In der vergangenen Woche hat die Europäische Union die eigenen Ambitionen bekräftigt, das bislang härteste Sanktionspaket gegenüber der Russischen Föderation seit dem militärischen Einmarsch von russischen Truppen in die Ukraine zu verabschieden.

Nur Ungarn soll als einziges Mitgliedsland der Europäischen Union von dem Verbot einer Einfuhr russischen Erdöls ausgenommen bleiben. Neben einem Öleinfuhrembargo soll es zudem auch Versicherungsunternehmen verboten werden, Ölfrachttransporte der Russischen Föderation in der Zukunft gegen Unfälle oder sonstige Eventualitäten zu versichern.

Auf diese Weise wird ein neuer Versuch unternommen, der Kreml-Regierung Einnahmen aus dem Verkauf von wichtigen Rohstoffgütern in der Hoffnung auf eine baldige Beendigung des Krieges in der Ukraine vorzuenthalten.

Russlands Rohöltransporte sollen zum Erliegen gebracht werden

Das in den nächsten Tagen zu verkündende Sanktionspaket soll insbesondere international agierende Öltransportschiffe und Super-Tanker, die russisches Erdöl in alle Welt verschiffen, mit einbeziehen.

Die hiermit verbundene Hoffnung fußt auf der Annahme, dass sich die Russische Föderation unter Berücksichtigung dieser Maßnahmen nicht mehr dazu in der Lage sehen wird, Kunden auf dem asiatischen Kontinent mit Erdöl zu beliefern.

Immerhin versichern europäische Unternehmen einen Löwenanteil des internationalen Erdöltransportgeschäfts. Zahlreiche Kritiker dieser Maßnahmen zweifeln unterdessen an den Erfolgsaussichten dieses neuen Sanktionspakets.

Denn vielerorts wird davon ausgegangen, dass die Russische Föderation diesen absehbaren Entwicklungen abermals vorauszueilen scheint. Andernorts wird ganz offen die Frage gestellt, weswegen das neue Sanktionspaket von mehr Erfolg gekrönt sein sollte als die zuvor bereits beschlossenen Sanktionsmaßnahmen?!

Sieht sich Russland abermals gut vorbereitet auf neue EU-Sanktionen?

Denn Transportunternehmen und Schifffahrtsfirmen verfügen über eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um die Herkunft des durch sie transportierten Erdöls zu verschleiern. Und so heißt es in einem kürzlich publizierten Bericht des Wall Street Journals, dass Ölproduzenten in der Russischen Föderation den durch die Europäische Union zu beschließenden Sanktionen um eine Nasenlänge voraus seien.

In diesem Bericht wird unter anderem dargelegt, dass sowohl Transporteure als auch Händler bereits seit dem Beginn des Einmarschs russischer Truppen in die Ukraine daran arbeiteten, die Herkunft von Erdöl aus Russland zu verschleiern, um diese Transporte aufrechtzuerhalten.

Unter anderem wird russisches Erdöl zu diesem Zweck in Raffinerieprodukte wie Benzin und Diesel oder verschiedene Chemikalien umgewandelt. Des Weiteren wird aus der Russischen Föderation stammendes Erdöl auf hoher See auf andere Schiffe umgeladen.

Eines solchen Mittels hatten sich zuvor auch schon die beiden durch die US-Regierung sanktionierten Nationen Venezuela und Iran erfolgreich bedient. Laut Experten komme es insbesondere vor der westafrikanischen Küste, im Schwarzen Meer oder dem Mittelmeer zu solchen Frachtumladungen.

Selbst Schifffahrtsunternehmen geben unter Bezugnahme auf den Bericht im Wall Street Journal offen zu, dass das – hin und wieder sogar mehrfach – umgeladene Erdöl hernach in die Volksrepublik China, nach Indien oder in den Westen der Europäischen Union verschifft wird.

Russlands Erdölexporte steigen schon wieder…

ach einem Rückgang im März sind die russischen Erdölexporte in den Folgemonaten laut aktuellen Daten der Internationalen Energieagentur wieder angestiegen. Die sich mit jenen durch die Vereinigten Staaten und deren westliche Partnerländer verhängten Sanktionen haben sich bis dato also nicht erfüllt.

Im Gegenteil sind die russischen Erdölexporte zuletzt wieder um mehr als 600.000 auf 8,1 Millionen Fass pro Tag geklettert. Damit haben die russischen Rohölexporte fast wieder die vor Kriegsbeginn in der Ukraine zu beobachtenden Niveaus erreicht.

Indien avanciert zu einem Schlüsseldrehkreuz für russisches Erdöl

Als interessant erweist sich die Tatsache, dass ein großer Teil dieser Ausfuhren mittlerweile an den indischen Subkontinent geliefert wird. Rückblickend auf den Monat März wurde bereits deutlich, dass die indische Regierung seitdem großes Interesse daran gezeigt hat, trotz der westlichen Sanktionen in der Zukunft mehr russisches Erdöl zu importieren.

