Liebe Cashkurs-Community,

im Folgenden möchten wir Ihnen gerne eine weitere und damit dritte Analyse präsentieren, die ein mittlerweile bekanntes Mitglied aus der Cashkurs-Community in Zusammenarbeit mit Andreas Meyer proaktiv verfasst hat. Christof von Wenzl hat sich nach Rücksprache nun einmal die Orkla ASA vorgeknöpft. Wir haben in Zusammenarbeit einige erste Neuerungen ergänzt und möchten die Darstellung der Analysen auch künftig verbessern und für Sie so effektiv wie möglich gestalten. Daher auch diesmal die Bitte, uns nach Lesen des Beitrages einen Kommentar zu hinterlassen, in dem Sie uns ein kurzes Feedback inklusive Ihrer Wünsche zukommen lassen. Dafür an dieser Stelle bereits vielen Dank.

Ihr Andreas Meyer

    

“Gegessen wird immer!“ - Zugegeben, dieser Spruch gilt als in inflationiertem Maße gebrauchte Binsenweisheit. Jedoch verliert er dadurch keineswegs seine Richtigkeit. Der Ausspruch soll suggerieren, dass es Aktien gibt, die jeder noch so tiefgreifenden Krise trotzen und Aktionären so manch schlaflose Nacht ersparen sollen. Im folgenden Beitrag durchleuchten wir die Aktie eines bedeutenden skandinavischen Nahrungsmittelkonzerns. Stellt sich Orkla ASA (ISIN: NO0003733800 / WKN: 864042) als vermeintlich krisensicheres Investment für jede Börsenphase heraus?

Auf letztere Frage kann wohl ohne große Umschweife mit einem NEIN geantwortet werden. Egal, welche Branche und egal, welches Geschäftsmodell. Kommt ein Crash, fällt der ganze Markt im Gleichschritt - manche Titel stärker, manche etwas sachter.

Jedoch schläft man zweifelsohne besser als Aktionär eines Unternehmens, das Produkte für den täglichen Ge- und Verbrauch herstellt als beispielsweise als Teilhaber eines Anbieters von Tourismusangeboten, Restaurantketten oder Finanzdienstleistungen.

Quelle: guidants.com

Seit Januar 2015 wurden Anteilsscheine von Nestlè durch die Aktie von Orkla outperformt. Seit 2017 stottert der Motor allerdings.

Quelle: guidants.com

Aktien aus der Nahrungsmittelbranche scheinen ihre Anziehungskraft verloren zu haben. Dies Beobachtung geht aus der Tatsache hervor, dass sich der Euro Stoxx Food & Beverage besonders seit Ende 2017 deutlich schwächer entwickelt hat als der S&P 500. Defensive Segmente gelten oft als Underperformer, wenn das Ende eines Bullenmarktes erreicht ist. Immer wenn sich Euphorie und Kurssteigerungen bereits seit langer Zeit positiv entwickeln und der Großteil des Marktes nur noch von den Treibern spricht, (s. FAANG-Aktien) kann solch ein Gap beobachtet werden.

Wir starten wie gewohnt mit der Begutachtung der Bewertungskennzahlen. Um Einmaleffekte aus Spartenverkäufen auszuklammern, wurde für Berechnungen, bei denen Daten aus der Gewinn- und Verlustrechnung benötigt werden, ein Durchschnitt der Zahlen aus dem 1. und 2. Quartal 2018 verwendet.

Bewertung

Die Lebensmittelindustrie erfährt eine oftmals sehr stabile Bewertung. Ausufernde Kurs-Gewinn-Verhältnisse wie bei Technologieunternehmen sind hier ebenso wenig zu finden wie hohe Volatilitäten in den Kennzahlen. Der Grund liegt in der hohen Stabilität und den einigermaßen sicheren Prognosen, die für das Geschäftsmodell abgegeben werden. Im Vergleich zur Konkurrenz scheint das Unternehmen derzeit fair bis leicht unterbewertet. Spannend ist, dass die Aktie vom Markt derzeit jedoch deutlich günstiger bewertet wird, als in ihrem historischen Kontext. Dies könnte darauf hinweisen, dass sich in der Wahrnehmung gegenüber den Norwegern derzeit etwas tut.

