Nach dem Motto „falsch gewählt, nun wird bezahlt“ wurden der Bevölkerung durch die Kreditgeber sozial einschneidende Maßnahmen, der Ausverkauf des Staatsbesitzes, Arbeitslosigkeit, Rezession und Armut verordnet.

Die Verantwortung gut informierter Wähler?

Damit Wählerinnen und Wähler bei demokratischen Wahlen verantwortlich ihre Entscheidungen treffen können, sind Informationen über Parteien und Lobbyverbände unentbehrlich. Auf dem Papier gibt es dafür sogar ein Gesetz. „Woher hast Du es“ heißt es im Volksmund und betrifft eine Verpflichtung zur jährlichen Abgabe einer persönlichen Vermögenserklärung für Politiker, Beamte, Herausgeber und Journalisten.

Dass auch die „vierte Gewalt“ hinsichtlich dubioser Geldquellen unter Beobachtung steht, soll die Transparenz und damit auch die Glaubwürdigkeit einer frei von Interessen Dritter arbeitenden Presse garantieren.

Wie so vieles ist auch hier die Theorie gut, die Praxis aber schlecht. Wie schlecht, zeigt das Erbe des steinreich verstorbenen Journalisten, Radiomoderatoren und Herausgebers, Giorgos Tragas.

Ein reicher Reporter

Tragas, ein erklärter Impfgegner, verstarb am 14. Dezember 2021 an CoVid19 mit 72 Jahren. Er hinterließ seine Ehefrau und zwei Söhne, sowie die von ihm im Februar 2021 gegründete Partei, „Freie Menschen“.

Ideologisch wird die Partei als populistisch, euroskeptisch, nationalkonservativ und globalisierungskritisch eingestuft. Tragas, dessen Popularität eher auf seinen Radio- und Fernsehsendungen, denn auf seinen reihenweise krachend gescheiterten Printmedien beruht, gab sich zeitlebens volksnah. Vor allem im Radio setzte er mit seiner sonoren bassigen Stimme regelmäßig Slangworte ein. Musikstücke spielte er meist passend zu seinen Ansprachen als kurzes Zitat.

Er kritisierte Politiker und Unternehmer. Wann immer er im Radio auftrat, war seine Sendung in gefühlt allen Taxis zu hören. In jedem der Sender, mit denen er einen Vertrag abschloss, sorgte er für hohe Einschaltquoten. Wer von ihm verbal verrissen wurde, hatte in der Politik schnell Probleme mit seiner Popularität. Bei manchen Politikern oder Parteien biss er sich förmlich fest und trug zu Wahlniederlagen und beendeten politischen Karrieren einen großen Teil bei. Der frühere Premier Antonis Samaras musste sich 2014 wochenlang anhören, wie Tragas ihn ob des Verkaufs des Hafens bloßstellte.

Reich wurde er damit nicht. Die Radiosender in Griechenland funktionieren nach einem Broadcasting-Schema. Ein Moderatorenteam bringt Werbekunden mit und bekommt dafür Sendezeit. Tragas warb vor allem für Nahrungsergänzungsmittel. Er bekannte sich offen zu seinem Diabetesleiden und empfahl passende, auf Naturprodukten basierende Tinkturen und Pillen zur Stärkung der Manneskraft.

Im Zweifel gehörten seine Sponsoren nicht zu den superreichen Industrieunternehmen. Trotzdem zierte Tragas die sogenannte Lagarde-Liste, einen von der damaligen französischen Finanzministerin an den griechischen Fiskus gegebenen Teil der „Swiss Leaks“.

Die Liste wurde seinerzeit als Katalog von Steuersündern präsentiert, ohne dass in der griechischen Presse das Wort „mutmaßlich“ erwähnt wurde. Tatsächlich wurden nur wenige der dort eingetragenen griechischen Staatsbürger zur Verantwortung gezogen. Tragas Name findet sich auch in den Panama Papers.

