Zum Wochenschluss wird ein Blick auf die Entwicklungen im amerikanischen Bankensystem geworfen. Manche Beobachter und Kommentatoren rieben sich in der vergangenen Woche doch ein wenig verwundert die Augen, nachdem JPMorgan-Chef Jamie Dimon erstmals seit seinem Postenantritt verkündete, eine Million seiner Aktien verkauft zu haben.

Cash Out mittels Teilverkauf

Diese Erkenntnis ging aus einer letztwöchigen Mitteilung gegenüber Aufsichtsbehörden in den Vereinigten Staaten hervor. Angesichts des erfolgten Verkaufs sollen sich die aus Sicht von Jamie Dimon und dessen Familie erzielten Erlöse auf gut 140 Millionen US-Dollar belaufen haben.

Der aus diesem Verkauf gezogene Spekulationsgewinn kann sich sehen lassen. Rückblickend auf das Jahr 2009 und die damals wütende Banken-, Immobilien- und Finanzkrise, hatte Jamie Dimon dereinst eine halbe Million Aktien seines Instituts erworben, um das Vertrauen unter Investoren in die Funktionstüchtigkeit des heimischen Bankensystems aufrechtzuerhalten.

Im Jahr 2016 stockte Jamie Dimon seine gehaltenen Aktien dann noch einmal um weitere 500.000 Papiere auf. Zusammengenommen beliefen sich die zu den genannten Zeitpunkten erfolgten Aktienkäufe auf knapp vierzig Millionen US-Dollar.

Erwähnt sei, dass Jamie Dimon und dessen Familie insgesamt 8,6 Millionen JPMorgan-Aktien halten, womit sich der angekündigte Teilverkauf auf rund zwölf Prozent in Relation zu allen an dem Institut gehaltenen Aktien beläuft.

Offiziell heißt es in der Mitteilung an die Aufsichtsbehörden, dass der kürzlich angekündigte Aktienverkauf unter anderem aus Steuer- und Diversifikationsgründen erfolgt sei. Parallel hierzu ließ Jamie Dimon die Investoren seines Instituts in einem Brief wissen, dass sich an dem optimistischen Geschäftsausblick seines Instituts nichts geändert habe.

Deutlich werde dies unter anderem anhand der Tatsache, dass der JPMorgan-Chef zurzeit keine Pläne hege, sich von weiteren Aktien des Instituts zu trennen. Wie dem auch sei, so deuteten Kritiker darauf hin, dass Jamie Dimons erfolgter Aktienverkauf just nach der Verfehlung des ökonomischen Ausblicks durch seine eigenen Analysten stattgefunden habe.

Jamie Dimon glaubt nichts, sondern wartet erst einmal ab

Des Weiteren hatte der JPMorgan-Chef im Rahmen der jüngst in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad abgehaltenen Konferenz Future Initiative Summit mit Kritik an Regierungen und Zentralbanken auf sich aufmerksam gemacht, die ein wenig an Warnungen von Jamie Dimon zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Jahr erinnerten.

Im April gab sich Jamie Dimon davon überzeugt, dass die Bankenkrise in den Vereinigten Staaten noch nicht ausgestanden sei. Vielmehr müsse mit einem Scheitern von weiteren Instituten im Land gerechnet werden.

In Riad forderte Jamie Dimon Regierungen und Zentralbanken dazu auf, mehr Demut an den Tag zu legen. Regierungen und Zentralbanken sollten sich auf unterschiedliche Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten vorbereiten.

Es genüge dabei nicht, sich einfach nur auf eine einzige, potenziell eintretende Möglich- oder Wahrscheinlichkeit zu versteifen. Vielmehr, und jetzt kommt´s, hätten Zentralbanken in den vergangenen achtzehn Monaten von Grund auf falsch mit ihren Prognosen und Ansichten gelegen.

