Seit Beginn der politischen Machtübernahme durch die Biden-Administration hat Iraks Regierung die Vereinigten Staaten unter einen sich intensivierenden Druck gesetzt, um dem Ziel eines vollumfänglichen Truppenabzugs der Amerikaner aus dem Zweistromland näher zu rücken.

Gespräche über Truppenabzug wurden wieder aufgenommen

Seitdem ist es auch wiederholt zur Bekanntgabe von Raketenangriffen auf die grüne Zone in der irakischen Hauptstadt Bagdad und einzelnen im Land betriebenen Militärbasen der Amerikaner gekommen.

Stets wird in den Medien auf Kataeb-Milizen hingewiesen, hinter denen der Iran stehen soll, und die einem Truppenabzug der Amerikaner durch eine Erzeugung von stetigem Chaos und dem Aussenden der Botschaft, dass amerikanische Staatsbürger und Soldaten im Irak nicht sicher sind, auf ihre ganz eigene Weise Nachdruck verleihen wollten.

In der laufenden Woche ist es nun zu einer Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen hochrangigen Repräsentanten der irakischen und amerikanischen Regierung gekommen, um gemeinsam auszuloten, wie die bereits unter der Präsidentschaft von Donald Trump initiierten Verhandlungen über einen US-Truppenabzug zu einem Abschluss gebracht werden können.

Was wird aus den von Trump geforderten Kompensationszahlungen?

Wir erinnern uns, dass das Weiße Haus unter Donald Trump eine nicht zu unterschätzende Vorbedingung für einen solchen Truppenabzug ins Spiel gebracht hatte, wonach der Irak den Vereinigten Staaten eine milliardenschwere Kompensation für die vorherige Errichtung und das Betreiben von neuen Militärbasen im ganzen Land leisten soll.

Die den Amerikanern über die letzten beiden Jahrzehnte entstandenen Kosten müssten durch die irakische Regierung zurückbezahlt werden, bevor es überhaupt zu Erwägungen über einen amerikanischen Truppenabzug kommen könne, wie es damals hieß. Ob und inwiefern sich die Biden-Administration dieser aufgestellten Forderung anschließen wird, muss sich nun zeigen.

Irakische Regierung verspricht Einfluss auf Teheran zu üben

Um die angespannte Verhandlungssituation im Vorfeld ein wenig zu entschärfen, hat die Regierung des Iraks den Amerikanern die Zusage gegeben, dass parallel zu dem Beginn eines US-Truppenabzugs seitens der Iraker darauf eingewirkt würde, die Aktivitäten der wohl durch Teheran unterstützten Milizen zu beenden.

Aus Sicht der Washingtoner Regierung stellt sich die Frage, ob die irakische Regierung zu einem solchen Unterfangen überhaupt in der Lage sein wird. Bis dato hat sich Washington auf eben jenen Aspekt berufen, um einen US-Truppenabzug aus dem Zweistromland maximal in die Zukunft zu verzögern.

AFP berichtet von Verhandlungsdurchbruch

Die Nachrichtenagentur Associated Press nimmt Bezug auf die Aussagen von zwei irakischen Offiziellen, laut denen der irakische Premierminister die politische Führung in Teheran darum ersucht habe, die durch den Iran unterstützten Milizen an die kurze Leine zu nehmen. Sollte diesem Ersuchen nicht nachgekommen werden, so ließen sich eigene Militäraktion der Iraker gegen diese Milizverbände nicht ausschließen, wie es weiter hieß.

Anscheinend haben diese Beteuerungen aus aktueller Sicht ihre Wirkung nicht verfehlt, da es unter Bezugnahme auf die Nachrichtenagentur AFP im Rahmen einer virtuellen Konferenz zu einem Verhandlungsdurchbruch über die Frage eines bevorstehenden Truppenabzugs der Amerikaner zwischen Außenminister Antony Blinken und Unterstaatssekretär David Hale auf der einen Seite sowie deren irakischen Amtskollegen auf der anderen Seite gekommen sein soll.

Zeitpunkt des Abzugs noch unklar – Ausbildungstrupp soll bleiben

Laut AFP hätten die Amerikaner eingestimmt, ihre verbleibenden Kampftruppen aus dem Irak abzuziehen. Es seien jedoch keine weitergehenden Informationen über einen exakten Zeitpunkt eines solchen ins Auge gefassten Abzugs mitgeliefert worden. Über diese Schlüsselfrage wird wohl erst im weiteren Verlauf der anhaltenden Gespräche eine Entscheidung getroffen.  

