Da die Anhänger von Nullzinsen und QE der Notenbanken zurzeit wieder Oberwasser haben, möchte ich an dieser Stelle nochmals zum Ausdruck bringen, dass der Punkt nunmehr erreicht zu sein scheint, an dem immer mehr durch Zentralbanken elektronisch erzeugtes Geld in das System gepumpt werden muss, um ein bestimmtes prozentuales Wachstum hervorzubringen.

QE mit Abnutzungserscheinungen – erste Risse im Kreditvergabesystem

Die sich aus diesem Umstand ableitende Schlussfolgerung lautet, dass QE langsam aber sicher Abnutzungserscheinungen aufweist. Laut Malpass habe das Reich der Mitte seine Verschuldung (insbesondere im Unternehmens- und Privathaushaltssektor) derartig schnell gesteigert, dass in diesem Bereich der Welt einfach zu hohe Schuldenlasten ausstünden.

Nun, an dieser Beobachtung lässt sich gewiss nicht rütteln. Ich hatte die massive Verschuldungsorgie in China in den vergangenen Jahren zu einem meiner Haupt- und Lieblingsberichterstattungsthemen auserkoren. Rufen Sie sich bitte das Aufflackern erster Risse im Peer-to-Peer-Kreditvergabesystem in Erinnerung.

Oder lokale Provinzunternehmen, die mittels akrobatisch anmutender Kredit- und Darlehensvergabesysteme Zombieunternehmen und Zulieferer in ihrem Umfeld über Jahre künstlich am Leben erhalten haben.

Der riesige und völlig intransparente Schattenbankensektor braucht an dieser Stelle auch nicht mehr detaillierter angesprochen werden, geschweige denn die Tatsache, dass inzwischen auf eine brenzlig werdende Anzahl von Unternehmensanleihen Zahlungsausfälle erklärt werden.   

Schuldensünder Nr. 1: China oder USA?

Doch wenn Malpass in einem Interview gegenüber CNBC den Eindruck entstehen lässt, als ob es sich im Falle Chinas um den Schulden- und gleichzeitigen Kreditvergabesünder Nummer 1 in der Welt handele, so ist eine solche Ansicht schlichtweg inakzeptabel und lässt völlig außen vor, in einer welch dramatisch schlechten Finanzverfassung sich die Vereinigten Staaten von Amerika selbst befinden.

Auch zu der Verschuldungssituation der globalen Hauptschuldnernation, namentlich den USA,  habe ich in der Vergangenheit annähernd alles ausgeführt, was es hierzu auszuführen gibt. Okay, noch sehen sich die Vereinigten Staaten von Amerika im Angesicht des Weltreservewährungsstatus´ des US-Dollars dazu in der Lage, Billionen schwere Finanz-, Renten-, Haushalts- und Handelslöcher durch das Drucken der eigenen Währung zu stopfen.

Zurückhaltung bei Investoren könnte wieder zum verstärkten Anwerfen der Druckerpressen in den USA führen

Doch dies wird nicht ewig so weiter gehen. Spätestens wenn globale Investoren das Vertrauen in die Stabilität der amerikanischen Wirtschaft, die amerikanischen Finanzen und die US-Währung verlieren werden, dürfte das weitere Schicksal des US-Dollars ins Zentrum der Entwicklungen an den globalen Finanz- und Währungsmärkten rücken.

Bei Licht besehen hat ein solcher Prozess bereits eingesetzt. Einerseits halten sich globale Investoren nun schon seit einiger Zeit verstärkt von den US-Staatsanleihemärkten zurück. Sollte dieser Trend anhalten, wird der Federal Reserve – aus deren Logik heraus betrachtet – ab einem gewissen Zeitpunkt gar nichts mehr anderes übrigbleiben als ihre elektronische Druckerpresse wieder 24/7 rotieren zu lassen.

Denn die Billionen schweren Haushaltslöcher und sonstigen Finanzdefizite der US-Regierung müssen dann eben gedruckt und durch die Hintertür monetisiert werden, so wie dies in Japan nun schon lange der Fall ist. Niemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg wurde aus meiner Sicht derart deutlich wie in diesen Tagen, dass es sich im Fall der Federal Reserve keineswegs um eine von der Politik unabhängige Institution handelt.

Falls dem so wäre, wäre Fed-Chef Jerome Powell seit Jahresbeginn nicht auf ganzer Linie vor den öffentlich lancierten Forderungen seitens US-Präsident Trumps und des Weißen Hauses eingeknickt. Zweitens gesellt sich die Tatsache hinzu, dass der Anteil des US-Dollars an den international gehaltenen Devisenreserven in den letzten Quartalen beständig weiter gesunken ist. Ich berichtete hierüber mehrfach.

Es wird mit zweierlei Maß gemessen – Amerikanische Staatsanleihen und Kreditvergabe im Hinblick auf die neue Seidenstraße

Nun kritisiert Malpass, dass China dem Rest der Welt – inklusive der Vereinigten Staaten – Billionen von US-Dollars an Krediten gewährt habe. Zu Jahresbeginn hielt das Reich der Mitte amerikanische Staatsanleihen aller Laufzeitkategorien in einem Gegenwert von $1,12 Billionen.

