Laut des renommierten Anlagestrategen Russell Napier dürfte es nicht mehr lange dauern, bis sich eine Defaultwelle durch die Schwellenländer ziehen wird. Ähnlich wie in Japan werde der Pekinger Führung nichts mehr anderes übrig bleiben, als das nominale BIP-Wachstum über eine sich fortsetzende Abwertung des Renminbi zu befeuern. Diese Abwertung werde sich am Ende auf bis zu 20% gegenüber dem US-Dollar belaufen und die Federal Reserve ihrerseits in die Verabschiedung von QE4 zwingen. Nur über Währungsabwertungen ließen sich die extrem hohen Schuldenniveaus in den kommenden Jahren noch bedienen. Doch hat Abenomics in Japan seine Ziele eigentlich erreicht? Wohl kaum.

Wie Napier hin einem Interview gegenüber der schweizerischen Seite Finanz- und Wirtschaft erklärte, habe er schon lange mit der jüngst erfolgten Ankündigung zu einer Abwertung des Renminbi aus Peking gerechnet. Dies liege vor allem auch an der Beobachtung, dass Chinas ausländische Währungsreserven am Sinken gewesen seien, während die heimischen Zinsen trotz aller Bemühungen der PboC nicht den Weg nach unten antreten wollten.

Schon 2012 sanken die ausländischen Währungsreserven

Schon im Jahr 2012 sei es zu einer solchen Entwicklung gekommen. Auch damals sanken die ausländischen Währungsreserven, doch Peking habe es da noch geschafft, den Kahn über eine Steigerung der Kapitalimporte wieder flott zu bekommen, so Napier. Heute sehe die Lage nach den Crash an den Festlandbörsen Chinas hingegen anders aus. Kapital flüchte verstärkt aus China.

Anders als über die Beeinflussung und Manipulation der Wechselkursrate werde Peking seine Probleme nicht mehr in den Griff bekommen. Die jüngste Ankündigung ist vor allem mit der Hoffnung verbunden, die heimischen Zinsen nach unten zu befördern. Solange sich die Vergabe von Krediten an die Wirtschaft bei gleichzeitig sinkenden (heimischen) Zinsen nicht einstellten, werde Peking den Renminbi in mehreren Schritten weiter abwerten. 

Abwertung bis zu 20% gegenüber dem US-Dollar

Und diese Abwertung könne sich, so Napier, am dicken Ende bis auf 20% gegenüber dem US-Dollar belaufen. Meine Berechnungen haben weniger etwas mit dem Versuch einer Wiederbelebung des chinesischen Exportwachstums zu tun, als vielmehr mit Schätzungen, wie viel Geld und Kredit China im aktuellen Umfeld erzeugen müsste, um ein aus Perspektive der Pekinger Führung erträgliches Wirtschaftswachstum zu erzeugen.

China werde auf diese Weise dazu in der Lage sein, Exporte auf US-Dollarbasis weitaus billiger anzubieten als seine Konkurrenten. Dadurch werde in alle Welt Deflation exportiert, was eben jenem Aspekt entspräche, den die Zentralbanken in der westlichen Hemisphäre mit aller Macht zu bekämpfen versuchten. Hinzu geselle sich, dass viele Schwellenländer einer ausgewachsenen Währungskrise entgegenblickten.

Auf eben jenen Aspekt hatten wir die Leser bereits in einem Vorbericht aufmerksam gemacht. Denn die sich beschleunigende Abwertung unter vielen Schwellenländerwährungen geht klar mit einer Solvenzkrise Hand in Hand. Die meisten dieser Länder hatten sich – wie vor Ausbruch der Asien-Krise – hauptsächlich auf Basis des US-Dollars verschuldet. Diese Schulden lassen sich im aktuellen Umfeld immer schwieriger bedienen. 

Zahlungsausfall bei Schwellenländern, führt zum Ausbruch der globalen Krise

Sollte es, so Napier, zu einem erklärten Zahlungsausfall an den Schwellenländermärkten kommen, werde dies sofort zum Ausbruch einer globalen Krise führen. Doch das allerletzte, was die Welt im Angesicht eines sich abschwächenden Wachstums jetzt brauche, sei eine neue Kreditkrise. Doch alles spräche momentan dafür, dass es dazu kommen werde. Napier zeigt sich überzeugt, dass viel weniger die asiatischen Ökonomien in Probleme geraten werden, als vielmehr die Wirtschaften in Osteuropa.

Hier werde sich, so Napier, das Epizentrum der Schwellenländerkrise befinden. Napier geht gar davon aus, dass es unter einer Reihe dieser Länder zu Zahlungsausfällen kommen wird. Denn diese Staaten hätten sich zu stark auf Basis des US-Dollars oder Euros verschuldet, so dass dies alles nur noch eine Frage der Zeit sei. Allein die Türkei schiebe einen Schuldenberg von mehr als $400 Milliarden vor sich her.

Osteuropäische Länder leiden unter großen Leistungsbilanzdefiziten

In Osteuropa litten die meisten Staaten unter riesigen Leistungsbilanzdefiziten bei gleichzeitigen Verknüpfungen der eigenen Währungen mit dem Euro. Daher müssten diese Staaten sehr viel Kapital importieren. Doch laut Napiers Einschätzung werde das Kapital in diese Regionen nicht mehr fließen, wenn sich die Dinge in der Welt verstetigten. Sollte es in einem der Länder – vor allem in der Türkei – zur Einführung von Kapitalkontrollen kommen, werde sich eine neue Krise wie ein Lauffeuer durch Osteuropa ziehen. 

Mit einer baldigen Zinsanhebung in den Vereinigten Staaten rechnet Napier nicht. Dies liege vor allem an dem dramatischen Verfall der Ölpreise und einem tendenziell stärkeren US-Dollar. Die Finanzmärkte müssten, so Napier, realisieren, dass die US-Wirtschaft nicht mehr zu den ehedem extrem hohen Konsumquoten zurückkehren werde, wie die Amerikaner dies in den vergangenen 40 Jahren gewohnt gewesen seien.

Die Fed werde sich auch vor einer Zinsanhebung hüten, da die Vereinigten Staaten etwaige Solvenzrisiken in den Schwellenländern genauestens beobachteten. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass die Fed im Zuge einer Intensivierung der Ereignisse an den Kapitalmärkten selbst wieder zur Verabschiedung eines neuen QE-Programms greifen oder den Regierungen der Schwellenländer großzügige Dollar-Swaplinien anbieten werde.

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