Wir hatten die Entwicklung an den amerikanischen Fahrzeugmärkten über die letzten Jahre recht aufmerksam beobachtet. Denn schon vor einiger Zeit begann sich abzuzeichnen, dass viele US-Fahrzeugkreditnehmer nach dem jüngsten – und durch staatliche Unterstützungen angefachten – Boom finanziell in die Bredouille geraten würden.

Und so verwundert es aus heutiger Sicht auch nicht, dass mittlerweile Alarm unter Banken und anderen Kreditgebern geschlagen wird, weil sich immer mehr Autokreditnehmer in den Vereinigten Staaten wachsenden Schwierigkeiten ausgesetzt sehen, ihre monatlich fällig werdenden Kreditzahlungen zu leisten.

Sprunghafter Anstieg der Säumnis- und Ausfallquoten

So haben sich führende Indikatoren zur Messung der Performance im Bereich der Auto- und Fahrzeugdarlehen im Monat Dezember nochmals spürbar verschlechtert. Gleichzeitig stiegen sowohl die Säumnisquoten als auch Kreditausfälle in vielen Bereichen zuletzt sprunghaft an.

Insbesondere in der Kategorie der „extrem überfälligen“ Kredite, darunter selbstverständlich auch viele sogenannte Subprime-Darlehen, wurde im Monat Dezember das höchste Niveau seit der globalen Finanzkrise vor gut fünfzehn Jahren erreicht.

Banken, Analysten und andere den Fahrzeugmärkten verbundene Kommentatoren weisen inzwischen darauf hin, dass Amerikas Automärkte nicht nur einen kritischen Wendepunkt erreicht, sondern diesen bereits überschritten haben.

Die Stimmen in den USA, die vor dem Ausbruch einer möglicherweise auch ganz schnell auf andere Kreditmarktsegmente übergreifenden Autokreditkrise warnen, mehren sich. Ganz abgesehen davon, dass eine solche Krise die amerikanische Wirtschaft bis ins Mark treffen würde.

Elon Musk warnt vor der potenziell größten Finanzkrise aller Zeiten

Hierzu reicht es aus, auch an die amerikanischen Immobilien- und Häusermärkte zu blicken, an denen nicht nur die Verkäufe in den Keller rauschen, sondern mittlerweile auch die Preise in zuvor überhitzten Regionen wie der San Francisco Bay Area merklich unter Druck geraten sind.

In einem Bericht des Analysehauses Cox Automotive hieß es kürzlich, dass sich ein perfekter Sturm am Firmament der amerikanischen Fahrzeugmärkte zusammenbraut. Danach sei nicht auszuschließen, dass es zu einer massiven Zunahme der Fahrzeugpfändungen durch Kredit- und Darlehensgeber samt einer Welle von Kreditausfällen in diesem Bereich kommen wird.

Da die Fahrzeugmärkte eine ähnlich wichtige Rolle aus Perspektive der heimischen Kredit- und Darlehensmärkte wie die Immobilien- und Häusermärkte spielen, sei davon auszugehen, dass es nach einer Kreditausfallwelle im Fahrzeugsektor zu einer schmerzhaften Lähmung der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten kommen wird.

Aufhorchen ließ vor Weihnachten eine Warnung von Tesla-Chef Elon Musk, wonach es zum Ausbruch der potenziell größten Finanzkrise aller Zeiten kommen könnte. Anderes war auch nach einem potenziellen Platzen der durch Notenbanken zuvor aufgepumpten „Alles-Blase“ kaum zu erwarten. 

ARK-Chefin Cathie Wood, die sich Anfang letzten Jahres noch überaus optimistisch in Bezug auf die Entwicklung an den Fahrzeugmärkten zeigte und teils irrwitzige Kursziele für Aktien wie jener des Elektrofahrzeugherstellers Tesla von bis zu 4.600 US-Dollar ausgerufen hatte, rudert nun augenscheinlich zurück.