Zu diesem Zweck haben beide Nationen in der Zwischenzeit auch ein neues Handels- und Transaktionssystem aus der Taufe gehoben, um deren bilateralen Handel zukünftig unter Umgehung des US-Dollars auf Basis der indischen Rupie und/oder des russischen Rubels abwickeln zu können.

Seitdem hat sich Indien zu einem Schlüsseldrehkreuz für Erdöl aus der Russischen Föderation entwickelt. Aktuelle Ölmarktdaten legen Zeugnis hierüber ab. Danach sind die indischen Importe von russischem Erdöl seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine förmlich durch die Decke geschossen.

Waren es zuvor gerade einmal dreißigtausend Fass Rohöl pro Tag, die Indien aus Russland importierte, so ist Indiens Einfuhrvolumen zuletzt auf rund 800.000 Fass Rohöl pro Tag explodiert.

Und warum auch nicht? Schließlich bietet die Russische Föderation „befreundeten Nationen“ wie Indien und China russisches Erdöl zu teils sehr lukrativen Sonderkonditionen an, was bedeutet, dass diese Länder gegenüber anderen internationalen Käufern bevorzugt werden und in diesem Zuge großzügige Rabatte eingeräumt bekommen.

Schon seit einiger Zeit wird deutlich, dass insbesondere Konkurrenten wie die Europäische Union, in deren Gefilden Rohöl, Gas, Benzin, Diesel und Kerosin immer teurer werden, an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den BRICS-Staaten zu verlieren drohen.

EU dreht sich selbst den (Energie-)Saft ab

Denn trotz der im Westen vorherrschenden Träume von einer sich intensivierenden Nutzung von grün-alternativen Energieformen zeigt sich in der Realität, dass fossile Brennstoffe wohl noch über einen recht langen Zeitraum als primäre Energieträger en vogue bleiben werden.

Indem sich Wirtschaftsräume wie die Europäische Union selbst von diesen kostbaren Gütern abschneiden und diese Produkte sich in deren Gefilden auf eine zunehmende Weise verteuern, erfreuen sich aufstrebende Wirtschaftsräume wie Indien, China oder Brasilien hingegen an teilweise sehr günstigen Energieeinfuhren aus der Russischen Föderation.

Da sich Energieprodukte, gleich welcher Art, als wichtigster Input in der Herstellung von Produkten und Gütern aller Art erweisen, fällt es nicht sonderlich schwer sich vorzustellen, wie insbesondere die BRICS-Staaten von der aktuellen Situation profitieren.

Indien schlägt Kapital aus dem Handel und Wiederverkauf von russischem Erdöl

Beobachten lässt sich, dass beispielsweise eine Raffinerie im Eigentum des indischen Energieriesen Reliance Industries Limited allein im Monat Mai sieben Mal mehr Rohöl aus der Russischen Föderation als im Vergleich zu Zeiten vor Beginn des Krieges in der Ukraine gekauft hat.

Das Wall Street Journal nimmt Bezug auf die Analysefirma Kpler, laut der die russischen Erdöleinfuhren inzwischen einen Anteil von zwanzig Prozent an allen Rohölimporten Indiens erreicht haben.

Zu diesem Zweck habe Reliance Industries Limited unter anderem einen Öltanker gechartert, der insbesondere mit der Benzinkomponente Alkylat beladen worden sei. Im Fall von Alkylat handelt es sich um eine wichtige petrochemische Komponente, die sich weltweit einer hohen Nachfrage erfreut.

Im April habe der Tanker einen der größten indischen Häfen verlassen, ohne dabei eine bestimmte Destination anzugeben. Nur drei Tage später seien diese Daten nach Auslaufen des Schiffes dann angepasst worden, um einen Hafen in den USA anzusteuern, wo die geladene Fracht dann Ende Mai auch in New York gelöscht worden sei.

An diesem Beispiel zeigt sich, dass rabattiertes Rohöl und verschiedene Destillate nicht nur für einen Einsatz in der heimischen Wirtschaft vorgesehen sind. Vielmehr schlägt eine Firma wie Reliance Industries Limited hieraus Kapital, indem aus Russland mit Rabatt importiertes Erdöl in Indien raffiniert wird, um hernach verschiedene Destillate an den Spotmärkten zu veräußern, wo sich augenscheinlich auch sehr schnell Käufer – wie in diesem speziellen Fall in den USA – finden.

Umladungen auf hoher See nehmen rasant zu

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass immer mehr Schiffe ihr GPS-System ausschalten, um eine Zahlung von hohen Versicherungsprämien zu vermeiden. Hierauf erfolgt ein Anlaufen von Super-Tankern auf hoher See. Zu diesen Supertankern gehört beispielsweise auch das Schiff Lauren II.

