Ob die jüngste Unterzeichnung des Phase1-Teilabkommens im Handels- und Technologiekrieg zwischen Washington und China dem Reich der Mitte ein wenig Luft verschaffen wird, um sich über die nächsten zwölf Monate zu sammeln, bleibt abzuwarten.

Schließlich werden selbst im Angesicht der Unterzeichnung des Phase1-Teilabkommens alle bislang eingeführten Sonderzölle sowohl in den Vereinigten Staaten (in einem Gesamtumfang von 360 Milliarden US-Dollar) wie auch in China (in einem Gesamtumfang von 100 Milliarden US-Dollar) intakt bleiben.

Ob die Sonderzölle in den USA reduziert werden, wird laut US-Präsident Donald Trump und dem Weißen Haus von einer Umsetzung der abgeschlossenen Vereinbarung abhängen. Neben einer vorgesehenen Importsteigerung der Chinesen in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar über die nächsten zwei Jahre sieht der Deal auch eine Öffnung des heimischen Marktes für Finanzdienstleistungen für US-Unternehmen im Reich der Mitte vor.

Die großen Themen wie eine Streichung der Subventionen zugunsten der mehr als 170.000 staatseigenen Unternehmen durch die Pekinger Regierung sind dagegen außen vor geblieben. Wie dem auch sei, so zeigen am vergangenen Freitag publizierte Daten, dass das Wachstum der chinesischen Wirtschaft im Gesamtjahr 2019 auf das niedrigste Niveau seit 27 Jahren gesunken ist.

Niedrigstes Wachstum in China seit 27 Jahren – vergleichsweise trotzdem noch stärkstes Wachstum

Im Gesamtjahr 2019 sank das Wachstum der chinesischen Wirtschaft auf 6,1 %, nachdem im Gesamtjahr 2018 noch 6,6 % zu Buche standen. Im vierten Quartal 2019 lag das Wachstum im Vergleich mit dem Vorjahr bei sechs Prozent. Mit Blick auf die Entwicklung im Gesamtjahr 2019 lag das BIP-Wachstum in China damit am unteren Ende der Analystenerwartungen, die im Schnitt bei 6,0 % bis 6,5 % notierten.

Beim Internationalen Währungsfonds wird davon ausgegangen, dass sich das Wachstum der chinesischen Wirtschaft im laufenden Jahr weiter auf 5,8 % abkühlen wird. Erinnert sei daran, dass sich das BIP-Wachstum im Gesamtjahr 2007 noch auf 14,2 % belaufen hatte. Trotz allem wächst die chinesische Wirtschaft weltweit betrachtet noch immer mit am stärksten.

Besonders schwacher Binnenkonsum problematisch

Einerseits wurden viele chinesische Exporteure durch die in den USA verhängten Sonderzölle im Gesamtjahr 2019 hart getroffen. Doch andererseits erwies sich eine noch ausgeprägtere Schwäche im heimischen Konsumsektor als ein noch ernstzunehmenderes Problem aus Sicht der chinesischen Wirtschaft.

Denn schließlich legt die Pekinger Staatsführung schon seit einiger Zeit ihr Augenmerk auf eine Transformation der heimischen Ökonomie – und zwar weg vom Export hin zu einem verstärkten Konsum in der Heimat. Auf diese Weise würden die Chinesen endlich einmal selbst in den Genuss der Früchte ihrer Arbeit gelangen. Chinas Exporte konnten im Jahr 2019 jedoch trotz der US-Sonderzölle und einer schwächeren Weltnachfrage um 0,5 % zulegen.

Sinkende Exporte in die USA konnten durch einen teils prozentual zweistelligen Anstieg der Ausfuhren nach Frankreich, Kanada und andere Nationen ausgeglichen werden. Doch private Haushalte, die aufgrund des Handelskriegs und zunehmender Jobverluste finanziell unter Druck geraten sind, hielten sich mit dem Kauf von teuren Anschaffungen merklich zurück. So sanken im Jahr 2019 beispielsweise die nationalen Fahrzeugverkäufe (auf Jahresbasis stand ein Minus von 9,6 % zu Buche) nun schon das zweite Jahr in Folge.