Nicht nur, dass die Tesla-Aktie in den vergangenen Wochen durch viele Akteure leerverkauft und mittlerweile um gut 75 Prozent in Relation zu deren einst erreichten Hochs gesunken ist.

Vielmehr scheinen sich die Einschätzungen der Chefin von ARK Invest inzwischen mehr an die vorherrschende Realität anzupassen. Gleichzeitig scheinen Sorgen vor den mit sinkenden Fahrzeugpreisen in den USA verbundenen Auswirkungen die Oberhand zu gewinnen.

Viele Autokreditnehmer blicken inzwischen auf negative Vermögenswerte

Verständlich und nachvollziehbar ist das, wenn bedacht wird, dass eine zunehmende Anzahl von Fahrzeugkreditnehmern inzwischen auf negative Vermögenswerte blickt, heißt also, dass die einst für den Autokauf aufgenommenen Darlehen höher gewesen sind als es die aktuellen Fahrzeugpreise in den USA (allen voran an den Gebrauchtwagenmärkten) hergeben.

Laut Cathie Wood sei der Löwenanteil dieser Autokredite in Höhe von mehr als einer Billion US-Dollar im Verbrennungsmotoren-Fahrzeugbereich vergeben worden. Bezug auf den Nutzer GuyDealership, einen anonym auf Twitter postenden Vorstandsvorsitzenden einer Fahrzeug- und Autohandelskette, nehmend, warnte Cathie Wood davor, dass sich im US-Fahrzeugsektor gerade eine Krise von gewaltigen Ausmaßen aufbaue.

Der anhaltende Trend hin zum Kauf von Elektrofahrzeugen unter den Verbrauchern werde diese Krise noch zusätzlich verschärfen, so Cathie Wood. Vor wenigen Tagen durch Cox Automotive veröffentlichte Daten haben zusätzliches Öl ins Feuer dieser Debatten an den Fahrzeug- und Finanzmärkten in den USA gegossen.

Denn auch in diesen Daten spiegelt sich die rapide Verschlechterung der Situation an den Auto- und Fahrzeugkreditmärkten in den USA. Diesem Bericht zufolge stiegen die Kredite, die mehr als zwei Monate (60 Tage+) überfällig waren, im Dezember um 5,3 Prozent.

Auf Jahresbasis wurde gar ein Anstieg von 26,7 Prozent (!) verzeichnet. Alle Bereiche der amerikanischen Fahrzeugmärkte seien von dieser Entwicklung gleichsam betroffen, wie es heißt.

Stark überfällige Darlehen auf höchstem Niveau seit Februar 2009

Die Alarmglocken läuten vor allem deshalb, weil mittlerweile ein Anteil von 1,84 Prozent in Relation zu allen vergebenen Autodarlehen stark überfällig sei. Hierbei handele es sich um den höchsten Wert seit Februar des (Finanzkrisen-)Jahres 2009.

Im Monat Dezember erwies sich zudem ein Anteil von 7,11 Prozent aller Subprime-Kredite in diesem Sektor als stark überfällig. Im November lag dieser Wert noch bei 6,75 Prozent. Die Säumnisquote im Subprime-Bereich lag damit um 163 Basispunkte (oder 1,63 Prozentpunkte) höher als in derselben Periode des Vorjahres.

Die im Monat Dezember gemessene Säumnisquote im Subprime-Sektor war gleichzeitig die höchste seit Beginn der Datenaufzeichnungen im Jahr 2006. Bei Cox Automotive hieß es zu dieser Entwicklung, dass sich die massiv steigenden Säumnisquoten an den Fahrzeugmärkten schon bald in einer deutlichen Zunahme der Kreditausfälle widerspiegeln werden.

