Der Ausblick auf eine Verbesserung der Lage im langjährigen Bürgerkriegsland Jemen verbreitet sich. So dankte Rashad al-Alimi, der Vorsitzende des Präsidialen Führungsrats des Jemen, dem Golfkooperationsrat am Montag für dessen konstruktive Rolle in den aktuellen Bemühungen um eine tragfähige Friedensvereinbarung.

Erinnert sei daran, dass eine solche Rhetorik noch nicht allzu lange vorherrscht. Seitdem sich das saudische Königshaus und die Mullahkratie des Irans in einem Prozess der Aussöhnung unter chinesischer Mediation befinden, scheint auch die Wahrscheinlichkeit einer Beilegung des militärischen Konfliktes im Jemen, wie auch in Syrien, zu wachsen.

Gewinner und Verlierer

Syrien, dessen Staatspräsident Baschar al-Assad zuletzt sowohl als Gast in den Vereinigten Arabischen Emiraten als auch in Saudi-Arabien empfangen wurde, ist kürzlich erst wieder in den Kreis der Mitgliedsländer der Arabischen Liga aufgenommen worden.

In der Süddeutschen Zeitung hieß es zu diesen Entwicklungen kürzlich in einer Kolumne wie folgt: Saudi-Arabien zeigt den USA den Stinkefinger. Auch die momentane Zusammenkunft zwischen Rashad al-Alimi und Jasem Mohamed al-Budaiwi, dem Generalsekretär des Golfkooperationsrats, in der saudischen Hauptstadt Riad weist in diese Richtung.

Der Golfkooperationsrat hat seinen Sitz in Saudi-Arabien. Neben den Saudis gehören auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Katar, Oman sowie Bahrain der Organisation an.

Rashad al-Alimi dankte seinen saudischen Gastgebern zudem für deren Bemühungen um den Erhalt der territorialen Integrität seines Landes wie auch deren langjährige Unterstützung im jemenitischen Bürgerkrieg.

Jasem Mohamed al-Budaiwi erklärte hierauf in Reaktion, dass der Golfkooperationsrat die Bemühungen der Vereinten Nationen um eine Beilegung des jemenitischen Konfliktes auf dem Verhandlungsweg unterstütze.

In erster Linie gehe es darum, eine dauerhafte politische Lösung zu finden, mittels welcher die territoriale Integrität des Jemen, ein einvernehmlicher Frieden wie auch die staatliche Souveränität des Landes garantiert werden können.

Größte humanitäre Krise in der modernen Geschichte

Trotz des Ausblicks auf eine sich verbessernde Lage wird die Situation im Jemen durch die Vereinten Nationen bereits seit geraumer Zeit als größte humanitäre Krise in der modernen Geschichte bezeichnet. Seit gut acht Jahren tobt im Jemen nun schon ein Bürgerkrieg.

Seit Frühjahr vergangenen Jahres herrscht ein durch die UNO vermittelter Waffenstillstand im Land, der bis dato mit manchen Ausnahmen gehalten hat. Laut Schätzung der UNO sind im jemenitischen Bürgerkrieg knapp 380.000 Menschen zu Tode gekommen. Hiervon sind vor allem Zivilisten, die unter einer desaströsen Versorgungslage leiden, betroffen.

Obwohl der Waffenstillstand zwischen den durch die Saudis unterstützten Koalitionskräften und die durch den Iran unterstützten Huthi-Rebellen bislang leidlich gehalten hat, erweist sich die allgemeine Lage im Jemen nach wie vor als recht unübersichtlich.

Denn seit dem letzten Jahr ist im Süden des Landes ein neuer Akteur auf den Plan getreten. Hierbei handelt es sich um den Südlichen Übergangsrat (STC), dessen politische Führung eine Abspaltung des Südens vom Rest des Landes einfordert.

Geht es gegen Al-Qaida und die Muslimbruderschaft oder geht es um reine Energieinteressen?

