Massiv einbrechende Einzelhandelsabsätze – inklusive Internetverkäufen – in den USA?  Stark nach unten revidierte Wachstumsprognosen für das erste Quartal durch die Fed of Atlanta?

Eine nationale Verschuldung, welche die Marke von $22 Billionen genommen, eine Privatverschuldung die mit $13,5 Billionen einen neuen Rekord aufgestellt und ein Zwillingsdefizit, das sich in den letzten Monaten fernab von Gut und Böse bewegt hat?

Kudlow: Alles bestens – Greenspan: Massive Schieflage

Laut gestriger Aussage von Larry Kudlow, Top-Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, alles kein Problem. Und damit bleibt aus offizieller Regierungssicht alles wie gehabt. Ignorieren, beschönigen, herunterreden. Nicht nur eine wachsende Phalanx aus heimischen und internationalen Beobachtern sieht die Dinge und Entwicklungen auf gänzlich andere Weise.

Auch der ehemalige Chef der Federal Reserve, Alan Greenspan, kritisiert die Tatsache, dass sich Politiker beider politischer Parteien im Angesicht eines in Richtung von mehr als einer  Billion US-Dollar kletternden US-Haushaltsdefizits bislang mehrheitlich ruhig und handzahm verhalten haben.

Doch laut Greenspan werde dieser Mangel an Aufmerksamkeit nicht mehr lange anhalten. Denn mit Blick auf die Vereinigten Staaten handele es sich „um eine extrem unausgewogene Situation“, so Greenspan. In der Übersetzung heißt das, dass massive Schieflagen bestehen.

Inflationsgefahr ist nicht gebannt

Aus politischer Sicht, so Greenspan, werde auf Haushaltsdefizite kein großer Wert gelegt. Worauf allerdings großer Wert gelegt werde, seien die daraus resultierenden Konsequenzen. Letztendlich treibt den ehemaligen Fed-Chef hauptsächlich das Thema Inflation um.

Letztmals hätten die USA ein Finanzloch dieser Größenordnung schließen müssen, das sich im Zuge der zwischen 2007 und 2009 anhaltenden Rezession auftat. Heute sähen die Dinge hingegen gänzlich anders aus, bezugnehmend auf eine Wirtschaft, die sich nun das zehnte Jahr in Folge in der Expansion befindet.

Unter Bezugnahme auf offizielle Daten befindet sich die Inflation in den USA mit 1,6% nach wie vor unter Kontrolle. Greenspan ficht das alles nicht an, denn sollte unter Investoren die Furcht davor ausbrechen, dass die staatliche Ausgabenorgie die Preisentwicklung befeuern wird, würden die Dinge ab diesem Zeitpunkt komplett anders aussehen.

Stagflation bahnt sich an

Schon die zuletzt durch das US-Finanzministerium publizierten Daten zu den Treasury Bond Märkten hatten gezeigt, dass sich internationale US-Staatsanleihekäufer immer stärker zurück halten. Greenspan kritisiert, dass das politische System immer erst dann auf eine Entwicklung reagiere, wenn turmhohe Budgetdefizite – wie dies stets der Fall sei – die Inflation anfachten.

Momentan mehrten sich die Zeichen für eine sich ausbreitende Stagflation, doch ganz seien die Vereinigten Staaten laut Greenspan an diesem Punkt noch nicht angelangt. Bis zum Jahr 2022 soll das amerikanische Haushaltsdefizit laut Prognosen des Budgetbüros des Kongresses die Marke von $1 Billion übersteigen.

Trumps Staatsausgaben-Orgie

Im ersten vollen Amtsjahr von Donald Trump hat sich das US-Haushaltsdefizit auf $779 Milliarden ausgeweitet – dem schlimmsten Wert seit 2012. In diesem Zuge darf nicht unter den Tisch fallen gelassen werden, dass die Steuersenkungen mit zu einer Ankurbelung des Wirtschaftswachstums in den USA über den Verlauf der letzten zwölf Monate beitrugen.

Nicht nur die sozialstaatlichen Ausgaben, sondern auch die zu leistenden Zinszahlungen des amerikanischen Staates beginnen der US-Regierung bis über beide Ohren zu wachsen. Kaum ein Wunder, dass das US-Finanzministerium seine Nettoemissionen von neuen Staatsanleihen in 2018 im Vergleich mit dem Vorjahr auf $1,34 Billionen mehr als verdoppelte.

Im Januar hatte US-Finanzminister Steven Mnuchin mitgeteilt, dass der Finanzbedarf der US-Regierung mit Blick auf die nächste Dekade bei über zwölf Billionen US-Dollar liegen wird. Unter großen Investoren wird bereits seit einiger Zeit die rote Fahne gehisst. Bei Pimco wird in absehbarer Zeit mit weiter kletternden Zinsen in den USA gerechnet.

Bei DoubleLine Capital wurde der massive Schuldenzuwachs zu Jahresbeginn als „furchtbare Situation“ bezeichnet. Immerhin sind die Zinsen im Bereich der 10-jährigen US-Staatsbonds seit Oktober – und der gleichzeitigen Ausbildung des Allzeithochs an den Aktienmärkten in den USA – von 3,26% auf 2,7% gesunken.

Sozialstaatsausgaben als politischer Pferdefuß

Dass der ehemalige Chef von Starbucks, Howard Schultz, der in Erwägung zieht, als unabhängiger Kandidat ins Präsidentschaftsrennen im Jahr 2020 einzusteigen, vor allem seitens der Demokraten angefeindet wird, dürfte nicht nur an deren sich in diesem Fall schmälernden Wahlaussichten liegen, sondern auch an der jüngsten Aussage von Schultz, laut der beide politische Parteien in Washington auf „eklatante Weise dabei versagt haben“, ihrer durch die amerikanische Landesverfassung vorgegebenen Verantwortung nachzukommen.

Greenspan fügt hierzu an, dass unter- und nicht finanzierte Sozialstaatsausgaben die Investitionen im privaten Wirtschaftssektor zu einem Stillstand bringen werden, was sich wiederum äußerst negativ auf das Wachstum in den USA auswirken wird. Selbst Fed-Chef Jerome Powell ließ sich im Januar dazu hinreißen, öffentlich davor zu warnen, dass sich das Regierungsbudget auf einem nicht nachhaltigen Kurs befindet.

Vielleicht war diese Aussage auch nur als Vergeltungstritt vor das Schienbein von US-Präsident Donald Trump gedacht, um sich für Trumps mehrmonatige Kritik an den Zinsanhebungen der Federal Reserve zu revanchieren. Greenspan geht noch einen Schritt weiter, davor warnend, dass die Sozialausgaben des Staates die heimischen Ersparnisse verfrühstücken werden.

Das Resultat? Einheimische Ersparnisse, gepaart mit den aus dem Ausland geliehenen Ersparnissen, erwiesen sich als fundamentale Quelle zur zukünftigen Finanzierung von Kapitalinvestitionen. Und Kapitalinvestitionen seien nun einmal die Basis für das in einem Land gemessene Produktivitätswachstum, wovon weit und breit nichts zu sehen sei.

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