Da es eine Fülle an unterschiedlichen Kennzahlen gibt, macht es Sinn, diese in verschiedene Unterkategorien zu gliedern. Folgend habe ich einen Ausschnitt des Zahlenbildes von Check Point Software (https://www.cashkurs.com/aktienwelt/beitrag/ckaktienanalyse-check-point-software-technologies-cybersicherheit-fuers-depot/) eingebaut.

Heute betrachten wir also den Teilbereich „Bewertung“. Neben den bereits erwähnten Kennzahlen KGV und KBV finden sich auch noch weitere sehr aussagekräftige Kennzahlen, die ich folgend besprechen werde.

   

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis

Den Anfang macht das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis), das sich aus der Division vom derzeitigen Aktienkurs durch den Gewinn pro Aktie errechnet. Alternativ kann man natürlich auch die Marktkapitalisierung durch den Jahresgewinn teilen. Kostet eine Aktie beispielsweise zehn Euro und pro Aktie wird ein Gewinn von zwei ausgewiesen, ergibt dies ein KGV von fünf.

Kostet die Aktie beispielsweise zehn Euro, der Gewinn pro Aktie beträgt aber lediglich 50 Cent, so kommt man auf ein erhöhtes KGV von 20. Wir stellen also fest: Je niedriger das KGV, desto günstiger die Aktie, da man mit weniger Einsatz (das vom Anleger gezahlte Kapital für eine Aktie) an einem erhöhten Gewinn partizipiert.

Beispielsweise könnte ein Unternehmen ein extrem günstiges KGV von 3,16 ausweisen, wie der russische Blue-Chip Gazprom. Man muss sich dabei aber fragen, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Fehlbewertung des Marktes handelt, oder ob es gute Gründe für den großen Bewertungsabschlag gibt (bei Gazprom höchstwahrscheinlich der politische Druck der USA auf Russland).

Ein weiterer Grund für eine nur vermeintlich günstige Bewertung könnte bei einem Unternehmen vorliegen, das mit schlechten Zukunftsaussichten (gleichbedeutend mit zukünftig rückläufigen Erträgen) zu kämpfen hat. Mir fällt hierzu die Aktie von Kodak ein. Einst war Kodak eine Cashmaschine, mit dem Siegeszug der Digitalkamera ging das einstige Value-Unternehmen jedoch in die Knie. So macht es also immer auch Sinn, prognostizierte Ergebnisse pro Aktie (EPS = Earnings per share) ins Verhältnis zum aktuellen Aktienkurs zu setzen.

Umgekehrt muss ein hohes KGV nicht von einer Überbewertung zeugen. Kann ein Unternehmen stark wachsen, honoriert der Markt das auch mit einer höheren Bewertung und somit höherem KGV. Dies liegt weiterhin natürlich auch daran, dass Wachstumsunternehmen einen Großteil ihres Kapitals für Investitionen nutzen und der Gewinn niedrig ausfällt. Ein exzellentes Beispiel dafür ist Amazon. Der Konzern ist nicht auf die Generierung von Gewinnen, sondern vor allem auf Umsatzsteigerungen fokussiert. Das KGV wird hier, wie bei vielen anderen Wachstumsunternehmen - vor allem aus dem Bereich Technologie -, unwirksam.

Das Kurs-Cashflow-Verhältnis

Das KCV (Kurs-Cashflow-Verhältnis) sagt im Prinzip dasselbe aus wie das KGV, mit dem Unterschied, dass hierbei statt dem Gewinn der operative Cashflow verwendet wird. Stark vereinfacht versteht man unter Cashflow jene Summe, die dem Unternehmen im gewählten Zeitraum effektiv zugeflossen ist. Der Gewinn hingegen kann durch diverse Bilanztricks geschönt werden. So werden Anleger häufig durch ein vermeintlich niedriges KGV geblendet, obwohl das KCV eine völlig andere Sprache spricht. Deshalb schenke ich dieser Kennzahl persönlich weit mehr Beachtung, als dem häufig verwendeten KGV.

Quelle: guidants.com

    

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis

Das KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis) erhält man mit der Division von Marktkapitalisierung durch das Eigenkapital des Unternehmens. Ein Wert unter Eins würde bedeuten, dass das Unternehmen derzeit an der Börse niedriger als das Reinvermögen (also Fabriken, Maschinen, Barmittel, Forderungen usw. abzüglich aller Schulden) bewertet würde.

Aber Achtung! Das KBV muss stets in Zusammenhang mit der Rentabilität betrachtet werden. Schafft es das Unternehmen kontinuierlich, hohe Gewinne zu erzeugen, steigt infolgedessen auch das Eigenkapital in einer größeren Geschwindigkeit. So wird das Unternehmen Check Point Software derzeit mit einem KBV von nahezu Fünf bewertet. Setzt man diesen hohen Wert allerdings ins Verhältnis mit der Eigenkapitalrendite von 22%, relativiert sich das Bild. Umgekehrt muss ein niedriges KBV nicht zwangsläufig eine sichere Wette bedeuten. So weisen meist insolvenzgefährdete Unternehmen KBVs mit einem Wert unter Eins auf.

Das Kurs-Umsatz-Verhältnis

Das KUV (Kurs-Umsatz-Verhältnis) wird bei noch jungen Wachstumsunternehmen herangezogen, die noch kaum Gewinne erzielen bzw. sogar Verluste schreiben. Die Betrachtung des KGVs würde hier keinen Sinn machen, da meist negativ oder astronomisch hoch. Natürlich macht diese Kennzahlanalyse nur dann Sinn, wenn für das Geschäftsmodell in Zukunft Gewinne erwartet werden. Netflix wies beispielsweise zum Jahresende 2012 ein günstiges KUV von 1,43 aus - bei einem astronomisch hohen KGV von 323.

