Ich hatte Sie vor rund zwei Wochen schon einmal darauf eingestimmt, dass der stationäre Einzelhandel in den Vereinigten Staaten im laufenden Jahr auf Basis von aktuellen Daten sehr wahrscheinlich einen neuen Insolvenzrekord verzeichnen wird.

Danach soll selbst das auf dem Höhepunkt der Finanz- und Bankenkrise erreichte Bankrott- und Insolvenzhoch übertroffen werden. Unter welchem Stress eine wachsende Anzahl von stationären Einzelhändlern in den USA bereits seit geraumer Zeit steht, hatten wir im Lauf der vergangenen Jahre immer wieder einmal in zeitlichen Abständen eingehend betrachtet.

US-Gewerbeimmobilienmärkte in prekärer Lage

Eine Blase ist geplatzt, die längst auch die amerikanischen Märkte für Gewerbeimmobilien (CRE) bedroht. Immerhin war es im vergangenen Jahr der renommierte Milliardär und fuchsige Immobilieninvestor Sam Zell, der davor gewarnt hatte, dass die Preise für CRE- und Gewerbeimmobilien in den USA ihren Höhepunkt überschritten hätten.

Zells Warnungen sind gewiss ernst zu nehmen, zählte der Immobilientycoon doch zu jenen wenigen Investoren, die sich in den Jahren der Finanzkrise eine goldene Nase am Leerverkauf von heillos überbewerteten CDOs, MBS-Papieren & Co. verdient hatten.

Was den amerikanischen Stationäreinzelhandel betrifft, so wartet auch die Ratingagentur S&P mit wenig erbaulichen Investorenmitteilungen auf. Ganz im Gegenteil warnen die Analysten bei S&P Global Market Intelligence nun mittels einer publizierten Liste vor den zehn größten und am unmittelbarsten durch eine Insolvenz bedrohten Einzelhändlern in den USA.

Abwanderung zum Onlinehandel

Diese Analyse basiert einerseits auf rein die US-Einzelhandelsindustrie betreffenden Faktoren und andererseits auf rein firmenspezifischen Parametern. Der anhaltende Wandel in den gängigen Kaufgewohnheiten unter vielen Amerikanern manifestiere weiterhin einen guten Teil der Schwierigkeiten, denen sich der stationäre Einzelhandel in den USA ausgesetzt sieht.

Wie es in dem Bericht von S&P weiter heißt, litten immer weitläufigere Teile des stationären Einzelhandels in den USA unter der Abwanderungswelle der Kunden in die virtuelle Welt – und somit das Internet. Weder Einkaufserlebnisse noch Rabattschlachten stünden für eine wachsende Kundenanzahl heutzutage noch im Mittelpunkt von deren Kaufentscheidungen.

Vielmehr bestimmten die Faktoren Schnelligkeit, Transparenz, Bequemlichkeit und  Vergleichbarkeit das Einkaufsverhalten der Kunden in einem immer stärkeren Maße. Und hierin ist das Internet gewiss unschlagbar. Die im 1. Quartal durch die US-Einzelhändler vorgelegten Ergebnisse ließen nicht auf einen bevorstehenden Turnaround schließen, so S&P.

14 US-Einzelhändler insolvent – in nur vier Monaten

Vielmehr hat die Anzahl der im laufenden Jahr verzeichneten Insolvenzen schon fast das Niveau aus dem Gesamtjahr 2016 erreicht. So reichten in den ersten vier Monaten dieses Jahres bereits 14 stationäre Einzelhändler in den USA einen Insolvenzantrag ein, während im Gesamtjahr 2016 insgesamt 18 Unternehmen von diesem Schicksal getroffen wurden.

Auf der Top-10-Liste von S&P finden sich namentlich die folgenden Unternehmen:

  • Sears Holdings
  • DGSE Companies
  • Appliance Recycling Center of America
  • The Bon-Ton Stores
  • Bebe Stores
  • Destination XL Group
  • Perfumania Holdings
  • Fenix Parts
  • Tailored Brands und
  • Sears Hometown and Outlet Stores

Erst vor wenigen Tagen hatte ich Ihnen berichtet, dass Analysten sich ob des Tempos der Insolvenzmeldungen große Sorgen über den allgemeinen Zustand der amerikanischen Ökonomie machen. Denn ein derart hohes Insolvenztempo geht für gewöhnlich mit einer Rezession in den USA einher.

Gleichzeitig hält die Schließung von Filialen und Outlets im ganzen Land weiter an. Davon ist in besonderem Maße die Bekleidungsbranche betroffen. Immer mehr stationären Einzelhändlern gehen nach einem abermals sehr bescheidenen Weihnachtsgeschäft zudem die Cashbestände aus.

Shopping Malls am stärksten betroffen

Laut des Analysehauses BI wird in den nächsten Monaten mit der Schließung von landesweit mehr als weiteren 3.600 Filialen und Geschäften gerechnet. Der bisherige Insolvenzrekord im stationären amerikanischen Einzelhandel wurde mit insgesamt zwanzig Fällen im Jahr 2008 aufgestellt.

Diese Anzahl könnte im laufenden Jahr laut aktueller Prognosen bereits im Monat September erreicht werden. Am härtesten werden die Shopping Malls und Einkaufszentren in den USA ob der zu beobachtenden Entwicklung getroffen. Auf die CRE-Märkte rollen nicht nur massiv wachsende Bestände, sondern auch ein deutlicher Anstieg der Leerstandquoten zu.

Vielerorts stellen sich Brancheninsider in den Vereinigten Staaten bereits die Frage, ob das Einkaufskonzept, das über einen Zeitraum von vielen Jahren auf dem Besuch von Shopping Malls & Co. basierte, nicht gänzlich überholt sein könnte. Vielerorts wird diese Frage inzwischen mit Ja beantwortet.

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