Aus einer gemeinsam veröffentlichten Erklärung beider Seiten geht hervor, dass es Ziel der USA und der Koalitionskräfte im Irak sei, die eigene Präsenz im Irak in der Zukunft auf die Ausbildung und Beratung der irakischen Armee zu fokussieren. In diesem Zuge werde es zu einem Abzug der im Irak verbliebenen US-Kampftruppen kommen. Ein exakter Zeitpunkt werde momentan zwischen beiden Seiten noch ausverhandelt.

Verlagerung der Kampftruppen nach Syrien?

Einige Beobachter stellen sich nun die Frage, ob diese im Irak verbliebenen Kampftruppen der Amerikaner nicht vielleicht einfach in das benachbarte Syrien verlagert werden sollen, um angesichts der amerikanischen Okkupation des Nordostens des seit nunmehr fast neun Jahren durch einen Bürgerkrieg zerrütteten Nahostlandes Unterstützung zu leisten.

Auf dem syrischen Konfliktfeld zeichnet sich nämlich nach wie vor keine Lösung der dort vorherrschenden Probleme ab. Solange Baschar al-Assad nicht endlich vom Thron gestoßen wird, dürfte sich aus Sicht der Amerikaner an dieser Sichtweise wahrscheinlich auch wenig bis kaum etwas ändern.

Es reicht in diesen Tagen schon, einfach auf die Ereignisse in der Ukraine zu blicken, um sich darüber gewahr zu werden, dass militärische Konflikte oftmals länger anzuhalten drohen als es zuvor jemals vorstellbar gewesen wäre. Hierüber legte unter anderem auch der Bürgerkrieg im Libanon, der fast fünfzehn Jahre anhielt, Zeugnis ab.

Auch Rückverlagerung wäre schnell möglich…

Andererseits stellt sich die Frage, ob die gemeinsam veröffentlichte Erklärung der Iraker und Amerikaner einen Beitrag dazu wird leisten können, um den anhaltenden Stellvertreterkrieg auf irakischem Boden zu beenden. Da die Spannungen zwischen den USA/Israel auf der einen Seite und dem Iran auf der anderen Seite über die letzten Monate weiter zugenommen haben, könnte es, falls notwendig, auch schnell zu einer Rückverlagerung von US-Truppen in den Irak kommen.

Zum aktuellen Zeitpunkt werden zwischen den politischen Führungen der Vereinigten Staaten und des Irans in Österreichs Hauptstadt Wien Gespräche über das Nuklearprogramm Teherans geführt. In diesem Zuge wird gerade ausgelotet, ob eine Rückkehr zu dem Atomabkommen (JCPOA), aus dem die Trump-Regierung unilateral ausgestiegen war, möglich wäre.

Israel droht mit Angriff, falls eine Rückkehr zu dem Atomabkommen beschlossen wird

Einem solchen Ansinnen stellt sich allerdings Israel mit aller Vehemenz in den Weg und unternimmt bei Licht besehen alles Erdenkliche, um eine solche Entwicklung zu torpedieren. Laut des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu müsse sein Land, falls nötig, auch auf eigene Faust – und somit ohne die Unterstützung der Amerikaner – gegen den Iran vorgehen.

Eine Rückkehr zu JCPOA würde dem Iran laut Netanjahu eine Art Blankoscheck in die Hände spielen, um vor den Augen der internationalen Gemeinschaft den Pfad zum Bau einer eigenen Atombombe zu beschreiten. Da sich eine solche Entwicklung vor der Haustüre des eigenen Landes abspielen würde, könne und dürfe Israel dabei nicht tatenlos zuschauen.

Netanjahu drängte die Abgeordneten im Rahmen einer in der laufenden Woche gehaltenen Rede in der Knesset dazu, die aktuelle Situation keineswegs zu unterschätzen. Vielmehr müsse Israel bestens darauf vorbereitet sein, eigene Aktionen gegen ein fanatisches Regime, das Israel fast jeden Tag aufs Neue den Untergang prophezeie, durchzuführen.

Aus diesem Grund haben israelische Offizielle inzwischen davor gewarnt, den Iran militärisch zu attackieren, falls die Biden-Administration einer Rückkehr zu JCPOA ihren Segen erteilen sollte.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Wie sich zeigt, drohen die einzelnen Regionalkonflikte, angefangen beim Kaukasus über das Schwarze Meer bis hin zu Nordafrika sowie den Mittleren und Fernen Osten zusammen zu wachsen. Es handelt sich hierbei vielleicht um den oft beschriebenen Flächenbrand, vor dem ausgewiesene Nahostexperten – samt seinen Konsequenzen – seit vielen Jahren gewarnt hatten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"