Der Nebelspalter, der das Skandalvideo veröffentlichte, spricht angesichts der eigentlich nicht zu Veröffentlichung bestimmten Aufnahme von unverfrorener Komplizenschaft zwischen Staats- und Medienmacht. Sie erkläre, warum die Zeitungen der Ringier-Gruppe, darunter das Bild-Pendant Blick, immer so gut über Pläne der Regierung informiert gewesen seien und die Regierungspolitik immer so freundlich begleitet und kommentiert hätten.
Eingebettet in den Artikel „Geheimes Video zeigt: CEO Marc Walder zwang alle Redaktionen der Ringier-Medien weltweit auf Regierungskurs“ der traditionsreichen Satire-Zeitschrift können Ungläubige einen O-Ton von Ringier-CEO Marc Walder hören. Walders Bemerkungen fielen am 3. Februar 2021 im Rahmen der Gesprächsreihe «Inspirational Talk» der Schweizerischen Management Gesellschaft. Thema: Digitale Transformation. Walder ist sich erkennbar bewusst, dass er sehr Heikles sagt, nämlich unter anderem:
„Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt – auf meine Initiative hin gesagt: ‹Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen. Das mag Sie jetzt überraschen, aber ich will es an einem Beispiel festmachen. Auch die Blick-Gruppe, die jetzt in der Schweiz sehr prägend ist in der Covid-Berichterstattung, könnte deutlich härter – und vielleicht sagen einige von Ihnen: ‹Ja, macht’s doch bitte, die schlafen alle, die packen’s nicht› – sein. (…) Das nützt im Moment niemandem etwas. Wir müssen versuchen, dass die Politik, ob sie jetzt genug schnell, genug hart, zu wenig hart usw. agiert, das Volk nicht verliert. Und hier dürfen die Medien nicht einen Keil treiben zwischen der Gesellschaft und der Regierung.“
Gleichzeitig kritisierte Walder die seiner Ansicht nach viel zu kritische Berichterstattung der Bild-Zeitung in Deutschland.
Dem Nebelspalter sagte ein Ringier-Sprecher, gefragt, ob dies nicht die redaktionelle Unabhängigkeit ausheble: „Nein: Zwischen Marc Walder und vielen Chefredaktorinnen und Chefredaktoren der Ringier-Gruppe findet seit vielen Jahren ein konstanter und konstruktiver Dialog statt.“
Auf die Frage, ob inhaltliche Vorgaben des Verlags für die Redaktionen bei Ringier üblich seien, hieß es:
„Die Redaktionen und Mitglieder der Konzernleitung (…) tauschen sich konstant aus. Die Verantwortung und Hoheit der publizistischen Berichterstattung liegt stets bei den Redaktionen.“
Bankrotterklärung des Journalismus
Die Neue Züricher Zeitung sprach von einer Bankrotterklärung und führte ein erfrischend kritisches Interview mit Walder. Darin entschuldigte sich Walder für seine Bemerkungen über die Bild-Zeitung, deren damaliger Chefredakteur Julian Reichelt zwischenzeitlich geschasst worden ist.
Wie ernst man diese Entschuldigung zu nehmen hat, bemisst sich auch daran, wie das, was er an anderer Stelle im gleichen Interview sagt, zu verstehen ist: „Doch auf die Tatsache, dass unsere Publikationen nicht auf billigen Empörungsjournalismus setzen, sondern faktenorientiert und sachlich über die Notwendigkeit verschiedener Maßnahmen schreiben, bin ich stolz.“ Das lässt sich leicht als indirekte Bekräftigung der Kritik an der Bild lesen.
In Reaktion auf die Bemerkung des Interviewers, dass einer Zeitung, die immer positiv über die Regierung berichtet, irgendwann niemand mehr glaubt, versucht Walter die Intention des Autors des Nebelspalter-Artikels, Philipp Gut, mit dem Hinweis zu diskreditieren: „Lassen Sie mich erwähnen, dass der Initiant dieser Debatte der Geschäftsführer eines Abstimmungskomitees gegen das Medienpaket ist.“ Zu diesem Paket gehört, dass bestimmte Medien Regierungssubventionen bekommen sollen.
