Nein, kein Finanzblog, sondern eine der weltweit größten Finanzseiten machte vor wenigen Tagen mit einem Thema auf, das den Amerikanern wie durch Mark und Knochen gefahren sein dürfte.

So berichtete Marketwatch, dass aus momentaner Sicht die sehr reale Möglichkeit einer Einstellung der Sozialversicherungszahlungen durch die US-Regierung bestünde, wenn die Schuldenobergrenze einmal mehr erreicht worden sein wird.

Ein besorgniserregender Ausblick

Unter Bezugnahme auf das Budgetbüro des Kongresses ist mit einem solchen Ereignis im Juni zu rechnen. Wie Autor Mark Hulbert in seinem Bericht ausführt, handele es sich hierbei um einen sehr besorgniserregenden Ausblick.

Doch sich hierzu bietende Alternativen könnten mit noch schlimmeren Entwicklungen Hand in Hand gehen. Mark Hulbert nimmt in diesem Kontext Bezug auf ein wenig bekanntes Gesetz aus dem Jahr 1996.

Inhaltlich gewähre dieses Gesetz großen Raum für Interpretationen. Denn danach wäre es dem amerikanischen Sozialversicherungsfonds nach Erreichen der Schuldenobergrenze in den USA nicht nur erlaubt, eine Aussendung seiner monatlichen Sozialversicherungsschecks aufrechtzuerhalten.

Vielmehr böte sich auch die Möglichkeit, den Sozialversicherungsfonds zu nutzen, um eine möglicherweise im Kongress scheiternde Anhebung der Schuldenobergrenze zu umgehen. In diesem Fall würde der Sozialversicherungsfonds alle überfälligen Rechnungen der Regierung begleichen.

Langfristige Kosten wären kaum absehbar

Es lässt sich leichterdings vorstellen, welche langfristigen Kosten mit einem solchen Ausblick für die Sozialversicherungsbezieher in den Vereinigten Staaten verbunden wären. Denn auf eine solche Weise könnte sich der Sozialversicherungsfonds weitaus schneller leeren als es aktuelle Prognosen vermuten lassen.

Mark Hulbert nimmt in seinem Bericht unter anderem auf eine Analyse von Steve Robinson, dem Chefökonomen der Organisation The Concord Coalition Bezug. The Concord Coalition beschreibt sich selbst als eine überparteiliche Organisation zur Aufklärung der Öffentlichkeit.

Des Weiteren ist es Ziel der Organisationsmitglieder, überparteiliche Lösungen zu finden, um die fiskalpolitischen Herausforderungen, denen die Vereinigten Staaten ins Auge blicken, zu adressieren.

Bitte kein Missbrauch

In einer schriftlichen Mitteilung mit dem Titel (in eigener deutscher Übersetzung) Die durch die Sozialversicherung gesetzlich gewährte Umgehung der Schuldenobergrenze warnt Steve Robinson ausdrücklich davor, den Sozialversicherungsfonds auf eine solche Weise zu nutzen und zu missbrauchen.

Die amerikanischen Staatsbürger seien hingegen dazu aufgerufen, Notiz von der Existenz dieser auf das Jahr 1996 zurückgehenden Gesetzesklausel zu nehmen. Deren Nutzung könnte überdies mit unabsehbaren und nicht beabsichtigten Folgen einhergehen.

Ist-Zustand ist, dass sich die breite Öffentlichkeit in den Vereinigten Staaten kaum oder überhaupt nicht darüber bewusst ist, dass diese Gesetzesklausel überhaupt existiert. Steve Robinson geht davon aus, dass auch nur die wenigsten Gesetzgeber im Kongress hierüber im Bilde sein werden.

Wichtig ist allerdings, dass sich sowohl das US-Finanzministerium als auch die Verwaltung des Sozialversicherungfonds über die existierende Gesetzesklausel bewusst seien. Das Gesetz aus dem Jahr 1996 wurde damals verabschiedet, nachdem die Schuldenobergrenze in den beiden Jahren 1995 und 1996 jeweils erreicht wurde.

Die Intention war eine gänzlich andere

Mark Hulbert merkt hierzu an, dass die Intention einer Verabschiedung dieses Gesetzes ironischerweise darauf fokussiert war zu verhindern, dass der amerikanische Sozialversicherungsfonds in der Zukunft zur Zahlung von anderen Belangen missbraucht werden könnte.

