Unter Bezugnahme auf einen gemeinsam ausgearbeiteten Bericht der Rhodium Group und des Mercator Center for China Studies (Merics) zeige sich diese Entwicklung unter anderem an den durch die Volksrepublik China getätigten Direktinvestitionen in der Europäischen Union, einschließlich Großbritanniens, die im Gesamtjahr 2020 auf ein Zehn-Jahres-Tief gesunken sind.

Sich verschlechternde politische Beziehungen und gegenseitig verhängte Sanktionen könnten dazu führen, dass sich dieser Trend im laufenden Jahr nochmals intensivieren wird. Während das einst vereinbarte Investmentabkommen zwischen Brüssel und Peking hauptsächlich aufgrund von gegenläufigen Auffassungen in Bezug auf Menschenrechtsfragen inzwischen auf Eis liegt, belief sich der Rückgang der chinesischen Direktinvestitionen im EU-Raum im Gesamtjahr 2020 auf satte fünfundvierzig Prozent.

In Zahlen ausgedrückt, sind Chinas Direktinvestitionen von knapp vierzehn Milliarden Euro im Jahr 2019 auf nur noch 7,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gesunken. Auf der einen Seite wird der Ausbruch der Covid-Pandemie und dessn Auswirkungen auf die Wirtschaft zumindest teilweise für diesen signifikanten Rückgang verantwortlich gemacht.

Andererseits heißt es im oben verlinkten Bericht darüber hinaus jedoch auch, dass es nicht nur die Covid-Krise gewesen sei, die im vergangenen Jahr zu dieser Entwicklung geführt habe. Vielmehr seien die Konflikte im bilateralen Verhältnis zwischen beiden Wirtschaftsräumen vielfältig und drohten sich im Verlauf der nächsten Monate und Jahre weiter zu intensivieren.

Es sei unter anderem die Aufrechterhaltung der Kapitalverkehrskontrollen im Reich der Mitte, an der nicht nur viele europäische Unternehmen, sondern auch die EU-Kommission in Brüssel Kritik übten. Kritik an einzelnen Maßnahmen der Europäischen Union übt auch die Pekinger Regierung, vor allem dann, wenn sich die Dinge um eine sich zuletzt verschärfende Kontrolle der Direktinvestitionen der Chinesen im EU-Raum drehen.

Die sich intensivierenden Kontrollmaßnahmen der EU sollen dazu beitragen, chinesischen Unternehmen die Übernahme von strategisch wichtigen Wettbewerbern zu erschweren oder in Einzelfällen komplett zu untersagen. Ferner droht sich die Sanktionsspirale zwischen Brüssel und Peking, ähnlich wie zwischen den USA und der Volksrepublik China, in absehbarer Zeit noch weiter zu verschärfen.

Mittlerweile sei eine Ebene erreicht worden, auf der Sanktionsmaßnahmen der Brüsseler EU sofort mittels Gegensanktionen durch die Pekinger Regierung beantwortet würden. Im März sanktionierte die Europäische Union vier chinesische Regierungsoffizielle, die angeblich in Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang verwickelt sein sollen.

Es dauerte daraufhin nur wenige Tage, bis Peking seinerseits neun britische Offizielle samt vier Organisationen mit Gegensanktionen belegte. Nicht nur die seitens der Europäischen Union und Großbritanniens kritisierte Lage der muslimischen Uiguren in Xinjiang stehen im Zentrum dieser Auseinandersetzungen. Auch eine sich weiter verschärfende Lage im Ost- und Südchinesischen Meer sowie das Anziehen der Daumenschrauben der Pekinger Regierung in Hongkong vergiften das bilaterale Verhältnis zunehmend.

Und so wird in dem oben verlinkten Bericht dann auch zusammenfassend darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen eines klar und deutlich zeigten: Primär sei es nicht die sich verschärfende Kontrolle der chinesischen Kapital- und Investitionsflüsse in Richtung des EU-Raums durch die Brüsseler Kommission, welche eine Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zur Folge hätten.

Vielmehr seien es die sich drastisch verschlechternden politischen Beziehungen zwischen den westlichen Industrieländern und der Volksrepublik China, welche zuvor auch schon zu einem signifikanten Rückgang der Direktinvestitionen der Chinesen in den Vereinigten Staaten von Amerika geführt hatten.

Inzwischen ist der unter der Präsidentschaft von Joseph Biden und der Demokratischen Partei anhaltende Handelskrieg zwischen den USA und China über eine Vielzahl von anderen Themen – insbesondere der Corona-Krise – in den medialen Hintergrund gerückt. Trotz allem sind dessen Auswirkungen und Folgen nach wie vor präsent, ohne dass einer einvernehmlichen Lösung zwischen beiden Handelsräumen entgegengesteuert wird.

