Und hier sind wir wieder: Die Vorstände von Technologiekonzernen haben sich einmal mehr vor dem Kongress zu verantworten gehabt. Am Mittwoch erschienen die Chefs von Apple, Google, Twitter, AT&T, Charter Communications & Co. vor dem Handelsausschuss des US-Senats, um dort erneut eine Anhörung zum Missbrauch von Kundendaten und Bedenken über das Recht auf Privatsphäre über sich ergehen zu lassen…

Die Ausschussmitglieder des Kongresses wurden im Hinblick auf ihre verfolgten Intentionen deutlich, die darauf abzielen neue Bundesgesetze zur Regelung der Art und Weise, auf die es Technologiefirmen fortan erlaubt wird, private Kundendaten zu verwalten, zu verabschieden. Es lässt sich leichterdings vorstellen, dass die gestrige Anhörung auf dieselbe Weise ablief wie die fünf Sitzungen zuvor.  

Überraschenderweise stützen die Konzerne die neue Gesetzgebung

Schlecht informierte Kongressabgeordnete stellen miserable Fragen, die Vorstände der Tech-Konzerne rudern zurück, weichen Fragen auf geschickte Weise aus und beantworten Fragen nur recht vage, wann immer neu zu verabschiedende Bundesgesetze im Raum stehen. Doch dieses Mal lagen die Dinge anders. Die Chefs von namhaften Tech-Konzernen wie Apple und Amazon haben ihre Unterstützung zur Verabschiedung von neuen Bundesgesetzen zugesagt.

Die neue Gesetzgebung würde das Recht auf Privatsphäre und die Unveräußerlichkeit der Kundendaten, die durch große Tech-Konzerne gesammelt werden, garantieren. Bud Tribble, Vizepräsident bei Apple und Chef der Sparte, die sich bei dem Konzern um die Entwicklung von Software zur Wahrung der Privatsphäre bemüht, teilte wie folgt mit:„Wir glauben, dass das Recht auf Privatsphäre ein fundamentales Menschenrecht ist, das sowohl durch soziale Normen als auch durch das Gesetz geschützt werden sollte.“

Andere Konzernchefs im Technologiesektor folgten auf dem Fuße, wenn auch in einer etwas zweideutigen Weise. Im Rahmen der gestrigen Anhörung erklärte Amazons Vizepräsident Andrew DeVore, dass auch sein Konzern die Verabschiedung von neuen Bundesgesetzen gut heißen würde, warnte jedoch auch vor „potenziell unbeabsichtigten Konsequenzen“, die aus  zu strikten bundesstaatlichen Gesetzgebungen resultieren würden.

DeVore hegte Bedenken, dass zu strikte Gesetze bezüglich des Rechts auf Privatsphäre letzten Endes zu einer flächendeckenden Definition von persönlichen Daten führen könnten, wodurch die Innovationsfähigkeit im gesamten Sektor Gefahren ausgesetzt werden könnte. Trotz allem erweist die sich plötzlich veränderte Sichtweise als Überraschung. Nichtsdestotrotz sollte das Motto Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste lauten.

Erträge für Datenverkauf ab 2020 in Gefahr

Denn die Vorstände dieser Konzerne könnten abweichende Motive im Hinblick auf einen Schutz von privaten Nutzerdaten verfolgen. Jedermann ist geläufig, dass das Silicon Valley über eine beträchtliche Macht über den Kongress verfügt. Einer der Gründe für die gestrige Anhörung war, dass der Kongressausschuss die Vorstände der Tech-Konzerne um Rat baten, auf welche Weise sich die Technologieindustrie regulieren lässt, wie es auf der Webseite des US-Handelsministeriums hieß.

Dass es schon bald zu einer Regulierung des Sektors kommen wird, steht außer Frage. Ende Juni verabschiedete der Bundesstaat Kalifornien ein Gesetz zum Schutz privater Kundendaten was den Kaliforniern seither das Recht darauf garantiert, zu erfahren, wer wann welche Daten gesammelt hat, um notfalls auch darauf zu insistieren, diese Daten sofort zu löschen.

Auch die General Data Protection Regulation (GDPR) der Europäischen Union hat Ähnliches im Mai durchgesetzt. Im Silicon Valley ist man allgemein recht unglücklich im Hinblick auf die Verabschiedung dieser Gesetze gewesen. Insbesondere die Verabschiedung des Gesetzes in Kalifornien stieß auf keine Gegenliebe unter einer Reihe von Technologiekonzernen, weil diese Unternehmen fürchten, dass dieses Gesetz deren finanzielle Erträge aus einem Verkauf solcher Kundendaten an Drittparteien ab dem Inkrafttreten im Jahr 2020 ernsthaft in Gefahr bringen könnte.

Einwilligung, um weitergehende Regelungen zu verhindern?

Die meisten Tech-Konzerne willigten auch in die Gesetzgebung von GDPR ein, weil es andernfalls zu einer Verhängung von empfindlichen Strafen hätte kommen können. Während die Washingtoner Bundesregierung darüber sinniert, welche Regulierungsgesetze sie in Kraft setzen sollte, blicken die Tech-Konzerne auf ein enges Zeitfenster. Indem sie einer solchen Regulierung nun ihre Unterstützung zusagen, könnten die Unternehmen die Verabschiedung einer noch weitaus stärkeren und restriktiveren Gesetzgebung zu verhindern versuchen. Hier folgen einige Punkte, um die sich die Dinge drehen:

  • Bundesgesetzgebung zum Schutz der Privatsphäre der Kunden – falls es jemals zur Verabschiedung eines Gesetzes kommen sollte, wird sich dieses Gesetz gewiss an den Interessen der betroffenen Konzerne ausrichten. Die Kongressabgeordneten hören auf die Vorstände der Technologie-Konzerne, während die Interessenvertretungen der Verbraucher aus diesen Diskussionen ausgeschlossen werden, wie Wired berichtet.

  • Falls schwächere Gesetze auf Bundesebene es schaffen sollten, eine striktere Gesetzgebung auf bundesstaatlicher Ebene – wie Kaliforniens Privacy Act – auszuhebeln, könnten Tech-Konzerne davon letztendlich profitieren, indem sie vor weiteren auf bundesstaatlicher Ebene in der Pipeline befindlichen Gesetzgebungen geschützt werden.

  • Es ist im Interesse der Technologiekonzerne, den Prozess einer Anpassung an Gesetze zum Schutz der Privatsphäre zu optimieren. Aus diesem Grund ist es einfacher, in ein allumfassendes Rahmengesetzwerk einzuwilligen, anstatt sich an 50 voneinander unterscheidende Gesetzgebungen der Bundesstaaten anzupassen.

Ein Bundesgesetz, das die Aktivitäten der Tech-Konzerne reguliert, mag oberflächlich aus Sicht der Öffentlichkeit nach einem Sieg aussehen, doch wir sollten die Verschlagenheit der Konzerne, deren Aktivitäten durch eben jene Gesetze reguliert werden sollen, gewiss nicht unterschätzen. Diese Konzerne sehen die aktuelle Lage wahrscheinlich als Chance an, um der Verabschiedung von noch strikteren Gesetzgebungen in der Zukunft zu entkommen.

Gastbeitrag für CK*Wirtschaftsfacts / © 2018 futurism.com  

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