sind sehr gläubig. Sämtliche Frauen mit oder ohne Hochschulausbildung glauben überdies an ihr Horoskop. Dabei ist westliches Flair total in. Junge Frauen kleiden sich äusserst sexy, soweit es finanziell möglich ist, man geht in den Städten nur mit “maquillage” vor die Haustür. Dafür sind die meisten moralisch in den westeuropäisch Fünfzigern Jahren. Alle möchten das neueste Handy haben, dafür wird gespart wo es geht. Das Telefonnetz ist gut ausgebaut, soweit ich das beurteilen kann. Shops für Handys und Zubehör gibst überall. Banken arbeiten langsam und sind total veraltet. Hotels in Kiev sind zweitklassig aber überall sitzen junge Mädchen. Hotels in anderen Städten sind fast drittklassig und ohne Mädchen. Prostitution scheint aber weniger verbreitet als im Westen, ich besitze aber keine Kenntnisse darüber. Die Ukraine ist sehr patriarchalisch, der Mann ist der König, niemals bezahlt eine Frau im Restaurant oder das Taxi. Es gibt keine Emanzipation. Ukrainer mit Geld können sich alles kaufen.
Vor dem Bürgerkrieg waren die Oligarchen verhasst, und zwar überall. Es ist jetzt so dass offiziell Putin für alles verantwortlich gemacht wird, die Älteren glauben zwar auch nicht alles was das einheimische Fernsehen überträgt, aber es gibt junge Freiwillige. Nur, die Verletzten und Toten nehmen jetzt zu, man fängt an misstrauisch zu werden. Der Riss geht auch durch die ganze ukrainische Gesellschaft, viele sind nunmal Russen, fast alle haben Bekannte oder Familienangehörige in Russland. Manche hassen sich jetzt und sprechen nicht mehr miteinander.
Ich habe seit jeher nicht verstanden wie dieses Land zusammengehalten werden kann. Im Osten ist alles prorussisch mit einem Touch zu Sowjets, der Westen ist das Gegenteil, die Leute auf der Krim hielten sich nie für Ukrainer sondern für Russen.
Ich hatte eine website über die Ukraine begonnen, sie ist 2016 ein Fragment geblieben, man kann meine Fotos aber immer noch schauen unter: https://patsmelv.myportfolio.com/?fbclid=IwAR22KZIYsJI8WoKucPE5XSIsRzu2tanDL3KrEp-k0a7S2XTqPvVGRRykPf4
Und durch den Völkermord der Russen an den Ukrainern wird das jetzt alles viel besser werden oder was wollen Sie zum Ausdruck bringen? Die Russen werden die ukrainischen Oligarchen gegen russische Oligarchen austauschen mehr wird nicht passieren. Ihre Schilderungen halte ich, davon abgesehen, für vollkommen glaubwürdig.
Danke für die Schilderung Ihren persönlichen Erfahrungen !!
@Laubscher
Schwach und durchsichtig wie immer.
es gibt halt aber doch immer noch zwei Seiten einer Geschichte, oder gibt es für Sie nur die eine einzig wahre Seite?
Propaganda ist das Eine, Wahrheit das Andere. Besitzen Sie als Einziger die alleinige, selig machende Wahrheit bei Konflikten, egal welcher Art? Wenn ja, herzlichen Glückwunsch und das meine ich ernst! Ich für meinen Teil erkenne nur, dass in diesem Konflikt mehrere Seiten kräftig mitmischen, dass es keinesfalls um Menschen geht, sondern nur um die Macht und den Profit Einiger von mehreren Seiten. Das sind jedoch nicht die einfachen Menschen, die nur selbständig in Ruhe leben wollen. Schauen Sie bitte auch mal klaren Blickes nach Deutschland und erklären Sie uns die von Ihnen erkannte einzige Wahrheit, wir wären dankbar dafür, würde es uns doch unser Leben und Denken erleichtern.
Nie gibt es „nur die eine einzig Wahre Seite“. Aber - Angriff Russlands am 24.2.2022! Propaganda oder „einzige Wahrheit“? Zehntausende Tote Ukrainer und Russen! „Einzige Wahrheit“ oder Propaganda? Tausendfache Menschenrechtsverletzungen! Propaganda oder „einzige Wahrheit“? Sie tun mir nur noch leid, wahrscheinlich haben Sie doch zuviel Russia TV konsumiert.
Der Kommentar über Feinstaubbelastung in russischen Innenstädten hat meinen Tag bereichert.
Hochachtungsvoll
"ist drauf und dran sein Volk auszurotten, nicht Rußland". Aha! Der "Diener des Volkes" hat also den Befehl gegeben zehntausende Ukrainer hinzumeucheln? Interessanter Ansatz, das muss der Neid Ihnen schon lassen. Und wo haben Sie diese Erkenntnis her?
Ich befürchte nur dass alle die Nase davon voll haben.
bekomm ich noch Ihre geschätzte Antwort ?
Wie immer total überzeugende Argumente. Und täglich grüßt das M……
Herr ecgbr, leider wurde mein Post geblockt oder ging sonstwie verschütt. Ich hatte jedenfalls am 21.01.2024 folgendes geantwortet: Was das Ziel Putins ist, findet jeder, den es wirklich interessiert, in "Putins Netz" von Catherine Belton nachzulesen. Sollten Sie das Buch kennen, dann würde mich Ihre Frage doch sehr überraschen.