Quelle: guidants.com

    

Price/Earnings-to-Growth

Der PEG-Koeffizient (Price-Earnings-Growth) errechnet sich aus der Division vom KGV geteilt durch das erwartete Gewinnwachstum. Ein Wert von Eins oder darunter deutet auf eine Unterbewertung hin. Nach dieser Lesart könnte ein KGV auch bei 20 liegen, sofern stetige jährliche Wachstumsraten von 20% geliefert würden - und das Unternehmen wäre trotzdem nicht zu günstig. Mit dieser Kennzahl, die Sie aus meiner Sicht besonderer Beachtung schenken sollten, kann man sich einen etwas unabhängigeren Eindruck bezüglich der Wachstums- und Gewinnprognosen machen.

Enterprise Value/EBITDA

Bei der Kennzahl Enterprise Value/EBITDA müssen die beiden Begriffe zuerst kurz erklärt werden. Beim Enterprise Value handelt es sich um die Marktkapitalisierung zuzüglich der Nettoverschuldung. Der Grundgedanke hierbei besteht in der Annahme, dass ein potenzieller Käufer neben den Aktionären ebenso die Fremdkapitalgeber auszahlen müsste, um das Unternehmen vollständig zu kontrollieren. So würde sich auch hier vermeintlich günstige Bewertungskennzahlen relativieren, die sich ja lediglich aus der Marktkapitalisierung errechnen.

Warren Buffetts Kraft Heinz steht aktuell beispielsweise bei einer Marktkapitalisierung von ca. 62 Milliarden Dollar, der Enterprise Value beziffert sich aufgrund einer hohen Verschuldung allerdings auf knapp 92 Milliarden.

Im Gegenzug steht bei Microsoft bei einer Marktkapitalisierung von 851 Milliarden Dollar ein Enterprise Value von 784 Milliarden gegenüber, da bei Abzug sämtlicher Schulden immer noch ein enormes Cash-Polster zu Buche steht.

Das EBTIDA ist der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen und wird verwendet um Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Ländern besser miteinander vergleichen zu können. So wird beispielsweise der Steuervorteil, den Unternehmen mit Sitz in einem Steuerparadies haben, herausgerechnet. Abschreibungen hingegen werden dem Gewinn wieder hinzuaddiert, da diese ja im ersten Moment keine Auswirkung auf die dem Unternehmen zufließenden Erlöse haben. Das EBITDA kommt somit relativ nahe an den operativen Cashflow heran.

EV/EBITDA

Die Kennzahl EV/EBITDA ist daher vergleichbar mit dem KGV, allerdings mit dem Vorteil, dass zum einen beim Enterprise Value neben der Marktkapitalisierung auch die Nettoverschuldung zugezogen wird und das EBITDA zudem im Vergleich zum reinen Gewinn auch seine eigenen – kurz angesprochenen – Vorteile birgt. Das EV/EBITDA, dessen Ergebnis man (wie im Übrigen auch alle anderen) gerne auch als Multiplikator/Multiple beschreibt, wird vor allem bei Übernahmen oder Abspaltungen herangezogen. Wenn Investmentbanker aus M&A-Abteilungen losziehen und Bewertungen vornehmen, so ist ein Median einer Branche immer die erste Anlaufstelle.

Die Einordnung der Kennzahlen kann immer auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Ich persönlich gehe dabei vor allem auf die historische Bewertung eines Unternehmens am Markt ein, kontrolliere also, wie eine Aktie in der Vergangenheit von Anlegern bewertet wurde und wie dies heute aussieht. Ist man heute günstiger als im 5-Jahres-Durchschnitt, muss man sich auf die Spurensuche machen.

Hat sich in der Erwartungshaltung etwas verändert oder ist ein Unternehmen wirklich überdermaßen abgestraft und gegebenenfalls sogar zu günstig? Weiterhin ist ein Vergleich zur Branche essentiell. Wie werden alle Automobilunternehmen beim KBV bewertet - und wo steht die Aktie, die ich mir anschaue. Diese Ergebnisse zu interpretieren und auch im historischen Kontext zu analysieren, kann dann weitere Schlüsse zulassen, wie ein Unternehmen derzeit bewertet ist. Internetseiten wie Guidants, Morningstar und Reuters geben diese Daten kostenlos raus.

Die hier angesprochenen Kennzahlen bilden natürlich nur einen kleinen Teil der verfügbaren Bewertungskennzahlen. Es ist dabei unerlässlich, sämtliche Kennzahlen stets im Gesamtkontext und niemals isoliert zu betrachten. Oftmals gibt es sehr gute Gründe für eine vermeintliche Über- oder Unterbewertung.

Und natürlich nützt die ganze Zahlenreiterei nichts, wenn man dabei vergisst, die qualitativen Aspekte eines Unternehmens – wie Monopolstellung, herausragende Produkte, eine weltbekannte Marke - zu berücksichtigen, die sich nicht mit Zahlen messen lassen.

Ausblick

Im nächsten Teil der Artikelserie werde ich auf die wichtigsten Kennzahlen zur Kapitalstruktur (Eigenkapitalquote, Verschuldung usw.) genauer eingehen. Bis dahin wünsche ich Ihnen viel Spaß beim selbstständigen Analysieren „Ihrer“ Lieblingsaktien!

Herzlichst

Ihr
Christof von Wenzl

Quellen: guidants.com

Hier geht es zum zweiten Teil der Serie

Hier geht es zum dritten Teil der Serie

Hier geht es zum vierten und letzten Teil der Serie

 

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