Steve Robinson hegt gegen eine solche Sichtweise Einwände, weil eine solche in unserer heutigen Welt schlichtweg nicht mehr funktioniere. Allein aufgrund der Tatsache, dass die monatlich versendeten Sozialversicherungsschecks durch das US-Finanzministerium ausgesendet werden, wird es auf Sicht zu einer Zuspitzung der Situation und damit Hand in Hand gehenden Begehrlichkeiten kommen.

Denn sollten sich die Konten des US-Finanzministeriums eines Tages in einem Default-Zustand befinden, so würden auch dessen ausgesendete Sozialversicherungsschecks platzen.

Wenn die amerikanische Schuldenobergrenze im Frühsommer also erreicht wird, so zeichnet sich ab, dass es ab diesem Moment wohl nur noch einen gangbaren Weg geben könnte.

Sozialversicherungsfonds droht zum Finanzier des US-Finanzministeriums zu werden

Um eine permanente Aussendung der Sozialversicherungsschecks aufrechtzuerhalten und diese über das heimische Bankensystem abzuwickeln, wird dem Sozialversicherungsfonds in den Vereinigten Staaten wohl nichts anderes übrig bleiben, als dem US-Finanzministerium genügend Geld „zu leihen“.

Mittels dieser geliehenen Gelder könnte sich das US-Finanzministerium zumindest auf Sicht finanziell über Wasser halten, um seine ausstehenden Rechnungen zu begleichen. Was im Juni auch immer geschehen mag, so dürfte eine solche Entwicklung unter aller Voraussicht wie eine Bombe im Washingtoner Kongress einschlagen.

Ein großes Dilemma beginnt sich abzuzeichnen

Das Dilemma, mit dem sich die Washingtoner Gesetzgeber ab diesem Zeitpunkt konfrontiert sehen werden, liegt klar und deutlich auf der Hand. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wird nämlich eine weitreichende Entscheidung anstehen, die da lautet:

Sollen Sozialversicherungsbezieher in den Vereinigten Staaten auch fortan ihre monatlichen Bezüge aus dem Sozialversicherungsfonds erhalten oder werden diese Bezüge ab einem bestimmten Moment einfach gestoppt und ausgesetzt?

Es lässt sich vorstellen, mit welcher Empörung und welcher Verschlechterung des politischen und gesellschaftlichen Klimas in den Vereinigten Staaten zu rechnen sein wird, falls sich die Washingtoner Gesetzgeber zugunsten einer „Ausplünderung“ des Sozialversicherungsfonds entscheiden sollten.

Es besteht kein Interesse daran, Transparenz walten zu lassen

Auch an dieser Front heißt es also, wachsam zu bleiben und die anhaltenden Debatten um eine abermalige Anhebung der Schuldenobergrenze aufmerksam zu beobachten. Zumal der Lebensstandard unter vielen betagten Amerikanern in einem hohen Maße von staatlichen Bezügen aus dem Sozialversicherungsfonds abhängt.

Unter anderem Steve Robinson warnt davor, dass weder Eingeweihte im Kongress noch die Repräsentanten des Weißen Hauses ein Interesse daran hegten, der Bevölkerung in den USA reinen Wein über die Existenz der erwähnten Gesetzesklausel einzuschenken.

Denn wenn es erst einmal ans Eingemachte gehen sollte, wird schnell für jedermann offenbar werden, dass sich die politischen Vertreter des Landes – wie auch die Gesamtgesellschaft – in einer No-Win-Situation befinden werden.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite von marketwatch.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Es empfiehlt sich, auf dieses Thema zurückzukommen, wenn es dann so weit sein wird. Die heutigen Ausführungen dienen jedoch schon einmal dazu, sich überhaupt über diese Dinge bewusst zu werden.

Vielleicht werfen die Republikaner den Demokraten im Kongress ja auch noch einmal eine Leine zu, um sich abermals auf einen faulen Kompromiss zu einer weiteren Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA zu einigen, wer weiß?

Vor dem Wochenende empfiehlt es sich, auf einige Entwicklungen im Bankensystem und an den Kreditmärkten zu blicken. So hat „JPM-Gott“ Marko Kolanovic, der Chef-Marktstratege der Großbank JPMorgan Chase, vor wenigen Tagen höchst selbst vor einem möglicherweise bevorstehenden Minsky-Moment gewarnt.

