Das klingt nicht so vordergründig wertschätzend und nicht so nach Proletariat oder Prekariat. Apropos, fast jeder Fünfte arbeitet hierzulande inzwischen für einen Niedriglohn. Oder anders ausgedrückt: Ein Fünftel der Arbeitnehmer, die Arbeit nehmen, verschachern jede Stunde ihrer Lebenszeit für recht kleines Geld.

Es gibt Zeiten für Klassenkämpfe und Zeiten, in denen sich so etwas nicht mehr lohnt. Erst wenn das Geld zum Leben zu wenig und zum Sterben noch zu viel ist, flammt das auf. Meine Prognose: Es läuft sich warm, wobei die großen Unternehmensberatungen Unternehmen und Politik darüber informieren, wann sie die Schraube zu sehr überdrehen könnten. Wenn jetzt die Preise noch etwas weiter steigen, und es sieht ganz danach aus, werden wir uns vielleicht schon bald wundern.

Olaf Scholz, unser oberster Steuereintreiber sagte am 1. Mai, dass es nicht bei dem bleiben kann, wie es ist. Oha! Allein schon das ist so lustig um sich nicht darüber lustig zu machen. Scholz forderte am Tag der Arbeit eine Verbesserung der Situation der Beschäftigten. Haben wir schon wieder Wahlkampf? Ach! Immer noch und schon wieder.

Ohne die Verschwendungssucht des Staates wäre allerdings eine Steuersenkung schon mal ein guter Weg. Das wäre für einen Finanzminister aus den Reihen der SPD längst schon denkbar gewesen, aber die Christlichen und Demokraten wollen das nicht. Scholz forderte außerdem (fordern kostet nix), dass aus der Corona-Pandemie Lehren gezogen werden müssen mit Blick auf Kurzarbeit, Entlassungen und ungleiche Löhne. Bald ist er ja unser Kanzler. Kleiner Scherz!

Ein paar Zahlen

Wer im Niedriglohnsektor arbeitet, bekommt als Vollzeitbeschäftigter zwei Drittel des mittleren Einkommens. Diese Schwelle wird mit 2.267 Euro angegeben. Zwei Drittel entsprechen dann 1.511 Euro. Davon Sozialabgaben und Steuer abgezogen, und auch noch sämtliche Gebühren für dies, das und jenes, bleiben im Monat xxx Euro übrig. Bitte selbst ausrechnen. Vielleicht hilft es auch als Bonus, einfach nur beklatscht zu werden wie das Pflegepersonal.

Wenn fast vier Millionen der Vollzeitbeschäftigten laut einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linken von Niedriglöhnen betroffen sind und das ein Fünftel der Vollzeitbeschäftigten betrifft.... was machen dann die anderen? Schließlich gibt es doch nach offizieller Lesart 44,3 Millionen „Erwerbstätige“ und 33,8 Millionen Sozialversicherungs-Beschäftigte. Heißt das, dass rund 14 Millionen Leute noch weniger bekommen, da sie nicht voll beschäftigt sind? Wir wissen es nicht, ahnen aber Schlimmes unter der wohlig gekämmten Decke der Vollbeschäftigung.

Bei 44,3 Millionen „Erwerbstätigen“ in diesem Land, in dem wir so gut und gerne leben, arbeitet fast die Hälfte nicht. Das muss man Kindern, Jugendlichen und auch den Rentner nun wirklich nicht zumuten, obwohl das Rentenalter ja bald schon auf 69 Jahre steigen soll. Bei 169 Jahren wäre die ewig klamme Rentenkasse komplett entlastet.

Fakt ist auch, das 9,7 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten im Jahr 2019 laut Statistikamt mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiteten. Das war 1991 mit 10,3 Prozent ähnlich hoch. Vielleicht hat sich damals die Arbeit aber noch gelohnt (schönes Wort!). Wer heute viel schafft, schafft immer mehr für die anderen. Es ist die Frage, was man für jede Stunde Lebenszeit bekommt, davon behalten darf und was man letztlich dafür kaufen und zur Seite legen kann.

Ihnen ist jetzt schwindelig wegen der vielen Zahlen? Und nicht deswegen, weil Sie unter der Last der roten Arbeiterfahne auf der Demo ihrer Wahl am vergangenen Samstag fast zusammengebrochen wären? Und sich dann wegen Corona keine Faust der Arbeiterklasse um die Henkel der Bierkrüge hat ballen können? Der Tag der Arbeit war dieses Jahr auch noch ein Samstag! Wie blöd für einen Feiertag!

Was kann man tun?

Schulen Sie zum Handwerker um! Der Job hatte meistens einen goldenen Boden. Hierzulande fehlen übrigens 65.000 solcher Fachkräfte, wurde übers Wochenende beklagt. Sie können dort bald schon jeden Lohn einfordern oder jeden Preis aufrufen!

