Es war der 4. August 2020. So gegen 18 Uhr kostete eine Unze Gold mehr als 2.000 US-Dollar. Auch in Euro rannte der Goldpreis von einem Hoch zum nächsten. Bei 1.750 Euro pro Unze hat das gelbe Metall erst einmal angehalten. Richtigliegen und gewinnen! In den einschlägigen Foren knallen die Sektkorken...
Ich beobachte das mit einem gewissen Unbehagen. Je höher der Goldpreis steigt, desto ungemütlicher wird es „da draußen“ und umso schwächer notiert das herkömmliche Geld. Man bekommt dann erst einmal weniger Metall fürs gleiche Geld und später auch weniger Waren und Dienstleistungen, obwohl die Zahl auf den Geldscheinen unbeirrbar die gleichen Zahlen ausweisen.
Und irgendwann kommt die Zeit, dann verdienen immer mehr Leute nicht genügend von diesem Geld für das Alltägliche. Dann werden sie Fragen stellen und zornig, auch wenn ihnen die Statistik sagt, sie wären noch nie so reich wie heute und die Politiker ihnen erzählen, es würde ihnen noch nie so gutgehen wie heute.
Zum einen ist eine Unze immer noch eine Unze und ein Euro immer noch ein Euro. Bloß gibt es eine Unze nicht mehr für 500 oder 1.000 Euro, sondern zum fast Fünffachen von damals, als uns der Euro in die Hand gedrückt wurde.
Ich glaube nicht, dass sich die Einkommen von damals verfünffacht haben. Viele Preise der verschiedenen Anlageklassen schon. Elf Jahre hat es gedauert, bis der Goldpreis die erste Tausender-Marke erklommen hat. Wenn die Notenbanken weiter so fleißig bleiben, dauert der nächste Sprung über die 3.000er Linien keine weiteren elf Jahre.
Die Schallmauer verschlafen?
Das Erstaunliche ist, dass es keine großen Schlagzeilen gab, als das Gelbe plötzlich über die 2.000er Marke stieg, während im Windschatten das Silber als heimlicher Star auf die Überholspur ging. Immerhin ist es in diesem Jahr um 50 Prozent teurer geworden und hat sich seit dem Crash inmitten des Lockdowns im Preis mehr als verdoppelt. Dass darüber wenig berichtet wird, ist letztlich eine gute Nachricht. Denn taucht es auf den Titelseiten der großen Zeitungen auf, ist das immer ein Grund zur Vorsicht.
Ist Gold zu teuer? Für viele ja. Doch es gibt ja auch Silber. Im großen Bild haben sich die Argumente für das Halten von Edelmetallen nicht geändert. Diese waren vor zehn oder 20 Jahren die Gleichen. Die Welt ist nach dem Platzen der Internetblase in den „Rettungsmodus“ geschaltet worden, wobei mal Banken, mal Staaten oder jetzt die ganze Weltwirtschaft „gerettet“ wird.
Die „Notleidenden“ werden mit Dauerkrediten und Nullzinsen versorgt und das benötigte Geld aus dem Nichts gezaubert. Aus Notfällen ist Dauerrettung mit steigenden Schuldenbergen und Geldmengen geworden. Wenn ein Ende dieser Geldorgien abzusehen wäre, wäre ein Teilverkauf sinnvoll. So aber...
Die meisten Leute sparen ihr Geld wie früher, was ihnen dann mehr oder wenig schnell, wie schmelzende Eiswürfel durch die Finger rinnt. Zumindest darauf gibt es eine Garantie. Der Goldpreis funktioniert als Barometer für den Zustand der Kaufkraft eines Geldes und der Gefährlichkeit der herkömmlichen Geldwelt. Das trifft übrigens auch auf die Aktienkurse zu. Die steigen auch gerne, wenn die Kaufkraft des Geldes sinkt wie die Preise für Immobilien, Grundbesitz, Oldtimer und alles andere Anfassbare, was man nicht mal so schnell durch den Kopierer ziehen kann…
Sparen und arm werden
Es heißt, die Deutschen sparen wie die Weltmeister. Das mag in der Summe so sein, jedoch ist das Geld nicht nur hierzulande nicht gleichmäßig verteilt. In einer europaweiten Umfrage der ING Diba gaben 29 Prozent an, nichts auf der hohen Kante liegen zu haben. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, über Rücklagen von mehr als drei Monatsnettoeinkommen zu verfügen.
In den kommenden Tagen wird das Edelmetall noch einige Schlagzeilen machen. Vielleicht weil es noch teurer geworden ist... oder tief durchatmet. Und dann schlägt auch wieder die Stunde der Verbraucherschützer. Die meisten von ihnen haben seit Jahrzehnten vor Gold gewarnt wie vor Salmonellen in der Wurst und sich damit ein Armutszeugnis ausgestellt. Sie mögen sich ja mit Waschmitteln und Kinderspielzeug auskennen, nicht aber mit Gold und Kaufkraft.
Ja ja, Gold kann man im Ernstfall nicht essen! Sparbücher und Konten auch nicht. Gold bringt keine Zinsen. Dafür kennt es keine Strafzinsen und ist noch da, wenn das Geld längst weg ist. Das Geheimnis des Goldpreises liegt in der negativen Realverzinsung.
Irgendwann später in nicht allzu ferner Zukunft werden die Verbraucherschützer nicht mehr vor Gold, sondern vor dem Papiergeld warnen, wenn wir durch die „Geldhüter“ alle zu Millionären gemacht wurden und die Excel-Tabellen noch größere Zahlen ausweisen. Wer schützt eigentlich die Verbraucher vor den Verbraucherschützern?
