In den letzten Monaten erfolgte wiederholt auch einmal ein Blick in den Mittleren Osten, wo neben Unternehmen der Russischen Föderation auch vornehmlich staatseigene Betriebe der Volksrepublik China in großem Stil in die Infrastruktur wie auch Öl- und Gasindustrie im Irak und im Iran investieren.

In diesem Kontext stand unter anderem eine schnell voranschreitende Energiezusammenarbeit im Süden des Zweistromlandes zwischen den Regierungen in Peking und Bagdad im Zentrum der Betrachtungen.

Wirtschaftliche Projekte schreiten mit hohem Tempo voran

Kürzlich hieß es in verschiedenen Berichten, dass das Reich der Mitte einen Meilenstein im Südirak genommen habe, indem mehr als die Hälfte eines als strategisch wichtig erachteten Erdölprojektes in Nassirija fertiggestellt worden ist.

Die Region um die Stadt Nassirija erweist sich als eines der wichtigsten Energiedrehkreuze im Irak, wo nicht nur einige der größten Erdöl- und Gasfelder des Landes beheimatet sind, sondern von wo aus auch eine direkte Verkehrsanbindung an die Hafenstadt Basra besteht.

Laut des irakischen Planungsministeriums habe der chinesische Konzern China Petroleum Pipeline Engineering Company zuletzt weitreichende Fortschritte in der Konstruktion des landesweit größten Erdöllagers gemacht.

Denn mehr als die Hälfte dieses Projektes lässt sich inzwischen als fertiggestellt betrachten. Nach seiner Fertigstellung wird das im Bau befindliche Erdöllager ein Fassungsvermögen von bis zu 3,5 Millionen Fass Rohöl aufweisen.

Von hier aus soll das schwarze Gold in der Zukunft entweder zum Seehafen der Stadt Basra für internationale Exportzwecke transportiert werden oder mittels Pipelines zu Raffinerien und Kraftwerken im Zentrum wie auch im Norden des Iraks gepumpt werden.

Gleichzeitig wird das neu entstehende Erdöllager in Nassirija den Chinesen in der Zukunft als logistisches Kommandozentrum zur Verfügung stehen, von wo aus alle anderen Erdöl- und Gasprojekte im Irak koordiniert werden sollen.

Hierbei handelt es sich um Projekte, die neben dem Aufbau, der Modernisierung und der Erweiterung der irakischen Erdöl- und Gasindustrie auch zahlreiche Infrastrukturbauten vorsehen, um das Straßen- und Schienennetz im Land auszuweiten oder zu verbessern.

Chinas Einfluss in der Region wächst

Einst hatten sich die Regierungen in Peking und in Bagdad auf eine Unterzeichnung der sogenannten Irak-China Rahmenvereinbarung geeinigt, in welcher die einzelnen Bauprojekte und die damit in Verbindung stehenden Strategieziele skizziert wurden.

Aus chinesischer Sicht könnte die zukünftige Präsenz im Südirak kaum höher eingeschätzt und bewertet werden. Denn die Volksrepublik China befähigt sich auf diese Weise dazu, die eigenen Erdölimporte aus dem Südirak deutlich zu steigern.

Zukünftig praktisch direkten Zugang zu Erdölfeldern wie Gharraf zu haben, wird die Herzen in der Volksrepublik China unter aller Voraussicht höher schlagen lassen. Gharraf gehört zu jenen Mega-Feldern in der südirakischen Region, denen noch förderbare Reserven in Höhe von mehr als 1,3 Milliarden Fass Rohöl beschieden worden sind.

Momentan produziert das Feld etwa 130.000 Fass Rohöl pro Tag, wobei die aktuellen Pläne vorsehen, diese Fördermenge in den nächsten zwei Jahren auf rund 230.000 Fass Rohöl zu erhöhen.

Chinesische Unternehmen werden immer wichtiger – und der Grad der Abhängigkeit wächst unaufhaltsam

Noch wird Gharraf durch den malaysischen Erdölkonzern Petronas gesteuert. Doch bereits im vergangenen Mai gab Petronas bekannt, sich aus der irakischen Förderung zurückziehen zu wollen, um den eigenen Anteil an Gharraf zu verkaufen.

Auch einer der Gründe hierfür dürfte sein, dass chinesische Unternehmen nun schon seit einiger Zeit einen großen Einfluss auf die Förderung in Gharraf ausüben. So wurden durch zahlreiche Unternehmen aus dem Reich der Mitte mit der Bagdader Regierung Exklusivverträge rund um die Förderung in Gharraf unterzeichnet, was Petronas ein Dorn im Auge zu sein scheint.

So ist es beispielsweise die China Petroleum Engineering and Construction Corporation, der ein Exklusivvertrag in einem Umfang von umgerechnet mehr als 300 Millionen US-Dollar durch die irakische Regierung zuteil wurde.

Hierunter fällt unter anderem eine Beauftragung mit Konstruktions-, Kommunikations-, Wartungs- oder auch Infrastrukturarbeiten. Im vergangenen Sommer wurden mit den Firmen Zhongman Petroleum und Natural Group ähnliche Verträge geschlossen.

Bereits seit dem Jahr 2015 verfügt Zhongman Petroleum fast über exklusive Bohrrechte im Hinblick auf ein weiteres irakisches Mega-Feld namens West Qurna-2, das sich unweit der Hafenstadt Basra befindet.

Nach der offiziellen Beendigung der amerikanischen Kampfmission im Zweistromland im Dezember 2021 ist der chinesische Konzern Petro China seit Beginn dieses Jahres zudem zum Hauptentwickler des benachbarten Erdölfeldes West Qurna-1 aufgestiegen, wo zuvor noch der amerikanische Konzern ExxonMobil das Sagen hatte.