Bei den Rentabilitätskennzahlen gibt es durchaus Steigerungspotenziale. So ist der Return on capital employed (von Aktionären und Banken bereitgestelltes Kapital) von 9% kein berauschender Wert. Die Eigenkapitalrendite von knapp unter 10% ist nicht schlecht für die Branche, bietet aber ebenfalls Raum für Verbesserung. Die Dividendenrendite hingegen ist mit 3,81% attraktiv und für ein solch „langweiliges“ Geschäftsmodell ideal, da es sich durchaus um ein langfristiges Engagement handelt.

Kapitalstruktur

Das Unternehmen ist gut durchfinanziert, wie die Liquiditätskennzahlen Quick Ratio (0,94) und Current Ratio (1,66) beweisen. Die beiden Kennzahlen messen, inwieweit kurzfristige Verbindlichkeiten mit kurzfristigen Vermögensgegenständen bezahlt werden können. Vereinfacht gesagt, wie viele Euros hat ein Unternehmen zur Verfügung um 1,- Euro Schulden zu begleichen. Werte um 1 bei der Quick Ratio und größer als 1,5 bei der Current Ratio gelten als ordentlich.

Profitabilität

Die Nettomarge liegt mit 7,68% deutlich tiefer als im Branchendurchschnitt. Ein möglicher Grund dafür könnte darin liegen, dass Orkla es nur schafft, über günstigere Produktpreise den hohen Marktanteil zu halten.

Quelle: 4-Traders.com

Untypisch für einen Lebensmittelkonzern: Orkla hat auch eine Beteiligung an einem Wasserkraftwerk.

Einen 50%-Anteil am Aluminiumproduzenten Sapa hat Orkla 2017 an den Joint-Venture-Partner Norsk Hydro verkauft. Ein logischer und richtiger Schritt, um den Fokus frei von Ablenkung auf den eigentlichen Geschäftsbereich zu halten. Dieser Fokus darf präferiert werden, schließlich wollen wir ein Lebensmittelunternehmen bewerten und kein Konglomerat, bei dem jede Beteiligung seine eigenen Besonderheiten (Bewertungen, Margen, Risiken) mitbringt.

Wo es Sinn macht (vertikale Integration), darf dies begrüßt werden - Abenteuer in andere Branchen hingegen sollten vermieden werden. Orkla hat somit jüngst mit dem Kauf eines Lieferanten für Zutaten für die Eiscreme-Herstellung auch auf dem deutschen Markt zugeschlagen.

Im Heimatland Norwegen wird ein Drittel des Umsatzes generiert. Mit Produktplatzierungen in Indien möchte man auch in diesem wachstumsstarken Zukunftsmarkt mitmischen.

Wachstum

Beim Wachstum darf man bei großen Lebensmittelkonzernen nicht zu viel erwarten. Orkla versucht jedoch, die Wachstumsraten durch kontinuierliche Zukäufe zumindest zu halten bzw. leicht zu steigern. In den letzten drei Jahren beispielsweise konnte der Umsatz durchschnittlich um etwa 10%, das operative Ergebnis um knapp 15% gesteigert werden.

Die letzten beiden Quartale hat Orkla die Analystenerwartungen in Sachen Wachstum und erzieltem Gewinn deutlich verfehlt, womit der Grund für die schlechte Kursperformance im Jahr 2018 gefunden scheint. Die nächsten Quartale werden zeigen, ob es sich nur um einen Ausrutscher handelte, oder es nachhaltige Schwierigkeiten im operativen Geschäft gibt.

Quelle: Unternehmens-Präsentation

Der eCommerce-Bereich kann solides Wachstum vorweisen. Auch im Medikamentenvertrieb möchte man durch Zukäufe (zuletzt in Dänemark) mitmischen.

