An die gestrigen Ausführungen wird heute angeschlossen. Es ging in diesem Zusammenhang um die Frage, auf welche Weise sich eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus finanz- und wirtschaftspolitisch nicht nur auf die Vereinigten Staaten, sondern auch auf den Rest der Welt auswirken würde.

Augen zu und durch – bis der große Gong ertönt!

An den Finanz- und Kapitalmärkten wird ein solcher Ausblick momentan noch mehrheitlich ignoriert. Doch kommt Zeit, kommt Rat. Wer in der politischen Historie ein wenig bewandert ist, wird sich einen Reim darauf machen können, was eine Rückkehr zum Merkantilismus und ein damit möglicherweise außenpolitisch auch verstärkter Isolationismus an Veränderungen auf der Welt mit sich bringen würde.

Michael Every von der Rabo Bank verweist in seiner Analyse unter anderem auf Schumpeters Werk `History of Economic Analysis´, das sich inhaltlich mit dem geschichtlichen Verlauf von den alten Griechen, über das Mittelalter bis hin zu den modernen Wirtschaftstheorien des Merkantilismus, der klassischen Ökonomen wie auch John Maynard Keynes beschäftigt.

Um aus Schumpeters Werk zu zitieren, so heißt es darin, dass eine freie Handelspolitik auf weit mehr als nur einer Konzentration auf den Außenhandel basiert. Vielmehr handele es sich hierbei eher um einen der weniger wichtigen Aspekte.

Laut Schumpeter sei eine freie Handelspolitik mit vielen anderen ökonomischen Strategien und Leitlinien verknüpft, und zwar auf eine Weise, die eine Verfolgung dieser Strategien ohne die zentrale Grundlage einer freien Handelspolitik ins Leere laufen lassen würden. Genauso gelte dies auch anders herum.

Anders ausgedrückt, sei eine freie Handelspolitik in ein umfangreiches und miteinander verknüpftes System verpackt, was zu der Schlussfolgerung führt, dass die Verfolgung einer freien Handelspolitik niemals für sich allein mit Erfolg betrieben werden kann.

Michael Every wies auf diesen Aspekt bereits im Jahr 2016 nach dem Wahlerfolg Donald Trumps hin. Denn wer sich vom Freihandel abwende, um die heimische Wirtschaft auf eine sich verstärkende Weise vom Rest der Welt abzuschirmen, könne durchaus davon ausgehen, dass in diesem Zuge auch der Neoliberalismus wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen wird.

Eine Zeit der Umbrüche und Veränderungen

In diesem Zusammenhang stellen sich automatisch Fragen im Hinblick auf die zukünftig betriebene Geldpolitik in den Vereinigten Staaten. Selbst eine potenzielle Einführung von Kapitalkontrollen sollten Investoren in ihre Entscheidungen mit einkalkulieren.

Wie wird die staatliche Fiskalpolitik, die angesichts der in den USA mittlerweile fast schon senkrecht in die Höhe schießenden Staatsverschuldung völlig aus dem Ruder zu laufen droht, dann aussehen?

Ähnliche Fragen stellen sich mit Blick auf die Energie-, Industrie-, Migrations-, Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Infrastruktur-, Verteidigungs-, Außen- und Transportpolitik. Michael Every macht darauf aufmerksam, dass Diskussionen dieser Art bereits heute geführt würden, auch wenn solche Debatten für den Moment noch unter dem Radar einer breiten Öffentlichkeit verliefen.

Was sich anhand dieser Diskussionen beobachten lasse sei die Tatsache, dass niemand nach einer isolierten Anhebung der Sonderzölle auf ausländische Produkteinfuhren rufe, um gleichzeitig der Ansicht zu sein, dass alle anderen wirtschaftlichen Parameter so bleiben könnten wie sie zurzeit sind.

Vielmehr mache sich bemerkbar, dass diese wirtschaftlichen Parameter sich im Tandem mit einem wachsenden Protektionismus ebenfalls verändern werden. Und damit bestätigen sich die theoretischen Ansichten Schumpeters in der Realität.

Die heimische Wirtschaft entfesseln, um sich gleichzeitig gegen den Rest der Welt abzuschirmen

Sollte Donald Trump im November tatsächlich wieder gewählt werden, um abermals ins Weiße Haus einzuziehen, so wäre der ab diesem Zeitpunkt einzuschlagende Pfad in der amerikanischen Wirtschaftspolitik mehr als absehbar.

Erstens würde es, anders als unter der Ägide von Joe Biden, zu einer radikalen Befreiung der heimischen Unternehmen von staatlichen Auflagen und Bürokratismus kommen. Wenn die Ketten gesprengt werden, wäre durchaus damit zu rechnen, dass die US-Aktienmärkte ihren Weg nach oben fortsetzen werden, so wie sich dies bereits während der ersten Amtszeit von Donald Trump beobachten ließ.

Denn auch in der amerikanischen Steuerpolitik wäre mit weitreichenden Veränderungen, darunter eine signifikante Senkung der Unternehmenssteuern, zu rechnen. Ganz zu schweigen von bürokratischen Auflagen, die während einer zweiten Amtszeit von Donald Trump auf maximale Weise abgebaut würden.

All diese wirtschaftlichen Strategien werden sich allerdings zusätzlich noch hinter einer deutlich höheren Zollmauer abspielen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt würde sich durchaus vom Anbruch eines neuen Zeitalters des Merkantilismus in den Vereinigten Staaten sprechen lassen.

