Liebe Cashkurs-Community, im Folgenden möchten wir Ihnen gerne eine Analyse präsentieren, die ein Mitglied aus der Cashkurs-Community proaktiv in Zusammenarbeit mit Dirk Müller und Andreas Meyer verfasst hat. Christof von Wenzl ist ebenfalls begeisterter Börsianer und hat sich für seine erste Analyse die Carnival Corp. herausgepickt.

Wir haben einige erste Neuerungen ergänzt und möchten die Darstellung der Analysen auch künftig verbessern, um diese für Sie so effektiv wie möglich zu gestalten. Daher an dieser Stelle die Bitte, uns nach Lesen des Beitrages einen Kommentar zu hinterlassen, in dem Sie uns ein kurzes Feedback zukommen lassen. Dafür an dieser Stelle bereits vielen Dank.

Ihr Andreas Meyer

Carnival Corp. – in Europa bekannt durch die Marken Aida und Costa – ist laut Unternehmensaussagen das weltweit größte Kreuzfahrtunternehmen mit einem Marktanteil von nahezu 50% gemessen an beförderten Passagieren.

Die über 100 Schiffe des Unternehmens laufen 700 Häfen weltweit an und bedienen über die zehn eigenen Marken Economy-Touristen, sowie auch gut betuchte Kundschaft.

Die ursprünglich 1972 gegründete Carnival Cruise Lines hat seit 1987 ein Listing in New York. 2003 kam es zur Übernahme des in London gelisteten Konkurrenten P&O Princess plc, woraufhin P&O ihren Namen in Carnival plc änderte. So verfügt das Unternehmen heute über zwei Listings: Carnival Corp. in New York, sowie Carnival plc in London.

Dabei spielt es auf den ersten Blick keine Rolle, welche der beiden Aktien man kauft. Man ist am Erfolg des Unternehmens so oder so gleichwertig beteiligt. Zu bedenken ist jedoch, dass Carnival Corp. in USD, Carnival plc hingegen in Britischen Pfund quotiert. Ein möglicher unkontrollierter Brexit hätte wahrscheinlich fatale Folgen für das britische Pfund und infolgedessen für deutsche Aktionäre von Carnival plc.

Die Aktie konsolidierte in den letzten Monaten doch erheblich, was auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist. Zum einen vermeldete das Management einen verhaltenen Ausblick auf die kommenden Quartale. Zum anderen geriet die Aktie durch die Korrektur an den weltweiten Aktienmärkten Ende Januar mit unter Druck. Und gestiegene Treibstoffkosten taten schließlich ihr Übriges dazu.

Quelle: Guidants.com

Der Nachholbedarf zum S&P 500 wird im Vergleich deutlich. Momentan befindet sich die Aktie ‘im Kampf‘ mit der viel beachteten 200-Tage-Linie. Gelingt der Ausbruch?

Im Vergleich mit der Peergroup wurde die Aktie von Carnival Corp. durch den Konkurrenten Royal Caribbean deutlich abgehängt. Die Börse liebt nun mal starkes Wachstum, und damit konnte Royal Caribbean in den letzten Jahren stärker als Carnival bei den Aktionären punkten.

Quelle: guidants

Ein Blick auf die Zahlenlandschaft lohnt bei Carnival auf alle Fälle. Den Anfang macht die aktuelle Bewertung der Aktie.

 

Bewertung

Ein KBV von 1,84 sowie ein KGV von 15,62 läßt auf keine Überbewertung schließen, sofern Carnival langfristig weiterhin in der bisherigen Geschwindigkeit wachsen kann. Im 5-Jahres-Schnitt liegt die Aktie beim KGV momentan sogar am unteren Rand.

Bei einem PEG (Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis) von 1,17 spricht man nicht mehr von einer Unterbewertung. Überbewertet scheint die Aktie – speziell im Vergleich mit vielen US-Titeln – jedoch auch nicht.

Die Dividendenrendite von über 3% rundet das Ganze ab. Auch das Kurs/Cashflow-Verhältnis von acht darf als nicht übermäßig überhöht angesehen werden, vor allem im Vergleich mit den Branchenkonkurrenten. Kontinuierliches Wachstum ist aber auch hier Voraussetzung.

Das Unternehmen verfolgt eine ausgesprochen aktionärsfreundliche Politik und kauft fleißig eigene Aktien zurück. Im Zeitraum 2016 bis 2017 wurden über drei Milliarden Dollar in Aktienrückkaufprogramme investiert. Wäre ich CEO des Unternehmens, würde ich aber den Fokus auf eine Schuldenreduktion legen. Solche Aktienrückkäufe verbessern zwar die Bewertungskennzahlen und helfen kurzfristig dem Aktienkurs, sollten aber nur mit verfügbarem Cash und nicht mit geliehenem Kapital getätigt werden. Das Stichwort Nachhaltigkeit vermisse ich bei diesem Punkt.

