Anhaltend sinkende Preise an den Märkten für Gewerbeimmobilien (Commercial Real Estate / CRE) bescheren nicht mehr nur amerikanischen Groß- und Regionalbanken zunehmende Bilanzprobleme.

Kein gutes Omen

Längst sind auch Institute in anderen Ländern, darunter in Japan oder auch in Deutschland, von dem Preisabschwung und einer erzwungenen Neubewertung von vielen Objekten, allen voran im Bürogebäudebereich, betroffen.

Was Deutschland anbelangt, so stand der Immobilienkreditgeber Deutsche Pfandbriefbank in den vergangenen Wochen verstärkt im Zentrum der medialen Berichterstattung. Laut eigener Aussage bereitet sich das Unternehmen auf den stärksten Preisrückgang an den CRE-Märkten innerhalb der letzten fünfzehn Jahre vor.

Vor fünfzehn Jahren, da war doch was?! Zwar rückt die globale Finanz- und Bankenkrise zwischen den Jahren 2007 und 2009 unter vielen Marktakteuren immer mehr in Vergessenheit oder aus dem Bewusstsein. Händler in einem jugendlichen Alter waren damals noch Kinder oder Teenager.

Keines der Probleme ist behoben worden

Nichtsdestotrotz sind es eben jene mit dieser Systemkrise verbundenen Probleme, welche die großen Notenbanken seitdem rund um den Globus mittels einer Flut an frisch erzeugtem Geld bekämpft haben.

Dabei zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die in diesem Zuge ergriffenen Maßnahmen lediglich wie ein Pflaster, das auf eine klaffende Wunde geklebt wurde, gewirkt haben. Denn keines der offensichtlich gewordenen Probleme ist seit der globalen Finanzkrise tatsächlich behoben worden.

Vielmehr wurde die Büchse, wenn es beispielsweise angesichts der Euro-Krise, der Repo-Krise oder der Corona-Krise aus Sicht der herrschenden Klasse notwendig erschien, immer wieder auf dieselbe Art und Weise die Straße hinunter gekickt (Kicking the can down the road).

Um den Ausbruch einer Systemkrise zu verhindern wurde über den Zeitraum der vergangenen fünfzehn Jahre stets nur an den Krankheitssymptomen herumgedoktert, anstatt die Krankheit als solche zu bekämpfen.

Systemstabilität ist keine gegebene Konstante mehr

Die Wurzel dieser Krankheit fußt auf einem Zinseszinssystem, das, um weiter funktionsfähig zu bleiben, eine immerwährende Neuverschuldung durch die Systemakteure (somit den Staat, die Unternehmen und die Privathaushalte) erfordert.

In dem Moment, in dem die Kreditvergabe schrumpft und das Wirtschaftswachstum einbricht, wird dieses Ponzi-System bei einem weltweit offiziellen Verschuldungsstand von mehr als 350 Billionen US-Dollar an seine Grenze stoßen und implodieren.

Dass dieser Zeitpunkt näher zu rücken scheint, zeigt die globale Inflationsentwicklung, die sich mittlerweile als weitaus hartnäckiger erweist, als es vielen geldpolitischen Entscheidern und Kommentatoren lieb ist.

Vor dem Ausbruch der globalen Finanz- und Bankenkrise waren es jene ab dem Jahr 2006 rückläufigen Preise an den Märkten für Privatimmobilien in den Vereinigten Staaten, welche die globalen Bankentürme ins Wanken versetzten.

Die Zeichen an der Wand

Es ist nicht sonderlich überraschend, dass viele der damals bereits aktiven Kommentatoren und (geld)politisch Verantwortlichen, die den Subprime-Kreditsektor für zu überschaubar hielten, um darin eine Gefahr für den Fortbestand des Weltfinanzsystems auszumachen, es auch heutzutage wieder sind, welche die von den Gewerbeimmobilienmärkten ausgehenden Risiken und Gefahren für kontrollierbar halten.

Dabei werden die Zeichen an der Wand wahrscheinlich einmal mehr übersehen. Zu diesen Zeichen gehören beispielsweise die durch die japanische Aozora Bank vor Kurzem bekannt gegebenen Abschreibungen auf das eigene Gewerbeimmobilien-Portfolio in den USA, die es nicht nur in sich hatten, sondern auch einen ersten richtigen Vorgeschmack darauf gaben, was auch auf andere Kreditgeber in den nächsten beiden Jahren zukommen wird.

Um zur Deutsche Pfandbriefbank zurückzukehren, so hatte das Institut im vierten Quartal des vergangenen Jahres eine deutliche Steigerung der eigenen Kreditausfallrückstellungen vermeldet.

