Während sich die Angriffe der Huthis auf Fracht- und Containerschiffe im Roten Meer und rund um den Golf von Aden fortsetzen, zeichnet sich inzwischen auch eine sukzessive Ausweitung des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern im Gaza-Streifen auf den südlichen Libanon ab.

Weder die Raketen- und Luftangriffe der Amerikaner und Briten auf Stellungen der Huthis im Jemen noch die anhaltende Operation Prosperity Guardian unter amerikanischer Führung vor der Südspitze der Arabischen Halbinsel haben bislang ihr Ziel einer möglichst schnellen Normalisierung des internationalen Schiffsverkehrs in der Region erreicht.

Im Gegenteil mehren sich die Stimmen, die vor einer zeitlich länger anhaltenden Situation und somit einer Fortsetzung des Beschusses von Fracht- und Containerschiffen durch die Huthis vor Ort warnen. Hierzu zählt unter anderem auch der Frachtriese Hapag-Lloyd.

Südlibanon – Frankreich legt Vorschlag vor

Was den sich ausweitenden Konflikt zwischen der israelischen Armee und der schiitischen Hisbollah-Miliz im Südlibanon anbelangt, so hat Frankreichs Regierung einen schriftlichen Vorschlag vorgelegt, um die vor Ort herrschende Situation zu deeskalieren.

Vielleicht schon allein aufgrund der Tatsache, dass Frankreich ehedem als Mandatsmacht des zu damaligen Zeiten neu geschaffenen Libanons fungierte, mag die Pariser Regierung ein Eigeninteresse daran hegen, die angespannte Lage an der südlibanesisch-israelischen Grenze zu entspannen.

In den vergangenen Wochen haben sich die Angriffe der Hisbollah gegen Einrichtungen der israelischen Armee und einzelne Ortschaften im Norden Israels intensiviert. Einerseits hat Tel Aviv auf diese Gefahr mittels einer weitläufigen Evakuierung der eigenen Bürger und Siedler in der nördlichen Grenzregion reagiert.

Andererseits setzen sich die Bombardements der israelischen Luftwaffe auf Stellungen der Hisbollah im Südlibanon fort. Der französische Vorschlag sieht vor, dass die Hisbollah ihre Kämpfer fernab der gemeinsamen Grenze mit Israel bis zu zehn Kilometer ins libanesische Landesinnere zurückziehen soll.

Die Regierungen Israels und des Libanons hätten nach einem solchen Zeichen des guten Willens die Chance, um sich zu gemeinsamen Verhandlungen an einen Tisch zu setzen. Im besten aller Fälle könnten sich beide Seiten sodann auf die sukzessive Erweiterung einer Pufferzone im gemeinsamen Grenzbereich einigen.

Bestenfalls würde sich diese zu bildende Pufferzone bis zum Litani-Fluss erstrecken, worauf sich Israel und die Hisbollah 2006, dem Jahr des letzten großen Konfliktes zwischen beiden Parteien, einigen konnten.

Spirale der Gewalt droht

Der damalige Krieg konnte nach dieser Vereinbarung beendet werden. Ähnliche Hoffnungen auf eine Waffenruhe verbinden sich jetzt mit dem französischen Interventionsvorschlag. Denn die Pariser Regierung warnt andernfalls vor einer Spirale der Gewalt im Nahen Osten, die ab einem bestimmten Zeitpunkt völlig außer Kontrolle zu geraten drohe.

Es dauerte nicht lange, bis die Hisbollah-Führung auf den durch Frankreichs Regierung ins Spiel gebrachten Vorschlag reagierte. So erklärte Scheich Hassan Nasrallah im Rahmen einer Fernsehansprache, dass die Hisbollah ihre Angriffe auf israelische Truppen im Norden Israels solange nicht stoppen wird, bis sich eine Beendigung des militärischen Konfliktes im Gaza-Streifen abzeichne.

Vielmehr erfolgte die Warnung, dass die Hisbollah ihre Angriffe intensivieren wird, um die israelische Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu zu einer noch größeren Evakuation von israelischen Siedlern im Norden des Landes zu zwingen.

Seit Oktober letzten Jahres und dem Beginn des militärischen Konfliktes im Gaza-Streifen sind bereits 80.000 jüdische Siedler aus der nordisraelischen Grenzregion zum Südlibanon evakuiert worden.

Es versteht sich, dass der Unmut unter diesen Siedlern, die aufgrund der sich intensivierenden Raketen- und Granatangriffe der Hisbollah nicht in ihre Heimatdörfer zurückkehren können, sondern vielmehr zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden sind, mit jedem verstreichenden Tag wächst.

Entgegen der französischen Hoffnungen machte Scheich Hassan Nasrallah in seiner jüngsten Ansprache deutlich, dass westliche Delegationen in den letzten Wochen nur deshalb in die libanesische Hauptstadt Beirut gepilgert seien, um vor Ort israelische Interessen zu vertreten und die Anliegen der Hisbollah dabei gänzlich zu ignorieren.

Im Westen solle sich niemand einer Illusion hingeben. Denn die Hisbollah habe es sich im Angesicht des anhaltenden Gaza-Krieges zur Aufgabe gemacht, einen Teil der israelischen Streitkräfte von dieser Front abzuziehen und durch deren erzwungene Stationierung an der Nordgrenze des Landes in ihrer Gesamtheit zu schwächen.

