Wie es um den wirtschaftlichen Gesundheitszustand der amerikanischen Landwirte bestellt ist, hatte ich Ihnen in einer Reihe von Berichten zu diesem Thema im Lauf der vergangenen Wochen und Monate vor Augen geführt.

Einfache Rechnung: Sinkende Absätze + steigende Kosten = hohe Verschuldung

Nicht nur, dass die Verkäufe und Absätze der amerikanischen Farmen und Landwirte zuletzt deutlich einbrachen, so zeigt sich zudem auch, dass die Verschuldung im gesamten Sektor inzwischen wieder Niveaus erreicht hat, die letztmals zu Zeiten einer großen Farmkrise zu Beginn der 1980iger Jahre erreicht wurden.

Nicht nur Amerikas Milchbauern leiden massiv unter fallenden Preisen, wie jüngst am Beispiel des US-Bundesstaats Wisconsin skizziert, sondern sehen sich gleichzeitig vielerorts auch mit massiv anziehenden Produktionskosten konfrontiert.

Handelskriegs-Eskalation: Zorn unter Trump-Wählern im mittleren Westen wächst

Betroffen von dieser Situation sieht sich insbesondere das amerikanische Herzland des Mittelwestens, dessen Wahlstimmen Donald Trump zu großen Teilen zu seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 verholfen haben. Viele von Trumps Wählern sehen sich – trotz gegenteiliger Rhetorik ihres Präsidenten – durch die US-Regierung im Stich gelassen.

Und so verwundert es auch kaum, dass es im Zuge eines nun eskalierenden Handelskriegs zwischen den Vereinigten Staaten und China langsam aber sicher zum Ausbruch von Ärger, Zorn und Tumulten im amerikanischen Herzland gegen die Handelsstrategie des Weißen Hauses kommt.   

Agrar-Futures im freien Fall – Sojabohnen-Futures nach Gegenzöllen auf Dekadentief

Einer der Gründe hierfür ist, dass sich die Preise an den Märkten für Agrar-Futures im freien Fall befinden. Ganz besonders hiervon betroffen sind Sojabohnen-Futures, die ihren Abwärtstrend zu Wochenbeginn fortsetzten. Innerhalb der vergangenen 50 Wochen – und somit seit Beginn des Handelskriegs der USA gegen China – sind diese Futures-Kontrakte um 25 % abgestürzt.

Zu Wochenbeginn taumelten Sojabohnen-Futures an der Chicagoer Rohstoffbörse CBOT auf ihr niedrigstes Niveau innerhalb eines Jahrzehnts, nachdem Peking am Montag verlautbarte, Vergeltungszölle auf amerikanische Warenimporte in einem Gegenwert von 60 Milliarden US-Dollar zu erheben.

Bailout-Programm für Bauern reicht hinten und vorne nicht!

Am Freitag vergangener Woche hatte Donald Trump mitgeteilt, die US-Sonderzölle auf chinesische Wareneinfuhren in einem Gegenwert von 200 Milliarden US-Dollar ab sofort von zehn auf 25 Prozent anzuheben. Insbesondere unter Amerikas Landwirten wächst die Furcht, zu den größten Verlierern des eskalierenden sino-amerikanischen Handelskriegs zu avancieren.

Vielerorts – und wie zuvor berichtet– heißt es im amerikanischen Herzland, dass das durch Trump und das Weiße Haus aufgelegte Bailout-Programm zur „Rettung der amerikanischen Bauern“ in einem Gesamtvolumen von zwölf Milliarden US-Dollar von hinten bis vorne nicht ausreiche, um die Absatzausfälle im Landwirtschaftssektor im Angesicht sinkender Preise und steigender Produktionskosten auch nur annähernd zu kompensieren.

Talfahrt hält an – Einbruch der Sojaexporte im laufenden Geschäftsjahr bei 80%

Trotz der Tatsache, dass Amerikas Agrarexporte durch die Anhebung der Vergeltungszölle in China nicht direkt getroffen wurden, da bereits seit vergangenem Jahr Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent auf amerikanische Agrareinfuhren in China erhoben werden, setzt sich die Talfahrt an den Futures-Märkten seit Beginn dieser Woche nahtlos fort.

Am Montag tauchten Sojabohnen-Futures an der CBOT unter die Schwelle von acht US-Dollar pro Bushel ab. Erst im Bereich von 7,80 US-Dollar pro Bushel fand sich daraufhin eine erste Unterstützung. Ob sich die Preise dort jedoch stabilisieren werden, steht bislang vollkommen in den Sternen.

