Im heutigen Bericht soll ein Blick nach Venezuela geworfen werden. Immerhin befand sich das südamerikanische Land über den Verlauf der letzten sieben Jahre in einer Rezession, die gleichzeitig mit einer Hyperinflationierung des venezolanischen Bolivars einherging.

Zu Jahresbeginn gab die Central Bank of Venezuela (BCV) nun bekannt dass die Nation auf Basis der zuletzt von der Inflationsfront eingehenden Daten den Zustand der Hyperinflation hinter sich gelassen habe.

Unter Bezugnahme auf offizielle Statistiken der BCV sollen die Inflationsdaten im Land über die vergangenen zwölf Monate jeweils unter der Schwelle von fünfzig Prozent gelegen haben. Im Dezember 2021 sei zudem eine relativ moderate Inflationsrate in Höhe von 7,6 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr gemessen worden.

Auch über den Verlauf der vergangenen vier Monate sei eine prozentual jeweils einstellige Inflationsrate gemessen worden. Letztmalig sei eine oberhalb von fünfzig Prozent liegende Inflationsrate im Dezember 2020 in Höhe von 77,5 Prozent gemessen worden.

Nichtsdestotrotz lag die Inflation in Venezuela im Gesamtjahr 2021 noch immer bei 686,4 Prozent, woraus gegenüber dem Vorjahr, in welchem dieser Wert bei 2.959,8 Prozent gelegen hatte, eine Verbesserung der allgemeinen Lage resultiert.

Nach sieben Jahren eines permanenten Wirtschaftsniedergangs bestünde laut BCV auch eine reelle Chance darauf, die Rezession demnächst hinter sich zu lassen. Die Dinge sollten jedoch stets in ein richtiges Verhältnis gesetzt werden, wenn bedacht wird, dass die Wirtschaft des Landes im Verlauf der vergangenen sieben Jahre um knapp achtzig Prozent geschrumpft war. Die BIP-Daten für das Jahr 2021 sind hierin noch nicht enthalten.

Venezolaner bekommen Teuerung in vielerlei Bereichen nach wie vor stark zu spüren

Wer ein wenig tiefer in die vermeldeten Inflationsdaten einsteigt, erkennt, dass die Teuerung in einigen wichtigen Bereichen der Wirtschaft nach wie vor anhält. So lag die Teuerung vor allem im Bereich von Dienstleistungen rund um die Immobilienmärkte zuletzt bei knapp 1.500 Prozent.

Auch im Bereich der Ausstattungs- und Einrichtungsgüter erreichte die Teuerungsrate einen Wert von knapp 1.225 Prozent. Die Bildungskosten kletterten um mehr als 1.100 Prozent, während sich Telefondienstleistungen ebenfalls um knapp 1.100 Prozent verteuerten. Weitere Bereiche, die sich nach wie vor stark betroffen sehen, sind der Transportsektor (952 Prozent), Bekleidung und Schuhe (928 Prozent) sowie der Freizeitbereich (822 Prozent).

Allein anhand dieser Daten zeigt sich, dass weite Teile der venezolanischen Bevölkerung bislang noch kaum etwas von einer rückläufigen Teuerungsrate verspüren. Nichtsdestotrotz wird davon ausgegangen, dass die Inflation im zweiten Halbjahr weiter rückläufig sein wird, da das Kabinett von Staatspräsident Nicolás Maduro Sparanstrengungen angekündigt hat.

Neben den zuletzt angekündigten Austeritätsmaßnahmen seien zudem eine Reihe von Faktoren für einen Rückgang der heimischen Inflation auszumachen. Allen voran zählten hierzu weitläufige Restriktionen in der Vergabe von Bankkrediten, gesunkene öffentliche Ausgaben auf Bolivar-Basis, ein höherer Anteil an ausländischen Währungen im Bereich einer Bezahlung von Lieferanten sowie ein voranschreitender Dollarisierungsprozess.

Wechselkursrate des Bolivars ist endlich stabiler

In diesem Zuge sei es gelungen, die Wechselkursrate des venezolanischen Bolivars endlich zu stabilisieren, womit auch in die Bepreisung von Gütern und Dienstleistungen wieder mehr Stabilität Einzug gehalten habe. Ferner habe die BCV über den Verlauf der letzten Monate in einem hohen Maße an den Währungsmärkten interveniert, um den Bolivar gegenüber dem US-Dollar so stabil wie möglich zu halten.

Auffällig ist, dass trotz allem ein hoher Anteil der im Land ausgeführten Zahltransaktionen nach wie vor auf Basis von ausländischen Währungen, insbesondere des US-Dollars, sowie Kryptowährungen durchgeführt werden.

Venezuelas Regierung macht für den Absturz der heimischen Wirtschaft bei gleichzeitigem Ausbruch einer Hyperinflation allen voran das Ausland verantwortlich. Die sich gegen das südamerikanische Land und dessen Bevölkerung richtenden Aggressionen (aka Sanktionen) seitens der USA, Kanadas, der EU und Großbritanniens hätten hauptsächlich zu dieser Lage beigetragen.

Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte…

Wie wir alle wissen, liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte, da in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführt werden muss, dass die unter dem inzwischen verstorbenen Präsidenten Hugo Chavéz verfolgte Politik eines durch dessen Regierung permanent ausgeweiteten Wohlfahrtsstaates und die damit verbundenen Defizite irgendwann zu Problemen führen musste.

Da dessen Amtsnachfolger Nikolás Maduro trotz sichtbarer Zeichen für das Zusammenbrauen von massiven Fiskalproblemen keine Kehrtwende vollzogen hatte, ist es angesichts der erfolgten Zerstörung der venezolanischen Wirtschaft komfortabel, allein das Ausland für diesen Zustand verantwortlich zu machen.

Noch immer verlassen Tausende Einwohner das Land und begeben sich auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in die südamerikanischen Nachbarstaaten oder schließen sich den Trecks an, die in Richtung der mexikanisch-amerikanischen Grenze ziehen.

Eine ohnehin schlimme Wirtschaftslage wurde dann noch anhand von Sanktionen gegen das Land verschärft. Die nun durch die Regierung verkündeten Austeritätsmaßnahmen sollen vor allem Mitarbeiter im staatlichen Ölsektor betreffen, deren Gehälter im laufenden Jahr nach unten angepasst werden sollen.

Von einem Extrem ins nächste?

Es lässt sich leichterdings vorstellen, zu welchen Konflikten Entscheidungen dieser Art in naher Zukunft führen werden. Venezuela sollte darauf bedacht sein, nicht von einem Extrem ins nächste zu verfallen, heißt, die Inflation zu zügeln, um daraufhin einer Deflation anheim zu fallen, in deren Zuge dem Rest der noch verbliebenen Wirtschaftssubjekte das Licht ausgeknipst würde.

Nach wie vor stellt sich die Frage, ob die Situation und die Entwicklungen in Venezuela nicht als eine Art Blaupause für den Rest der Welt dienen könnten, um sich vorzustellen, was wohl geschehen könnte, falls die Dinge an den internationalen Finanzmärkten aus dem Ruder laufen sollten, worauf Zentralbanken – allen voran die Fed in den USA – ihre Geldschleusen trotz hoher Inflation wahrscheinlich abermals weit öffnen würden.

Rückt Venezuela demnächst mit ins Zentrum der geopolitischen Entwicklungen?

Szenenwechsel. Es soll in der Folge noch ein wenig auf die Außen- und Geopolitik geblickt werden, in deren Zentrum Venezuela unter Umständen bald rücken könnte. Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen der NATO und der Russischen Föderation scheint sich der Moskauer Kreml inzwischen des Slogans „Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig“ zu bedienen.

Hatte die Moskauer Regierung den Vereinigten Staaten und der NATO bislang vorgeworfen, einen Cordon Sanitairé rund um das eigene Land zu errichten, so wächst in Moskau wohl ganz offensichtlich die Absicht, sich ab einem bestimmten Zeitpunkt ebensolcher Mittel zu bedienen, um Amerika in der Zukunft unter Umständen näher auf die Pelle zu rücken.

Erwägt Russland den Aufbau von eigener Militärinfrastruktur in Kuba und Venezuela?

Am Donnerstag der vergangenen Woche teilte der stellvertretende Außenminister Russlands, Sergej Rjabkow, nach den inhaltlich stagnierenden Verhandlungen zwischen den USA und Russland über das zukünftige Schicksal der Ukraine mit, dass das russische Militär eigene Militärinfrastruktur in Kuba und Venezuela errichten könnte, um dorthin auch Truppen zu entsenden.

Summa summarum würde eine solche Entwicklung mit einer potenziellen Inbetriebnahme von russischen Militärbasen in den beiden lateinamerikanischen Nationen einhergehen.

Verwundern würde es, wie in der Vergangenheit gemutmaßt, wohl kaum, falls es tatsächlich hierzu kommen sollte, dann nämlich, wenn die Moskaus politische Führung es ernst damit meinen sollte, die Washingtoner Regierung einmal selbst fühlen zu lassen, was es bedeuten würde, russische Streitkräfte in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Vereinigten Staaten stationiert zu wissen.

„Es ist nichts beschlossen, jedoch auch nichts auszuschließen…“

In einem Interview gegenüber dem russisch-sprachigen Privatsender RTVi erklärte Sergej Rjabkow am vergangenen Donnerstag im Wortlaut wie folgt:

Ich möchte in dieser Angelegenheit nichts bestätigen, ebenso wenig wie ich irgendeine Entwicklung ausschließen will…Letztendlich wird (unser Handeln) von den Maßnahmen unserer amerikanischen Kollegen abhängen.“

Ergänzend teilte Sergej Rjabkow mit, dass Staatspräsident Wladimir Putin in jüngster Vergangenheit wiederholt zu diesem Thema Stellung bezogen habe, um zu erläutern, wie die Reaktion der russischen Marine aussehen könnte, falls das eigene Land in einem wachsenden Ausmaß provoziert und der militärische Druck auf die Russische Föderation durch den Westen erhöht werden sollte.

