Im heutigen Bericht soll noch einmal auf das am Wochenende abgehaltene Jahrestreffen der Notenbanker im amerikanischen Bundesstaat Wyoming zurückgeblickt werden. Während der an den globalen Finanzmärkten entgegengefieberten Rede von Fed-Chef Jerome Powell ein am vergangenen Freitag einsetzender Abverkauf an den Aktienmärkten auf dem Fuß folgte, wurden wichtige Aussagen seitens der Europäischen Zentralbank, die es in sich hatten, fürs Erste wohl erst einmal nicht so aufmerksam wahrgenommen.

Um zuerst auf Fed-Chef Jerome Powell einzugehen, so setzte sich dessen achtminütige Rede in Jackson Hole aus Elementen zusammen, welche die Akteure an den Finanzmärkten nicht hören wollten.

Summa summarum zeigte der am Freitag erfolgte Abverkauf an den Aktienmärkten, der den Dow Jones Industrial Index um mehr als eintausend Punkte in den Keller schickte, dass viele Akteure auf dem falschen Fuß erwischt worden sind und zu bullisch positioniert waren.

Notenbanker-Aussagen kamen nicht gut an

Dass Jerome Powell darauf aufmerksam machte, die Inflation in den Vereinigten Staaten mit allen der Federal Reserve zur Verfügung stehenden Mitteln, sprich weiteren Zinserhöhungen, bekämpfen zu wollen, kam an den internationalen Finanzmärkten in einem übergeordneten Bild erwartungsgemäß überhaupt nicht gut an.

Wie dem auch sei, Kritiker der Federal Reserve warnen davor, dass Jerome Powell und dem Offenmarktausschuss trotz aller Bemühungen die Hände gebunden seien, weil sich eine aufgrund von weltweiten Lieferschwierigkeiten und Energieengpässen bedingte Preisinflation auf der Angebotsseite nicht mittels Zinserhöhungen bekämpfen lasse.

Nachdem die amerikanische Wirtschaft in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres offiziell geschrumpft ist, droht die Federal Reserve Amerikas Wirtschaft in eine harte Landung zu zwingen, was nicht nur zu Problemen an den Kreditmärkten, sondern auch zu weitreichenden Entlassungen in den USA führen wird.

In einem wachsenden Maße arbeitslose Menschen werden sich die anhaltend hohen Preise für Lebensmittel und Energie ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr leisten können. Hierbei handelt es sich um einen Prozess, der insbesondere unter einkommensschwachen Haushalten längst schon eingesetzt hat.

Viele dieser Haushalte opfern ihre Mobilität zugunsten von Lebensmittelkäufen, wodurch der amerikanische Konsum einer enormen Belastungsprobe ausgesetzt sieht. Ferner kündigt eine zunehmende Anzahl von Unternehmen in den USA Entlassungen an, während die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe Woche um Woche zunehmen.

EZB-Aussagen sorgen für Turbulenzen

Kommentatoren an den Finanzmärkten weisen indes darauf hin, dass es nicht einmal so sehr die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell gewesen seien, welche die Finanzmärkte vor dem Wochenende in den Keller geschickt haben.

Es habe sich beobachten lassen, dass sich die Fed Funds Rate am vergangenen Freitag nicht überproportional vom Fleck bewegt habe. Vielmehr hätten Aussagen seitens Repräsentanten der Europäischen Zentralbank dafür gesorgt, den jüngsten Marktabverkauf zu beschleunigen.

Denn entgegen der vorherrschenden Konsenserwartungen haben einzelne EZB-Vertreter eine Zinsanhebung in der Eurozone um 75 Basispunkte im September in Aussicht gestellt. Zum selben Zeitpunkt könnte sich die Rückführung der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (Quantitative Tightening) beschleunigen. Dem Euro, der darauf gegenüber dem US-Dollar deutlich zuzulegen wusste, taten diese Aussagen sichtlich gut.

Anders als in den Vereinigten Staaten scheint die Europäische Zentralbank das größte zurzeit auszumachende Übel anhand der exorbitant steigenden Energiepreise auszumachen. Doch auch hier sei einschränkend erwähnt, dass es wahrscheinlich kaum einen Unterschied machen wird, ob die Europäische Zentralbank ihren Leitzins demnächst um 75 Basispunkte erhöhen wird oder nicht.