Fragen Sie nicht mehr, was Sie für den Staat tun können, sondern umgekehrt. Sie sind da gar nicht mehr allein.

Zeugen Sie mehr Kinder! Ab dem vierten Kind gibt es 250 Euro im Monat Kindergeld. Ab zehn Kindern dürfte sich das richtig lohnen. In diesem Jahr gibt es pro Kind noch einen Corona-Bonus von 150 Euro obendrauf.

Oder gehen Sie mit Ihrem Geld, was sie erst noch verdienen müssen, an die Börse. Dort geht es statistisch gesehen immer nach oben und die Steuern auf etwaige Gewinne sind oft geringer als durch normale Arbeit. Man muss sich kümmern! Okay, die Aktien sind heute schon teuer. Aber sie können ja noch teurer werden! Bevor das Geld auf dem Konto vergammelt und Ihnen Ihre Bank des Misstrauens auch noch Strafzinsen für Guthaben aufbrummt… rein in die Börse! Oder Bitcoin. Oder Gold. Weg damit, solange man noch etwas dafür bekommt.

Leider hat der Gebert-Indikator für den DAX im Mai auf Verkauf geschaltet. Das nährt aber auch die Hoffnung, dass es deutsche Aktien auch mal wieder billiger, oder viel billiger geben könnte. Zudem heißt es jetzt auch noch „Sell in may and go away.“

Viel Monat, weniger Geld?

Das mit den auskömmlichen Einkommen und dem einkömmlichen Auskommen ist an sich schon kompliziert genug. Jetzt aber kommt sogar auch offiziell die Inflation um jedermanns Ecke. An den Börsen und an der Rohstofffront hat sie längst schon Einzug gehalten.

Haben Sie die Verdreifachung der Preise für Bauholz binnen eines Jahres gesehen? Alle Latten am Zaun zu haben, ist fast schon unbezahlbar geworden! Ach, Sie brauchen das nicht?

Ich bin gespannt, wie die Leute nicht nur hierzulande mit den auch explodierten Nahrungsmittelpreisen umgehen werden. Weizen, Mais und Raps verteuerten sich binnen eines Monats um 20-25 Prozent, Zucker, Kaffee und Sojabohnen um bis zu 15 Prozent. Keine Sorge! Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke machten im statistischen Warenkorb im letzten Jahr nur 9,7 Prozent aus. Bei den Millionen Leuten mit mies bezahlten Jobs sieht das ganz anders aus - von den dramatischen Auswirkungen nicht nur in Westafrika mal abgesehen.

Sicherlich werden bald die bösen Spekulanten öffentlich als die Schuldigen ausgemacht, die mit ihrer Gier die Preise fürs Essen in die Höhe treiben - und nicht die Zentralbanken mit ihrer Gelddruckerei im Billionenbereich. Auf diese Idee wird Otto Normal ohnehin nicht kommen. Kleine Frage: Schafft das Gelddrucken letztlich auch Hunger, nur woanders?

„Was heißt das für mich konkret?!“

Die schlechte Nachricht ist, dass der nächste 1. Mai als Feiertag auf einen Sonntag fällt. Wie blöd! Dann hat sich die Welt wieder einmal um die Sonne gedreht. Da aber nicht nur an den Börsen alles in Wellen verläuft, würde ich den „Tag der Arbeit“, den heute die meisten Leute zum Ausruhen nutzen, noch nicht ganz abschreiben.

In einem Jahr könnten mache Forderungen schon etwas lauter werden und auch die Zahl der Leute auf den Straßen, die Forderungen stellen werden. Manche werden sich dann noch an dieses Liedchen erinnern, das auch auf den SPD-Parteitagen gesungen wird... „Die Internationale“, dessen Text sicherlich auch Olaf Scholz kennt…

… und nun mal genau lesen :-)

Wacht auf, verdammte dieser Erde, die stets man noch zum Hungern zwingt!
Das Recht, wie Glut im Kraterherde nun mit Macht zum Durchbruch dringt.
Reinen Tisch macht mit dem Bedränger! Heer der Sklaven, wache auf!
Ein Nichts zu sein, trägt es nicht länger, alles zu werden, störmt zuhauf.


Es rettet uns kein hö´hres Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun.
Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!
Leeres Wort: des Armen Rechte! Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
Unmündig nennt
man uns und Knechte, duldet die Schmach nun länger nicht!


In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute, wir sind die stärkste der Partei´n.
Die Müßiggänger schiebt beiseite! Diese Welt wird unser sein;
unser Blut sei nicht mehr der Raben und der nächt´gen Geier Fraß!

Erst wenn wir sie vertrieben haben, dann scheint die Sonn‘ ohn‘ Unterlass!


Völker, hört die Signale!
Auf, zum letzten Gefecht!
Die Internationale erkämpft das Menschenrecht!

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