Angesichts einer anhaltenden Schwäche an den Märkten für Gewerbeimmobilien hat die Deutsche Pfandbriefbank zu diesem Zweck inzwischen mehr als 230 Millionen US-Dollar zur Seite gelegt.

Abwurf von Beruhigungspillen

Selbstverständlich unternahm das Institut den Versuch, die eigenen Investoren im Anschluss zu beruhigen. Trotz der größten Probleme an den CRE-Märkten seit der globalen Finanz- und Bankenkrise werde das Unternehmen aufgrund seiner Finanzstärke profitabel bleiben.

Diese Aussage nahm direkten Bezug auf die Ereignisse zwischen den Jahren 2007 und 2009, in denen die horrenden Verluste an den amerikanischen Immobilien-, Hypotheken- und Verbriefungsmärkten (beziehungsweise die zuvor geplatzte Häuserblase in den USA) die weltweite Bankenwelt an den Abgrund des Zusammenbruchs gebracht hatten.

So verfüge die Deutsche Pfandbriefbank laut des Vorstandes über ausreichende Barmittel und liquide Vermögenswerte, um die nächsten sechs Monate ohne zusätzliche Finanzierungsrunde durch die eigenen Investoren zu überstehen. Und danach?

Wer auf den Aktienkursverlauf der Deutsche Pfandbriefbank blickt, könnte auf den Gedanken kommen, dass sich Investoren des Instituts diese Frage ebenfalls zu stellen scheinen. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich die Krise an den CRE-Märkten innerhalb der nächsten sechs Monate verflüchtigen wird. Im Gegenteil häufen sich die Warnungen vor einer Intensivierung.

Innerhalb der letzten fünf Jahre beläuft sich der kumulierte Wertverlust des Papiers der Deutschen Pfandbriefbank auf knapp 66 Prozent (laut Stand von gestern Abend). Seit Beginn dieses Jahres hat der sich fortsetzende Kursverfall nochmals an Fahrt aufgenommen.

Die Deutsche Pfandbriefbank ist das zweite deutsche Institut, welches in den vergangenen Wochen vor zunehmenden Verlusten im gewerblichen Immobiliensektor gewarnt hat.

Auch die Deutsche Bank AG, Deutschlands größter Kreditgeber, kündigte im vierten Quartal letzten Jahres an, insgesamt 133 Millionen Euro für potenzielle Kreditausfälle an Amerikas CRE-Märkten in Form von Rückstellungen beiseite gelegt zu haben.

Auch wenn dieser Betrag aus Perspektive der Deutsche Bank AG noch überschaubar anmuten mag, so handelt es sich hierbei bereits um eine Vervierfachung im Vergleich zum Quartal des Vorjahres.

Zwar konnte sich die Aktie der Deutsche Bank AG in den letzten Monaten von den zuvor erreichten Tiefständen ein wenig erholen. Nichtsdestotrotz blicken Investoren die letzten fünfzehn Jahre berücksichtigend, auf ein Performance-Desaster.

Von dem einst erreichten Allzeithoch bei gut 100 Euro ist das Papier der Deutsche Bank AG noch immer meilenweit entfernt. Dabei werden die auf die Gewerbeimmobilienmärkte in den USA zukommenden Refinanzierungen im laufenden Jahr erst so richtig an Fahrt aufnehmen.

Auch in Deutschland purzeln die Preise

Darüber hinaus sehen sich Banken in Deutschland nicht mehr nur durch Preisrutsche an den CRE-Märkten und den damit verbundenen Kreditausfälle in den Vereinigten Staaten, sondern auch am Heimatmarkt betroffen.

Unter Bezugnahme auf den deutschen Bankenverband sind die Gewerbeimmobilienpreise in Deutschland im vierten Quartal letzten Jahres um 5,2 Prozent gesunken. Aus dem direkten Vergleich zum Vorjahr resultierte ein Minus von mehr als dreizehn Prozent.

Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass die Privatbank Julius Bär im Gesamtjahr 2023 über einen Gewinneinbruch von 55 Prozent berichtete. Auch einer der Gründe hierfür waren Kreditausfälle in Höhe von knapp 700 Millionen Euro im Immobilienbereich.

Moody´s bleibt skeptisch

Kürzlich hatte US-Finanzministerin Janet Yellen vor dem Kongress erklärt, einige Bedenken im Hinblick auf die Lage an den heimischen Gewerbeimmobilienmärkten zu hegen. Einige Banken seien dadurch einem wachsenden Finanzstress ausgesetzt.

Die vor nun fast einem Jahr zu beobachtenden Ereignisse an den amerikanischen Finanz- und Bankenmärkten könnten sich laut Analysten wiederholen. Falls dem so sein sollte, müsse allerdings damit gerechnet werden, dass sich mehr amerikanische Institute als vor einem Jahr vor Solvenzprobleme gestellt sehen könnten.