Bei seinem Tod wurde zudem bekannt, dass er sich steuerlich im Ausland niedergelassen hatte. Unter den Erben gab es Streit und dabei trat zutage, dass es auch darum geht, von welchem Staat das Erbrecht für den Disput Anwendung findet. Zu den drei bekannten Erben kommt mit dem griechischen Fiskus und den Gläubigern, die wegen Tragas gescheiterten Printprodukten Ansprüche haben, weitere Gesellschaft.

Angesichts der Tatsache, welche Dimensionen das Erbe und die Diskussion darüber ausgelöst hatte, entschlossen sich die drei Haupterben ein aufgefundenes handschriftliches Testament zu akzeptieren.

Das, was an Besitz bislang bekannt geworden ist, ist beachtlich.

  • Ein luxuriöses Appartement in Monte Carlo in Monaco im Eden Star Hochhaus.

  • Eine Wohnung im 28. Stock des Olympic Towers, in Nachbarschaft zur Familie Gucci im Hochhaus, welches Aristoteles Onassis erbaute. Das Gebäude lieg an der 5th Avenue Nr. 641. Die Wohnung wird auf vier Millionen Euro geschätzt.

  • Eine Luxuswohnung in der Victor Hugo Strasse in Paris.

  • Eine große Villa mit „paradiesischer Aussicht“ in Nizza an der Cote d'Azur

  • Zwei Häuser in den USA. Eines davon in feinster Wohngegend in Beverly Hills, sowie eins in Washington. Kolportiert werden zudem Wohnungen oder Häuser in Miami und Las Vegas.

  • In Griechenland besaß der verstorbene gemäß den Angaben seiner Steuererklärung eine Villa im Athener Vorort Ekali, dort wo die reichsten Griechen wohnen. Eine Wohnung in Koukaki von der aus „bei geöffnetem Fenster die Akropolis gestreichelt werden kann“. Ein Haus, oder gemäß anderen Angaben Häuser auf der Insel Korfu, sowie eine gemietete Villa auf Mykonos. Die Mieten auf der Jet-Set Insel Mykonos sind so hoch, dass auch letzteres ein Indiz für ein sehr großes Vermögen ist.

Zu den je nach Medienquelle bis zu 17 Immobilien kommen Bankkonten in den USA und im Fürstentum Monaco, sowie Bankschließfächer.

Beginn der Karriere als penetranter Reporter

Einem großen Publikum bekannt wurde der Sohn eines bekannten Athener Gynäkologen als er 1988 als Korrespondent der Zeitung Eleftheros Typos aus London den Gesundheitszustand des damaligen sozialdemokratischen Premierministers Andreas Papandreou an die Öffentlichkeit meldete.

Dass Papandreou schwer herzkrank war, wollte die Regierung der PASOK unter allen Umständen geheim halten. Tragas Kollegen spielten mit, Tragas plauderte und bekam Prügel vom Büroleiter Papandreous. Der gescheiterte Medizinstudent, der mit einem Modedesigner-Diplom aus Italien zurückkam, hatte sich als Polizeireporter hochgearbeitet und wurde buchstäblich auf einen Schlag berühmt.

Danach begriff er, dass Reden Silber ist, Schweigen aber Gold. Nun, nach seinem Tod, steht sein späteres Geschäftsmodell in den einschlägigen Artikeln seiner Kollegen. Tragas ließ sich seine scharfzüngigen Verbalattacken ebenso gut bezahlen, wie das Schweigen über Vorgänge, deren Urheber diese geheim halten wollten. Wirklich geheim gehalten hat er dies nie. Er bezeichnete sich selbst als „den Korruptesten der südlichen Meere“. Dies tat er mit der gleichen sarkastisch ironischen Stimme, mit der er in den Radiosendungen über seine Opfer herfiel.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Im Text erfährt der Leser, wie ein Journalist mit Schweigen zu Geld kam. In Griechenland, wo selbst Verleger von vielgelesenen Zeitungen nahezu mittellos versterben, schlecht informierte Wähler Volksvertreter mit erhöhten Eigeninteressen wählen und Kontrollmechanismen versagen, gibt es immer eine Nische, um zu Reichtum zu kommen.

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