Liebe Cashkurs-Community, im Folgenden möchten wir Ihnen gerne wieder eine Analyse präsentieren, die ein Mitglied aus der Cashkurs-Community, Christof von Wenzl, proaktiv in Zusammenarbeit mit Andreas Meyer verfasst hat. Das Unternehmen liegt in der Watchlist bei Cashkurs*Trends und wurde in der Vergangenheit immer wieder erwähnt. Daher hat sich Christof von Wenzl nach Rücksprache nun einmal Intuitive Surgical vorgeknöpft.

Wir haben auch diesmal in Zusammenarbeit einige erste Neuerungen ergänzt und möchten die Darstellung der Analysen auch künftig verbessern und für Sie so effektiv wie möglich gestalten. An dieser Stelle herzlichen Dank für Ihre bereits eingegangenen Kommentare zu den Neuerungen. Wir freuen uns, wenn Sie uns weiteres Feedback unter diesem Beitrag hinterlassen. Vielen Dank dafür!

Ihr Andreas Meyer

An den Anblick autonom agierender Staubsauger haben wir uns inzwischen längst gewöhnt. Roboter, die bei Operationen für Chirurgen die Handarbeit verrichten, wirken aber immer noch futuristisch. Intuitive Surgical (WKN: 888024) mit ihren innovativen Systemen ist hier der technologische Pionier. Beim Namen für diverse OP-Gehilfen hat sich das Unternehmen bei einem Genie und Alleskönner aus der Renaissance bedient. Die Roboter tragen nämlich den Namen ‘Da Vinci‘.

Empfehlenswert ist ein Besuch der Unternehmens-Homepage. Dort kann man sich ein Bild von der Technologie rund um die Operationsroboter machen.

Unschwer zu übersehen ist die starke Performance der Anteilsscheine in den letzten Jahren. Viele Anleger kommen dabei ins Grübeln, ob der Kurs nicht bereits zu weit gelaufen ist und ein Einstieg zu spät kommt. Nicht selten verliert man die Aktie mit dem deprimierenden Gefühl aus den Augen, diese nicht schon früher gesehen zu haben. Holt man sie dann nach einiger Zeit aus der Versenkung hervor, so beginnt der Ärger aufs Neue, weil die Papiere weiterhin nur eine Richtung kannten.

Quelle: Guidants.com

Ein Chart, der zum Staunen und Bewundern einlädt. Sogar der ebenfalls sehr gut performende Nasdaq 100 wurde deutlich abgehängt. Machen Sie sich doch mal den Spaß und vergleichen den Kursverlauf von Intuitive Surgical und Amazon seit dem Jahr 2000….

Übrigens: Viele Charttechniker kaufen so extrem trendstarke Aktien gerne bei Zwischenkorrekturen an der 50- bzw. 100-Tage-Linie. Eine Möglichkeit ist daher, die Einstiegszeitpunkte in zum Beispiel drei Tranchen aufzuteilen. So ist man dabei – und kann Rückschläge (sollten diese nichts an der fundamentalen Einschätzung ändern) für Nachkäufe nutzen.

Die starke Kursperformance kann im Falle eines Crashes natürlich auch dazu führen, dass die Aktie (wie der gesamte NASDAQ) entsprechend deutlich stärker nachgibt. Chancen gehen hier wie immer Hand in Hand mit den entsprechenden Risiken.

Wie gewohnt macht den Anfang ein prüfender Blick auf die fundamentale Bewertung.

Bewertung

Praktisch alle Bewertungskennzahlen (u.a. KCV 54,77!!) können mit Fug und Recht als extrem hoch angesehen werden. Zwar sind die wenigen und wesentlich kleineren Konkurrenten fundamental auch nicht gerade günstig, jedoch ist Intuitive Surgical nicht nur in Sachen Innovation Spitzenreiter, sondern auch beim derzeitigen Preis der Aktien.

