Ja,Aktien-Risiken gehören auch zukünftig zum Börsenwesen dazu. Doch dagegen ist im Garten der Finanzmärkte ein Kraut gewachsen.
Nominalzinsen sind keine Realzinsen
Hurra, es gibt wieder Zinsen. Aber wie attraktiv ist diese Anlageklasse bei genauerem Hinsehen? Sind Staatspapiere wirklich risikofrei? Können Amerika, Länder der Eurozone oder selbst Deutschland ihre Mega-Verschuldung jemals zurückzahlen? Das war eine rhetorische Frage.
Wo bleibt aber dann der bonitätsgerechte Risikozinsaufschlag? Den lassen die Notenbanken als finanzpolitische Erfüllungsgehilfen jedoch nicht mehr zu, um bloß keine neue Finanzkrise bzw. Eurosklerose loszutreten. Zur Happy Hour der Geldpolitik gehören ebenso anhaltend negative Realzinsen, die Staaten zwar beim Schuldenmanagement helfen, den die Zinssparer jedoch mit Vermögensverlust bezahlen.
Die Aktien-Flinte nicht ins Zins-Korn werfen
Die Kursverluste bei Aktien mögen viele in diesem schwierigen Jahr als Vertreibung aus dem Börsen-Paradies empfinden. Doch wäre es ein großer Anlagefehler, wenn man nur aufgrund einer normalen, wenn auch ungewohnten Konsolidierung den Aktien den Laufpass geben würde.
Die Energiekrise und der Ukraine-Krieg sind ohne Zweifel Handicaps, die den deutschen Wirtschaftsstandort in Mitleidenschaft ziehen. Doch sind weltweit operierende Aktiengesellschaften nicht auf Deutschland mit seinen infrastrukturellen, energieseitigen Defiziten und seiner absurden De-Industrialisierungspolitik angewiesen. Die Investitionswelt ist groß und bunt. Alternativ haben Asien und Amerika sehr attraktive Standorte, in die es Unternehmen wie Zugvögel im Winter hinzieht.
Sicher haben steigende Zinsen 2022 die hohen Aktienbewertungen insbesondere von High-Tech-Titeln beschnitten wie der Rasenmäher das hohe Gras im Frühjahr. Und Aktien, die zu viel Schaum und zu wenig Bier boten, wurden zu Recht abgestraft. Aber da die Welt nicht in die Zeit von Fred Feuerstein und Barney Geröllheimer zurückfallen will, bietet der Sektor viel Potenzial.
Überhaupt beruhigt sich der globale Inflations-Sturm, wenn auch absolut das Preisniveau hoch bleibt. Doch gemäß dem neuen Motto der Zentralbanken „Der Inflations-Weg ist das geldpolitische Ziel“ wird dies auch den Zinserhöhungsdruck bremsen und damit (welt-)wirtschaftlich auch in den Schwellenländern weniger Schaden anrichten. Zwar bleibt die Null-Covid-Politik Chinas ein Handicap. Doch dürfte der binnenwirtschaftliche Druck auf einen noch sehr sturen Xi Jingping zunehmen, zumindest perspektivisch zu lockern.
All das kommt ebenso den angeschlagenen konjunktursensitiven Aktien in Deutschland zugute, deren Gewinn- und Substanzbewertungen klare Value-Qualitäten aufweisen. Unternehmen im Bereich Infrastruktur profitieren zudem vom dramatischen Anlageinvestitionstau der letzten drei Jahre infolge von Corona und Ukraine-Krieg. Hierbei kommen auch dem Klimaschutz und der mit ihm verbundenen Investitionsoffensive bedeutende Rollen zu.
Und dann sind da noch die Ausschüttungen.Über sie lässt sich der klassische Zinseszinseffekt mit der Wiederanlage von Dividenden ersetzen. Sie sind das neue Zusatzeinkommen im Alter. Auf Druck großer Kapitalsammelstellen sind sie längst nicht mehr nur ein Zubrot, sondern eine immer mehr sättigende Mahlzeit. Dividendenstarke Aktien haben zudem eine kursstabilisierende Wirkung.
Natürlich werden Aktien auch künftig schwanken wie Betrunkene nach einer Kneipentour. Das ist ihr Wesen. Jedoch lehrt die Finanzgeschichte, dass sie sich selbst nach großen Eintrübungen wie zum Beispiel Dotcom-, Immobilien-, Euro- und Corona-Krise ausnahmslos immer wieder erholt haben. Es spricht nichts dafür, dass der Ukraine-Krieg diese Regel brechen wird. Nicht zuletzt besteht während der witterungsbedingten „Winterpause“ im Ukraine-Krieg die Chance auf Verhandlungen.
Solange es Megathemen gibt - und die gibt es (siehe oben) - muss man vor Aktien keine Angst haben.
