Es herrschte ein überhöhter Optimismus! Die Mehrheit schien wohl anzunehmen, die Inflation sei nur vorübergehend, zwischenzeitlich war es sogar Konsens, dass die Fed bereits 2023 wieder die Zinsen senken könnten. Diese Szenarien werden immer unwahrscheinlicher, manch einer wird auch zu dem Schluss kommen, dass das ausgeschlossen zu sein scheint.

An der geopolitischen Front hat sich in diesen Monaten auch nichts verbessert und von der Konjunktur sprechen wir besser nicht. In den USA sieht die Lage noch deutlich besser aus als in Europa oder Deutschland und genau das spiegeln die Indizes auch wider.

Daher ist der S&P500 auch „nur“ zum Jahrestief zurückgekommen und der Dax bereits knapp darunter. Dass sich der deutsche Leitindex so gut hält, ist fast erstaunlich.

Möglicherweise ist das durch Währungseffekte zu erklären. Verbraucher sind über einen schwachen Euro sicherlich nicht erfreut, den deutschen Konzernen hilft es aber, da sich dadurch die Wettbewerbsfähigkeit verbessert, vor allem im Export.

Doch das hilft leider nur den international aufgestellten Konzernen. Wer sein Geschäft vor allem in Deutschland oder im Euro-Ausland tätigt, der steht umso schlechter da.

Daher ist es beim MDax oder SDax im Gegensatz zum Dax auch nicht zu einer Stabilisierung gekommen. Dort geht der Abverkauf unvermindert weiter. Inzwischen sind die Verluste gigantisch.

Der SDax steht aktuell bei 10.531 Punkten, das Allzeithoch lag bei 17.450 Punkten. Der Index müsste also um 66 % steigen, um das einstige Niveau wieder zu erreichen.

Beim MDax sieht es nicht besser aus. Aktuell stehen wir bei 22.590 Punkten und das Hoch lag bei 36.428 Punkten. Zum Hoch wären es demnach 61 %. Das gibt einem eine ungefähre Vorstellung davon, in welchem Zustand sich unsere Wirtschaft inzwischen befindet.

Es fehlt nicht mehr viel und der MDax befindet sich wieder auf dem Niveau von 2015, und das, obwohl es sich um einen Performance-Index handelt, wodurch die Dividenden fiktiv reinvestiert werden.

Lässt das einen Rückschluss auf die Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes zu, könnte man sagen, dass in all den Jahren kein Wohlstand entstanden ist. Oder der entstandene Wohlstand gerade wieder vernichtet wird. Ich nehme an, dass dürfte auch der Wahrnehmung der Mehrheit unserer Bevölkerung entsprechen.

Aber das ist eben das Resultat von Jahrzehnten politischer Fehlentscheidungen. Man hat den Eindruck, dass es in Berlin auch überhaupt nicht mehr darum geht, dass Wohlstand geschaffen wird, sondern nur noch um Verteilungskämpfe. Am meisten tut mir das für die jüngeren Menschen in unserem Land leid. Sie kennen seit nahezu anderthalb Jahrzehnten quasi nur Krise.

MDax (WKN: 846741) - Chart vom 26.09.2022 – Kurs: 22.590 Kürzel: MDAX

Der MDax ist aus technischer Sicht jedenfalls erheblich angeschlagen. Mit Unterschreiten von 24.440 Punkten wurde ein prozyklisches Verkaufssignal mit Kurszielen bei 22.500 sowie 21.700 Punkte ausgelöst.

Das wahrscheinlichste Szenario wäre jetzt eine kurze Erholung und dann ein neues Jahrestief. Fällt dann auch die zentrale Unterstützungszone bei 21.700 - 21.350 Punkten, muss mit einer Ausdehnung des Crashs in Richtung 20.000 oder 19.350 Punkte gerechnet werden. Den Bullen hilft hingegen nur eine Rückkehr über 24.440 Punkte.

Wie geht es jetzt weiter?

Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch wieder Zeiten geben, in denen der Euro wieder zulegen kann. Aus strategischer Sicht scheint es dennoch sinnvoll zu sein, auch weiterhin ein Übergewicht an US-Aktien zu halten.

Man kann von den USA halten, was man will, drüben über dem großen Teich läuft sicherlich nicht alles optimal (vorsichtig ausgedrückt). Aber die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind dort sehr viel wirtschaftsfreundlicher als in unseren Gefilden.

Obendrein sind die USA von dem derzeitigen Konflikt und den steigenden Energiekosten in einem sehr viel geringeren Ausmaß betroffen als Europa. Die USA benötigen kein Öl oder Gas aus Russland und die wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem großen Bären tendierten bereits vor dem Krieg gegen null.

All das sieht in Europa anders aus. Daher sollte der S&P500 die deutschen und die meisten europäischen Indizes auch perspektivisch schlagen.

Was andere nicht wollen

Bricht man den Markt noch etwas weiter auf, kommt man zu der Frage, welche Sektoren am interessantesten sein könnten. Wer nach antizyklischer Manier anlegt, dem springen vor allem vier Sektoren ins Auge, die in den USA auf Jahressicht und im Jahresverlauf am meisten verloren haben.

Der Kommunikationssektor hat mehr als ein Drittel an Wert verloren. Zu den Branchengrößen gehören beispielsweise Alphabet, Meta, Disney, T-Mobile US und Verizon. Am zweit härtesten hat es den Technologiesektor getroffen. Hier sind die Branchengrößen Apple, Microsoft, Taiwan Semi, Nvidia und Braodcom.

Auf Platz drei der abverkauften Sektoren rangieren zyklische Konsumgüter. Der Sektor wird von Amazon, Tesla, Home Depot, Alibaba und McDonalds dominiert. Am Ende bleibt noch Real Estate, hier sind die größten Akteure American Tower, Prologis, Crown Castle, Equinix und Public Storage.

Zur Vollständigkeit sei vielleicht erwähnt, dass die Einordnung mancher Aktien in die einzelnen Sektoren nur halbwegs Sinn ergibt, aber so hat man es bei S&P eben entschieden.

Und die Zugehörigkeit zu einem Sektor hat durchaus eine Auswirkung, denn Sektor-ETFs spielen inzwischen eine erhebliche Rolle.

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