Was bei dieser Aktie vornehmlich eingepreist wird, ist die Wachstumsfantasie, welche sich aus den technologischen Innovationen ergibt. Allerdings wurde die Aktie in der Vergangenheit nur selten so teuer bewertet wie derzeit. Während das KBV aktuell bei über 11x liegt, befindet sich dies im 5-Jahres-Ø bei „lediglich“ 6,1x. Der Vergleichsindex liegt bei 3,2x. Das KGV spricht eine ähnliche Sprache. In den vergangenen fünf Jahren lag das durchschnittliche KGV (sprich der Markt hat das Unternehmen so bewertet) bei 10,6x. Heute befindet sich die Kennzahl bei über 80x.

Auf Dividenden wartet man als Aktionär übrigens vergebens – die hohen Cash-Reserven und der solide Cashflow würden dies grundsätzlich zulassen. Das Unternehmen fokussiert sich aber wohl auf Wachstum und wird dafür in den nächsten Jahren viel Geld in die Hand nehmen müssen.

Die folgende Analyse der Verschuldung und Profitabilität sowie des bisherigen Wachstums gibt jedoch erste Hinweise und führt Gründe für die hohe Bewertung an.

Kapitalstruktur

Das Unternehmen ist unterm Strich schuldenfrei. Gerade US-Firmen haben die jahrelange Niedrigzinsphase genutzt, um sich – teilweise in ungesundem Maße – zu verschulden. Intuitive Surgical bildet hierbei eine angenehme Ausnahme. So hat das Unternehmen auch in Zukunft genügend Geld in der Kasse (aktuell knapp 3 Milliarden USD, was stolze 44% der Bilanzsumme ausmachen), um das weitere Wachstum zu finanzieren.

Profitabilität

Die Margen von 33% (operativ) und 23% (netto) sind Beweis für ein ausgereiftes und solides Produktportfolio. Der Return-On-Capital-Employed (ROCE), welcher misst, wie profitabel ein Unternehmen mit seinem eingesetzten Kapital umgeht, liegt bei über 50% und spricht damit Bände (je nach Branche können Werte von 12% bereits als attraktiv angesehen werden).

Auch die Eigenkapitalrentabilität liegt bei sehr guten 13,6% - und das wohlgemerkt bei einer Eigenkapitalquote von über 85%. Viele Unternehmen bessern diese Kennzahl gerne mit übermäßiger Kreditaufnahme auf. Deshalb sollte diese Kennzahl stehts im Kontext betrachtet werden. Auch äußerst positiv: Das Unternehmen kann das weitere Wachstum problemlos aus dem eigenen Cashflow stemmen.

Wachstum

Der Gesundheitsmarkt an sich ist schon ein absoluter Wachstumsmarkt. Die Weltbevölkerung wächst kontinuierlich, wodurch auch der Bedarf an Gesundheitsleistungen – sprich chirurgischen Behandlungen - steigt. Die Qualität chirurgischer Eingriffe variiert aber stark mit den Fähigkeiten des behandelnden Arztes. Genau in diese Kerbe schlägt Intuitive Surgical mit ihren da-Vinci-Systemen. Das Unternehmen verspricht mit der Anwendung ihrer OP-Technologie neben Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen eine Verringerung von Komplikationen.

Quelle: Unternehmens-Präsentation

Die Anzahl an chirurgischen Eingriffen nimmt kontinuierlich zu.

Momentan sind lt. Unternehmensangaben weltweit 4.666 OP-Säle mit einem da-Vinci-Roboter ausgerüstet. Allein im 2. Quartal 2018 wurden 220 neue Systeme an Krankenhäuser auf der ganzen Welt verkauft. Das große Geschäft macht das Unternehmen aber mit dem Verkauf von Zubehör und Instrumenten für die Roboter. Und schließlich spülen langfristige Wartungsverträge kontinuierlich Geld in die Kasse. Dies ist ein besonders attraktiver Faktor, da damit kalkulierbare Erträge reinkommen, die eine Stabilisierung des Geschäftsmodelles erlauben.