Erst kürzlich wurde die Kreditbonität des amerikanischen Instituts New York Community Bancorp durch die Ratingagentur Moody´s Investors Service auf Ramschniveau herabgestuft. Wenngleich das Management seine Investoren mit allen Mitteln zu beruhigen beabsichtigt, so ist die Aktie des Kreditgebers seit Jahresbeginn um mehr als 60 Prozent im Wert gesunken.

Auch diese Geschichte begann auf eben jene Weise, wie solche Geschichten nun einmal ihren Lauf nehmen. So gab das Institut im vierten Quartal letzten Jahres einen unerwarteten Verlust in Höhe von 252 Millionen US-Dollar bekannt, wovon der Löwenanteil auf die Märkte für Bürogebäude entfiel.

Noch schwerer wog die Meldung, dass der Kreditgeber im viertel Quartal zusätzlich mehr als 550 Millionen US-Dollar für potenzielle Kreditausfälle zurücklegte. Im Vorquartal entfielen auf diesen Posten gerade einmal 62 Millionen US-Dollar.

Home-Office-Trend, Massenentlassungen und KI setzen CRE-Märkte unter Druck

Investoren stimmten daraufhin mit ihren Füßen ab, um in Scharen aus dem Papier zu rennen. Anfang Februar wurde das Institut aufgrund des Aktieneinbruchs und den unerwartet hoch ausgefallenen Verlusten durch die eigenen Investoren gerichtlich verklagt.

Insbesondere in den Vereinigten Staaten erweckt es aktuell nicht den Eindruck, als würde den Märkten für Bürogebäude eine Erholung bevorstehen. Im Gegenteil zeichnet sich eher ab, dass sich der Home-Office-Trend verstetigen wird.

Hinzu gesellen sich Hunderttausende an bekannt gegebenen Entlassungen im Tech-Sektor. Allen voran Unternehmen im Silicon Valley sind hiervon betroffen. Einerseits heißt es, dass Entlassungen aufgrund einer sich abschwächenden Wirtschaft in den USA, die bei Licht besehen eigentlich nur noch durch horrende Staatsausgaben in Gang gehalten wird, notwendig seien.

Andererseits setzen sich in einer wachsenden Anzahl von Unternehmen KI-Applikationen durch, wodurch Mitarbeiter redundant oder überflüssig werden. Auch aus diesem Blickwinkel betrachtet lässt aus heutiger Sicht kaum etwas darauf schließen, als würde den CRE-Märkten in den USA eine Renaissance bevorstehen.

Bankanleihen meiden

Vielmehr heißt es seitens immer mehr namhafter Analysten, dass sich die Situation an den CRE-Märkten weiter verschärfen wird. Die amerikanische Großbank Morgan Stanley gab kürzlich bekannt, dass es ratsam sei, wenn sich Investoren aus den durch heimische Banken emittierten Bonds verabschiedeten.

Auf ausländische Kreditgeber wie die Deutsche Pfandbriefbank werden nicht nur wachsende Probleme und Kreditausfälle an den CRE-Märkten in den USA zukommen. Vielmehr bleibt damit zu rechnen, dass das Institut an mehreren Fronten, allen voran dem Heimatmarkt, unter Druck geraten wird.

Wer die aktuelle Wirtschaftsentwicklung in Deutschland und die zuletzt deutlichen Einbrüche der Preise an den heimischen Immobilienmärkten berücksichtigt, wird höchst wahrscheinlich Vorsicht walten lassen.

Denn die Bilanzen von Kreditgebern wie der Deutsche Pfandbriefbank werden sich auf diese Weise zusätzlich verschlechtern. Seitens deutschen Immobilienanalysten hieß es in der letzten Woche, dass die Immobilienpreise in Deutschland seit Jahresbeginn weiter gesunken sind.

Bis es an den deutschen Immobilienmärkten wieder zu einer Ausbalancierung von Angebot und Nachfrage kommen wird, könnte nach der (hauptsächlich) durch die Geldflut der EZB bedingten Preisauftrieb in den Vorjahren noch einige Zeit ins Land gehen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite proactiveinvestors.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Deutsche Pfandbriefbank. Nur ein anderer Name für den Nachfolger der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE).

Anhand der sich entwickelnden Situation wird sich womöglich zeigen, dass die zahlreichen Kritiker korrekt lagen, wenn bereits im Jahr 2009 davor gewarnt wurde, dass nach einem Bailout von mehr als 100 Milliarden Euro durch die deutschen Steuerzahler nur der Weg für ein nächstes (Immobilien- und Verbriefungs-)Desaster bereitet würde.

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