Konkurrenz

Orkla ist laut eigenen Angaben die Nummer Eins in Skandinavien und dem Baltikum, was zugleich als Vor- und Nachteil aufgefasst werden kann. Vorteilhaft, weil der Marktführer meist eine starke Bilanz und einen tiefen Burggraben durch eine starke Marktmacht vorzuweisen hat. Nachteilig, weil die Wachstumsraten aufgrund der erreichten Größe zwangsläufig schwächer ausfallen als die der nachrückenden Konkurrenten.

Das Unternehmen versucht, durch ständige Zukäufe weiterhin die Nummer Eins zu bleiben und so das Wachstum zu halten und den Burggraben zu verteidigen. Die geringe Verschuldung und der generierte Cashflow lassen dies in kleinerem Maßstab auch zu.

Nicht auszuschließen wäre auch eine Übernahme durch einen großen Spieler wie Nestlé oder Unilever. Nestlé beispielsweise könnte das dafür nötige Kapital mit Leichtigkeit über den freien Cashflow aufbringen.

Quelle: Unternehmens-Präsentation

Quelle: Unternehmens-Präsentation

Auch mit den bekannten Konzernen wie Mondelez, Procter & Gamble oder Unilever scheint Orkla auf seinen Heimatmärkten sehr gut mithalten zu können.

Aktionärsstruktur

Die Familie Hagen Stein Erik sowie der norwegische Staatsfonds haben große Aktienpakete gezeichnet – also Investoren, die nicht überhastet aus kurzfristigen Überlegungen verkaufen. Ein klarer Pluspunkt.

Risiko

Die beiden letzten sehr schwach ausgefallenen Quartalsergebnisse sollten als erster Warnschuss interpretiert werden. Ein Augenmerk sollte also auf die Ergebnisse der folgenden Quartale gelegt werden. Vor allem die Profitabilität steht im Vordergrund, da Wachstumsfantasien begrenzt sind.

Ein weiteres Risiko besteht in einer überhasteten Akquisitionspolitik. Zukäufe machen nur Sinn, wenn dadurch nachhaltige Vorteile wie Synergien, Kosteneinsparungen oder einer Verbesserung der Marktdurchdringung entstehen. Oft muss man beobachten, dass kleinere Konkurrenten aufgekauft werden und noch bevor diese im Konzern sinnstiftend eingegliedert wurden, wird schon der nächste überhastet wirkende Kauf vermeldet.

Porter’s Five Forces

Der Markt ist klar als Polypol zu definieren, auf dem sich viele Unternehmen um die Gunst der Kundschaft streiten. Zu gerne gräbt man sich mit Preiskämpfen gegenseitig das Wasser ab. Ein großes Risiko ist laut Five Forces bei den Punkten Branchenrivalität und neue Konkurrenten. Die Verhandlungsmacht der Lieferanten sollte nicht übermäßig ins Gewicht fallen. Die Abnehmer hingegen besitzen durch sich veränderndes Konsumverhalten eine große Macht und spielen diese – meist wohl eher unbewusst – aus. Orkla versucht dem mit einer ständigen Erweiterung des Produktportfolios (vegetarische und vegane Kost, glutenfreie Speisen usw.) entgegenzuwirken und auch neue Ernährungstrends zu bedienen. Das Thema Substitution sollte kein Problem darstellen, denn wie schon anfangs angesprochen: „Gegessen wird immer“.

Abschließend kann über Orkla gesagt werden, dass das vorgestellte Unternehmen in einer essenziell wichtigen Branche aktiv ist. Die Bilanz ist wetterfest, auf eine auch zukünftig leicht stemmbare Verschuldung wird Wert gelegt. Diesen Punkt sehe ich persönlich als besonders wichtig und in diesem Fall sehr positiv an. Potenzielle Investoren müssen aber die Entwicklung der nächsten Quartale im Auge behalten.

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

Quellen: reuters.com, morningstar.com, marketscreener.com, orkla.com, guidants.com

ACHTUNG: Aus der G&V von Orkla wurden Daten von den Quartalen 1 und 2 aus 2018 zu einem Jahresdurchschnitt hochgerechnet, um Einmaleffekte aus Spartenverkäufen aus den 3. und 4. Quartal 2017 zu eliminieren.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"