Bereits im Dezember geisterten Erinnerungen an die einstige Kuba-Krise durch die Medien

Bereits im Dezember letzten Jahres hatte Sergej Rjabkow öffentlich erklärt, dass es in den bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation zu einer ähnlichen Situation wie seinerzeit im Jahr 1962, der sogenannten Kuba-Krise, kommen könnte.

Mit Blick auf die aktuelle Lage in der Ukraine schloss Sergej Rjabkow in der letzten Woche weitere Verhandlungen mit dem Westen vorerst aus, solange die Ersuchen Russlands durch die Washingtoner Regierung und die NATO nicht adäquat adressiert würden.

Moskau drängt den Westen zu einer Rückversicherungserklärung

Primär verfolgt die Moskauer Regierung das Ziel, die NATO zur Abgabe einer verbindlichen Rückversicherungserklärung zu animieren, welche eine potenzielle Aufnahme von weiteren Nationen in Osteuropa und im Kaukasus in das westliche Militärbündnis – samt einer Stationierung von Truppen und Raketen an Russlands Westgrenzen – zukünftig ausschließen würde.

In Moskau ist eine solche Rückversicherungserklärung inzwischen zur Priorität Nummer 1 in Bezug auf eine Aufrechterhaltung der eigenen Sicherheitsinteressen in der Region stilisiert worden, während die NATO diese Forderung unter der Maßgabe von sich weist, sich die eigenen Strategien samt Aufnahmebereitschaft von weiteren Nationen nicht durch den Moskauer Kreml diktieren lassen zu wollen.

Über manche Aspekte darf gerne gesprochen und verhandelt werden

Immerhin hatte die stellvertretende US-Außenministerin und Verhandlungsführerin der US-Regierung im anhaltenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, Wendy Sherman, zuletzt mitgeteilt, offen für Diskussionen im Hinblick auf eine Stationierung von Raketen auf dem europäischen Kontinent zu sein.

Auch reziproke Schritte in Bezug auf die Größe und den Umfang von Militärübungen sowie eine zunehmende Transparenz auf dem Gebiet von militärischen Entscheidungen sähen sich hierin eingebunden.

Eine Reaktion Amerikas würde nicht lange auf sich warten lassen

Amerikas nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan reagierte prompt auf die jüngsten Aussagen von Sergej Rjabkow. Danach habe es sich im Hinblick auf eine potenzielle Errichtung von russischer Militärinfrastruktur in Lateinamerika samt einer Entsendung von Truppen in diese Region zu keinem Zeitpunkt um einen Tagesordnungspunkt auf der Agenda der strategischen Verhandlungen zwischen den USA und Russland in Genf gehandelt.

Sollte sich die Russische Föderation zu einem solchen Schritt entschließen, werde Amerika auf diese Entwicklung mit aller Entschlossenheit reagieren, so Sullivan. Wie eine Reaktion und Antwort Amerikas auf eine solche Situation aussehen könnte, ließ Sullivan allerdings (bislang) offen.

Diese Zusammenfassung von Roman Baudzus für CK*Wirtschaftsfacts basiert auf einem Bericht auf der Finanzseite Zerohedge, der durch den Autor mit Blick auf die Inflationsentwicklung thematisch erweitert und gedanklich ergänzt wurde.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Nach wie vor werden an den Finanzmärkten wachsende Risiken im geopolitischen Bereich ausgeblendet, was die Frage aufwirft, ob eine solche Haltung angesichts der sich zunehmend verhärtenden Fronten zwischen dem Westen auf der einen sowie der Russischen Föderation und der Volksrepublik China auf der anderen Seite tatsächlich vorausschauend und klug sein kann.

Zumindest an den Märkten für Credit Default Swaps (CDS) scheint sich hieran soeben etwas zu ändern, da die russischen CDS – allerdings noch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß wie im März 2020 – abzuheben beginnen.

Ob Russland eine potenzielle Errichtung von eigener Militärinfrastruktur in Venezuela und Kuba nun ernst meint, um ein Druckmittel in den Verhandlungen mit dem Westen in der Hand zu haben, oder nicht, und es sich somit nur um einen Bluff handeln würde, bleibt indes abzuwarten.

Zusammenfassend sei nochmals gesagt, dass die geopolitischen Entwicklungen meiner Ansicht nach an den Finanzmärkten zu kurz kommen, da aktuell kaum etwas bis überhaupt nichts darauf hindeutet, als ob sich die Lage zwischen dem Westen auf der einen sowie Russland und China auf der anderen Seite demnächst entspannen könnte.

Viel eher sollte eine weitere Eskalation dieser Spannungen mit einkalkuliert werden, in die selbstverständlich auch Nationen an der Peripherie dieser beiden Blöcke, siehe Kasachstan, verstärkt mit hineingezogen zu werden drohen. Ob angesichts dieser Gefahren irgendetwas in die aktuellen Kurse an den Börsen eingepreist ist, wage ich zu bezweifeln.

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