Gleichzeitig kritisiert Malpass die Chinesen für deren Kreditvergabefreudigkeit im Hinblick auf die neue Seidenstraßeninitiative, auch „One Belt, One Road“ genannt. Aha, daher weht der Wind also. Anstatt die durch China angestoßenen Entwicklungsbestrebungen auf dem Eurasischen Kontinent zu würdigen, macht Malpass bezüglich der Kreditvergabefreudigkeit Chinas in der Region die Gefahr aus, dass dieses Projekt letztendlich eine Reihe von weiter geschwächten Nationen hervorbringen werde.

Schulden im Austausch gegen minderwertige Projekte?

Also nach einem Unternehmer hören sich solche Aussagen gewiss nicht an, sondern vielmehr nach einem international aktiven Bürokraten, der sich sein Leben lang durch die Institutionen an die Spitze gehangelt hat. Laut Malpass werde das Seidenstraßenprojekt vielen Nationen auf dem Eurasischen Kontinent exorbitante Schulden im Austausch für ein Voranbringen „von qualitativ minderwertigen Projekten“ aufbürden.

Hört, hört, irre ich mich, oder hole ich gedanklich zu weit aus, wenn ich mir im Angesicht von solchen Aussagen den Resolution Desk im Weißen Haus vorstelle, hinter dem der Präsident der Vereinigten Staaten einer der Drahtzieher oder Stein des Anstoßes für derartige Aussagen des neuen Weltbank-Chefs gewesen sein mag?!

Die gewaltigen Infrastrukturanstrengungen auf dem Eurasischen Kontinent als qualitativ minderwertige Projekte zu bezeichnen, hat schon ein Geschmäckle. Darf die Gegenfrage gestellt werden, warum dann auch Präsident Trump noch immer derart scharf darauf ist, sein im Wahlkampf versprochenes Infrastrukturprojekt in Billionenhöhe in den USA auf den Weg zu bringen, obwohl es um dieses angedachte Projekt zuletzt äußerst ruhig geworden ist?!

Neue Seidenstraße: China spaltet Europa – Was haben die USA im Gegenzug zu bieten?

Es herrscht das Schweigen im Walde. Laut Malpass habe China erkannt, dass es seine Kredit- und Darlehensanstrengungen zurückfahren müsse. Tatsächlich? In Pakistan, dem Iran sowie anderen wichtigen Schlüsselländern der Region ist davon kaum etwas bis überhaupt nichts zu spüren. Geschweige denn, dass nun auch Italien seinen Willen erklärt hat, sich dem Projekt der neuen Seidenstraße anschließen zu wollen. Was haben die Vereinigten Staaten Europa im Austausch wirtschaftlich anzubieten?

Vielleicht immerfort geäußerte Drohungen zu einer baldigen Erhebung von Sonderzöllen gegen Autos und andere wichtige europäische Ausfuhrprodukte? Also sonderlich sexy hören sich diese aus dem Weißen Haus ertönenden und sich gegen Europa richtenden Aussagen gewiss nicht an.

Eine sich weiter fortsetzender Abschwung Chinas könnte eine Kettenreaktion in Gang bringen

Des Weiteren, so Malpass, habe China erkannt, dass es sich in die Weltwirtschaft integrieren müsse. Es sei die Frage erlaubt, was China spätestens seit Überwinden der Finanzkrise eigentlich gemacht hat? Ist China in der letzten Dekade nicht zur Wirtschaftslokomotive Nummer 1 in der Welt aufgestiegen?

Wer würde Rohstoffe in solch astronomischen Ausmaßen Jahr um Jahr aufsaugen, wenn nicht China? Wie würde es Chinas asiatischen Nachbarländern gehen, falls sich der wirtschaftliche Abschwung im Reich der Mitte fortsetzen oder gar intensivieren sollte? Bedenken Sie allein die Tatsache, wie wirtschaftlich abhängig der dem Westen zuzurechnende Rohstoffriese Australien inzwischen von den chinesischen Importen seiner Güter ist.

Ohne China käme in der Welt eine Kettenreaktion in Gang, die verheerende Resultate zeitigen würde – und dies insbesondere auf der Nachfrageseite. Interessiert Sie der politische Hintergrund zu Malpass, der am vergangenen Freitag zum neuen Weltbank-Chef gewählt wurde?

Vor seinem Eintritt in die Weltbank diente Malpass als Unterstaatssekretär für internationale Angelegenheiten im US-Finanzministerium. Mehr braucht man zu den Hintergründen dieses Mannes aus meiner Sicht nicht zu wissen, um vorauszuahnen, wohin die Reise bei der Weltbank in den nächsten Jahren gehen wird und aus welchem Kalkül heraus solche Aussage getroffen werden…

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