Im Fall von Lauren II handelt es sich um einen chinesischen Super-Tanker, der rund zwei Millionen Fass Rohöl in seinem Bauch zu verstauen weiß. Solange die Volksrepublik China und Indien sich dazu bereit zeigen, sich nicht jenen durch den Westen verhängten Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation anzuschließen, wird russisches Erdöl auch weiterhin transportiert und an den verschiedensten Orten der Welt entladen werden.

Aus Perspektive der Europäischen Union haben Aktivitäten dieser Art einen sehr schalen Beigeschmack, da immer mehr international aktive Transporteure auf eine solche Weise russisches Erdöl nach China oder Indien – anstelle der Europäischen Union – verschiffen.

Der sich hieraus ableitende Nebeneffekt geht mit beständig steigenden Energiepreisen in der Europäischen Union einher. Letztendlich werden die Energiepreise aufgrund der westlichen Sanktionen auf eine solch enorme Weise in die Höhe getrieben, dass die Russische Föderation trotz einer Gewährung von Rabatten gegenüber „befreundeten Nationen“ immer mehr Geld aus dem Verkauf und Handel mit Rohöl einnimmt.

Anhand dieser Entwicklung zeichnet sich immer klarer ab, mit welch einem Irrsinn die durch die USA und den Westen verhängten Sanktionen gegenüber Russland einhergehen. Der Wille und Wunsch „irgendetwas zu unternehmen“ ist auf der politischen Bühne westlicher Länder derart ausgeprägt, dass die verantwortlichen Politiker der Kreml-Regierung finanziell in die Tasche arbeiten anstatt einfach überhaupt nichts zu tun – was wahrscheinlich das Beste wäre.

Nachdem sich durch das Wall Street Journal in der vergangenen Woche gestreute Gerüchte in Bezug auf einen potenziellen Ausschluss der Russischen Föderation aus der Organisation OPEC+ erwartungsgemäß als unbegründet erwiesen haben, zeichnet sich anstelle dessen eine zukünftige Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Saudi-Arabien und Russland ab.

Nicht nur im Rahmen des letztwöchigen Treffens der Mitgliedsländer der OPEC+, sondern auch angesichts des jüngsten Staatsbesuchs des russischen Außenministers Sergei Lawrow in Saudi-Arabien bei dessen saudischen Amtskollegen Prinz Faisal bin Farhan wurde diese Tatsache deutlich.

Die beiden Außenminister machten explizit auf die stabilisierenden Effekte, welche eine sich vertiefende Zusammenarbeit zwischen der Russischen Föderation und Saudi-Arabien auf die internationalen Erdölmärkte ausübe, aufmerksam.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite von mishtalk.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Entgegen den Forderungen der Internationalen Energieagentur, der US-Regierung und der Europäischen Union haben Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate abermals bekräftigt, deren Ölförderquoten in der Zukunft nicht ausweiten und erhöhen zu wollen.

Daran ändere auch die in der letzten Woche getroffene Entscheidung, in den Sommermonaten Juli und August knapp 650.000 Fass Öl pro Tag mehr zu fördern, nichts. Dies ließ sich unter anderem an dem auf diese Entscheidung zu beobachtenden Anstieg der Rohölpreise ablesen.

Allgemein wurde darauf gehofft, dass eine kurzfristige Förderanhebung durch die OPEC+ sinkende Rohölpreise an den internationalen Märkten zur Folge haben würde. Insbesondere aus Sicht der Europäischen Union verbinden sich vor dem Beginn der Sommerreisesaison keine guten Neuigkeiten mit dieser Entwicklung.

In Deutschland zeigt sich beispielsweise, dass die ab dem 1. Juni einsetzende Senkung der Tank- und Benzinsteuern bislang kaum einen Beitrag geleistet hat, um die Treibstoffpreise an den heimischen Tankstellen spürbar zu senken.

Währenddessen wird nach wie vor russisches Rohöl an den internationalen Märkten gehandelt und findet dort eine Reihe von dankbaren Abnehmern. Von den unterdessen stark steigenden Energiepreisen profitieren nicht nur russische Unternehmen und die Kreml-Regierung selbst, sondern auch Wiederverkäufer wie Reliance Industries Limited, die sanktioniertes russisches Öl in Form von Destillaten unter hohen Gewinnmargen in die USA und die EU verschiffen.

Wer kritisch auf die aktuelle Situation blickt, wird sich darüber gewahr werden, dass dies nicht der Weisen letzter Schluss sein kann. Wenn an den durch die westlichen Industrieländer getroffenen Entscheidungen sich überhaupt irgendein Beschluss als weise bezeichnen lässt, was letzten Endes jedermann für sich selbst entscheiden darf!

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