Kapitalstruktur

Gerade bei so kapitalintensiven Branchen, wie es bei Kreuzfahrtunternehmen der Fall ist, muss ein großes Augenmerk auf die Verschuldung gelegt werden. Eine Eigenkapitalquote von 56% kann diesbezüglich als absolut vertretbar angesehen werden. Allerdings sind die kurzfristigen Verschuldungskennzahlen als bedenklich einzustufen. Kommt es zu aufeinander folgenden Problemquartalen, könnte das Unternehmen durchaus in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Auch die Kasse könnte für meinen Geschmack praller gefüllt sein. Eine Erklärung dafür könnte in der erwähnten Expansion gefunden sein. Im Zeitraum 2018 bis 2022 sollen schließlich 18 neue Schiffe vom Stapel laufen. So eine schwimmende Kleinstadt kann schon mal gut und gerne bis zu einer Milliarde Dollar an Baukosten verschlingen.

Profitabilität

Die Operative Marge bzw. die Nettomarge (16% bzw. 15%) kann sich im Branchenvergleich absolut sehen lassen. Vielleicht fragen Sie sich, wie das Unternehmen es schafft, eine nur unwesentlich geringere Nettomarge im Vergleich zur Operativen Marge zu erzielen. Der Grund liegt in der Registrierung der Carnival Corp. (anders als bei Carnival plc) im Steuerparadies Panama. Solche Fälle von ‘Steueroptimierung‘ gibt es an der Börse leider zu Hauf. Ein klarer Minuspunkt für Investoren, die bei der Aktienauswahl auf moralisch/ethische Gesichtspunkte achten!

Die Abschreibungsquote erreicht mit einer Quote von nahezu 30% einen sehr hohen Wert. Für die kapitalintensive Schifffahrts-Branche kein ungewöhnlicher Wert, jedoch Ausdruck dafür, dass laufend Gewinne reinvestiert werden müssen, um das Unternehmen am Laufen zu halten.

Die ROCE-Kennzahl, die aussagt, wie hoch das eingesetzte Kapital (Bilanzsumme MINUS kurzfristige Verbindlichkeiten) gegenüber dem operativen Ergebnis (Gewinn vor Zinsen und Steuern) verzinst wird, liegt bei 9%. Kein Wert, der zu Euphorie veranlasst, jedoch bei den Konkurrenten Royal Caribbean und Norwegian ebenfalls in diesem Dunstkreis liegt.

Wachstum

Carnival macht auch hierbei vieles richtig. Aus Sicht der letzten fünf Jahre konnten die Umsätze kontinuierlich mit ca. 2,6% jährlich gesteigert werden, die Gewinne jedoch um knapp 15%! Das langfristige Gewinnwachstum wird von Analysten im Schnitt mit 13,3 % beziffert. Zuletzt gab es aber auch Gegenwind. Die Gewinne gingen zurück und das Unternehmen musste den Ausblick senken. Der Grund dafür waren gestiegene Treibstoffkosten, nachteiligen Entwicklungen auf der Währungsseite sowie eine heftige Hurricane-Saison im karibischen Raum.

Spannend ist die Wachstumsfantasie in Asien. Besonders Chinas neu entstandene Mittelschicht möchte man gerne ködern. So sollen bis 2020 8-9% der Flotte in asiatischen Gefilden unterwegs sein. Carnival darf hierbei nicht die Entwicklungen verschlafen. Die Konkurrenz schläft nicht, wie man am Umsatzwachstum der Branche (siehe Tabelle ‘Datenvergleich mit Konkurrenz‘) sieht.

Anzahl der Passagiere auf dem weltweiten Kreuzfahrtmarkt von 2009 bis 2018 (in Millionen)

Die Tourismusbranche boomt. Speziell das Segment Kreuzfahrten erfreut sich stetig steigender Beliebtheit, wie man gut an der Statistik der kontinuierlich ansteigenden Passagierzahlen erkennt.

Konkurrenz

Der Kreuzfahrt-Markt kann durchaus als Oligopol bezeichnet werden, wo sich wenige Player den Markt teilen, wobei Carnival mit seinen knapp 50% Marktanteil als unangefochtener Platzhirsch gilt. An zweiter Stelle kommt Royal Caribbean mit einem Marktanteil von 25%, den das Unternehmen aber mit Ehrgeiz versucht, auszubauen. Ein prüfender Blick auf die Margen ist deshalb auch stets wichtig. Bringen sich die beiden Konkurrenten in eine Spirale aus Preiskämpfen, können die Margen sehr schnell zusammenschmelzen. An eine Fusion der beiden Konkurrenten ist wohl schon aufgrund von Kartellproblematiken nicht zu denken.