Warnung Pekings lässt aufhorchen

Der nationale Fabrikausstoß kletterte im Gesamtjahr 2019 um 5,7 % gegenüber dem Vorjahr. Im 1. Halbjahr 2019 stand dagegen noch ein Wachstum von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr zu Buche. Auch die Einzelhandelsausgaben der Chinesen schwächten sich im letzten Jahr auf acht Prozent ab.

Eine Erklärung seitens der Pekinger Regierung, laut welcher die heimische Wirtschaft „einem anhaltenden Abwärtsdruck ausgesetzt ist“, ließ zuletzt aufhorchen. Darüber hinaus gäbe es eine „Reihe von Quellen der Instabilität“.

Hohe Inflation bei Lebensmitteln

Als nicht gerade vorteilhaft erweist sich die Tatsache, dass in China eine Art neues SARS-Virus umgeht. Ferner bekommt die Pekinger Regierung die massiven Preiserhöhungen im Schweinefleischbereich aufgrund des Ausbruchs der Afrikanischen Schweinegrippe nicht in den Griff.

Nach der Keulung von rund der Hälfte der chinesischen Schweinebestände herrscht an diesen Märkten ein nur sehr limitiertes Angebot. Die Schweinefleischpreise hoben im Gesamtjahr 2019 im Reich der Mitte im um 42,5 % ab. In diesem Zuge kletterte die Lebensmittelinflation auf sieben Prozent, was mehr als dem Doppelten als jenem durch die Staatsführung ausgegeben Ziel von drei Prozent entspricht.

Nicht nur der Internationale Währungsfonds, sondern auch andere supranationale Organisationen wie die Vereinten Nationen warnen davor, dass ein sich unter aller Voraussicht fortsetzender Abschwung in China auch in allen anderen Winkeln der Erde bemerkbar machen wird. Es sind insbesondere Rohstoffländer wie Chile oder Australien, deren größte Rohstoffabnehmer in China lokalisiert sind, die unter dieser Entwicklung leiden.

Hohe Verschuldung macht weitere Stimulierungsprogramme schwierig

Um sich dem Abschwung entgegenzustemmen, hat die People´s Bank of China die Kreditkosten abermals gesenkt, während günstige Darlehen vor allem an Firmengründer kanalisiert werden sollen. Von der potenziellen Auflage eines neuen großen Konjunktur- und Wirtschaftsprogramms durch die Pekinger Regierung kann aus jetziger Sicht allerdings keine Rede sein.

Denn auf diese Weise würden sich die in China ausstehenden Schulden noch weiter erhöhen. Da die GESAMTverschuldung (Staat, Unternehmen und private Verbraucher) im Reich der Mitte bereits die Marke von 350 % in Relation zum BIP überschritten hat, haben die großen Ratingagenturen Chinas Kreditbonität zuletzt auf ihre Watch-List genommen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Behalten Sie die Entwicklung in China im laufenden Jahr aufmerksam im Auge. Eine sich weiter abschwächende Wirtschaft im Reich der Mitte würde sich nicht nur negativ auf die globale Rohstoffnachfrage auswirken, sondern sich aus eben jenem Grund auch unvorteilhaft auf die ökonomische Entwicklung in vielen Schwellenländern auswirken.

Um eine Trendwende der Wachstumsentwicklung auf globaler Ebene herbeizuführen, wird die chinesische Wirtschaft als eine der global größten Nachfragequellen wieder in Tritt kommen müssen, Danach sieht es momentan nicht aus. Behalten Sie in diesem Kontext auch die Lage an Chinas Bond- und Bankenmärkten im Auge, von denen jederzeit sich durch die globale Wirtschaft ziehende Schocks ausgehen könnten.

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