Im Vergleich mit derselben Periode des Vorjahres haben die Kreditausfälle in diesem Sektor bislang um knapp 17 Prozent zugelegt. Mit einer der Gründe, die für eine Beschleunigung der Kreditausfälle im Autosektor sprechen, ließe sich laut Cox Automotive anhand der Tatsache ableiten, dass Autokreditgeber in den Vereinigten Staaten Kreditausfälle offiziell erst ab einer Periode von neunzig bis 120 Verzugs- beziehungsweise Säumnistagen feststellten.

Kreditausfallwelle baut sich an Autokreditmärkten auf

Gewarnt wird davor, dass die Kreditausfälle im Fahrzeugsektor über die nächsten Quartale spürbar ansteigen werden, allein schon deshalb, weil die Verbraucher in den USA aufgrund einer nach wie vor zu hohen Inflation samt eines seit 21 Monaten in Folge rückläufigen Lohn- und Gehaltswachstums (auf Realbasis) unter einem extremen Finanzdruck stünden.

Der Ausblick sei düster, weil viele Verbraucher staatliche Unterstützungsleistungen während der Covid-Krise dazu genutzt hätten, um sich im Preis kletternde Fahrzeuge zu monatlichen Kreditraten von eintausend US-Dollar und mehr zuzulegen.

Insbesondere die sich verdichtende Aussicht auf eine Rezession im laufenden Jahr (bei tendenziell weiter steigenden Zinsen) drohe viele Privathaushalte in den USA finanziell zu ruinieren, zumal auch eine vermehrte Nutzung von Kreditkarten zur Zahlung von alltäglichen Einkäufen inzwischen in ein recht ausgereiztes Stadium eingetreten zu sein scheint.

Wenn sich der künstliche Boom in einen Bust verwandelt

Rückblickend sei erwähnt, dass die Fahrzeugpreise in den Vereinigten Staaten aufgrund der Covid-Krise und den damit verbundenen Lagerengpässen, Lieferkettenproblemen sowie den bislang ungesehenen staatlichen Unterstützungsleistungen zugunsten von Unternehmen und Privathaushalten (Stichwort: Helikopter-Geld) in die Höhe schossen.

Fast über das gesamte Jahr 2022 ließ sich allerdings beobachten, dass sich der hierdurch mit ausgelöste Boom an den heimischen Automärkten angesichts von wieder sinkenden Preisen abschwächte. Zu Beginn des Jahres 2023 lässt sich konstatieren, dass führende Indikatoren in diesem Bereich nunmehr Zeugnis über ein Ende dieses Booms ablegen.

Nichtsdestotrotz verharren die Fahrzeugpreise in den USA nach wie vor auf teils deutlich höheren Niveaus als vor dem Ausbruch der Covid-Krise. Ähnlich wie an den Immobilien- und Häusermärkten drohen die über einen viel zu langen Zeitraum zu lockeren Kredit- und Darlehensbedingungen die hiervon betroffenen Kreditgeber jetzt auf eine schmerzhafte Weise einzuholen.

Ein Blick auf Tesla und andere Wachstumswerte im Fahrzeugsektor

Ins aktuelle Bild passt, dass neben Tesla auch die Aktien von anderen Wachstumsfirmen im Automobilbereich zuletzt unter einen massiven Abgabedruck geraten sind. Dass Tesla seine Verkaufspreise in manchen Weltregionen inzwischen deutlich gesenkt hat, ist insbesondere unter den Altkunden des Elektrofahrzeugbauers auf keine Gegenliebe gestoßen.

Die jüngst durch Tesla angekündigten Preissenkungen lassen darauf schließen, dass die globale Kundennachfrage hinter dem Angebot zurückhängt, weshalb diese sich auftuende Lücke durch Preisnachlässe gefüllt werden muss.

Ähnlich sieht es zurzeit mit Blick auf andere Trend- und Wachstumsunternehmen in diesem Bereich aus. Hierzu gehören unter anderem die beiden Firmen Canoo und Hyzon, welche es angesichts der Probleme bei Tesla und den allgemeinen Bedingungen an den Automärkten schwer haben dürften, die Kundennachfrage anzukurbeln.