Risiko

Das derzeit größte Risiko für das Unternehmen besteht wohl in einer militärischen Eskalation zwischen den USA und Iran. Allein schon der explodierende Ölpreis dürfte für mehr als nur schweren Seegang für Carnival und die ganze Branche sorgen.

Außerdem muss man bedenken, dass die Welt eher früher als später in eine neue Rezession rutschen wird. Auf teure Schiffsreisen verzichtet man in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zuallererst.

In einer Rezession trifft es natürlich alle Unternehmen, jedoch erholen sich tendenziell solche Unternehmen wesentlich schneller, die Produkte des täglichen Bedarfs herstellen. Gegessen und getrunken wird immer, jedoch wandern Autokäufe und Urlaubsreisen in der Prioritätenliste einige Schritte nach hinten, sollte mal die Kasse klamm sein.

Natürlich muss man auch bedenken, dass der Klimawandel eine negative Auswirkung auf zukünftige Gewinne von wetterabhängigen Unternehmen wie Carnival haben könnte. Am Beispiel des Gewinnrückgangs lässt sich erkennen, dass man heftiger werdende Wetterkapriolen – speziell im karibischen Raum, wo Carnival derzeit mit 38% seiner Flotte aktiv ist – mit auf der Rechnung haben muss.

Auch ökologische Aspekte sollten mitbedacht werden. Um immer strenger werdende Umweltauflagen zu erfüllen, jedoch sicherlich auch aus Imagegründen müssen Schifffahrtsunternehmen zukünftig mehr und mehr in Nachhaltigkeit, beispielsweise in Form von Abgasfilteranlagen und/oder weniger schädlichen aber teureren Schiffsdiesel investieren.

Carnival scheint diese Erfordernisse recht gut umzusetzen. Laut eigenen Angaben werden sieben der 18 neuen Schiffe mit Flüssiggas anstatt wesentlich umweltschädlicherem Schiffsdiesel angetrieben. Die AIDAnova ist das Erste dieser LNG-Flotte und wird demnächst in Betrieb genommen. Auch sehr positiv: Der Treibstoffverbrauch der konventionell angetriebenen Flotte konnte um knapp 30% gesenkt werden.

Porter’s Five Forces

Zusätzlich möchte ich Ihnen heute eine kleine Neuerung präsentieren, die in den zukünftigen Aktienanalysen einen Platz bekommt. Das Modell ‘Porter’s Five Forces‘ wird von Finanzanalysten häufig verwendet und gibt einen kurzen Überblick über fünf wichtige Risikofaktoren.

Kurz zur Interpretation der Grafik:

Reicht der Balken sehr nahe an den beschriebenen Risikofaktor heran, so bedeutet dies ein höheres Risiko und umgekehrt.

 

Am Beispiel Carnival lässt sich somit sagen, dass die Bedrohung durch neue Konkurrenten vernachlässigbar erscheint, da wir uns in einem oligopolistischen Markt befinden, in dem die Eintrittsbarrieren sehr hoch sind. Es kostet Unmengen an Geld, um eine moderne Schiffsflotte auf die Beine zu stellen. Dies könnte man durchaus als Burggrabenqualität bezeichnen.

Jedoch ist die Rivalität der wenigen verbliebenen Konkurrenten untereinander dafür umso stärker und stellt daher ein nicht zu vernachlässigendes Risiko – speziell über mögliche Preiskämpfe - dar.

Auch die Abhängigkeit vom Ölpreis – abgebildet im Modell über den Punkt ‘Lieferanten‘ und die Abhängigkeit von den Abnehmern stellen einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor dar. Die Konkurrenten sind schließlich sehr bemüht, mit tollen Reiseangeboten dem Marktführer Carnival Marktanteile abzuluchsen. Das Risiko durch Substitution schätze ich hingegen als vernachlässigbar ein. Der Technologiesektor beispielsweise birgt hier ein ungleich höheres Risikopotenzial.

Verlockend ist es allemal, sich auf hoher See verwöhnen zu lassen und fast jeden Tag im Hafen einer anderen Metropole oder auf einer idyllischen Karibikinsel anzulegen. Der nächste Urlaub kommt bestimmt. Ob sich dann die Buchung einer Kreuzfahrt genauso lohnt, wie die Investition in die Aktie von Carnival, wird sehr spannend sein am zukünftigen Kursverlauf zu verfolgen.

Und ich weiß ja nicht wie es Ihnen geht, ich für meinen Teil werde jetzt mal gleich ein paar Kreuzfahrtangebote im Netz begutachten.

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl in Zusammenarbeit mit Andreas Meyer

Quellen: reuters.com, morningstar.com, wikipedia.de, carnival.com, statista.de, guidants

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten 4 Quartale berechnet.

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