Die Volksrepublik China hat sich im Lauf der vergangenen Monate zu einem ökonomischen Sorgenkind entwickelt. Wankende Häuser- und Immobilienmärkte, zunehmende Insolvenzen im Projektentwickler- und Baubereich sowie technisch weiterhin angeschlagene Aktienmärkte legen Zeugnis hierüber ab.

Ungezügelter Volldampf im Drachenland war gestern

Von ungezügeltem Volldampf im Drachenland kann mittlerweile jedenfalls keine Rede mehr sein. Das offiziell verlautbarte Wirtschaftswachstum fiel im ersten Quartal zwar unerwartet besser aus als allgemein unter Analysten an den internationalen Finanzmärkten erwartet.

Doch wer steckt schon wirklich drin in den durch chinesische Behörden übermittelten Zahlen, wenn es doch vor Jahren schon hieß, dass ein guter Teil dieser Daten „handgemacht“ sei.

Zunehmende Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Reich der Mitte sorgen für zusätzlichen Druck, dem sich eine wachsende Anzahl von chinesischen Firmen ausgesetzt sieht.

Handelsrestriktionen drohen sich zu verschärfen

Selbstverständlich sind es die erfolgversprechendsten Unternehmen und Industrien, die sich in einem zunehmenden Maße mit der Verhängung von durch die Vereinigten Staaten und den Rest des Westens verhängten Handelsrestriktionen konfrontiert sehen.

Waren die heimischen Aktienmärkte bis vor nicht allzu langer Zeit noch eine Art Motor, der das Wachstum verschiedenster Märkte im Reich der Mitte mit ankurbelte, so haben sich die Dinge angesichts von zahlreichen Pleiten, Pech und Pannen im Bau- und Immobiliensektor in ihr Gegenteil verwandelt.

Über welches Potenzial chinesische Dividendenpapiere nach dem sich in den letzten Monaten vollziehenden Kurseinbruch nun verfügen, lässt sich aufgrund der sich zeitlich verewigenden Interventionen der Pekinger Regierung in die Aktienmärkte und den oftmals intransparenten Zahlenwerken im Unternehmenssektor nur schwer ermessen.

Wer nach der jüngsten Pleite des Projektentwicklungsriesen China Evergrande noch immer der Ansicht sein mag, dass im chinesischen Unternehmenssektor bilanzierungstechnisch alles in bester Ordnung sei, dem ist wohl wahrlich nicht mehr zu helfen.

Naturgemäß wittern westliche Industrienationen nun eine Chance, um manche über die letzten Jahre aus der Hand gegebenen Vorteile wieder gerade zu rücken. So sind es allen voran die stark wachstumsorientierten Wirtschaftsektoren Chinas, die sowohl durch die Vereinigten Staaten als auch die Europäische Union aufs Korn genommen werden.

China päppelt seine High-Tech-Industrien

Hierzu zählen unter anderem die Produktion von Elektrofahrzeugen, die Herstellung von medizinischen Geräten und Halbleitern, die Wind- und Solarbranche sowie eine Reihe von anderen technologisch wichtigen Segmenten.

All diese Industrien haben gemeinsam, dass es sich aus Sicht von Staatspräsident Xi Jinping und dessen kommunistischer Führungsriege um zukunftsträchtige und erfolgversprechende High-Tech-Industrien handelt.

In der Volksrepublik China sind diese High-Tech-Industrien und deren Fortentwicklung aus daher von höchster strategischer Bedeutung. Momentan lässt sich beobachten, dass Chinas Aktienmärkte nach dem erfolgten Kurseinbruch nicht so recht Fisch noch Fleisch zu sein scheinen.

Summa summarum lässt sich wohl behaupten, dass chinesische Dividendenpapiere in Relation zu ihren amerikanischen und europäischen Pendants aktuell recht günstig bewertet sind.

Das Rosinenpicken lässt weiterhin auf sich warten

Doch nun, da es unter Investoren darum geht, die Rosinen unter den gefallenen Engeln heraus zu picken, um die zukunftsträchtigsten und vielversprechendsten Firmen zu teils deutlich gesunkenen Kursen einzusammeln, will sich Euphorie nicht so recht einstellen.

Denn ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als sich die Kurse von ihren mehrjährigen Tiefständen zu erholen begannen, haben die politischen Diskussionen in den Vereinigten Staaten und im Rest des Westens über eine signifikante Anhebung der in der Trump-Ära verabschiedeten Sonderzölle auf chinesische Produkteinfuhren nebst einer potenziellen Verabschiedung von weiteren Handelsbeschränkungen an Fahrt aufgenommen.

