Wie bereits in der Aktienanalyse geschrieben, schaffte es FTI, den Gewinn über die Jahre massiv zu steigern. Stand im Jahr 2004 noch ein Gewinn von 1,10 USD zu Buche, waren es 2022 6,77 Dollar. Eine Steigerung um den Faktor 6. Und da Aktienkurse kurzfristig sehr oft lediglich ein Spielball des Anlegersentiments sind, auf lange Sicht aber stets der Gewinnentwicklung folgen, sehen wir auch eine äußerst zufriedenstellende Kursentwicklung in diesem Zeitabschnitt.

Schätzen Sie jetzt einmal, welche durchschnittliche jährliche Wachstumsrate für diesen Gewinnanstieg vonnöten war. Wenn Sie fertig mit der kurzen Denkaufgabe sind, können Sie weiterlesen und wir gehen über zur Lösung.

Ein Hoch auf den Zinseszins

Falls Sie sich nicht schon zuvor mit der Thematik befasst haben, könnte Sie das Ergebnis erstaunen. Die Grundlage für diese massive Gewinnvervielfachung war ein durchschnittliches jährliches Gewinnwachstum von ‚lediglich‘ 10,6 Prozent. Die Macht des Zinseszinseffektes in Reinform, entfaltet über einen Zeitraum von 18 Jahren, hat dem Konzern zu diesem enormen Gewinnsprung verholfen. Getrieben davon verwundert es nicht, dass sich auch der Aktienkurs seitdem knapp verzehnfachen konnte.

Beispiele wie diese verdeutlichen ganz klar: Man muss nicht zwangsläufig auf Hochwachstumsaktien setzen, um stolze Gewinne an der Börse zu erzielen. Ganz im Gegenteil. Lieber investiere ich in einen Langweiler, der kontinuierlich im prozentual oberen einstelligen Bereich wächst, als in ein Hochwachstumsunternehmen mit hohen doppelstelligen Wachstumsraten.

Die Tücken von Hochwachstums-Aktien

Denn früher oder später sorgt allein der Basiseffekt dafür, dass die Wachstumsraten bei jedem Highflyer zurückgehen und sich auf einem niedrigeren, aber nachhaltigen Niveau einpendeln. Da Hochwachstums-Aktien von der Börse, insbesondere während ausgeprägter Bullenmärkte, mit hohen Bewertungsaufschlägen belohnt werden, sorgt dies für Probleme.

Solange ein Unternehmen ergebnisseitig stets um 50, 70 oder über 100 Prozent wächst, lässt sich im Grunde jede Bewertung rechtfertigen. Schließlich kann ein Unternehmen bei einem so hohen Wachstum in praktisch jede Bewertung hineinwachsen.

Verringern sich die Wachstumsraten allerdings, fehlt diese Rechtfertigungsmöglichkeit. Und der Wechsel vom Hochwachstum zu langfristig realistischen Wachstumsraten muss erst einmal verstoffwechselt werden. In der Regel geschieht dies mit deutlich sinkenden, im besten Fall über lange Zeiträume stagnierenden Aktienkursen. Und dieser Vorgang kann mitunter Jahre, teilweise eine ganze Dekade in Anspruch nehmen. Der Netzwerk-Spezialist Cisco fungiert hier als dankbares Beispiel.

Quelle: terminal.stock3.com

 

Mit dem Aufbruch ins Internetzeitalter hatte Cisco mit seinem Geschäftsmodell eine regelrechte Gelddruckmaschine im Keller. Umsatz- und Gewinnanstiege zwischen 30 und 50 Prozent waren an der Tagesordnung. Die Aktie eilte von Hoch zu Hoch und stieg wesentlich schneller an als die zugrundeliegenden Ergebnisse. Solange diese immer weiter in diesem Tempo stiegen, war das aber auch nebensächlich.

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Von Januar 1997 bis März 2000 stieg die Aktie um über 1.000 Prozent…

 

Quelle: terminal.stock3.com

und das KGV knackte beinahe die Marke von 200

 

Am 27. März des Jahres 2000 war der Spaß vorbei. Im Sog der platzenden Dotcom-Blase und entströmender Euphorie trübten sich die Aussichten ein. Der Umsatz konnte zwar auch im Jahr 2001 gesteigert werden, allerdings rutschte das Unternehmen in die Verlustzone. Für eine Aktie, bei der alles Positive bereits eingepreist war (‚priced for perfection‘), war das zu viel. Bis heute hat sich die Aktie davon nicht erholen können.