Dem STC wird nachgesagt, durch die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützt zu werden. Im letzten Jahr warnte die Organisation davor, eine neue Bürgerkriegsfront in der Provinz Abjan aufzumachen, um den Südwesten des Landes von Terrororganisationen zu säubern.

Hierunter sollen sich in erster Linie Kämpfer der Organisation al-Qaida befinden, die in Teilen des Jemen wie der besagte Fisch im Wasser unter der örtlichen Zivilbevölkerung wandeln. Im September letzten Jahres war al-Qaida unter anderem ein Schlag gegen eine Garnison des STC gelungen.

Im Herbst letzten Jahres hatten STC-Kämpfer hingegen Geländegewinne nach einer Militäroffensive in der südlichen Provinz Schabwa verzeichnet. Hier sollen es vor Ort überwiegend Mitglieder der Muslimbruderschaft sein, die durch den STC bekämpft werden.

Auch wenn es rückblickend auf die vergangenen acht Jahren besser als jemals zuvor aussieht, um im Jemen einen dauerhaften Frieden zu installieren, so droht die anhaltende Instabilität im Süden des Landes die Bemühungen der Vereinten Nationen mit dem Ziel einer Beendigung des Konfliktes zu torpedieren.

Gleichzeitig wird in Saudi-Arabien darauf gesetzt, dass Jemens Präsidialer Führungsrat, der sich hauptsächlich aus Repräsentanten einer Exilregierung zusammensetzt, in der Zukunft eine führende politische Rolle im Jemen übernehmen wird.

Die Rolle Frankreichs – Verwirrung in den USA

Wie kaum anders zu erwarten sind auch westliche Industrienationen in den jementischen Konflikt involviert. Einerseits liefert beispielsweise Frankreich gezielt Waffen an Saudi-Arabien, die im jementischen Bürgerkrieg zum Einsatz kommen sollen.

Andererseits hieß es in manchen Berichten, dass französische „Sicherheitskräfte“ zusammen mit militärischen Kräften der Vereinigten Arabischen Emirate aktiv in Kommandooperationen im Jemen involviert gewesen sein sollen.

Um in die Vereinigten Staaten von Amerika zu blicken, so wird Joe Biden schon seit einiger Zeit der Vorwurf gemacht, seine ehemaligen Wahlkampfversprechen in Bezug auf den Jemen gebrochen zu haben.

Nichtsdestotrotz mag auch die ehemalige Ankündigung Joe Bidens, Saudi-Arabien für dessen Involvierung in den jementischen Bürgerkrieg zur Verantwortung ziehen zu wollen, zu einer spürbaren Verschlechterung der amerikanisch-saudischen Beziehungen beigetragen haben.

Als Joe Biden im Juli vergangenen Jahres dann kaum mehr etwas anderes übrig blieb, um den saudischen Kronprinz Mohamed bin Salman im Angesicht der Energiekrise im Rahmen eines Staatsbesuchs in Riad persönlich aufzusuchen und zu konsultieren, wurde deutlich, auf eine welch unterkühlte Weise Joe Biden vor Ort damals empfangen wurde.

Eine zuvor getroffene Entscheidung, keine amerikanischen Waffen mehr an Saudi-Arabien zu liefern, wurde seit Beginn des Krieges in der Ukraine dann plötzlich auf die Probe gestellt. Erwartungsgemäß reagierte der ultralinke Flügel der Demokratischen Partei hierauf mit einem Aufschrei der Entrüstung.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch kritisierten Joe Biden ob dessen Entscheidung, überhaupt nach Saudi-Arabien gereist zu sein. Joe Bidens Ersuchen um eine Erhöhung der Erdölförderung durch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate liefen darüber hinaus ins Leere.

Weitläufige Energieinteressen

Um auf die Situation im Jemen zurückzukommen, so scheinen die STC-Kämpfer neben einer Säuberung der südlichen Landesteile von terroristischen Organisationen strategisch auch noch ein ganz anderes Ziel zu verfolgen.