Parallel hierzu hat sich der zwischen den Vereinigten Staaten und dem Reich der Mitte geführte Technologiekrieg verschärft. Der Pekinger Regierung wird es unter diesen Bedingungen erschwert, die entsprechenden Weichen für zukünftige Wachstumstechnologien, den Aufbau von neuen Wertschöpfungs- und Lieferketten sowie eine globale Expansion in der chinesischen Heimat zu stellen.

Es könnte aus diesem Grund durchaus der Fall sein, dass eine Verabschiedung von entsprechenden Vergeltungsmaßnahmen in der Volksrepublik China nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen wird.

Schlimmstenfalls wird sich der momentan auf Sparflamme köchelnde sino-amerikanische Handelskrieg in naher Zukunft massiv verschärfen, was insbesondere dann der Fall sein dürfte, falls es Donald Trump im November zurück in die Hallen der politischen Macht des Weißen Hauses schaffen sollte.

Potenzielle Veränderung der globalen Investitionslandschaft

Selbstverständlich werden diese potenziellen Entwicklungen unter globalen Investoren schon seit einiger Zeit mit ins Kalkül gezogen, worin sich auch der Grund finden mag, weshalb die Kursperformance an den Aktienmärkten in der Volksrepublik China nicht so recht zu überzeugen weiß.

Denn schließlich wird mit einer allseitigen Verschärfung der Handelsrestriktionen auch eine drastische Veränderung der globalen Investitionslandschaft einhergehen. Was in diesem Zuge ebenfalls zunehmen dürfte sind die geopolitischen Spannungen, die unsere Welt schon zum aktuellen Zeitpunkt fest im Griff haben.

Gewiss braucht unsere Welt keine Ausweitung der militärischen Konflikte, von denen die aktuell geführten Kriege in Gaza und in der Ukraine die gefährlichsten sind. Das Wort Fairness droht vor den zu beobachtenden Realitäten dabei auch in Handelsfragen immer ein Stück mehr zu verblassen.

Doch wenn erst einmal das Faustrecht des Stärkeren – und nicht mehr eine Befolgung von internationalen Verträgen – zum Nonplusultra avanciert, lassen sich zukünftige Entwicklungen nur noch schwerlich voraussehen. Dies zeigt sich bereits an wirtschaftlichen Prognosen, die, wie beispielsweise im Falle Deutschlands zu beobachten, immer schneller zur Makulatur werden.

Nach wie vor zu exportlastig

Eine chinesische Wirtschaft, die sich zwar zum Ziel gesetzt hat, in den nächsten Jahren zu einer der weltweit größten Konsummärkte aufzusteigen, jedoch bei Licht besehen nach wie vor extrem abhängig von den eigenen Export- und Ausfuhraktivitäten ist, könnte auf diese Weise ebenfalls hart getroffen werden.

Abermals soll ein kurzer Blick an die chinesischen Aktienmärkte erfolgen, die in den letzten drei Jahren jeweils unter Kursverlusten litten. Immerhin schaffte es der Leitindex CSI 300 in den ersten Monaten dieses Jahres auf ein Kursplus von rund drei Prozent.

Es sind nicht nur die anhaltenden Wachstumssorgen, die sich nach den langwierigen und in ihrer Art vollkommen überzogenen Covid-Lockdowns unter globalen Investoren verstetigt haben. Der Abschwung an den chinesischen Immobilienmärkten samt der hiermit verbundenen Pleiten und Bankrotte im Unternehmenssektor lässt noch keine eindeutigen Rückschlüsse darauf zu, wie sich diese Situation auf die chinesische Gesamtwirtschaft auswirken wird.

Dass heimische Verbraucher im Hinblick auf ihre Ausgabebereitschaft immer geiziger zu werden scheinen, lässt sich insofern nachvollziehen, da der Löwenanteil der chinesischen Ersparnisse in Immobilien, allen voran überteuerten Wohnungen, veranlagt ist.

Dass sich die hiermit einhergehende Kaufzurückhaltung inzwischen unter anderem auch auf eine wachsende Anzahl an Luxusgüterproduzenten in den westlichen Industrienationen auszuwirken beginnt, lässt sich anhand von deren publizierten Quartalszahlen beobachten.

Gewiss gibt es chinesische Aktientitel, darunter der Elektrofahrzeugbauer BYD, welche durch ihre Outperformance herausstechen und deutlich besser abschneiden als der Gesamtmarkt.