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Stetig und stabil

Aus diesem Grund tut man gut daran, seinen Fokus nicht unbedingt auf die Unternehmen mit den höchsten Wachstumsraten zu legen. Vielmehr sind jene Unternehmen interessant, die auf lange Sicht die stabilsten Wachstumsraten vorweisen, umsatz- sowie gewinnseitig. In der Regel weisen diese Unternehmen zwar ebenfalls einen Bewertungsaufschlag auf. Allerdings fällt dieser, Spätphasen eines Bullenmarktes ausgenommen, meist weitaus gemäßigter aus als bei den angesprochenen Highflyern.

Unternehmen, die solche Eigenschaften mitbringen, verfügen in der Regel über einen breiten Burggraben. Und eben dieser sorgt auch dafür, dass sich solche Wachstumsraten über viele Jahre generieren lassen. Ein Beispiel hierfür wäre Visa.

Quelle: terminal.stock3.com

Visa ist im Kreditkartengeschäft eine wahre Macht. Und das wird sich wahrscheinlich auch nicht so schnell ändern. Das Zauberwort hierbei lautet ‚Netzwerkeffekte‘. Je mehr Händler einen Abwickler wie Visa nutzen, desto mehr Kartennutzer sind auch daran interessiert, Visa zu benutzen. Das sorgt bei Visa einserseits für ein Schwungrad, das sich immer schneller dreht. Und andererseits wäre es für einen neuen Konkurrent ein Ding der Unmöglichkeit, Visa aus den Markt zu drängen.

Zu den Netzwerkeffekten gesellen sich weitere Burgrabenqualitäten, nach denen man bei der Suche nach Compoundern Ausschau halten sollte. Das könnte beispielsweise eine unschlagbar kostengünstige Produktion (Fastenal) sein, ein Gebietsmonopol (Waste Connections), die Marktführerschaft in einer Nische (Exponent) oder hohe Switching-Kosten (Hexagon).

Diese Qualitäten sorgen in der Regel für stabile Ergebnisanstiege über viele Jahre. Steigerungsraten im hohen einstelligen Bereich helfen uns hierbei bereits, um schnöne Renditen einzufahren. Die Macht des Zinseszinses hilft uns dabei. Die folgende Tabelle soll zu Veranschaulichungszwecken für die Auswirkungen des Zinseszinseffektes dienen.

Bereits Wachstumsraten von sieben Prozent würden demnach in einem Zeitraum von zehn Jahren für eine Gewinnverdoppelung sorgen. Dementsprechend sollte sich auch der Aktienkurs entwickeln.

Die Zeit für sich arbeiten lassen

Nachdem man ein Unternehmen mit Compounder-Qualitäten gefunden hat, muss man also einfach nur die Zeit für sich arbeiten lassen. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, insbesondere in der informationsüberfluteten Welt, in der wir heute leben. Die Launen der Börsen führen regelmäßig zu Korrekturen und Crashs, was auch bei den besten Werten auf dem Kurszettel zu immer wiederkehrenden Kursrückgängen von 20, 30 oder auch 70 Prozent führen kann.

Zudem wächst kaum ein Unternehmen wie an der Schnur gezogen mit stabilen sieben Prozent pro Jahr. Mal sind es 20, im nächsten Jahr 8. In einer Krise wächst man dann vielleicht auch einmal nur um 2 Prozent oder leidet sogar unter einem Gewinneinbruch. Einfacher machen es uns diese Umstände jedenfalls nicht, bei solchen Titeln langfristig engagiert zu bleiben.

Handelt es sich allerdings um lösbare Probleme bzw. ist eine Gewinnerholung bei einem Wiedererstarken der Wirtschaft anzunehmen, tut man gut daran, der Aktie die Stange zu halten. Insbesondere, wenn alle Titel während einer Marktkorrektur bzw. einem Crash ausnahmslos abverkauft werden, sollten wir uns mit unserer Skepsis zurückhalten.

Dazu passend habe ich mir persönlich im Büro einen Spruch von Charlie Munger, dem langjährigen Partner von Warren Buffett aufgehängt, der lautet: „If you can’t stomach 50% declines in your investment, you will get the mediocre returns you derserve“

Frei übersetzt: „Wenn du keine zwischenzeitlich 50-prozentigen Verluste bei deinen Investments aushalten kannst, dann wirst du die mittelmäßigen Renditen erzielen, die du verdienst“.

„Was heißt das konkret für mich?!“

Burggraben-Aktien ausfindig machen, während allgemeiner Marktschwächen halten, idealerweise sogar aufstocken und möglichst lange halten. Die Leier kennen wir alle. Mit diesem Beitrag hoffe ich allerdings, Ihnen vor Augen geführt zu haben, was Sie sich entgehen lassen, falls Sie diese Strategie nicht beherzigen.

 

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quelle: terminal.stock3.com

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