„Was heißt das für mich konkret!?“
Mit Gold wird man nicht reich. Aber auch nicht arm wie mit den Geldeinheiten auf der hohen Kante, selbst wenn es mehr werden... Höhere Goldpreise signalisieren künftigen Ärger.
Kommentare
Ja, steht zu befürchten, bedeutet nichts Gutes für die Welt und Weltwirtschaft.
wie immer den Nagel auf den Kopf getroffen … merci … immer wieder erfrischend Deine Kolumnen zu lesen.
Viele Grüße und weiter so
Axel
Yellen meinte doch mal 2017 oder so, das wir zu Lebzeiten keine Finanzkrise mehr sehen werden. Das war das also wörtlich gemeint, von der Guten :)
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"Solange die Musik spielt, muss man aufstehen und tanzen und wir tanzen immer noch" - ich weiss nicht mehr, von wen das Bonmot stammt, aber es kommen immer mehr Musikanten in den EM-Markt. Und bevor die Band wie auf der Titanic zum Trio reduziert wurde, werde ich diesen verdammten Dampfer weiterfahren.
... Erst wenn wieder alle Finanzblätter GOLD auf den Titelseiten bringen wie vor 10 Jahren, wird das Boot gewechselt.
@ J7P1K, dem ist absolut nix mehr hinzuzufügen.
Es ist dann außerdem fraglich, ob und wie lange man diese Strafphase aushalten kann, denn wie lange diese kranke Finanzweltwirtschaftskrise schon anhält sehen wir gerade...
Bei anderen EM ausser Gold un dSilber ist mir der Spread zu hoch. Schauen Sie sich doch mal an, was sie im Ankauf beim Händler dafür angeboten bekommen. Ausserdem ist das mir zu sehr Industriemetall, als das ich da die 2. und 3. Lockdown-Crashs nicht mitnehmen möchte.
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@Tomk13:
Welche Alternativen bleiben denn, wenn man das Platzen aller überhitzten Blasen mittelfristig erwartet (Aktien, Immo) und zusätzlich die Mutter aller Blasen ($ und alle anderen Währungen) abwerten? Alles an offensichtlichem Eigentum können Sie nicht verbuddeln oder rostet ;)
Es atmet gerade auf die 1950$ zu um Luft für den nächsten Sprung holen - aber die Unze hat immer noch 31,1g (eben noch mal gewogen ;) )
Mich würde aber vielmehr interessieren, ob ein weiterer Anstieg der EM Preise zu erwarten ist. Ab 01.01.2022 sollen bei den Zentralbanken ja Gold, Silber und Platin als Teil der Eigenkapitalausstattung zur Risikodeckung erlaubt sein. Wenn dem so ist, kaufen die Zentralbanken dann jetzt schon, oder erst ab 01.01.2022. Muss das dann physisch sein oder reicht auch Zettelgold?
Könnte das mal bitte jemand beleuchten und für mich/uns Licht ins Dunkel bringen?
die ClickBait Überschrift hat mich erstmal davon abgehalten den Artikel überhaupt zu öffnen.
Gute Artikel und solche Überschriften treffen selten zusammen, am besten einfach lassen.
Mittelfristig und wahrscheinlich imho:
Wenn man mal die Kaufkraft zum 800er Hoch in den 80ern heranzieht, dann sollte Gold auf 3000$ steigen um auf die gleiche Kaufkraft zu kommen. Dank anhaltender Geldschwenne auch plausibel.
Langfristig mit 50/50 Chance:
5000-8000$ basierend auf der Annahme, das Gold mehr als 7-fach ging von 2000er bis 2010er. Und das bei guten Zinsen und starkem Aktien-Markt.
Unrealistisch:
10-20000$ wenn ich von 35$ in 1970er bis 1980er über 20-fach rechne. Klar - Aufhebung des Goldverbots. Aber wer weiss, was die Zukunft bringt.
900-1500$ wenn all die Blasen nicht platzen, Aktien haussieren, Corona verschwindet und es wieder Zinsen auf Geld geben sollte.
Sie schreiben: . . . Je höher der Goldpreis steigt, desto ungemütlicher wird es „da draußen“ und umso schwächer notiert das herkömmliche Geld.. .
Ich dachte bisher immer, dass es umgekehrt läuft! Weil das Geld nicht mehr so viel Wert hat "steigt das Gold"!
Da dachte ich an Omas Silberbesteck und bin in eine Volksbank Filiale gefahren um mir mehr Dreck zu kaufen als ich mit einmal Tragen kann. Der nette Geldberater wies mich darauf hin, dass man wohl langsam aber sicher aus dem Edelmetallhandel aussteigen wolle denn 99% aller Transaktionen seinen von Opa und Oma für die Enkelkinder. Ich solle mir also darüber bewußt darüber sein das ich das Metall nie wieder zu Geld machen könne. Jedenfalls nicht in einer Volksbank Filiale.
Vor dem Einladen in den Kofferaum musste ich noch zur Kasse und das Ganze bezahlen. Die Beiden Kassierer hatten sichtlich Spaß sich über meine Transaktion lustig zumachen. Der eine fragte mich: Weiß ihre Frau was sie heute machen? Man wartete keine Antwort ab sondern gab alsbald zum Besten: Bethel bei Bielefeld bietet Barmherzigkeit bei Barzahlung.
Heute bin ich nicht auf Barmherzigkeit angewiesen, zur Not leiste ich Barzahlung.