Auch das Unternehmen Carvana hat Geld mit einem Wiederverkauf von gebrauchten Autos verbrannt. Angesichts der Nachfragesituation an den Fahrzeugmärkten während der Covid-Krise ist diese Tatsache nur schwer verständlich, weshalb viele Analysten ob dieser Tatsache nur noch mit dem Kopf schütteln.

Jetzt, da die Gebrauchtwagenpreise in den USA sinken, wird es aus Sicht des Unternehmens ungleich schwerer, auskömmliche Margen, geschweige denn Gewinne, zu erzielen. Das Ende vom Lied wird wohl sein, dass ein Phalanx von zuvor schwer gehypten Unternehmen schon bald die Segel streichen und Insolvenz einreichen könnte.

Der Wettbewerb an Amerikas Fahrzeugmärkten wird sich im laufenden Jahr auf eine enorme Weise verschärfen. Preisnachlässe und Rabatte dürften an der Tagesordnung sein, um neue Kunden zu locken und die wachsenden Bestände der Autohändler zu reduzieren.

Der endende Boom unterscheidet sich damit nicht von vergleichbaren Phasen in der jüngeren Vergangenheit. Auf Basis von vorläufigen Analystenschätzungen und unter Zuhilfenahme der Statistiken von Dealertrack wird davon ausgegangen, dass die Gebrauchtfahrzeugverkäufe in den USA im Dezember um sieben Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sind.

Im Jahresvergleich soll sich der Rückgang der Verkäufe von Gebrauchtwagen sogar auf zehn Prozent belaufen. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Großhandelspreise an den amerikanischen Fahrzeugmärkten unter Bezugnahme auf den Manheim Index im Dezember auf saisonbereinigter Basis um 0,8 Prozent gestiegen sind.

Nichtsdestotrotz liegt der Manheim Index saisonbereinigt inzwischen knapp fünfzehn Prozent unterhalb seines vor einem Jahr erreichten Niveaus. Im Jahresvergleich handelt es sich seit Beginn der Datenaufzeichnungen um den schärfsten jemals gemessenen Preisrückgang.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Analysebericht von Cox Automotive.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Ähnlich wie auch im Fall von vielen anderen Kreditmarktbereichen wird sich die Situation an den Fahrzeugkreditmärkten umso mehr verschlechtern, je länger die Zinsen in den USA auf ihren aktuellen Niveaus verharren werden.

Zu ergänzen bleibt, dass der Zinserhöhungszyklus der Federal Reserve Bank aus jetziger Sicht noch nicht einmal abgeschlossen zu sein scheint, heißt also, dass sich die Zinsen im laufenden Jahr deutlich über der Marke von fünf Prozent bewegen werden.

Da unter vielen Finanzakteuren in absehbarer Zeit mit einem schwerwiegenden „Unfall“ an den Finanz- und Kreditmärkten gerechnet wird, nährt diese Erwartung weiterhin die Hoffnung auf einen baldigen „Pivot“ der Federal Reserve Bank – und somit eine Kehrtwende in der amerikanischen Zins- und Geldpolitik.

Das Dilemma, in dem sich Notenbanken wie die Federal Reserve Bank, die EZB, die Bank of England oder auch die Bank of Japan befinden, lässt sich auf der einen Seite anhand der Tatsache herleiten, nicht zu wissen, wo sich der sogenannte „Neutralzins“ befindet.

Eben jener Aspekt erschwert es Zentralbanken auf der anderen Seite auf eine enorme Weise, sich im aktuellen Umfeld einer Zins- und Geldpolitik zu bedienen, die es schaffen würde, zwischen disinflationären Entwicklungen (wie an den Fahrzeugmärkten) und inflationären Entwicklungen (wie an den Lebensmittelmärkten) hindurch zu lavieren.

Es reicht aus, nach Japan zu blicken, um zu erkennen, dass die geldpolitische Zentralplanung durch Notenbanken weltweit einem Endspiel ins Auge blickt.

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