Am 1. Oktober soll es so weit sein. Kataloniens politische Regionalführung möchte die eigenen Landsleute in einem gesetzlich verbotenen Referendum über die eigene Zukunft abstimmen lassen.

Razzia im Regionalparlament der reichsten Provinz – die Situation spitzt sich zu

Es geht um nichts anderes als eine potenzielle Unabhängigkeit von Restspanien. Ökonomisch handelt es sich um eine der reichsten Provinzen des Landes, was allein schon erklärt, warum sich die politische Lage zwischen der Zentralregierung in Madrid und der katalonischen Regionalführung immer mehr zuspitzt.

Wohl nicht von ungefähr hatte die spanische Polizei jüngst sowohl das Regionalparlament als auch das Gebäude der Regionalregierung von Katalonien im Rahmen einer Razzia gestürmt und durchsucht.

Spionageaktion bei politischem Gegner – und die entsprechende Reaktion

Offiziell soll es um Ermittlungen gehen, die in Zusammenhang mit einer angeblich grassierenden Korruption in der Region stehen sollen. Doch neue Studien zeigen, dass diese Ermittlungen wohl nur ein Teil weitläufiger Polizeioperationen zu sein scheinen, die zum Ziel haben könnten, politische Rivalen des regierenden Partido Popular auszuspionieren.
Kataloniens Politführung hatte darauf reagiert, indem der Polizeichef der Region zugunsten eines Hardcore-Separatisten ausgetauscht wurde. Auch dem Regionalkabinett gehören inzwischen keine Minister mehr an, die eine Sezession von Restspanien nicht vollumfänglich unterstützen.

Unabhängigkeit könnte Wirtschaft schädigen – Strafandrohung bei Urnengang

Eine jüngst veröffentlichte Umfrage von Deloitte zeigt, dass knapp 75% aller Unternehmer im Land davon überzeugt sind, dass eine Unabhängigkeit Kataloniens der spanischen Wirtschaft schweren Schaden zufügen würde.

Es lässt sich allein aus diesem Grund davon ausgehen, dass die Madrider Zentralregierung alles Erdenkliche unternehmen wird, um das geplante Referendum aufzuhalten. Erst in der vergangenen Woche warnte die Madrider Zentralregierung jedermann in Katalonien vor einer strafrechtlichen Verfolgung, der oder die an einem Kauf von Wahlurnen teilhat.

Ministerpräsident Rajoy warnt davor Abhängigkeiten zu kappen

Überdies warnte Mariano Rajoy die Separatisten davor, die Region Katalonien vom so genannten Autonomic Liquidity Fund (FLA) abzuschneiden. Dabei handelt es sich um eine Niedrigzinskreditlinie der Madrider Zentralregierung, die nicht nur Katalonien, sondern auch alle anderen autonomen Regionen Spaniens seit der Finanzkrise finanziell über Wasser hielt. 

Eigentlich stehen der Madrider Zentralregierung diese Gelder nur deshalb zur Verfügung, weil sich Madrid in Form von Bondemissionen, die im Zuge des QE-Programms der EZB angekauft werden, verschuldet. Aktuell haftet die Madrider Zentralregierung für rund 80% der katalonischen Schulden, die momentan auf knapp 80 Milliarden Euro taxiert werden.

Diese Entwicklung drückt sich spiegelbildlich in der spanischen Staatsverschuldung aus, die in den vergangenen zehn Jahren von rund 41% auf 100% in Relation zum BIP geklettert ist. Während Katalonien von Madrid in Finanzierungssachen fast gänzlich abhängig ist, erweist sich Madrid wiederum als stark abhängig von den Steuereinnahmeströmen aus Katalonien.

Madrid droht völlig hiervon abhängigem Katalonien den EZB-Saft abzudrehen

Bei allen drei großen Ratingagenturen verfügt Katalonien schon seit geraumer Zeit nur noch über ein Junkrating. Der katalonische Bondmarkt ist so gut wie tot. Es finden dort kaum noch irgendwelche Transaktionen statt, was mit einer absoluten Liquiditätsknappheit einhergeht.
 
Da die EZB keine Bondemissionen von Kommunal- oder Regionalregierungen im Zuge von deren QE-Programm ankauft, ist Katalonien auf Gedeih und Verderb von einer Finanzierung durch die Madrider Zentralregierung abhängig. Aus Madrid ertönten bereits Warnungen, der Region den Saft abzudrehen.

Gegenseitige Abhängigkeiten – Referendum könnte EU-Raum auf den Kopf stellen

Allerdings stellt sich die Frage, wie ernst es die Madrider Zentralregierung mit ihren Warnungen tatsächlich meint. Denn seit dem vergangenen Jahr ertönten immer wieder solche Drohungen, ohne dass diese Statements auch tatsächlich Konsequenzen gehabt hatten.

Der Grund liegt auf der Hand. Würde das spanische Finanzministerium seinen Warnungen Taten folgen lassen, wären Katalonien Kreditmärkte vollkommen von einer Refinanzierung abgeschnitten. Doch Kataloniens regionale Wirtschaft trägt rund 20% zum nationalen BIP Spaniens bei. Eine katalonische Liquiditäts- und Kreditkrise könnte sich Madrid nicht leisten.

Es dürfte in diesem Herbst also nicht nur spannend in den Vereinigten Staaten von Amerika werden, wo abermals eine dringend notwendige Anhebung der Schuldenobergrenze ins Haus steht. Auch ein gegen alle Widerstände durchgezogenes Sezessionsreferendum in der Region Katalonien könnte nicht nur Spanien, sondern den gesamten EU-Raum auf den Kopf stellen.

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