Staatsnahe „Rotschals“

Rund 11.000 dieser „Rotschals“ nahmen an der Veranstaltung teil, während es bei den Gelbwesten knapp 70.000 waren, so die Polizei.

„Republikanischen Marsch der Freiheiten“ nannte sich der Aufmarsch der „Rotschals“, welcher von folgenden Parolen begleitet wurde „Ja zur Demokratie, nein zur Revolution“, “Ich liebe meine Republik“ und „Stoppt die Gewalt“.

Wem das alles sehr staatsnah klingt, der wird sich durch die Tatsache bestätigt fühlen, dass der Initiator der „Rotschals“, Laurent Soulie, nicht etwa Kommunist, sondern ein enger Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron ist. Die „Foulards Rouges“ wenden sich gegen die Gewalt und Radikalität der „Gelbwesten“. „Die Demokratie darf nicht durch Aktionen auf der Straße zerstört werden“ heißt es in einer Erklärung.

 

Zu Beginn richteten sich die Gelbwesten-Demonstrationen gegen steigende Benzinpreise und die immer höheren Lebenshaltungskosten. Doch die Proteste entwickelten sich schnell zu einer allgemeinen Aufwallung gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron, der in Sprechchören als „Präsident der Reichen“ bezeichnet wurde, da zeitgleich die Vermögens- und Gewinnsteuer herabgesetzt wurde.

Inzwischen sind die „Gelbwesten“ und ihre Aktionen aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken.

Die von Macron abgeschaffte Vermögenssteuer, welche vor allem das obere, das reiche Viertel der Bevölkerung zu zahlen hatte, wird nicht wieder erhoben, diesbezüglich lässt der Präsident nicht mit sich reden. Keine Geste also, weder an die „Gelbwesten“, die in vollem Einvernehmen mit der großen Mehrheit der Franzosen „Steuergerechtigkeit“ verlangen, noch an die politische Opposition, die ihn längst zum „Präsident der Reichen“ abgestempelt hat. Macron hat bisher nicht erkennen lassen, dass er den Dialog mit der Straße sucht - in welcher Form auch immer.

Macron besinnt sich auf De Gaulle

Für Präsident Macron, dessen Umfragewerte im Keller sind, erscheinen diese Proteste als eine Art öffentliche Demütigung und eine politische Gefahr angesichts der bevorstehenden Europawahlen.

Es ist daher nicht unverständlich, dass sich Macron auf De Gaulle besinnt - in dessen historischen Fußstapfen er sich keineswegs bewegt, dafür sind diese dann doch zu groß – und versucht, auf dessen Strategie vom Mai 1968 zurückzugreifen.

Damals, in jenem Mai 1968, als die Straßen von Paris mit triumphierenden Demonstranten gefüllt waren, hatte der General die Hauptstadt verlassen, um später triumphal zurückzukehren. De Gaulle, der keine allzu hohe Meinung von dem politischen Instinkt seiner Landsleute hatte, ließ dieses Spektakel von Demonstrationen begleiten, die seine Rückkehr und seine Politik unterstützten.

Sollte Präsident Macron dieses Vorgehen als Wunderwaffe auserkoren haben, um die aufgerissenen innenpolitischen Wunden zu schließen, hat er aber eine entscheidende Tatsache übersehen. Es war die Mehrheit der Bevölkerung, die damals hinter de Gaulle marschierte. Das bürgerliche Frankreich der Klein-und Mittelstädte gegen die politische Exaltiertheit der Studenten, die wiederum überwiegend aus der intellektuellen Oberschicht stammten.

Heute aber steht die Mehrheit der Bevölkerung keineswegs hinter Macron - und die Proteste der Gelbwesten stammen ursprünglich aus der Provinz…

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