Welche Mittel hat die EZB gegen weitere Energiepreisanstiege? – Keine!

Denn die Preisentwicklung an den europäischen Energiebörsen, allen voran Strom und Gas, reagiert momentan fast ausschließlich auf Ankündigungen aus Moskau, um die allgemeine Energieversorgungslage auf dem europäischen Kontinent adäquat abzubilden. Es steht außer Frage, dass auch Spekulanten an den Energiemärkten dafür sorgen, die Preise für Erdgas und Strom Woche um Woche auf neue Hochs zu befördern.

Doch solange es auf politischer Ebene zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation nicht zu einer Entspannung kommt, wird diese Situation weiter anhalten, wie sich Analysten an den Energiemärkten einig sind.

Wer zu einem solche hohen Grad von Energielieferungen aus der Russischen Föderation abhängig ist wie Deutschland und die Europäische Union, dürfe nicht davon ausgehen, die explodierenden Energiepreise auf dem Kontinent mittels potenziellen Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank bekämpfen zu können.

Hierbei handelt es sich um einen Faktor, auf den die Zentralbank überhaupt keinen Einfluss ausübt. Liefert die Russische Föderation in einem nur unzureichenden Maße Energie, allen voran Gas, so dürfe sich niemand darüber wundern, dass die Preise an den Energiemärkten weiter in die Höhe kletterten.

Nicht zu vergessen bleibt, dass es ab Dezember auch zu einem Inkrafttreten des durch die Europäische Union beschlossenen Erdöleinfuhrembargos gegenüber Russland kommen wird. Zum 31. August läuft also in Deutschland nicht nur der temporär durch die Bundesregierung gewährte Tankrabatt aus. Vielmehr drohen die Erdölpreise im letzten Drittel dieses Jahres ebenfalls in eine neue Rally-Bewegung überzugehen.

Die Lage an den globalen Energie- und Agrarmärkten droht nicht nur die Inflation in Deutschland auf über zehn Prozent zu befördern, sondern auch in den Vereinigten Staaten wird damit gerechnet, dass die dort offiziell ausgewiesene Inflation bis ins zweite Quartal des nächsten Jahres hinein bei über acht Prozent liegen wird.

Hingewiesen sei nochmals auf den Umstand, dass Schattenstatistiken den Vereinigten Staaten zum aktuellen Zeitpunkt eine Inflation von 17,3 Prozent bescheinigen. Hauptgrund für diese Diskrepanz ist, dass sich die Schattenstatistiker Berechnungsmethoden bedienen, wie sie in den USA noch bis gegen Ende der 1980er Jahren Bestand hatten.

Schweizerischer Notenbank-Chef sprach aus, was die meisten nicht hören möchten

Auch der Schweizerische Notenbank-Chef Jordan goss zusätzliches Öl ins Feuer, hinweisend darauf, dass die Inflation über die nächsten Jahre oberhalb der Marke von sechs Prozent verharren wird. Von einer Rückkehr der Inflation an das durch die großen Zentralbanken ausgegebene Inflationszielband von maximal zwei Prozent pro Jahr kann aus Perspektive der aktuellen Ereignisse also keine Rede sein.

Dass die beiden EZB-Offiziellen Knot und Holzmann am Freitagnachmittag über eine wahrscheinliche Erhöhung des Leitzinses der Europäischen Zentralbank um 75 Basispunkte im September sprachen, schien viel zu optimistisch positionierten Marktakteuren vor dem Wochenende dann den Rest gegeben zu haben.

Nichtsdestotrotz bleiben Zweifel an der Entschlussfreudigkeit der Europäischen Notenbank. Insbesondere das wirtschaftlich angeschlagene Italien, dessen Bürger nach der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank am 8. September nur unwesentlich später am 25. September im Zuge von Neuwahlen an die Urnen gebeten werden, könnte vollends in Schieflage geraten.

Vor einigen Wochen wurde hier die Frage aufgeworfen, ob es sich im Hinblick auf das „neu aus der Taufe zu hebende Instrument“ der Europäischen Zentralbank mit dem Ziel einer Stabilisierung der Zinsentwicklung in Südländeranleihen, allen voran Italien, um einen großen Bluff handeln könnte?