Jamie Dimon spielte hierbei selbstverständlich auf die jüngsten Inflationsprognosen unter der Federal Reserve Bank und anderen großen Zentralbanken an. Wieder und wieder wurde dabei in Aussicht gestellt, dass die Inflation nach den Covid-Lockdowns nicht sonderlich stark steigen, geschweige denn über einen längeren Zeitraum anhalten würde.

Und aus eben jenem Grund rief Jamie Dimon Regierungs- und Zentralbankvertreter dazu auf, vorsichtiger im Hinblick auf das zu sein, was als nächstes geschehen könnte. Wie auch immer man Jamie Dimons ökonomisches und politisches Wirken beurteilen mag, so hebt sich der JPMorgan-Chef mit seinen kritischen Worten wohltuend von der Phalanx an Ja-Sagern in den Reihen von Ökonomen und Volkswirten ab , die stets dazu Bereitschaft zeigen, das Mantra einer Unzerstörbarkeit der westlichen Wirtschaften nachzubeten.

Federal Reserve in der Kritik

Es stellt sich nämlich jetzt schon seit Jahren die Frage, warum eine Mehrheit der Akteure an den globalen Finanzmärkten noch immer dazu bereit zu sein scheint, Aussagen, Prognosen und Einschätzungen der Federal Reserve Bank Glauben zu schenken, wenn sich die Dinge in der Vergangenheit in den meisten Fällen in eine ganz andere Richtung entwickelt hatten.

Stellvertretend sei hier nur noch einmal auf einst getätigte Aussagen von Ex-Fed-Chef Ben Bernanke hingewiesen. Kurz vor dessen Postenantritt bei der Fed gab sich Ben Bernanke zu Ende des Jahres 2005 – wie auch im weiteren Verlauf des Folgejahres – felsenfest davon überzeugt, dass die Häusermärkte in den USA einen Paradigmenwechsel durchlebt hätten, weshalb die heimischen Immobilienpreise auch zukünftig nur noch steigen könnten.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an einen NBC-Bericht vom 27. Oktober 2005, dessen damalige Überschrift wie folgt lautete:

Hier noch einmal schwarz auf weiß in der Übersetzung:

Bernanke: Es gibt keine Häuserblase, die platzen wird

Ben Bernanke geht nicht davon aus, dass der Boom am nationalen Immobilienmarkt einer Blase gleicht, die demnächst platzen wird, wie er in der letzten Woche ausführte, und somit nur wenige Tage, bevor Präsident Bush ihn zum nächsten Vorsitzenden der Federal Reserve Bank nominierte.

Und während Ben Bernanke dieses Mantra hernach gebetsmühlenartig wiederholte, will unter den üblichen Verdächtigen rückblickend niemand bemerkt haben, wie die damalige Blase an Amerikas Häusermärkten bereits Mitte des Jahres 2006 platzte?!!

Die hieraus resultierenden Folgen sind alt eingesessenen Beobachtern noch gut in Erinnerung. Es schlossen sich in den Jahren 2008 bis 2010 weltweit sogenannte Super-Bailouts zugunsten von staatlichen und privaten Wirtschaftsakteuren zulasten der Steuerzahler an, welche in der Geschichte der Finanzmärkte bis dahin ungesehen waren.

Quantitative Easing (QE) der Zentralbanken – zu Beginn als eine temporär notwendige Maßnahme bezeichnet – begann sich daraufhin zu verewigen.

Wie anhand des abschreckenden japanischen Beispiels zu beobachten, lässt sich aus Sicht der Bank of Japan auf QE ganz offensichtlich nicht mehr verzichten, solange nicht ein Kollaps an Japans Staatsanleihe-, Schulden- und Kreditmärkten hingenommen werden möchte.