Eine jüngste Auswertung der Handelsdaten hat zum Ergebnis, dass sich die amerikanischen Sojabohnenexporte nach China im laufenden Wirtschaftsjahr, das Ende September endet, um 80 Prozent reduziert haben. Es folgt, was folgen musste - und was ich Ihnen seit Beginn des Jahres 2018 vor Augen zu führen versuchte.

Immer mehr Betriebe vor der Insolvenz – weitere Stornierung möglich

Amerikas Sojabauern schlagen ihre als sicher verkauft geglaubten Ernten nicht mehr los, was in der Folge zu drastisch steigenden Lagerbeständen im Mittelwesten geführt hat. Die meisten Bauern und Landwirte, die bis vor Kurzem noch einen zahlungskräftigen und sicher geglaubten Abnehmer in Asien hatten, verlieren mehr und mehr den Boden unter ihren Füßen.

Resultat ist, dass eine wachsende Anzahl von Farmen und Landwirtschaftsbetrieben in den USA unmittelbar vor der Insolvenz steht. Seitens des US-Landwirtschaftsministeriums wird inzwischen davor gewarnt, dass China die Einfuhr von weiteren knapp 7,5 Millionen Tonnen an Sojabohnen aus den USA im laufenden Jahr stornieren könnte.

Einnahmen kaum abschätzbar - hat Trump sich verkalkuliert?

Ich möchte an dieser Stelle auf die noch immer optimistische Grundhaltung von Präsident Trump zu sprechen kommen. Alles kein Problem, so Trump, kaufen wir unseren Bauern ihre Erzeugnisse eben aus zukünftig zu vereinnahmenden Sonderzöllen einfach ab. Wie hoch diese Einnahmen tatsächlich ausfallen werden, lässt sich momentan überhaupt nicht absehen.

Zweitens zahlen die amerikanischen Verbraucher und Konsumenten über teils deutlich steigende Preise in der Heimat diese Zeche. Und drittens werden sich die Ausfuhren Chinas nach Amerika aufgrund der erhobenen US-Sonderzölle in den kommenden Monaten höchst wahrscheinlich als (teils deutlich) rückläufig erweisen.

Konsum: Wichtigster Wachstumsfaktor wird wahrscheinlich zurückgehen

Im Angesicht von potenziell rückläufigen Exporten Chinas in die USA wird die Staatskasse der US-Regierung sich nicht in jenem Ausmaß über steigende Einnahmen freuen wie zurzeit durch Trump hinausposaunt. All dies ist eine Milchmädchenrechnung, da aufgrund der durch die US-Sonderzölle steigenden Preise in den USA auch mit Rückgängen des inländischen Konsums, von dem die US-Wirtschaft massiv abhängig ist, zu rechnen ist.

Ergo werden auch die Einnahmen der US-Regierung im Bereich der Konsumsteuern sinken. Nach dem Erreichen der nächsten Eskalationsstufe im Handelskrieg, deutete Trump an, amerikanische Agrarprodukte in einem Gegenwert von 15 Milliarden US-Dollar durch die Commodity Credit Corporation, einer zu Zeiten der großen Depression zum Zwecke einer Stabilisierung der Agrarpreise gegründeten Bundesbehörde, aufkaufen zu lassen.

Bauern am Staatstropf: 15 Milliarden-Aufkaufprogramm marginal

So weit, so gut. Beobachter und Analysten weisen allerdings darauf hin, dass es sich im Angesicht der aktuellen Lagerbestände in den USA bei dieser Summe lediglich um einen Tropfen auf den heißen Stein handele. Ein Ankauf von Sojabohnen durch die US-Regierung in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar würde den aktuellen Angebotsüberhang bei Weitem nicht bereinigen.

Machen Sie sich zudem bewusst, dass Amerikas Bauern und Landwirte am Markt aktiv sein wollen, um ihre wirtschaftlichen Erzeugnisse selbst in der Welt an den Mann und die Frau zu bringen. Mehr und mehr Farmer sehen sich nun jedoch – zwangsweise – am Tropf der US-Regierung, was den meisten Marktakteuren überhaupt nicht behagt.