Wie so oft empfiehlt es sich, die Dinge aus dem Rückspiegel der Ereignisse heraus zu betrachten. Bislang weist mit Blick auf die Zinsentwicklung an den italienischen Staats- und Regierungsbondmärkten nichts darauf hin, als ob die Europäische Zentralbank die Akteure an den globalen Finanzmärkten beeindruckt haben würde.

Der nachfolgende Chart wurde einem Bericht auf der Finanzseite Zerohedge entnommen. Aus diesem Chart lässt sich erkennen, dass die Staatsanleihezinsen im zehnjährigen Bereich in Italien zuletzt auf ein Niveau von bis zu 3,7 Prozent marschiert sind.

 

Hingewiesen sei hier ebenfalls noch auf die Tatsache, dass weltweit negative Renditen abwerfende Staatsanleihen seit dem vierten Quartal 2020 von umgerechnet achtzehn Billionen US-Dollar auf heute gerade noch knapp zwei Billionen US-Dollar gesunken sind. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung hat übrigens Japan.

Gleichzeitig weiten sich nicht nur die Zinsdifferenzen zwischen einzelnen Mitgliedsländern der Eurozone, sondern auch zwischen einzelnen globalen Wirtschaftsräumen aus. Ferner sind die Kreditrisiken an den europäischen Staatsanleihemärkten am Wachsen. Inwieweit die EZB unter Berücksichtigung dieses giftigen Gesamtcocktails überhaupt noch eine Handhabe hat, bleibt für den Moment abzuwarten.

Finanzdruck in der Eurozone nimmt zu

Konstatieren lässt sich allerdings, dass der zuletzt massiv im Außenwert gefallene Euro weitreichende Konsequenzen aus Sicht der Peripheriestaaten der Eurozone zur Folge hat. Denn hier läuft der Europäischen Zentralbank die Inflation inzwischen sprichwörtlich davon.

Schon im Zuge der am 25. September in Italien abzuhaltenden Neuwahlen deutet momentan alles auf eine rechtslastige Regierung aus den Parteien Brothers of Italy, Lega Nord und Forza Italia hin. Erstmals seit mehreren Jahrzehnten würde es in Italien zu einer solchen politischen Konstellation im Land kommen.

Darüber hinaus drohen weitere aggressive Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank die europäischen Kredit- und Bankenmärkte in Schieflage zu versetzen. Schon zum aktuellen Zeitpunkt leidet das europäische Bankensystem nämlich unter einem enormen Finanzdruck, was hauptsächlich den vielen faulen Darlehen in den Büchern – allen voran der italienischen Institute – geschuldet ist.

Während die Federal Reserve sich in den Vereinigten Staaten, nach vielen Monaten der inzwischen selbst eingestandenen Fehleinschätzungen zur Inflationsentwicklung in den USA, als eine Art „Retter in der Not“ inszeniert, bleibt hierbei vollkommen unberücksichtigt, dass es angesichts der in Amerika weiter steigenden Zinsen nicht nur auf dem europäischen Kontinent, sondern auch in einer Vielzahl von Schwellenländern zu einem Lehman-Ereignis zu kommen droht.

Insbesondere, die Dinge wiederholen sich hier, ist ein aufmerksames Auge auf den weiteren Verlauf des US-Dollars zu werfen, dessen sich fortsetzende Rally auf Ereignisse an den weltweiten Kreditmärkten und eine potenzielle Welle an globalen Schuldenausfällen (siehe beispielsweise Sri Lanka) hindeuten könnte.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Finanzseite investing.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Konkret heißt das, vorsichtig zu bleiben. Es empfiehlt sich aus Anlagesicht die Entwicklung an den wichtigsten Immobilienmärkten der Welt, allen voran China, USA, Kanada, Europa, im Auge zu behalten.

Geopolitische Ereignisse, welche zum aktuellen Zeitpunkt auf ein zunehmendes Auseinanderdriften zwischen West und Ost hindeuten, bleiben zu beobachten, wenngleich sich in diesem Bereich etwaige Wendungen auch nur schwer bis überhaupt nicht antizipieren oder vorhersagen lassen.

Alles in allem bedeutet dies, nicht zu risikobereit positioniert zu sein, da die ein oder andere „Überraschung“ für neu einsetzende Abverkäufe an den Finanzmärkten sorgen könnte.

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