Es sind allen voran Energieinteressen, welche für die militärischen Aktivitäten des STC ausschlaggebend zu sein scheinen. Bereits im August letzten Jahres hatten STC-Kämpfer nach ihrem Einfall in die Provinzen Abjan und Schabwa örtliche Energieförderanlagen unter ihre Kontrolle gebracht.

Insbesondere gegenüber Frankreich sind in den letzten Monaten Vorwürfe laut geworden, aus eigenen Energieversorgungsinteressen zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten die Lage im Süden des Jemen zu destabilisieren.

So soll beispielsweise dem am Golf von Aden lokalisierten Flüssiggaswerk Balhaf eine Militärbasis der Vereinigten Arabischen Emirate angegliedert worden sein, deren „Besatzer“ seitdem jemenitische Flüssiggaslieferungen an Frankreich beaufsichtigen.

Seit Ende letzten Jahres ging die Furcht unter Verhandlungsführern um, dass in den sich im Süden des Landes abzeichnenden Konflikt auch die durch Saudi-Arabien auf der einen und die durch den Iran auf der anderen Seite unterstützten Kräfte mit hineingezogen werden könnten.

China tritt auf den Plan

Wie dem auch sei, auf die aktuelle Lage im Jemen blickend, sorgte eine Meldung aus der vergangenen Woche für internationales Aufsehen. Danach hat die Huthi-geführte Regierung des Jemen eine Absichtserklärung zur Realisierung eines großen Erdölexplorationsgeschäfts mit der Volksrepublik China abgeschlossen.

Erdölminister Ahmed Dares hat ferner die Vertreter von ausländischen Konzernen dazu eingeladen, den Jemen zu besuchen, um sich ein Bild vor Ort über das Investitionspotenzial in die heimische Energiewirtschaft zu machen.

Darüber hinaus warnte die Huthi-geführte Regierung des Landes ausländische Konzerne davor, potenzielle Geschäfte mit Vertretern des durch Saudi-Arabien unterstützten Präsidialen Führungsrats, dessen Mitglieder international als politische Vertretung des Jemen anerkannt werden, abzuschließen.

Wie dem auch sei, so kamen Anfang dieses Jahres Berichte auf, wonach der Iran seine Waffenlieferungen an die Huthis angesichts einer Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Saudi-Arabien eingestellt habe. Hierbei soll es sich um einen Teil der zwischen Saudi-Arabien und dem Iran getroffenen Abmachung handeln.

Anfang März sorgte die Meldung für weltweites Aufsehen, wonach das saudische Königshaus und die Mullah-Führung des Irans sich unter chinesischer Mediation darauf geeinigt hatten, neben einer Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen auch wieder Botschaften im Land des jeweils anderen zu eröffnen.

Unter Bezugnahme auf die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor hegten sowohl Saudi-Arabien als auch der Iran ein großes Interesse an einer zukünftigen Aufnahme in den Kreis der BRICS-Nationen.

Um dieses Ziel zu erreichen, scheinen beide Staatsführungen Bereitschaft dazu an den Tag zu legen, ihre Beziehungen zu normalisieren und ihre Erzrivalitäten beizulegen. In Washington hat diese Entwicklung erwartungsgemäß für Unruhe gesorgt, da es, solange dieser Zustand anhält, schwieriger werden dürfte, die Interessen der Sunniten und der Schiiten im Mittleren Osten gegeneinander auszuspielen.

Seit Jahren haben sich Saudi-Arabien und der Iran einen Stellvertreterkrieg im Jemen geliefert. In diesem Zuge hatten die durch Teheran unterstützten Huthi-Rebellen zuletzt vermehrt auch die Erdölinfrastruktur in Saudi-Arabien mittels Raketen angegriffen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite oilprice.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

„Mit einfachen Gedanken reiste ich in den komplizierten Orient“, wie General Charles de Gaulle zu seinen Lebzeiten befand. An dieser Erkenntnis hat sich bis heute nichts geändert.

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