China am Pranger – Kritik an massiver Kreditvergabe

Trotz allem lassen internationale Institutionen – wie zuletzt schon die Weltbank – keine Chance verstreichen, um die Pekinger Führung für ihre Handlungsweise an den Pranger zu stellen. Es wurde nämlich betont, dass die jüngst ergriffenen Maßnahmen die Chance auf eine Schuldenkontrolle unter aller Voraussicht unterminieren werden. Die strukturellen Probleme und Schieflagen in Chinas Wirtschaft würden sich auf diese Weise nur noch verschlimmern.

Es mag ja alles richtig sein, doch es stellt sich die Frage, warum es ausgerechnet China ist, das im Angesicht eines globalen Wirtschaftsabschwungs für seine Kreditflutungsmaßnahmen öffentlich kritisiert wird, während die größte Schuldnernation in der Menschheitsgeschichte, namentlich die Vereinigten Staaten, in den kommenden Jahren allein mehr als $1 Billion in Form von Regierungshaushaltsdefiziten (PRO Jahr!) auftürmen werden?!!    

China öffnet die Geldschleusen und hofft dem Abschwung zu entgehen

Ähnlich wie auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise und darauf folgend im Jahr 2015 hat die Pekinger Regierung ein weiteres Mal Fiskalstimulierungsmaßnahmen verabschiedet, während die People´s Bank of China das heimische Finanzsystem zu Jahresbeginn massiv mit Geld und frischen Krediten geflutet hat. In Peking wird darauf gehofft, den wirtschaftlichen Abschwung aufhalten zu können.

Trotz allem sehen aktuelle Prognosen des Internationalen Währungsfonds für das laufende Jahr nur noch ein Gesamtjahreswachstum von 6,3% vor. Im Gesamtjahr 2018 wuchs Chinas Wirtschaft mit 6,6%. Es ist nicht nur der sich hinziehende Handelskrieg Chinas mit den USA, sondern auch eine deutlich einbrechende Nachfrage in der Heimat, die unter den Behörden im Reich der Mitte mit Besorgnis registriert wird.   

Anleihen für Lokalregierungen könnten zum Problem werden – Infrastrukturmaßnahmen dürften nur kurzfristig stimulieren

Als schwerwiegend könnte es sich erweisen, dass die Pekinger Zentralregierung es den ohnehin bereits extrem hoch verschuldeten Regierungen auf Lokalebene erlaubt hat, im Jahr 2019 zusätzliche $320 Milliarden in Form von sogenannten Spezialzweckanleihen zu emittieren, um neue Infrastrukturprojekte in ihren Provinzen auf den Weg zu bringen. Ein Vergleich zeigt, dass diese Bondemissionen gegenüber dem Vorjahr um knapp 60% steigen werden.

Wie ich zu einem früheren Zeitpunkt berichtete, schätzte die Ratingagentur S&P im letzten Jahr, dass chinesische Lokalregierungen auf einem versteckten Schuldenberg in Höhe von umgerechnet $6 Billionen sitzen. Bei der OECD wird zwar damit gerechnet, dass die erneut ins Kalkül gezogenen Infrastrukturmaßnahmen das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte kurzfristig stimulieren könnten – dies jedoch zu einem sehr teuer erkauften Preis.

Denn letztendlich würden diese Maßnahmen zu einer Intensivierung der Schieflagen im heimischen System einschließlich einer Verschärfung der Kapitalfehlallokationen führen. Mittelfristig, so die OECD, werde dies zu einem geringeren Wachstum in China führen. Die neuen Stimulierungsmaßnahmen trügen die Gefahr in sich, dass sich die Verschuldungsorgie im chinesischen Unternehmenssektor fortsetzen wird, obwohl sich die Bondausfälle in den vergangenen Monaten und Jahren zu ungeahnten Höhen emporgeschwungen haben.

