Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Paycom ist ein Anbieter von cloudbasierter HCM-Software. HCM steht für ‚Human Capital Management‘, also allen Belangen rund um die Verwaltung von Personal. Paycom hilft seinen Kunden bei der Lohnbuchhaltung, der Abwicklung von Lohnzahlungen, Arbeitszeiterfassung sowie Recruiting und Weiterbildung. Viele dieser Tätigkeiten können mithilfe von Paycom-Software auch automatisiert werden. Die verschiedenen Dienste können im Modulsystem hinzugebucht und miteinander kombiniert werden.

Vor allem KMUs, aber auch Enterprisekunden mit einer Personalstärke von über 10.000 Mitarbeitern gehören zur Zielgruppe von Paycom. Aktuell setzen 36.800 Kunden auf die Plattform von Paycom. Vielfach stoßen neue Kunden zu Paycom, um das komplette Spektrum an nötigen Diensten zur Personalverwaltung zu konsolidieren, anstatt auf mehrere einzelne Anbieter für die jeweiligen Dienste zu setzen. Das spart den Kunden vielfach Geld und vereinfacht die Personalverwaltung.

Rückenwind schafft hier auch die überbordernde Bürokratie in den USA. Paycom nimmt seinen Kunden hier regulatorische Kopfschmerzen ab.

Eigenen Angaben zufolge unterhält man einen Marktanteil von fünf Prozent im Markt für HCM-Software. ADP ist mit einen Marktanteil von 30 Prozent Marktführer, gefolgt von Paychex mit 14 Prozent. Auch Intuit, welche mit QuickBooks vor allem Klein- und Kleinstunternehmen anspricht, gehört zur Konkurrenz sowie Workday, SAP oder ServiceNow.

Chad R. Richison hat das Unternehmen im Jahr 1998 gegründet und besitzt aktuell 11,7 Prozent aller ausstehenden Anteile. Der Mann hat aus einem kleinen Start-up einen profitablen Milliardenkonzern gemacht. Das ist bei Gründern nicht immer der Fall, die meist zwar über die richtigen Visionen verfügen, aber nicht immer die Fähigkeit mitbringen, diese Visionen in nachhaltige Profite ummünzen zu können.

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

Die Aktie befindet sich nach wie vor im Bärenland und sieht nach dem deutlichen Gap-Down vom Herbst 2023 weiter angeschlagen aus. Ein erneuter Rückgang bis in den Bereich um 122 Dollar wäre durchaus möglich. Dieses Abwärtsszenario aktiviert sich bei Kursen unter 170 bzw. 145 Dollar

Um dieses Risiko zu minimieren, müsste die Aktie dynamisch über 250 Dollar steigen und folgend nur noch korrektive Rücksetzer vorweisen.

Quelle: terminal.stock3.com

Langfristig hat sich Herausforderer Paycom extrem stark geschlagen und gleicht diese Outperformance, die auch auf einer ungesunden Bewertungsausweitung fußte, nun wieder etwas aus. Dies eröffnet Einstiegschancen

 

Bewertung

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

 

Geschäftsmodelle mit wiederkehrenden Einnahmen in Form von Abo-Modellen weisen naturgemäß Bewertungsaufschläge auf, da sich diese Einnahmen besser planen und auch einschätzen lassen. Auch Preiserhöhungen lassen sich hier in der Regel leichter durchsetzen, was ein gutes Fundament für kontinuierliche Ergebnissteigerungen bietet. Ohnehin gesteht der Markt Unternehmen mit stabilen Zuwachsraten eine höhere Bewertung zu als Unternehmen, die kurzfristig zwar massiv wachsen, bei denen aber ungewiss ist, ob und wie lange diese überproportional hohen Wachstumsraten aufrechterhalten werden können.

In diesem Licht betrachtet kann die durchschnittliche Bewertung von einem 68er KGV etwas leichter nachvollzogen werden, erscheint aber trotzdem zu hoch. Ein KGV zwischen 25 und 30 wäre aber durchaus realistisch. Aktuell liegt dieses bei 24,2. Anhand der Schätzungen für 2024 soll sich das KGV auf einen Wert von 23,4 verbilligen. Damit wäre die Aktie reif für den Einstieg.

Etwas Wasser in den Wein muss dann allerdings doch geschüttet werden. So beziehen sich die KGV-Berechnungen auf den bereinigten Gewinn, bei dem die Kosten für aktienbasierte Vergütungen herausgerechnet werden. Würden wir diese ebenfalls berücksichtigen, würde das aktuelle KGV bei 44 liegen.

Stellt sich nur die Frage, inwieweit diese Rechnung fair wäre. Zwar ist es korrekt, dass diese Ausgaben früher oder später tatsächlich zum Tragen kommen. Allerdings muss bedacht werden, dass hier vor allem Entwickler bezahlt werden, die an Produkten feilen, welche die Basis für künftige Umsatz- und Gewinnanstiege bieten. Wenn man die Sache bis zum Ende durchdenkt, handelt es sich hierbei also nicht um einfache Ausgaben, sondern um Investitionen, die nicht in der G&V berücksichtigt werden sollten.