Ich werde an dieser Stelle jetzt nicht mehr auf Hyman Minskis zwölf Jahre nach dessen Tod (laut FAZ) bestätigte Finanzkrisentheorie eingehen. Darauf ist hier in der Vergangenheit zur Genüge eingegangen worden und wer sich nochmals ins Bild setzen möchte, klickt einfach diesen Link an.

Wenn es tatsächlich soweit ist, dass sich jemand wie Marko Kolanovic derart weit aus dem Fenster lehnt, sollte sich jedermann darüber bewusst werden, welche Stunde es geschlagen haben mag.

Eine Top-Meldung vom heutigen Tage gefällig?

Link: https://www.cnbc.com/2023/03/24/deutsche-bank-shares-slide-8percent-after-a-sudden-spike-in-default-insurance-costs.html

Übersetzung: Aktien der Deutsche Bank AG sinken um 14 % nach plötzlichem Anstieg der Versicherungskosten gegen einen Schuldenausfall.

War da was? Im gestrigen Bericht war ich noch einmal darauf eingegangen, dass alles, was es jetzt noch braucht, ein „Unfall“ an den Derivate-Märkten sein wird.

Nicht zu vergessen, dass diese Player aufgrund eines nach wie vor kontrovers und hitzig diskutierten Vorrechts gegenüber Bondhaltern und anderen Haltern von papiernen Sicherheiten mehr und mehr ins Zentrum der wieder aufflammenden Debatten rücken. Es folgt ein Blick von heute Mittag auf die Aktien-Kurse der UBS AG und der Credit Suisse Group.

Könnte es vielleicht sein, dass sich die durch den Schweizer Staat erzwungene Übernahme der Credit Suisse Group als ein zu dicker und unverdaulicher Happen aus Sicht der UBS AG erweisen könnte? Bilde sich hierüber jedermann sein eigene Ansicht, zumal es Einreichungen von gerichtlichen Klagen unter AT1-Bondhaltern gegen den Schweizer Staat hageln dürfte.

Wenn Finanzsender wie CNBC die Schweizer Eidgenossenschaft inzwischen ganz offiziell als „Finanzielle Bananen-Republik“ bezeichnen, so trifft dies wohl auf weite Teile des Rests der westlichen Welt zu.

Link: https://www.msn.com/en-us/money/markets/a-financial-banana-republic-ubs-credit-suisse-deal-puts-switzerlands-reputation-on-the-line/ar-AA18SRzH

Wen interessiert es aus politischer Perspektive schon? Zur Not frisst der Teufel eben auch Fliegen, nicht wahr?

Was macht eigentlich gerade Warren Buffett, wenn er sich nicht zu Notsitzungen mit den zahlreichen Chefs von amerikanischen Regionalbanken in diesen Tagen in Omaha trifft?

Ganz Recht, Warren Buffett sitzt auf einem Cash-Berg in Höhe von 140 Milliarden US-Dollar (!).

Neben dieser Tatsache sind es unter anderem die Tag um Tag ins Bodenlose fallenden REITs und mit gewerblichen Immobilienkrediten „besicherten“ Hypothekenanleihen (CMBS), die neben den aktuellen Ereignissen an den CoCo-Bondmärkten samt einer sich in den USA verschärfenden Kreditklemme unter den heimischen Banken einen Ausblick darauf liefern, dass, ja, Inflation nach wie vor im Zentrum der Debatten steht.

Doch was ist mit dem gegenläufigen Trend der Deflation, wenn man sich vorstellt, dass noch mehr Banken in den USA crashen dürften, die Kreditklemme sich verschärfen wird, und der amerikanische Konsum – wofür es erste Anzeichen gibt – in den Keller rauschen wird?

Es ist eine Sache, die amerikanischen Banken durch die Hintertür mit frisch erzeugter Liquidität zu versorgen. Eine andere Sache ist es, die jetzt auf die Wirtschaft zukommenden Deflationstrends in Gänze auszublenden.

Lieber Warren Buffett, meine abschließende Frage lautet, warum Sie Ihr gehortetes Zaster nicht gleich in physischem Gold anlegen? Auf diese Weise ließe sich Konfetti-Fiat-Papier zu vermeintlich noch immer recht annehmlichen Preisen in das einzig verbliebene Sound Money umwandeln. Oder wie John Pierpont Morgan zu seinen Lebzeiten sagte:

„Gold ist Geld, 
alles andere ist Kredit.
Und wer das einmal realisiert hat,
wird niemals wieder arm sein.“

Allen Lesern sei ein schönes Wochenende gewünscht! 

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