Schumpeter macht in seinem weiter oben erwähnten Werk darauf aufmerksam, dass solche Strategien auch stets aus der Perspektive eines sozialgesellschaftlichen Kontextes betrachtet werden müssten.

Hieraus leite sich dann auch automatisch ab, womit als nächstes zu rechnen sei. Denn ideologisch bedingte Sichtweisen sind stets in einen sozialgesellschaftlichen Zusammenhang und die Welt um uns herum eingebettet.

Nicht vom Himmel gefallen

Diese ideologischen Sichtweisen fallen nicht einfach vom Himmel und entstehen auch nicht aus einem Vakuum heraus. Welche ideologische Sichtweise sich gesellschaftlich durchsetzt, hängt von den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnissen ab, wie die Mehrheit die Dinge betrachtet.

Keine Ideologie oder Weltsicht wird dabei allen Gruppen oder Klassen in einer Gesellschaft gerecht, was sich in demokratischen Systemen anhand der Mehrheitsverhältnisse nach einem Wahlgang ablesen lässt.

Zu rechnen wäre damit, dass es während einer zweiten Amtszeit von Donald Trump zu einer weitaus aggressiveren Wirtschafts- und Handelspolitik als unter Joe Biden kommen würde, was sich wiederum außen- und verteidigungspolitisch auch sehr positiv auf den heimischen Waffen- und Rüstungssektor auswirken dürfte.

Ferner steht im Fall der Verfolgung einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik das Interesse des eigenen Landes im Zentrum allen regierungspolitischen Handelns. Hierin findet sich einer der Gründe, weswegen der Grad der Ablehnung gegenüber Donald Trump insbesondere in Europa mit am größten auf der Welt ist.

Denn nicht nur die Volksrepublik China, sondern auch Amerikas politische, wirtschaftliche und verteidigungspolitische „Partner“ in Europa würden eine solche Gangweise in den USA am eigenen Leib zu spüren bekommen.

In der ersten Amtszeit von Donald Trump hatte sich eben jener Aspekt bereits gezeigt, weshalb der Grad der Empörung unter den europäischen „Partnerländern“ entsprechend groß war. Nein, mit einer Vorzugsbehandlung, aus welchen Gründen auch immer, wird im Fall einer zweiten Amtszeit von Donald Trump wohl niemand – außer Israel – rechnen dürfen.

Machtambitionen des Staatsapparates werden weiter wachsen

Parallel zur Verfolgung einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik wird die Machtfülle des Staatsapparats und der Regierung laut Schumpeter weiter wachsen, was in den Vereinigten Staaten unter den verschiedensten Gesellschaftsgruppen, allen voran den „ultraroten“ Wählern von Donald Trump, keineswegs auf fruchtbaren Boden fallen dürfte.

Denn schon zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich anhand der in den USA geführten Debatten und Diskussionen beobachten, dass der amerikanische Regierungsapparat unter einer stark zunehmenden Anzahl von Bürgern des Landes als zu groß sowie viel zu viel in die eigene Privatsphäre eingreifend betrachtet wird.

Entsprechend groß ist in den USA mittlerweile auch die Kritik an dieser Entwicklung. Bei Schumpeter hieß es hierzu weiter, dass übergroße Regierungen stets politische Ambitionen hegten, weshalb deren innen- und außenpolitischer Machtanspruch ab einem bestimmten Zeitpunkt über deren Wirtschaftsinteressen hinausgehe.

Ferner trage eine solche Entwicklung dazu bei, dass Regierungen nach immer noch mehr Macht strebten, um den eigenen Unternehmen und Bürgern nicht mehr als Vertretung von deren Interessen zu dienen, sondern Unternehmen und Bürger zu Vasallen der eigenen Weltansichten und Motivationen zu degradieren.

Michael Every weist darauf hin, dass all dies aus historischer Perspektive dem Anbruch eines merkantilistischen Zeitalters zugeschrieben werden könne. Wer die heutigen Entwicklungen in einen direkten Vergleich zu Ereignissen in der Vergangenheit stelle, komme nicht umhin, als diese Beobachtungen mit einer Rückkehr des Merkantilismus und Protektionismus in Verbindung zu setzen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf eine auf der Seite Zerohedge republizierte Analyse von Michael Every von der Rabo Bank.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

In einem abschließenden Fazit nehme ich mich den Schlussfolgerungen von Michael Every an, wenn der Rabo-Bank-Analyst davor warnt, dass eine solche Entwicklung angesichts

  • der anhaltenden und sich zusätzlich ausweitenden Handelskriege,
  • den Lieferkettenverlagerungen (verniedlicht als Friendshoring bezeichnet),
  • einer immensen Zunahme der Staatssubventionen,
  • Kapitalkontrollen,
  • Technologieembargos,
  • Abkopplungseffekten zwischen ganzen Handelsblöcken,
  • De-Globalisierung,
  • einer Nutzung des US-Dollars wie auch Rohstoffen in Form einer Waffe,
  • De-Dollarisierung,
  • immer lauter werdende Forderungen nach militärischer Aufrüstung sowie
  • einer weltweiten Zunahme der militärischen Konflikte

nicht wirklich überraschend erfolgen würde.

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