Schlüsselwähler fühlen sich im Stich gelassen

Im Präsidentschaftswahljahr 2016 befanden sich Amerikas Bauern und Landwirte unter den Schlüsselunterstützern und -wählern Trumps. Bis dato erwies sich diese Wählerschicht auch als eine der größten Befürworter zur Verbesserung des Handelsabkommens mit China. Doch langsam aber sicher schwindet die Geduld, da dem Mittelwesten schlichtweg die finanzielle Puste ausgeht.

Ein Beispiel hierfür ist John Wesley Boyd, ein Sojabohnenbauer aus Baskerville in Virginia, der gegenüber CNN mitteilte, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika den Landwirten des Landes die Präsentation eines Aktionsplans schuldig sei. Laut Boyd habe sich die Wählerbasis Trumps im Wahljahr 2016 aus den Landwirten Amerikas zusammengesetzt. Sie seien es gewesen, die Trump mit ins höchste Staatsamt gehievt hätten.

Boyds Enttäuschung macht sich in dem abschließenden Satz breit, dass Trump den Bauern und Landwirten Amerikas nun seinen Rücken zuwende – und dies just zu einem Zeitpunkt, zu dem sie politische und wirtschaftliche Unterstützung mehr als notwendig hätten. Wie sehr im Mittelwesten noch bis vor Kurzem an die Aussagen Trumps geglaubt wurde, verdeutlichen die folgenden Aussagen von John Heisdorffer, einem Sojabohnenbauern aus Iowa.

Emotionen kochen hoch - der bisher unbeirrbare Glaube an Einigung schwindet

Heisdorffer ist gleichzeitig auch Vorsitzender des Verbandes Amerikanischer Sojabauern (ASA), der – sich blind auf die Aussagen Trumps zu einem sich auf Sicht auflösenden sino-amerikanischen Handelskrieg verlassend - noch zu Beginn des letzten Monats Weizen und Sojabohnen anbaute. Der Glaube an den Abschluss eines neuen Handelsabkommens – und somit auch an Trump – muss unter dieser Schicht immens groß gewesen sein.

Laut Heisdorffer hätten Amerikas Landwirte immer wieder zu hören bekommen, dass die Gespräche zwischen Washington und Peking gut vorankämen, so dass es den Eindruck erweckt habe, als ob diese ganze Sache schon bald vom Tisch sein würde. Nun erwecke es plötzlich den Eindruck, als ob nichts gelöst sei, womit die Unsicherheit nochmals wüchse. Die Emotionen, so Heisdorffer, gingen mit Amerikas Landwirten gerade durch.

Weiterer Bailout nötig – Verschuldung auf dem Weg zu neuen Rekorden

Also wenn Sie mich fragen – und ich habe diese Passage absichtlich zitiert – kann sich wirklich nur ein absolut verträumtes Schaf auf eine solche Weise äußern. Was soll man dazu als hinter die Kulissen blickender und dem kritischen Blick folgender Mensch noch großartig sagen? Fällt Ihnen etwas ein?

Grant Kimberley, Direktor für Marktentwicklung bei der Iowa Soybean Association (ISA) teilte mit, dass die aktuelle Situation nicht auf ewig anhalten dürfe. Vielmehr müsse es so bald wie möglich zum Abschluss eines Handelsabkommens zwischen den USA und China kommen. In der Zwischenzeit würden Amerikas Landwirte sehr wahrscheinlich die Auflage von neuen Hilfszahlungen (neudeutsch: Bailout) durch die Regierung benötigen.

Erst kürzlich hatte ich Ihnen berichtet, dass die Anzahl der Insolvenzen im amerikanischen Landwirtschaftssektor zuletzt auf das höchste Niveau innerhalb der vergangenen Dekade geklettert ist. Gleichzeitig wächst die Verschuldung im gesamten Sektor immer weiter und wird wohl bald schon neue Rekordmarken erreichen.

Weitere Verschlimmerung wird Stimmen kosten – China spuckt bereits große Töne

Es beginnt sich abzuzeichnen, dass Trumps protektionistische Maßnahmen im Herzland Amerikas zu einem Bumerang zu werden drohen. Und deshalb abschließend nochmals: Falls sich der sino-amerikanische Handelskrieg noch weiter verschlimmern sollte, dürfte diese Situation ernsthafte Konsequenzen im Hinblick auf Trumps Wiederwahlchancen im kommenden Jahr haben.

Übrigens sei erwähnt, dass mittlerweile offizielle Quellen in Peking zitiert werden, die der Ansicht sind, dass China einen Handelskrieg mit den USA auch über die nächsten zwanzig Jahre führen und wegstecken könnte. Warten wir es ab!  

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