Nach einem weiteren Treffen zwischen den Militärführungen beider Nationen in der vergangenen Woche sehen die offiziellen Ziele Indiens und Chinas vor, die angespannte Lage in der östlichen Ladakh-Region im Himalaya-Gebirge zu deeskalieren und abzukühlen.

Nachdem es Mitte Juni zu einem direkten Aufeinandertreffen von indischen und chinesischen Grenzsoldaten entlang der höchst umstrittenen Grenzdemarkationslinie in der Region gekommen war, in dessen Zuge zwanzig indische und eine seitens Pekings bislang nicht bestätigte Anzahl an chinesischen Soldaten den Tod fanden, tragen auch offizielle Aussagen wie diese nicht dazu bei, wieder ein Mehr an Vertrauen zu schaffen.

Denn beide Nationen setzen ihren Aufbau von schwer bewaffneten Militärkräften entlang des gemeinsamen Grenzverlaufs unvermindert fort. Für den heutigen Dienstag ist ein drittes Treffen zwischen hochrangigen Militärführern beider Länder geplant, um zu versuchen, den Konflikt auf diplomatischem Weg zu lösen und sich auf gemeinsame Deeskalationsstrategien zu verständigen.

Inzwischen ist bekannt, dass die Volksbefreiungsarmee Chinas Panzereinheiten und schwere Artillerie in die gebirgige Region verlegt hat. Über die vergangenen Wochen aufgenommene Satellitenbilder zeigen, dass sich eine Verstärkung dieser militärischen Einheiten fortsetzt. In Indien wird auf diese Entwicklung reagiert, indem zurzeit Luftabwehr-Raketen entlang des gemeinsamen Grenzverlaufs stationiert werden, wie am Wochenende bekannt wurde.

Das Luftabwehr-System des Typs Akash befinde sich im nördlichen und östlichen Himalaya durch die indische Armee und die indische Luftwaffe in einem schnellen Aufbau, um auf Provokationen jeder Art durch chinesische Kampfhelikopter und/oder Kampfjets reagieren zu können, wie ein indischer Regierungsoffizieller in der Hauptstadt Neu-Delhi bekannt gab.

Die Pekinger Staatsführung zeigte sich in der letzten Woche erbost, nachdem die indische Militärführung den eigenen Truppen im gemeinsamen Grenzverlauf offiziell den Feuerbefehl erteilt hatte. Seitdem dürfen indische Soldaten auf jedwede Weise und in eigenem Ermessen auf potenzielle Aktionen der Volksbefreiungsarmee entlang der zwischen beiden Nationen umstrittenen Demarkationslinie im Himalaya agieren.

   

Laut der indischen Armeeführung erlaubten die „außergewöhnlichen Vorgänge“ ein solches Vorgehen. An den bestehenden Regeln habe sich nichts verändert, doch indische Soldaten seien nun in die Lage versetzt worden, auf jedwede Art der Provokationen durch chinesische Armeekräfte entsprechend zu reagieren, wie der ehemalige indische Generaldirektor für Militäroperationen, Generalleutnant Vinod Bhatia, erklärte.

In der englischsprachigen Global Times hieß es in einem Bericht in Reaktion hierauf, dass entlang der indisch-chinesischen Demarkationslinie im Himalaya-Gebirge „ein zeitlich länger anhaltender Konflikt“ drohe. In diesem Bericht wurde Indien explizit davor gewarnt, dass die Volksbefreiungsarmee auf jede Art der Provokation vorbereitet sei, inklusive eines Einsatzes von schweren Panzern und Kampfflugzeugen. 

Im Angesicht eines möglicherweise zeitlich länger anhaltenden Konflikts, in dem Indien durch die Vereinigten Staaten unterstützt werde, demonstriere das chinesische Militär zurzeit an allen Fronten seine hohe Kampfbereitschaft, wie es weiter heißt.