Ein einziges Narrenschiff

Wen verwundert es angesichts solcher Reminiszenzen, wenn mancherorts unlängst zudem darauf hingewiesen wurde, dass nicht nur die Federal Reserve Bank mit ihren Aussagen und Prognosen häufig falsch gelegen habe, sondern dass auch eine Mehrheit der Marktakteure an sich in den meisten Fällen falsch liege, wenn es darum gehe zu beurteilen, was die Fed im Rahmen ihrer nächsten Zinssitzungen verkünden wird.

Übersetzen lässt sich diese offen geäußerte Kritik in etwa wie folgt: Ein Haufen Narren hängt unentwegt an den Lippenbekenntnissen von einer Handvoll von noch größeren Narren. Und so steuert es dahin, das Narrenschiff, das sich einst einmal als kraftstrotzende Wirtschaft und funktionstüchtiger Finanzmarkt bezeichnen ließ.

Selbstverständlich geht diese Beobachtung auf Zeiten zurück, in denen die komplette Wirtschaft noch nicht vom Kopf bis zu den Zehenspitzen „finanzialisiert“ gewesen ist sowie Finanzmarkt und Börsen ihren ursprünglichen Aufgaben von Kapitalbeschaffungsstellen und der Rolle von Intermediären zwischen Unternehmen und Investoren gerecht wurden.

Hier wird ein Zustand beschrieben, der Bestand hatte, bevor es zu einer Umwandlung von Börsen in Casinospekulationsstätten mit Wild-West-Mentalität gekommen war. Um auf den jüngst erfolgten Aktienverkauf von Jamie Dimon zurückzukommen, so stellt sich die Frage, ob der JPMorgan-Chef noch Vertrauen in die Fähigkeit der Fed aufbringt, das Narrenschiff aus dem selbst verursachten Stagflationssturm zu steuern.

Jamie Dimon hierzu wörtlich: „Die Fiskalausgaben der Regierung sind höher als jemals zuvor in der Geschichte unseres Landes. Gleichzeitig herrscht ein omnipotentes Gefühl vor, wonach Regierungen und Zentralbanken uns durch diesen ganzen Kram werden hindurch steuern können. Ich hingegen bin vorsichtig im Hinblick darauf, was im nächsten Jahr geschehen wird.“

In der laufenden Woche bekräftigte der JPMorgan-Chef zudem seine persönliche Ansicht, wonach die Federal Reserve Bank noch nicht an das Ende ihres Zinserhöhungszyklus gelangt sei, weil sich die Inflation in den Vereinigten Staaten als hartnäckiger als vielerorts vermutet erweise.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite businessinsider.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Was auch immer Jamie Dimon zu seinem jüngst angekündigten Aktienverkauf bewogen haben mag, so wird sich der JPMorgan-Chef mit seiner Kritik vorerst wohl erst einmal als einsamer Rufer in der Wüste erweisen.

Schließlich benötigen die Narren auf dem auf die Klippe des Wasserfalls zusteuernden Narrenschiff pragmatische, emotionale sowie geistige „Führung“ und Anleitung.

Wahrscheinlich haben nur die Wenigsten jemals gelernt, sich ihres eigenen Geistes zu bedienen, was mit ein Grund dafür ist, warum es Institutionen wie der Fed weiterhin gestattet wird, überhaupt noch länger Fehler auf Fehler begehen zu können, ohne hierfür endlich einmal Konsequenzen und die Übernahme von Verantwortung einzufordern.

Wohin das Narrenschiff vor dem Abgang über die Wasserfallklippe steuert, lässt sich anhand von weltweit (augenscheinlich gesteuert) zusammenwachsenden Konflikten beobachten, die unseren Planeten und die Menschheit an den Rand eines Ausbruchs des Dritten Weltkriegs gebracht haben.

Heißt also, geht das System, so geht erwartungsgemäß auch der Friede. Zumindest haben es die Menschen selbst in der Hand, zu einer potenziellen Wiederholung des Irrsinns im 20. Jahrhundert mehrheitlich nein zu sagen.

Ein schönes Wochenende!

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