Ende September <link gesellschaft-und-politik beitrag weitere-schlappe-fuer-heiko-maas-mietpreisbremse-laut-lg-berlin-verfassungswidrig>berichtete ich über die Ansicht des Landgerichts Berlin, welches die Mietpreisbremse für verfassungswidrig und eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht für erforderlich hält. Das Landgericht argumentierte stringent mit einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und unzulässigem Eingriff in die Vertragsfreiheit.
Unter anderem führte das Gericht aus, dass auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vorliege, da diejenigen Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine (zu) hohe Miete (das heißt eine um 10 % die ortsüblichen Vergleichsmieten übersteigende Miete) mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die „alte“ Miete weiterhin unbeanstandet verlangen.
Ein Bestandsschutz für diese „alte“ Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden. Zudem sei die Ungleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar. Denn diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen Vermietern, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.
Bestandsschutz der Vormiete
Die vor einer Neuvermietung für eine Wohnung bezahlte Miete genießt nach dem Gesetz somit Bestandsschutz. Das bedeutet, dass ein Vermieter bei Wiedervermietung einer Wohnung einen Mietpreis verlangen darf, der um mehr als 10 Prozent über der Vergleichsmiete liegt, wenn die Miete, die er vorher für die Wohnung erzielte auch über dieser Grenze lag. Er darf dann wieder die hohe, vorherige Miete verlangen.
Mieter verlangen Informationen zur Vormiete
Nun waren zwei Münchner Mieter in dieser Situation und verlangten von ihrer Vermieterin Auskunft über die Vormiete. Damit wollten sie klären, ob ein Verstoß gegen die Mietpreisbremse vorliege oder nicht.
Nachdem die Vermieterin sich weigerte, Beweise vorzulegen, klagten die Mieter. Sie verloren ihre Klage in der zweiten Instanz. Der Vermieter ist nicht dazu verpflichtet, die Höhe der Vormiete nachzuweisen.
Mietpreisbremse in Bayern komplett unwirksam
Die Mieter, die klagten und in zweiter Instanz unterlagen, kippten damit versehentlich gleich die Verordnung im gesamten Bundesland Bayern.
Im Zuge dieses Verfahrens hat das Landgericht München I die bayerische Mietpreisbremsenverordnung für unwirksam erklärt. Dem Urteil zufolge ist die Verordnung wegen Formfehlern unwirksam. Die Landesregierung habe es versäumt, in der Verordnung jene Gemeinden zu bestimmen, in welchen ein angespannter Wohnungsmietmarkt besteht. Zudem müsse für die Gemeinden einschließlich München erkennbar sein, aus welchen Gründen sie in die Mieterschutzverordnung aufgenommen wurden.
Die beiden Kläger hatten diese weitreichende Wirkung ihres Rechtsstreites sicher nicht erwartet.
Damit haben sie den Mietern in Bayern auf den ersten Blick einen Bärendienst erwiesen.
Schadensersatzansprüche der Mieter gegen den Freistaat
Nun sind die Mieter- und Verbraucherschützer findige Spezialisten und nutzen das Urteil des Landgerichts zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zugunsten von Mietern.
Nach Ansicht des Rechtsanwaltes Daniel Halmer, seines Zeichens Gründer des Onlineportals wenigermiete.de, können von der Entscheidung betroffene Mieter gegen den Freistaat Bayern auf der Rechtsgrundlage der sogenannten Staatshaftung vorgehen.
Er vertritt einen Münchner Mieter und hat bereits eine Musterklage beim Amtsgericht eingereicht.
Das Onlineportal wirft der Landesregierung juristische Pfuscherei vor, aufgrund derer Mieter, die bereits eine Klage gegen ihren Vermieter angestrengt haben, mit dem Urteil des Landgerichts ihre Rechtsgrundlage verlören. Schuld daran sei die vom Freistaat vermurkste Verordnung. Mieter blieben nun auf ihren Prozesskosten und einer möglicherweise überteuerten Miete sitzen. Dafür müsse der Freistaat in Haftung genommen werden.
Der Mieterverein München hat verlauten lassen, dass er ebenfalls ein Amtshaftungsverfahren vorbereitet.
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Kommentare
Ich rede aus Erfahrung, da ich selbst seit über 20 Jahren in der Immobilienbranche tätig bin.
Ein Beispiel von vor 2 Wochen: in meinem Auftrag wurde in Berlin-Tiergarten nur ca. 1 km von der Siegessäule entfernt gelegen, eine sanierte 1 Zimmerwohnung mit Küche und Bad an. Die Warmmiete beträgt 350,- € (KM 280.- €)
In den ersten 24 Stunden meldeten sich ca. 300 Interessenten aus allen Schichten der Bevölkerung auf die Anzeige. Es wurden alle Interessenten zu 2 aufeinanderfolgenden Terminen im Abstand von 1 Stunde eingeladen. Es war wohl fast Volksfestcharakter. Das ist übrigens inzwischen traurige Normalität. Vor Einführung des Bestellerprinzips und der Mietpreisbremse kamen vielleicht 10 oder 20 Interessenten zu einem Termin.
Ich möchte mit dem Folgenden die absolute Sinnlosigkeit der Mietpreisbremse als auch die Einführung des Bestellerprinzipes erklären.