Angesichts der zum selben Zeitpunkt abgehaltenen Militärübungen im Südchinesischen Meer, in der Nähe Taiwans sowie im chinesisch-indischen Grenzverlauf erweise sich der Versuch Indiens, eigene Vorteile aus einer Unterstützung durch die Vereinigten Staaten zu ziehen als Illusion, wie die Global Times Militäranalysten in Peking zitierte.

In der Zwischenzeit wird das mediale Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas (CCP) nicht müde, ein loderndes Feuer am Glühen zu halten und weitere Drohungen gegenüber der indischen Seite auszustoßen.

   

Unterdessen teilten indische Regierungsquellen unter Bezugnahme auf einen Bericht der ANI News Agency mit, dass die Regierung von Premierminister Modi in Erwägung zöge, 33 neue Kampfjets (einundzwanzig Kampfjets des Typs MIG-29 sowie zwölf Kampfjets des Typs Su-30) aus Russland zu ordern. Hierauf dränge die indische Luftwaffe.

Es soll sich um einen Auftrag in Höhe von umgerechnet knapp 800 Millionen US-Dollar handeln, der durch das indische Verteidigungsministerium unter aller Voraussicht alsbald abgesegnet würde. Bei Forbes heißt es hierzu, dass eine vorgesehene Verstärkung der indischen Luftwaffe durch neues Material aufgrund des Grenzkonflikts mit China erfolge.

Die Volksbefreiungsarmee Chinas ist unterdessen damit beschäftigt, eine hoch im Gebirge gelegene Luftbasis in Tibet, die bislang sowohl zivil als auch militärisch genutzt wurde, auszubauen und zu modernisieren. Fortschrittliche Kampfjets der Typen PLA J-11 und J-16 wurden dort erst kürzlich anhand von Satellitenaufnahmen gesichtet.

Abschließend sei erwähnt, dass die indische Regierung nach der Ankündigung zu einer Einführung von Strafzöllen auf chinesische Produkteinfuhren in einem Umfang von knapp neun Milliarden US-Dollar sowie einem ausgesprochenen Bann gegen die beiden chinesischen Netzwerkausrüster Huawei Technologies und ZTE, nun auch die Nutzung von insgesamt 59 in China entwickelten Apps – einschließlich TikToks – im eigenen Land verboten hat.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Konkret heißt das, dass sich die Gefahr eines Kriegsausbruchs in der Himalaya-Region zwischen Indien und China weiter verschärft, obwohl eine Suche nach diplomatischen Lösungen für diesen Konflikt auf dem Verhandlungsweg noch nicht aufgegeben worden ist.

Es bleibt für den Moment abzuwarten, ob Peking den eigenen Verbündeten Pakistan in der ebenfalls umstrittenen Region Kashmir gegen den indischen Rivalen in Stellung bringen wird, um die indische Armee potenziell an zwei Fronten zu beschäftigen. Ein eskalierender Konflikt zwischen drei Atommächten in der wunderschönen Region des asiatischen Dachs der Welt wäre gewiss das allerletzte, was unser Planet politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich in seinem angeschlagenen Zustand jetzt brauchen würde.

Zuvor veröffentlichte Artikel in dieser Berichtsreihe:

  • 26.05.2020 – <link wirtschaftsfacts beitrag indien-china-neuer-konflikt-droht-warnschuss-in-himalaya-region _blank>Indien & China: Neuer Konflikt droht – Warnschuss in Himalaya-Region

  • 17.06.2020 – <link wirtschaftsfacts beitrag kriegsausbruch-zwischen-indien-und-china-jederzeit-moeglich _blank>Kriegsausbruch zwischen Indien und China jederzeit möglich

  • 19.06.2020 – <link wirtschaftsfacts beitrag indien-zeigt-zaehne-sonderzoll-ankuendigung-und-bann-von-huawei-zte _blank>Indien zeigt Zähne: Sonderzoll-Ankündigung und Bann von Huawei & ZTE

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"