Wenn ein traditioneller Industriekonzern eine neue effiziente Fabrik baut, welche die Grundlage für künftige Marktanteilsgewinne schafft, werden diese Kosten schließlich auch nicht in der G&V berücksichtigt. Warum sollte dies bei Softwareentwicklern anders sein? Auf moderne digitale Geschäftsmodelle ist die traditionelle Bilanzbuchhaltung schlichtweg nicht ausgelegt und eine abschließende Antwort auf diese Problematik gibt es nach wie vor nicht.

Bilanz und Verschuldung

Organisches Wachstum wird Übernahmen vorgezogen. Das hat einerseits den Vorteil, dass sich Paycom-Lösungen anfühlen wie aus einem Guss. Andererseits finden wir dadurch auch eine stabile Bilanz vor, die frei von Schulden ist.

Profitabilität

Lösungen wie Beti (dazu später mehr) sparen Arbeitgebern viel Zeit und damit auch Geld. Die Kosten für die Dienste von Paycom lassen sich also problemlos wieder einspielen, wodurch das Unternehmen auskömmliche Preise veranschlagen kann.

Zudem bestehen, einmal implementiert, hohe Wechselkosten für die Kunden. Man denke hier nur an die gewaltigen Datensätze, die im schlimmsten Fall beim Wechsel zu einem Konkurrenten verloren gehen könnten. Das sorgt für Preissetzungsmacht.

Geschmälert wird diese allerdings dadurch, dass spezialisierte Konkurrenten wie ADP oder Paychex mit ihren eigenen Angeboten ebenfalls nicht auf den Kopf gefallen sind. Aktuell besteht noch genügend Wachstumspotenzial im Markt, langfristig wird jedoch auch HCM-Software zur Massenware verkommen, was auf die Margen drücken wird.

Wachstum

Paycom entwickelt fortlaufend Produktneuerungen, die das Umsatzwachstum speisen. Beti beispielsweise ist ein Tool, über welches Angestellte komfortabel per Smartphone-App eigenständig Arbeitszeiten erfassen oder Lohnbuchungen verwalten können. Dies, sowie integrierte und durch KI gestützte Automatisierungslösungen, nimmt Arbeitgebern viel Arbeit ab.

Die neueste Lösung namens ‚GONE‘ kann von Angestellten genutzt werden, um Urlaub oder Pausen einzutragen. Ebenfalls KI-gestützt, können Angestellte zu jeder Tageszeit Urlaubsanfragen einstellen, die unverzüglich und automatisch bearbeitet werden, da die KI im Hintergrund sämtliche Anfragen zentral prüft.

Diese Produktinnovationen sowie der Umstand, dass man ausgehend von einem noch geringen Marktanteil weiter stark wachsen kann, ermöglicht auch über die kommenden Jahre prozentual doppelstellige Zuwachsraten. In den letzten fünf Jahren wuchs man umsatzseitig um über 20 Prozent p.a.

Konkurrenz

Die hohen Wechselkosten haben wir bereits thematisiert, die innovativen Emporkömmlingen wie Paycom in die Karten spielen.

Die mögliche Kannibalisierung zwischen den verschiedenen Anbietern von HCM-Software, wenn diese zur Massenware verkommt, stellt ein langfristiges Risiko dar. Da allerdings Marktführer ADP zu lange zu behäbig war, vor allem auf Softwareebene, und sich mehr auf große Konzerne konzentriert, könnte dies noch lange dauern.

Bis dahin kann man im stark fragmentierten Markt, welcher neben großen Anbietern von vielen lokalen und regionalen Anbietern geprägt ist, weiter Marktanteile gewinnen.

Risiken

ine stabile Wirtschaft sorgt für Neuanstellungen, Firmengründungen und damit auch verstärkten Bedarf nach Paycom-Lösungen und vice versa. Das Unternehmen ist also als zyklisch abhängig zu klassifizieren. Der Aktienkurs ist damit eng mit dem Wirtschaftskreislauf verwoben und kann dementsprechend stark schwanken.

Porter’s Five Forces

Paycom scheint sich in seiner Rolle als Herausforderer von Größen wie ADP oder Paychex gut zu gefallen. Trotzdem ist auch die Konkurrenz nicht zu verachten, weshalb man stets die Entwicklung der Marktanteile auf dem Schirm haben muss. Diese Gefahr widerspiegelnd, wird die Branchenrivalität mit drei Punkten versehen.

Neue Konkurrenz muss man indes nicht erwarten. Schließlich ist man ja selbst der neue aufstrebende Konkurrent für ADP & Co.

Die Innovationskraft und hohe Investitionen in das Entwicklungsbüro helfen dabei, das Substitutionsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren.

Die Abnehmermacht fällt gering aus, da Kunden unter hohen Wechselkosten leiden würden, wenn sie Paycom verlassen würden. Dadurch bleibt die Kundschaft lieber treu. Drei Punkte gibt es allerdings aufgrund der zyklischen Abhängigkeit vom Wirtschaftskreislauf.

Die Abhängigkeit vom Personal, vor allem Softwareentwicklern, fällt hoch aus. Das erkennt man gut an den sehr hohen Ausgaben in Form von aktienbasierten Vergütungen. Dieser Umstand wird im Faktor ‚Lieferantenmacht‘ dargestellt.

 

Paycom ist ordentlich zurückgekommen und reif für den Einstieg mit einer ersten Tranche. Aufgrund der angespannten charttechnischen Lage sollte man sich jedoch trockenes Pulver für Nachkäufe vorhalten.


Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.paycom.com, terminal.stock3.com

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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