Solange der Gaza-Krieg nicht komplett beendet wird, werde sich an dieser Situation auch nichts ändern. Einmal mehr machte Hassan Nasrallah darauf aufmerksam, dass es erklärtes Ziel seiner Organisation sei, den palästinensischen Widerstand gegenüber der Aggression Israels im Gaza-Streifen zu unterstützen.

Konflikteskalation jederzeit möglich

Die israelische Armee war nach dem Überfall der Organisation Hamas vom 7. Oktober nach Durchführung von massiven Luftschlägen in den Gaza-Streifen einmarschiert. Erklärtes Ziel der Israelis ist es, die Hamas in Gänze zu zerschlagen.

Bislang sind seit dem Ausbruch des Militärkonfliktes laut palästinensischen Angaben mehr als 28.500 Einwohner des Gaza-Streifens zu Tode gekommen, darunter viele Frauen und Kinder.

Unter geopolitischen Beobachtern und Kommentatoren wurde die durch Hassan Nasrallah gehaltene Rede als Warnzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Eskalation des Krieges im Nahen Osten interpretiert – samt einer Intensivierung des Beschusses von Nordisrael durch die Hisbollah.

Während sich die durch den Iran unterstützte und waffentechnisch hoch aufgerüstete Hisbollah in einer starken Position wähnt, werden die Dinge unter den libanesischen Behörden in Beirut aus einer gänzlich anderen Warte betrachtet.

Denn ein Übergreifen des Krieges im Nahen Osten auf den Südlibanon droht sich ab einem gewissen Zeitpunkt unweigerlich auf die gesamte Zedern-Republik auszuwirken. Dass die Hisbollah einem sich möglicherweise eskalierenden Konflikt mit der israelischen Armee mit Selbstbewusstsein entgegenblickt, lässt sich im Kern auf die Ereignisse im Jahr 2006 zurück führen.

Damals zeigte sich die schiitische Miliz, die ihr Raketenarsenal in den vergangenen Jahren gewaltig aufgerüstet hat, im Kampf gegen die israelische Armee ebenbürtig. Dass sich die israelische Armee damals nach blutigen Kämpfen auf schmachvolle Weise aus dem Süden des Libanons zurückziehen musste, wirkt im Nahen Osten bis heute nach.

Zumindest hatte der bis dahin bestehende Nimbus der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee damals schwere Kratzer abbekommen. Seitens der israelischen Armee-Führung hieß es gestern, alle zur Verfügung stehenden Instrumente in die Waagschale werfen zu wollen, falls es im Norden des Landes zum Ausbruch eines großen Krieges kommen sollte.

Israel droht Zweifrontenkrieg

Ab diesem Zeitpunkt sähe sich Tel Aviv dann offiziell in einen Zweifrontenkrieg verwickelt. In einem Bericht des Senders Sky News hieß es gestern, dass Israel eine große Angriffswelle gegen Ziele im Südlibanon geflogen habe.

Von offizieller Seite hieß es, dass mit dieser Angriffswelle Vergeltung für einen zuvor durchgeführten Raketenangriff der Hisbollah auf Ziele im Norden Israels geübt worden sei. Auf beiden Seiten gab es dabei Tote und Verwundete.

Was der israelischen Armeeführung ein ganz besonderer Dorn im Auge ist, erweist sich als der anhaltende Beschuss von Safad wie auch einer in der Nähe gelegenen Militärbasis, die Israels nördlicher Militärführung als Hauptquartier dient.

Auch eine Reihe von anderen wichtigen Einrichtungen in dieser Region ist zwischenzeitlich durch die Hisbollah ins Visier genommen worden. Dasselbe gilt für die israelische Hafenstadt Haifa, die unter einem anhaltenden Beschuss durch die Schiiten-Miliz steht, was vor Ort bereits zu Todesopfern und zahlreichen Verwundeten geführt hat.

 

Der israelische General Halevi machte nach einer Zusammenkunft mit Ortsvorstehern von unter Hisbollah-Beschuss liegenden Kommunen im nördlichen Grenzbereich deutlich, dass noch ein langer Weg vor der israelischen Armee liege, um die aus dem Südlibanon drohende Gefahr durch die Hisbollah auszuschalten und unter Kontrolle zu bekommen.

Unter Berücksichtigung des Ausblicks auf eine sich intensivierende Evakuierung von Israelis aus der nördlichen Grenzregion und dem qualitativ hochwertigen und äußerst zahlreichen Raketenarsenal, über das die Hisbollah verfügt, dürfte es trotz Israels Luftüberlegenheit schwierig werden, dieses Ziel zu erreichen.

Immerhin soll die Hisbollah über mehr als 150.000 Raketen verschiedenster Reichweiten und Sprengkraft verfügen, wodurch ein sich in der Region ausweitender Militärkonflikt bis ins Herz des israelischen Staatswesens getragen werden könnte.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite jpost.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Je länger der militärische Konflikt im Nahen Osten anhält, desto wahrscheinlicher wird ein Überspringen dieses Krieges auf andere Länder der Region. Während die UNO im Fall einer Bodenoffensive der israelischen Armee in Rafah vor einem großen Schlachten im Gaza-Streifen an der Grenze zu Ägypten warnt, nimmt in Kairo die Erkenntnis in Bezug auf einen sich beschleunigenden Wirtschaftskollaps im eigenen Land Gestalt an. Ganz zu schweigen davon, dass auch Ägypten über kurz oder lang mit in diesen Konflikt hinein gezogen werden könnte. Gute Aussichten lassen sich aus all diesen Entwicklungen gewiss nicht ableiten.

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