Medienkonsumenten auch hierzulande fragen sich jetzt natürlich, ob auch in anderen Medienhäusern die Journalisten zu regierungsfreundlicher Berichterstattung bei allem was mit der Pandemie zu tun hat, angehalten werden. Wie soll ein Medienhaus, dessen Blätter faktenorientiert und sachlich über die Notwendigkeit verschiedener Maßnahmen schreiben, Kritiker solcher Maßnahmen davon überzeugen, dass das bei seinen Zeitungen nicht der Fall ist. Die Glaubwürdigkeit der etablierten Medien hat durch diese Affäre großen Schaden gelitten, der allenfalls langfristig behebbar ist.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Norbert Häring. Vielen Dank für die Erlaubnis ihn übernehmen zu dürfen!
Kommentare
Nun, dass publikumsbreite Leitmedien mit eklatanten Absatzeinbrüchen seit Jahren zu kämpfen haben, weil eine Randgruppe von Ungläubigen sie einfach nicht mehr kauft, wissen wir ja...
Aber niemals würde es dazu führen, dass eine Regierung meint, diese oder jene Mediengesellschaft nun subventionieren zu müssen, obendrein noch als Gegenleistung eine wohlwollende Position zur Regierung zu verlangen und den Journalisten so zu briefen, dass es heute vielmehr darum gehe, die bürgerliche Gemeinschaft zu fördern anstatt zu spalten.
Niemals! Es sei denn, diese Randgruppe käme aus der Mitte der Gesellschaft...
Wer es heute wagt seine Meinung, und sei es noch so vorsichtig, kund zu tun, bekommt einen Shitstorm, oftmals erst nach dem Verlassen des Raumes. Du bist entweder rechts, links, dumm, blöd, ein Leugner, ein Ketzer, ein Gestriger, Nazi, Extrem, oder schlicht von allem etwas. Auf gar keinen Fall bist du ein Mensch mit einer Meinung. Zum Kotzen. Die Masse lässt sich derart verblöden und wir sind Zeitzeugen und können ein Stückweit besser verstehen, wie es vor ca. 80 Jahren gewesen sein muss, als als zwar niemand von irgendetwas wusste, aber alle ihr JA zu dem wahnsinnigen aus Österreich gegeben haben. Und hey, das war erst der Anfang der Propaganda, diese ist heute perfektioniert und kommt dank Smartphone täglich ans Ohr und vors Auge jedes einzelnen Menschen, ob jung oder alt.
Gute Nacht.
Gruss
hs
Die Exekutive ist eine Auswahl an korrupten Kriminellen, die sich durch Gesetze auch noch schützt und das Volk verrät wo es geht.
Die Legislative ist großenteils eine Auswahl an Berufsversager, die sich am Futtertrog bedienen und ihre Rechte und Pflichten an die Partei-Mafiosi abgegeben haben.
Die Judikative ist im Parteienfilz gefangen und / oder zu Feige ihre Aufgabe zu erfüllen.
Die Medien sind gekauft und die Journalisten zu großen Teil einfach doof.
Die Kirchen haben sich als fünfte Gewalt schon lange verabschiedet und sich an die Regierungen verkauft.
Das schlägt Wellen und gibt u.a. auch unseren Freunden im Alpenland in vielerlei Hinsicht zu denken.
Es darf angenommen werden daß dies nur die Spitze des Eisberg´s ist - da sind Konsequenzen gefragt und notwendig, um größeren Schaden abzuwenden. Auch der "Alpendollar" ist eben keine Garantie - wer hat´s erfunden?!
Gut, bei den Öffentlich-Rechtlichen sind wir Zwangsabonnenten, aber ich sehe sie trotzdem nicht.