Viele Kleinanleger blenden die langfristige Perspektive der Kapitalanlage komplett aus. Manch einer sucht sich eine Strategie aus, deren Anlagehorizont sich über Jahrzehnte erstreckt, bewertet diese jedoch alle sieben Wochen neu und wirft regelmäßig alles über den Haufen. Kaum vier Wochen investiert, und schon im Minus, das kann doch gar nicht sein!

Zunächst einmal ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass eine langfristige Kapitalanlage generell sinnvoll ist. Wer dies anders sieht, der spart vermutlich zwar kein Geld aber alle weiterführenden Gedanken. Interessiert man sich aber für die Geldanlage, dann sollte die Vermittlung realistischer Erwartungen einen wichtigen Platz einnehmen. Wer die Kapitalanlage mit Durchschnittsrenditen bewirbt, die nur in den besseren Dekaden überhaupt erreicht werden konnten, der darf sich über spätere Unzufriedenheit nicht beschweren.

Wichtig bei der Bildung einer vernünftigen Erwartungshaltung ist die Betrachtung der Streuung des Anlageerfolgs einer Anlage über verschiedene Perioden. So ist es fahrlässig, sich die Daten seit 1900 anzuschauen, darauf basierend die mittlere geometrische Rendite pro Jahr auszurechnen und diese dann als zu erwartenden Wert zu präsentieren. Sauberer ist es, sich sämtliche Zeitscheiben seit 1900 mit einem bestimmten Anlagehorizont anzuschauen und die Streuung der Resultate zu betrachten.

Die folgende Grafik zeigt beispielhaft alle 30 Jahre dauernden Pfade einer 100-prozentigen Anlage in große US-Aktien. Die Daten beginnen 1900 und enthalten die Dividenden. Die y-Achse zeigt den Gesamtertrag für den entsprechenden Monat der jeweiligen Zeitscheibe.

Die Grafik zeigt, wie stark die Ertragspfade über drei Dekaden auseinanderlaufen. Im besten Fall hat sich das Anlagevermögen mit rund 11,8 % p.a. vermehrt, was über den gesamten Anlagehorizont zu einer Steigerung des Einsatzes auf etwas mehr als das Neunundzwanzigfache führt. Wer den ungünstigsten Zeitpunkt erwischt hat, der musste sich mit 3,2 % p.a. begnügen, was kumuliert zu einem Ertrag von rund 160 % führte. Und auch in diesem Fall gibt es keine Garantie dafür, dass nicht einer der künftigen Pfade besser oder schlechter ist als dies der bisherige Erfahrungshorizont zeigt.

Die Häufigkeitsverteilung der Endwerte des Vermögens nach 30 Jahren zeigt das folgende Diagramm.

Der Mittelwert liegt bei rund 8 % p.a., der wichtigere Median bei rund 7 % p.a. Mehr als ein Viertel aller Pfade jedoch liegt unter 5 % pro Jahr. Die Verteilung zeigt, wie sehr der Mittelwert durch die extrem positiven Pfade auf der rechten Seite verzerrt wird.

Die oben dargestellten Kennzahlen verdeutlichen, warum der Renditeanstieg von Anleihen für den Kapitalmarkt so wichtig ist. Ab einem gewissen Renditeniveau ist die Anleihe für viele Manager von Pensionskassen wieder eine Alternative, wird doch beim Kauf des Papiers deren Fälligkeitsrendite vorbehaltlich eines Kreditausfalls mit hoher Sicherheit vereinnahmt.

Wer von den jährlichen Renditen noch die Kosten abzieht, der wird schnell mit einer gewissen Trostlosigkeit konfrontiert. Betrachten wir einen Publikumsfonds mit einer Gesamtkostenquote von 1,5 % p.a. und einer Rendite von 5 % p.a. vor Kosten. Über 30 Jahre wäre eine Anlage von 10.000 Euro mit diesem Produkt zu 28.000 Euro geworden. Der gleiche Fonds mit einer Kostenquote von nur 0,25 % p.a. hätte zu einem Endwert in Höhe von mehr als 40.000 Euro geführt. Niedrige Gebühren und viel Zeit sind die besten Freunde aller Investoren.

Viele Anleger schaffen es aufgrund ständiger Strategiewechsel oder einzelner, zu großer Risiken immer wieder verlässlich ihr Portfolio zu ruinieren. Hier ein bisschen „Themenfonds“, dort ein bisschen zu hohe Gebühren, hier mal ein deutscher Zahlungsdienstleister, der sich als heiße Luft entpuppt und schon hat man Verluste angehäuft, die sich kaum wieder wettmachen lassen. Wenn auf der Welt ein Freiluftlabor für Verhaltensökonomie eingeführt werden sollte, dann wäre Deutschland ein heißer Kandidat.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Gehen Sie die Kapitalanlage mit einer niedrigen Erwartungshaltung an. Wählen Sie aktive Strategien nur dann, wenn diese die Gebühren rechtfertigen können. Gerade im Anleihebereich gibt es eine Menge interessanter Strategien. Bei den Aktienprodukten sind diese wesentlich schwieriger auszumachen. Vermeiden Sie es, sich in „heiße Themen“ hineinquatschen zu lassen. Ein einziges „Nein“ kann Ihnen in ihrem Anlegerleben eine Menge Geld sparen. Es ist schließlich Ihr Geld.

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