Hierüber darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass es auch eine ganze Menge von bis vor Kurzem noch über den grünen Klee gelobten Technologietiteln in China gibt, die sich von ihren zuletzt erfolgten Kurseinbrüchen von bis zu fünfzig Prozent bislang kaum oder nicht nennenswert erholt haben.

Wie exportlastig die chinesische Wirtschaft nach wie vor ist, zeigt sich beispielsweise anhand der größten im CSI 300 Index gelisteten Firmen, die mindestens ein Fünftel ihrer Umsätze aus dem Ausfuhrgeschäft generieren.

Hierzu zählt auch der Elektrofahrzeugbauer BDY, der die westlichen Automärkte inzwischen mit teils sehr günstigen Preisangeboten flutet. Möglich sei dies nur, so westliche Kritiker, weil die Pekinger Regierung bestimmte Marktsegmente wie die Elektromobilität mittels massiven Subventionen ankurbelt.

Wachsender Protektionismus im Westen

Die amerikanische und europäische Konkurrenz sieht in diesen Marktsegmenten momentan im Vergleich recht alt aus. Dass sich die Handelskonflikte zwischen der Volksrepublik China und anderen großen Wirtschaftsblöcken schon alsbald zu intensivieren drohen, pfeifen selbst die Spatzen inzwischen von den Dächern.

Dies ist spätestens deutlich geworden, nachdem auch die Europäische Union unter Analysten als protektionistisch bezeichnete Maßnahmen verabschiedet hat, um die heimischen Anbieter in vielerlei Bereichen selbst unter der Prämisse der nationalen Sicherheit gegen chinesische Importe abzuschirmen und zu schützen.

Dies gilt allen voran für verschiedene Wirtschaftsbereiche, die in den vergangenen Jahren unter einem zunehmenden Dumping von chinesischen Überkapazitäten gelitten haben.

Dass die Biden-Administration im angelaufenen Präsidentschaftswahlkampf eine Anhebung der Sonderzölle im Stahl- und Aluminiumbereich auf bis zu 25 Prozent ins Spiel gebracht hat, spricht Bände und lässt darauf schließen, welche Stimmung in Amerikas Swing States momentan zu herrschen scheint.

Und tatsächlich ist es so, dass sich die europäische Handelsbilanz mit Blick auf den Auto- und Fahrzeugsektor mit der Volksrepublik China in jüngster Vergangenheit spürbar verschlechtert hat.

Allenthalben bleibt die chinesische Technologienentwicklung trotz der sich ausweitenden Handelskonflikte mit dem Westen keineswegs stehen. So berichtete der chinesische Technologieriese Huawei kürzlich über eine Reihe von technischen Fortschritten und Durchbrüchen, woraufhin eine Kursrallye unter den Lieferanten des Konzerns einsetzte.

Dem Westen sollte es Warnung genug sein, dass Unternehmen in der Volksrepublik China längst das Stadium des Kopierens und Verbesserns hinter sich gelassen haben. Nicht von ungefähr wird im Reich der Mitte nun schon seit einiger Zeit die weltweit höchste Anzahl an neuen Patenten eingereicht.

Sollten sich diese Entwicklungen verstetigen, so könnten chinesische Aktientitel eines Tages dann doch zu Überfliegern werden. Noch herrscht Vorsicht unter globalen Investoren vor. Sollte sich jedoch abzeichnen, dass es in China zu weiteren Technologiedurchbrüchen sowie einem damit verbundenen Rückgang der Abhängigkeit von westlichen Unternehmen kommt, könnte sich die Lage blitzartig verändern.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite globaltimes.cn.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Wer mit einem Auge auf China-Aktien schielt, sollte die aktuellen Entwicklungen gut im Auge behalten. Es sind allen voran die unvorhersehbaren geopolitischen Spannungen, die sich nachteilig auf die Kursentwicklung unter chinesischen Dividendenpapieren auswirken.

Daneben sind es die regulatorischen Unsicherheiten, die im Reich der Mitte anhalten, und die den Appetit auf einen Kauf von chinesischen Aktien unter globalen Investoren zügeln. Auch die hiermit verbundenen Risiken sollten keineswegs unterschätzt werden.

Sich ausweitende protektionistische Maßnahmen in den USA und in der EU würden ihren Teil dazu beitragen, den Kapitalabfluss aus der Volksrepublik China zu verschärfen, was sich wiederum belastend auf die heimischen Aktienmärkte auswirken dürfte.

Wer sich ins Risiko begeben möchte, sollte all diese Faktoren gut im Auge behalten, um gegebenenfalls entsprechend auf die potenziell hiermit verbundenen Veränderungen zu reagieren.

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