Erst im März hatten der raue Ton und die sich ausweitende Kluft in den politischen Ansichten im Rahmen einer Zusammenkunft zwischen hochrangigen Delegationen der Amerikaner und Chinesen im Bundesstaat Alaska auf diese Tatsache hingewiesen.

Laut jüngster Aussagen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen seien es die grundsätzlich gegenläufigen Ansichten in Bezug auf Menschenrechtsfragen, welche die EU und die Volksrepublik China in zunehmendem Ausmaß auseinanderdividierten, wodurch die Volksrepublik China zu einem systemischen Konkurrenten der EU avanciere.

Wenn schon über Menschenrechte gesprochen wird, dann sollte Ursula von der Leyen dies auch im Hinblick auf den europäischen Militäreinsatz im afrikanischen Mali oder in Bezug auf den durch Washington und Europäer herbeigeführten Sturz von Muammar al-Gaddafi in Libyen tun.

Gehörte Libyen unter der einstigen Knute von al-Gaddafi mit zu den stabilsten afrikanischen Staaten, so sollte man den Blick auf dieses Land, welches nun seit vielen Jahren aufgrund eines Bürger- und Stellvertreterkrieges zwischen untereinander verfeindeten Volksgruppen samt einer Involvierung von ausländischen Interventionsmächten auseinandergefallen ist, nicht scheuen.

Diese Entwicklung hin zu einem Failed State hat darüber hinaus dazu geführt, dass das Tor für nach Europa strömende Migranten vom afrikanischen Kontinent über das Mittelmeer nun schon seit Jahren sperrangelweit offensteht.

Wie vertragen sich die Menschenrechtsauffassungen von Ursula von der Leyen mit der vorgestern publizierten Bekanntmachung, wonach es zu einer gerichtlichen Verurteilung von vier französischen Unternehmensvorständen, welche einer Komplizenschaft in Bezug auf Foltermaßnahmen für schuldig befunden wurden, gekommen ist?

Die vier Verurteilten sollen staatliche Behörden in Nordafrika aktiv dabei unterstützt haben, Oppositionspolitiker auszuspionieren, verhaften und körperlich foltern zu lassen. Dies alles mag jene der Pekinger Regierung in Sachen einer Unterdrückung der uigurisch-muslimischen Minderheit in Chinas Neumark gemachten Vorwürfe keineswegs entkräften.

Doch wer stets das Banner der Menschenrechte vor sich herträgt, der sollte auch dazu in der Lage sein, sich in einem ausreichenden Maße selbstkritisch zu begegnen. Wie dem auch sei, wie es in einem separaten Bericht der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) heißt, haben sich die Kapital- und Direktinvestitionen in Richtung des asiatischen Kontinents im Gesamtjahr 2020 auf einem hohen Niveau halten können.

Die Volksrepublik China rage einmal mehr aus dieser allgemeinen Entwicklung heraus, sich in manchen Bereichen weitaus besser entwickelnd als andere Wettbewerber in der Region. So legten die ausländischen Kapital- und Direktinvestitionen in der Volksrepublik China im vergangenen Jahr trotz Covid-Krise um sechs Prozent zu.

Doch nicht nur die Volksrepublik China, sondern der gesamte asiatische Kontinent haben es im vergangenen Jahr geschafft, den Rest der Welt wirtschaftlich hinter sich zu lassen. Im Fall von Asien handele es sich unter Bezugnahme auf den oben verlinkten Bericht von UNCTAD um die einzige Region auf der Welt, welche über ein Wachstum der Direktinvestitionen zu berichten wusste.

Mehr als die Hälfte der globalen Kapitalströme seien im vergangenen Jahr aus den asiatischen Kontinent entfallen (in Richtung Asiens oder aus Asien heraus). Aus Perspektive eines derart schwierigen Jahres wie dem letzten ist dies schon eine beachtliche Leistung. Auch mit Blick auf das laufende Jahr sehen die meisten Prognosen ein Anhalten dieses Trends vor.

Nach wie vor sei der asiatische Kontinent aus Sicht der Wachstumsperspektiven, eines sich zaghaft erholenden Handels und sich normalisierenden Industrieaktivitäten interessanter als der Rest der Welt.

  

Trotz allem zeigt sich anhand des oben abgebildeten Charts von UNCTAD, auf welche Weise die Weltwirtschaft im vergangenen Jahr Schaden genommen hat. Angemerkt sei, dass sich die ausländischen Kapitalströme und Direktinvestitionen entgegen eines positiven Trends auf dem gesamtasiatischen Kontinent sowie eines sehr positiven Trends in Ost- und Südasien in der wichtigen Region Südostasiens im Vergleich bei Weitem schlechter entwickelt haben.

Laut des Berichts von UNCTAD ließe sich der massive Einbruch der ausländischen Kapital- und Direktinvestitionen in Südostasien in Höhe von fünfundzwanzig Prozent insbesondere auf die in dieser Region verhängten Lockdown-Maßnahmen, in kurzen Zeitabständen aufeinander folgende Covid-Wellen, Lieferketten-Disruptionen sowie sinkende Unternehmensgewinne zurückführen.