Zu Jahresbeginn erfolgte daraufhin sodann auch die Beauftragung eines Tochterunternehmens von Petro China mit der Entwicklung des Super-Gasfeldes Nahr bin Umar. Geopolitische Beobachter machen seit einiger Zeit darauf aufmerksam, dass die zentrale Rolle, welche die Volksrepublik China in Nassirija anstrebt, kein anderes Ziel verfolge als den Irak zu einem eigenen Satellitenstaat in der Region des Mittleren Ostens zu machen.

Iran – Eine der wichtigsten Drehscheiben in den Plänen der Pekinger Regierung

Ähnlich werden die Dinge vor allem unter westlichen Beobachtern und Kommentatoren auch mit Blick auf den Iran gesehen. In den vergangenen Jahren hat sich nämlich ein neues Dreieck herausgebildet, welches sich aus dem Iran, der Russischen Föderation und der Volksrepublik China zusammensetzt.

In den letzten Jahren haben nicht nur die Chinesen, sondern auch die Kreml-Regierung dem Iran weitreichende Investitionen in dessen heimische Erdöl- und Gasindustrie zugesagt, was sich unter anderem anhand der aktuellen Entwicklungen rund um das Kaspische Meer beobachten lässt.

Gleichzeitig ist es der Plan Pekings, den Iran zu einem zentralen Drehkreuz der Belt & Road Initiative, heißt also des Projekts der Neuen Seidenstraße, auszubauen. Dafür sind zwischen den Regierungen in Teheran und Peking zahlreiche Abkommen abgeschlossen worden, um die Infrastruktur im Iran zu modernisieren und weitreichend auszubauen.

Hierzu gehören neben Straßenbauprojekten vor allem auch Investitionen in einen Ausbau der Bahn- und Hafeninfrastruktur des Irans. Dass der Iran inzwischen zu einem der größten Erdöllieferanten der Volksrepublik China aufgestiegen ist, wird naturgemäß vor allem in der amerikanischen Hauptstadt Washington mit Argwohn beobachtet.

Denn mehr und mehr wird deutlich, dass die gegenüber der Teheraner Regierung verhängten Sanktionen kaum irgendeinen Einfluss auf eine angedachte Beschränkung des iranischen Erdölhandels ausüben.

China scheinen die durch Washington gegenüber dem Iran verhängten Sanktionen wenig bis überhaupt nicht zu interessieren, sodass der Löwenanteil des auf hoher See transportierten und in diesem Zuge umdeklarierten Erdöls in Erdöllagern und Raffinerien der Volksrepublik China landet.

Ohnehin ist der Einfluss der Pekinger Regierung auf die politischen Geschehnisse im Iran nach der Unterzeichnung des Iran-China 25-Year Comprehensive Cooperation Agreement enorm gewachsen.

Unter westlichen Beobachtern und Kommentatoren wird inzwischen nämlich davon ausgegangen, dass Peking bei wichtigen politischen Entscheidungen im Iran mitspricht und über manche Dinge und Ereignisse sogar Kontrolle ausübt.

Ähnliche Entwicklungen scheinen die Dinge jetzt auch im benachbarten Zweistromland zu nehmen, wo die Volksrepublik China sich allen voran zu einem Bau von Infrastruktur gegen Erdöl- und Gaslieferungen seitens des Iraks verpflichtet hat.

Mancherorts ist längst schon die Frage aufgekommen, wie lange es noch dauern wird, bis aus dieser wirtschaftlich-strategischen Kooperation auch eine Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet zwischen der Volksrepublik China auf der einen sowie dem Irak und dem Iran auf der anderen Seite werden könnte.

Oder anders ausgedrückt: Wie lange mag es noch dauern, bis die Pekinger Regierung zur Wahrung und Sicherung von in diesen Ländern neu gebauter und/oder modernisierter Infrastruktur ankündigen wird, zukünftig eigene Militärbasen in der Region unterhalten zu wollen?!!

Denn mit dem Bau neuer Infrastruktur und/oder deren Modernisierung investiert China hohe Milliardenbeträge im Mittleren Osten. Deutlich wird dieser Aspekt beispielsweise auch an der jüngsten Genehmigung der Bagdader Regierung zur Errichtung von neuer Infrastruktur in einem finanziellen Umfang von mehr als 700 Millionen US-Dollar in der südirakischen Stadt Al-Zubair (unweit von Basra).

Fast zum selben Zeitpunkt wurde ein chinesisches Unternehmen durch die Regierung in Bagdad mit dem Bau eines neuen Zivilflughafens in der Region beauftragt. An diesen neu entstehenden Zivilflughafen sollen neben der Stadt Nassirija auch zahlreiche umliegende Erdöl- und Gasfazilitäten mittels eines Baus von neuen Straßen angebunden werden.

In der weiter oben schon einmal erwähnten Irak-China Rahmenvereinbarung wurde überdies festgehalten, dass dem unweit von Nassirija gelegenen Zivilflughafen in der Zukunft auch eine militärische Komponente zuteil werden könnte.

Auch wenn irakische Zentralregierungen in Bagdad nach Nationalwahlen wechseln, würde eine solche Entwicklung keinerlei Einfluss auf die bestehenden Vereinbarungen zwischen beiden Ländern ausüben.

Peking braucht es also nicht zu kümmern, wer zu welchem Zeitpunkt in Bagdad das politische Sagen hat, um mit einer Umsetzung der eigenen Pläne und Ziele im Zweistromland voran zu schreiten.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite thediplomat.com aus dem vergangenen Jahr.


Die heutigen Ausführungen werden in einem zweiten Teil fortgesetzt. Eine finale Einschätzung zu den aktuellen Entwicklungen erfolgt zu diesem Zeitpunkt.

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