Immer wieder wird die Frage gestellt, auch schon am Telefon vor der Besichtigung, ob denn auch Hartz IV Bezieher oder Interessenten mit niedrigem Einkommen eine Chance auf die Wohnung hätten. Wahrheitsgemäß antworte ich immer, das der Interessent mit der besten Bonität natürlich die größten Chancen hat.
Aus der Fülle der Bewerber wurde es dann ein Student, dessen Eltern per Bürgschaft mit einem monatlichen 5 stelligen Nettoeinkommen bürgten, der den Zuschlag bekam.
Und bevor jetzt alle Sozialromantiker anfangen zu schimpfen, möchte ich klar machen, um was es hier eigentlich geht und worüber nachzudenken die Politik nicht in der Lage ist und die meisten Mieterinteressenten nicht gewillt sind. Und noch eins vorweg: es melden sich nur deswegen so viele Interessenten, auch die Gutbetuchten, auf fast jede Wohnung, weil es schlicht und ergreifend einfach viel zu wenige Wohnungen in Berlin gibt. Berlin wirbt regelrecht um Zuzug, ist aber nicht mal im Ansatz in der Lage diesem Ansturm Herr zu werden. Studieren kann heutzutage fast jeder, aus aller Herren Länder holt Berlin mit Slogans wie "Berlin ist Sexy" ect. vor allem junge Menschen in die Stadt und verheißt Ihnen eine tolle Zukunft ohne die Infrastruktur dafür zu schaffen.
Aber nun zum Fakt: Die hier beschriebene Wohnung, ebenso wie andere Wohnungen aus unserem Bestand, sind finanziert. Die Bank verlangt selbstverständlich Zahlungssicherheit. Um dies sicher und langfristig zu gewährleisten, werde ich als vernünftiger Kaufmann, denn auch das Finanzamt will pünktlich seine Steuern gezahlt haben, selbstverständlich einen Vertrag mit einem bonitätsstarken, verlässlichen Vertragspartner abschließen. Seltsamerweise wird dieses für eine Marktwirtschaft allgemein gültige Prinzip gerade privaten Vermietern auch noch zum Vorwurf gemacht.
Fest steht, das auch die Arbeitsagenturen für Leistungsbezieher die Miete pünktlich an den Vermieter überweisen. Aber, es gibt ein Urteil, was es dem Leistungsbezieher ermöglicht, die Agentur anzuweisen, die Miete nicht mehr direkt an den Vermieter zu bezahlen, sondern vorab auf das Konto des Leistungsbeziehers und dieser zahlt dann an den Vermieter. Wenn dieser Mieter dann aus persönlichen oder welchen Gründen auch immer nicht zahlt, bekomme ich diesen Mieter nicht aus der Wohnung. Unsere Gesetze haben die Hürden für eine Kündigung so hoch gehängt, das es nur logisch ist, das ich mir auch deswegen und wegen meiner Zahlungsverpflichtung der Bank und dem Finanzamt gegenüber und nicht zu vergessen meiner EIGENEN Sicherheit und Interessen wegen, einen Vertragspartner aussuche, bei dem die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls am Geringsten ist.
Die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip haben jetzt zu also der absurden Situation geführt, das auch Mietinteressenten mit sehr hoher Bonität, die sich schon vor der Mietpreisbremse eine höhere Miete hätten leisten können, nun wiederum die Nutznießer sind, mit dem üppigen Vorteil, das sie nun auch die Maklergebühren, die Sie hätten aus der Portokasse zahlen können, obendrein sparen. Und die Gruppe mit niedrigem Einkommen, für die diese ganze Geschichte gedacht war, schauen abermals in die Röhre.
Die Lage hat sich dadurch für die unteren Einkommensgruppen eher verschärft.
Alle, auch die sozial Schwachen möchten unbedingt in der Großstadt leben. Nur kollidiert gerade diese Gruppe mit den immer zahlreicher werdenden Studenten und ohnehin schon Gutverdienenden und der damit einhergehenden Verknappung verfügbaren Wohnraumes.
Statt Vermieter und Makler zu stigmatisieren und für den Wahlkampf zu missbrauchen sollten die Politik sich lieber darum kümmern das effektiv mehr Wohnungen gebaut werden.
Aber was soll man schon verlangen von einer Landesregierung die nicht mal einen Flughafen zum laufen bringt.
Zielgruppe A wird etwas versprochen, und in ein Gesetz gegossen. Das aber ist handwerklich (absichtlich) so gemacht, dass es kurze Zeit wieder fällt. Damit wäre nun auch Zielgruppe B bedient. Regierungs-Motto: "Wir machen was, aber wir machen nix!".
Ergebnis: Zielgruppe A zufrieden (immerhin hat die Regierung ja einen Versuch unternommen), Zielgruppe B zufrieden (da alter Zustand wiederhergestellt), die Gräben zwischen beiden Zielgruppen wurden vertieft - was nun auch Regierung und Verwaltung glücklich macht, schliesslich haben sie alle nun wieder ihre Existenzberechtigung unter Beweis gestellt. Aufwand insgesamt: jede Menge Zeit, jede Menge Geld (der Allgemeinheit), und natürlich auch eine ganz spezielle "Lebensqualität". Wer dafür noch einen kürzlich diskutierten Beweis braucht, erinnere sich an die -von Beginn an verfassungswirdige und kürzlich widerrufene- Brennelementesteuer.
"Waiting for the worms", Pink Floyd: die Gesellschaft auf Abwegen, der Staat reformresistent. Da helfen auch keine "Stop!"-Rufe...