Global betrachtet sind die Kapital- und Direktinvestitionen im Gesamtjahr 2020 um satte fünfunddreißig Prozent zurückgegangen – und zwar von 1,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2019 auf knapp eine Billion US-Dollar im vergangenen Jahr.

Blicken wir auf den europäischen Kontinent, den es weltweit mit am härtesten erwischt hat. Dort sanken die registrierten Kapital- und Direktinvestitionen im Gesamtjahr 2020 gar um achtzig Prozent (!), gefolgt von Nordamerika mit einem Minus von vierzig Prozent. Auch Lateinamerika und die Karibik schnitten mit einem registrierten Rückgang in Höhe von 45 Prozent alles andere als gut ab. Afrika kam mit einem Minus in Höhe von sechzehn Prozent noch vergleichsweise glimpflich davon.

Blicken wir abschließend noch einmal speziell auf die durch europäische Unternehmen in der Volksrepublik China getätigten Direktinvestitionen. Trotz des lauten Geschreis und Getöses über eine Verletzung der Menschenrechte, einer vermeintlich zunehmenden Gängelung durch die Pekinger Regierungsbehörden sowie wachsender Gefahren in Bezug auf den Diebstahl geistigen Eigentums haben europäische Unternehmen ihre Investitionen in der Volksrepublik China erhöht.

So geht es jedenfalls aus einem durch die Europäische Handelskammer in der Volksrepublik China veröffentlichten Bericht hervor. Europäische Unternehmen seien unter Bezugnahme auf diesen Bericht zurzeit daran interessiert, ihre Lieferketten in der Volksrepublik China auszuweiten und sattelfester zu machen.

Sonderbar, riefen dem Westen zuzurechnende Regierungen, allen voran jene der Vereinigten Staaten und Japans, ihre „heimischen“ Firmen nicht im letzten Jahr öffentlichkeitswirksam und verstärkt dazu auf, sich aus der Volksrepublik China zurückzuziehen, um größere Teile der eigenen Produktion nach Hause zu bringen?!

Hiervon scheint momentan keine Rede mehr zu sein, wenn berücksichtigt wird, dass rund sechzig Prozent der insgesamt 585 durch die Europäische Handelskammer in China zuletzt befragten Firmen den aktuellen Plan verfolgen, die eigenen Operationen und Aktivitäten in der Volksrepublik China im laufenden Jahr auszuweiten.

Welcher Grund könnte sich hinter diesen Absichten verbergen? Aus dem veröffentlichten Bericht geht es klar und deutlich hervor. Danach seien die zu erzielenden Gewinnmargen in der Volksrepublik China höher als mit Blick auf den globalen Durchschnitt. Mehr als fünfzig Prozent der befragten Unternehmen zeigten sich zumindest dieser Ansicht.

Darüber hinaus ist es europäischen Unternehmensführungen keineswegs entgangen, dass der chinesische Markt den eigenen Wirtschaftsaktivitäten im Verlauf des vergangenen Jahres eine Art Schutzfunktion geboten habe. Fünfundsiebzig Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass deren in der Volksrepublik China erzielten Einnahmen in dem durch die Covid-Krise geprägten Jahr nur leicht gesunken seien.

In etwa dieselbe Anzahl der Befragten geht von der Erwartung aus, die eigenen Umsätze in der Volksrepublik China im laufenden Jahr (im Direktvergleich mit dem Jahr 2020) entweder stabil halten oder gar steigern zu können.

Als interessant erweist sich die Tatsache, dass laut der neuesten Umfrage nur vier Prozent aller in der Volksrepublik China aktiven Unternehmen aus Europa den Plan verfolgen, die eigenen Aktivitäten vor Ort aufzugeben. Politischer Wunsch und ökonomische Wirklichkeit scheinen einmal mehr weit voneinander entfernt zu liegen!

„Was heißt das für mich konkret!?“

Was soll zu diesen Entwicklungen noch großartig zusätzlich ausgeführt werden? Viele Beobachter dürften sich mittlerweile darüber bewusstgeworden sein, dass die Volksrepublik China nicht mal so auf einfache Weise und im Vorbeigehen in die Knie zu zwingen ist. Weder eine Verhängung von Sanktionen, noch Maßregelungen anderer Art werden an dieser meiner Sichtweise etwas ändern. Ich hatte mich ehedem zu einem frühen Zeitpunkt darauf festgelegt, dass der durch die Trump-Administration gegen die Volksrepublik China vom Zaun gebrochene Handelskrieg den Vereinigten Staaten von Amerika letztendlich mehr Schaden zufügen als nutzen würde. Die EU sollte nicht so dumm sein, um in Amerikas Fußstapfen zu treten…

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