Quelle: Unternehmens-Präsentation

Quelle: marketscreener.com

Die USA sind momentan noch der Hauptabsatzmarkt – die hohe Bewertung ist aber nur gerechtfertigt, falls das Wachstum weiterhin dynamisch bleibt und der Durchbruch in Europa und Asien gelingt! 

Konkurrenz

Das Unternehmen besitzt praktisch das Monopol auf Chirurgie-Roboter. Es gibt zwar einige wenige Konkurrenten, deren Produkte sind aber bei Weiten nicht so ausgereift. Auch deren Profitabilität lässt noch zu wünschen übrig. Der zweitgrößte Konkurrent (nach Marktkapitalisierung) Mazor Robotics aus Israel erwirtschaftet beispielsweise bis dato noch keine Gewinne. Somit kann davon ausgegangen werden, dass er dem Platzhirsch mit tiefem Burggraben derzeit noch nichts anhaben kann.

Kunden, die schon mit da-Vinci-Systemen arbeiten, wechseln vermutlich auch nicht so schnell auf Systeme anderer Anbieter. Zum einen kosten solche Roboter gut und gerne bis zu 2,5 Millionen USD, zum anderen bindet Intuitive Surgical mit fortlaufenden Angeboten wie Schulungsprogrammen, Wartungen und einer schlichtweg marktführenden Qualität die Kunden an sich. Ärzte, die für einen da Vinci ausgebildet wurden, müssten somit wieder langwierig und unter hohen Kosten umgeschult werden. Ein breiter Burggraben, wie ich finde.

Quelle: marketscreener.com

Große Adressen haben sich bei der Aktie eingekauft, ein Zeichen für den Glauben an eine große Zukunft für das Unternehmen. Vor allem T. Rowe Price ist ein Investor, der sich auf fundamental stabile Konzerne fokussiert. Man sollte diesen Namen natürlich niemals blind folgen, sie jedoch als Fingerzeig in die Analyse einbeziehen.

Risiko

Wenn man möchte, könnte man in der exorbitant hohen Bewertung der Aktie das größte Risiko sehen. Die Börse bestraft eben solche Highflyer am deutlichsten, sollten die Märkte in den Korrekturmodus übergehen.

Im Hinterkopf muss man auch behalten, dass jedes neue Operationsverfahren in den meisten Fällen zuerst von staatlichen Instanzen in den jeweiligen Ländern - in den USA ist beispielsweise die FDA zuständig - genehmigt werden muss.

Bisher wurden die Genehmigungen zwar stets ohne größere Schwierigkeiten erteilt, im Hinterkopf muss man diese Tatsache allerdings haben.

Porter’s Five Forces

Kaum Risiken in Bezug auf Porter’s Five Forces – ernst zu nehmende Konkurrenz gibt es für Intuitive Surgical, wie erwähnt, nicht. Somit kann man die Punkte Konkurrenz und Branche gemeinsam abhaken. Wenn es kaum Konkurrenz gibt, so haben die Abnehmer keine sonderlich gute Verhandlungsposition und sind praktisch dazu gezwungen, Geschäfte mit Intuitive abzuschließen. Die Verhandlungsmacht der Lieferanten ist auch kein besonders zu berücksichtigender Risikofaktor. Auch das Thema Substitution sollte kein Risiko darstellen. Der Markt für Robotik im Gesundheitsbereich beginnt gerade erst, sich richtig zu entfalten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Intuitive Surgical eine Monopolstellung in einem stark wachsenden Zukunftsmarkt hat. Die Bilanz strotzt vor Stabilität. Das Management bietet Kontinuität und macht einen exzellenten Job. Für dieses hohe Maß an Qualität bezahlt der Investor momentan aber einen äußerst hohen Preis. Im Hinterkopf, und das als Abschlussnotiz, sollte auch die Möglichkeit der Übernahme durch einen großen Medizintechnik-Konzern gesehen werden.

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl (in Zusammenarbeit mit Andreas Meyer)

Quellen: reuters.com, morningstar.com, marketscreener.com, www.intuitive.com, guidants

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten 4 Quartale berechnet.

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