Weitere Steuersenkungen dürften zu einem Anstieg des Haushaltsdefizits führen

Die seitens Pekings einst propagierte Strategie zum Schuldenabbau werde auf diese Weise ad absurdum geführt. Obwohl die ausstehende Verschuldung in Chinas Unternehmenssektor zuletzt ein wenig gesunken ist, liegt dessen Verhältnis der Verschuldung in Relation zum BIP noch immer bei astronomischen 160%. Peking kündigte im Januar an, den heimischen Firmen Steuer- und Gebührensenkungen in einem Gesamtumfang von knapp $300 Milliarden zukommen zu lassen.

Prognosen sehen vor, dass das Haushaltsdefizit der Zentralregierung in diesem Zuge von 2,6% auf 2,8% in Relation zum BIP klettern wird. Laut OECD könnten sich die nunmehr verabschiedeten Fiskalstimulierungsanreize im laufenden Jahr auf bis zu 4,25% des BIPs belaufen. Liquiditätsprobleme dürften seitens der People´s Bank of China durch eine Öffnung der Geldschleusen – wenn nötig – gelindert werden.  

Neues Kreditvergaberekordhoch wird laut OECD nicht ohne Nebenwirkungen bleiben

Bei der OECD gibt man sich davon überzeugt, dass diese Entwicklung nicht ohne Nebenwirkungen bleiben wird. Daten der People´s Bank of China zeigen, dass die Vergabe von neuen Bankkrediten im März stärker als erwartet gestiegen ist. Im ersten Quartal wurde gar ein neues Kreditvergaberekordhoch in Höhe von umgerechnet knapp $895 Milliarden erreicht.

Es wird wohl daran liegen, dass Peking die heimischen Banken ein weiteres Mal dazu gedrängt hatte, deren Kreditvergabe an finanziell angeschlagene Klein- und Privatfirmen massiv auszuweiten. Folgen dürften nicht nur anhaltende Fehlinvestitionen und wieder aufflackernde Spekulationsgeschäfte sein, sondern auch eine sich fortsetzende Zunahme im Bereich der faulen Kredite.

Billiges Geld hinterlässt bereits erste Spuren auf den Immobilienmärkten

Das viele billige Geld hinterlässt seine Spuren auch bereits an den Immobilienmärkten des Landes. So sind beispielsweise die durchschnittlichen Häuserpreise in den größten siebzig urbanen Zentren Chinas im März um 0,6% gegenüber dem Vormonat geklettert. Schon im Februar kam es auf monatlicher Basis – nach einigen vorherigen Monaten des Abschwungs – zu einem Anstieg von 0,5%.

Zudem hat die People's Bank of China die Mindestreserveanforderungen unter heimischen Banken in den letzten zwölf Monaten fünf Mal gesenkt. Analysten rechnen damit, dass sich diese Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzen wird, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Trotz allem hält die OECD an ihrer Prognose fest, dass sich Chinas Wachstum im laufenden Jahr auf 6,2% und in 2020 auf nur noch 6,0% abschwächen wird.

Aufgrund des Handelskriegs mit den Vereinigten Staaten rechnet die OECD im Jahr 2019 darüber hinaus mit einem anhaltenden Rückgang der chinesischen Exportausfuhren – sowohl in den Bereichen Güter als auch Dienstleistungen. Chinas Leistungsbilanzdefizit könnte im laufenden Jahr ein Minus von 0,1% in Relation zum BIP ausweisen.

Abschließend sei gesagt, dass es aus meiner Sicht schön und empfehlenswert wäre, wenn sich internationale Institutionen wie die OECD auch einmal tiefer in den Finanz-, Verschuldungs- und Unterdeckungsschlamassel in den Vereinigten Staaten hineinbegeben würden, um vor den Konsequenzen einer massiven Schuldenausweitung, finanziellen Kapitalfehlallokationen sowie den Folgen von Billionen US-Dollar schweren Regierungshaushaltsdefiziten bei einer rekordhohen Verschuldung unter Unternehmen und Privathaushalten in den USA zu warnen.

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