An die aktuell durchs Dorf getriebene Sau der großen Zeitenwende mit großer De-Globalisierung ist auch zu zweifeln. Dafür sind die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung und Exportchancen zu gewaltig.
Nein, Baumrinde fressen müssen Aktionäre auch morgen nicht.
„Volks-Kapitalismus“ als neue innovative Sozialpolitik
Wenn Aktien also langfristig attraktive Anlagen sind, muss Vater Staat sie endlich im Sinne der regelmäßigen Altersvorsorge fördern. Dann zieht man auch aus Konsolidierungen wie 2022 Nektar. Denn in sinkenden Kursphasen erhalten Aktionäre für den gleichen Spar- mehr Aktienanteile. Rabatte sind doch auch bei Wachmaschinen und Autos immer gut. Und bei Börsenerholung steigt das gesamte Aktienvermögen wie ein aufgehender Hefekuchen. Genau das ist seit Ende Oktober zu beobachten.
Längerfristig kann man nur staunen, welche Vermögenszuwächse sich bei stetiger Anlage ergeben. Je früher man mit regelmäßigem Aktiensparen in Indices, aber genauso in Einzeltiteln anfängt, umso weniger lässt es sich verhindern, vermögend zu werden.
Um jetzt die Masse der noch Aktien-renitenten Anleger hinter dem Zins-Ofen hervorzulocken, muss der Staat ihnen etwas bieten, ihnen im übertragenen Sinn wie einem Esel die Mohrrübe vorhalten. Das heißt, es sollte ein ordentlicher Batzen aus dem monatlichen Steuerbrutto in Aktien angespart werden können und das so angehäufte Vermögen auch bei späterem Verzehr steuerfrei bleiben.
Anstatt sich darüber zu beschweren, dass die „Reichen“ mit Aktien immer reicher werden und ihnen mit der Steuerknute zu drohen, sollte die Politik möglichst viele Bürger an dieser „volkskapitalistischen“ Wohlstandsmehrung beteiligen. Das Sehnsuchtsland der Sozialdemokraten, Schweden, hat es längst vorgemacht. Angesichts einer absehbar schwindsüchtigen gesetzlichen Rentenversicherung und einer nur Schein-Schönheit von Zinspapieren ist alles andere vorsätzliche Beihilfe zur Altersarmut.
Übrigens, unsere Demokratie wird auch an der Wohlstandsfront verteidigt.
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: https://www.roberthalver.de/Newsletter-Disclaimer-725
Kommentare
Soso, der "Staat" muss - graue Theorie! Wer sagt dem "Staat", was er machen muss? Macht er dass dann? Wenn mit dem "Staat" die Regierung gemeint ist, wird diese gar nichts für eine langfristige Vermögensbildung beim Otto-Normal-Sparer tun. Außer vielleicht Placebos verteilen, aus Geld, das man vorher dem Sparer über Steuern abgenommen hat.
Seit spätestens den 60-ern weiss der "Staat", dass auf Grund der zu erwartenden demografischen Entwicklung die Rente nicht reichen wird. Was tut er? Durch die kalte Progression dem Sparer noch mehr abnehmen, damit noch weniger für das Alter bleibt. Die ständige Heraufsetzung des Rentenalters ist m.E. eine Art staatlich legitimierte Enteignung, mit der Milliarden "gespart" werden (auf Seiten des Staates), dadurch, dass zum einen die Beitragszahler länger leisten müssen (wenn sie dazu gesundheitlich in der Lage sind), zum anderen immense Rentenbeiträge gespart werden, weil das Renteneintrittsalter erhöht ist und die Auszahlungen der Rente später einsetzen.
Das sog. "beste Deutschland aller Zeiten" (ich weiß nicht, wo das sein soll?) hat EU-weit die niedrigste Rentenquote und das höchste Renteneintrittsalter. Rentner müssen Flaschen sammeln, um über die Runden zu kommen, die Kinderarmut steigt ständig, alteingesessene, florierende Unternehmen werden durch die Energiekosten in die Insolvenz getrieben ... da wird der "Staat" einen Teufel tun, um diese (vielleicht sogar gewollte, wer weiß) Entwicklung aufzuhalten oder gar umzukehren!
Würde ich mit meinem heutigen Wissen, jedem jungen Menschen Wärmsteins ans Herz legen, so wie Sie es immer wieder tun????
Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, kann naturgemäß nur jeder einzelne übernehmen, alles was dazwischen ist (Staat, Makler etc.) profitiert, nur der Betroffene nicht. EINE angemessene Steuer, die für alle gleich wäre, würde « Reichtum « , damit sind nicht unbedingt Millionen gemeint, aber Zufriedenheit jeden einzelnen der es will, bringen.
Sehr kompakt dargestellt.