Der breite europäische Markt erreicht mit dem Stoxx600 täglich neue Rekorde. Um 18 Prozent ist er dieses Jahr teurer geworden, ebenso wie der TecDAX, der so hoch wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr notiert. Der DAX verpasste am Freitag sein Allzeithoch um drei Punkte, hat in diesem Jahr aber schon 15 Prozent auf der Uhr. Die US-Börsen laufen und laufen, selbst wenn sie historisch schon sehr hoch bewertet sind, vor allem die Hoffnungswerte aus der Hochtechnologie.

Während die einen am Existenzminimum nagen…

Es könnte alles so schön sein, wenn es nicht immer mehr Leute gäbe, bei denen es gerade so reicht oder sie trotz Arbeit und Mehrarbeit aufstocken müssen in diesem Land, in dem wir so gut und gerne leben und das alles schaffen. In 1,1 Millionen Haushalten bleibt nach Abzug der Miete inzwischen weniger als das Existenzminimum übrig, haben wir in der letzten Woche gelernt. Wohnen kann also arm machen. Unsinn! Das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer, wobei man sich fragen muss, was „Eigentum verpflichtet“ künftig bedeutet. Ich bleibe dabei, der kommende Ärger kommt nicht über die Börse, sondern nimmt die Straße.

…trifft auf der Börsenparty Übermut auf Anlagenotstand

Was soll´s? Party ist Party! Die Vorsicht als Mutter der Porzellankiste hat zumindest an den Börsen irgendwie Urlaub. Es regiert eine gewisse Art von Sorglosigkeit und Unvernunft, aber auch die angeblich krasse Not der Leute, die nicht wissen, wohin sie ihr Geld stecken sollen, bevor es die Inflation immer stärker auffrisst.

Ist die Börse plötzlich der sichere Hafen geworden? Rechnet man zur steigenden Teuerung allerorts auch die Inflation der Anlagegüter wie Aktien und Immobilien hinzu, zeigt sich, dass die echte Inflationsrate und der verbundene Kaufkraftverlust weit höher ausfallen, als man es uns erzählen will.

Ach nein, der Goldpreis kommt ja trotz der Inflation gar nicht auf die Beine. In wenigen Tagen schon werden wir erfahren dürfen, dass Gold jetzt wirklich tot ist, zum x-ten Male. Das nur nebenbei.

Was tun?

Millionen neuer Sparpläne auf Aktien wurden in den letzten Monaten eröffnet, wenn oft auch zähneknirschend als Alternative zum herkömmlichen Sparen. Die EZB zwingt die Sparer stärker ins Risiko.

Die Frage aber ist, ob die Kurse nicht schon zu lange zu hoch gelaufen sind und ob es das Ganze vielleicht nicht auch billiger gibt. Ein Kursrückgang wäre dann aber die erste Belastungsprobe für die Neusparer, wobei die Zentralbanken mit Sicherheit wieder Regenschirme verteilen und jedes Problem mit noch mehr frischem Geld ertränken. Geld kann sie drucken. Wirtschaft aber nicht.

In der Realwirtschaft riecht es nach Ärger

Noch läuft die Wirtschaft aufgrund von allerlei Nachholeffekten der staatlich angeordneten Lockdowns in der Pandemie. Doch die Dynamik lässt nach. Es kommt zunehmend zu Engpässen bei Produkten und Material, was im zweiten Halbjahr für die Ökonomie zum Bremsklotz - nicht nur in der Autobranche - werden könnte. In der DDR haben Beziehungen nur dem geschadet, der sie nicht hatte. Man muss heute hier und dort schon jemanden kennen, der jemanden kennt, der etwas hat, was man braucht.

Erst einmal genießen wir den Aufschwung. Vor allem die Dienstleister frohlocken nach neuen Umfragen. Die Leute dürfen jetzt wieder zu ihnen in die Gaststätten, in die Kinos und wieder zusammensitzen. Sogar „körpernahe Dienstleistungen“ sind erlaubt. Genießen Sie das!

Nach neuen Zahlen sind 54,5 Prozent doppelt geimpft. Wenn Ungeimpfte später nur noch mit teuren PCR-Tests das öffentliche Leben nutzen dürfen, würde es die Logik nicht gebieten, dass die spaßgesellige Infrastruktur zur Erheiterung der Seelen zu viele Angebote bereithält bei zu geringer Nachfrage? Unsere Wirtschaft läuft jedoch nur bei maximaler Auslastung der Kapazitäten in jeder Hinsicht.

Urlaub für potentiell 60 Prozent der Leute statt für alle? Wenn das mal nicht nach Ärger riecht. Nach einer frischen Umfrage der KfW-Förderbank rechnen 650.000 kleine und mittlere Unternehmen nicht damit, das Vor-Corona-Krisenniveau wieder zu erreichen. Reine Mathematik...

Irgendein Anlageexperte wird früher oder später empfehlen, dass die Ungeimpften dann doch auch einen Sparplan auf Aktien einrichten können.

„Was bedeutet das für mich konkret?!“

Inzwischen ist das herkömmliche Geld auf Konten und unter der Matratze gefährlicher als manche Aktien guter Unternehmen. Wer auf der Börsenparty weiter tanzen möchte, sollte das vorsichtshalber in der Nähe des Ausgangs tun. Nun aber fragt sich mancher, warum er sein Geld, das er aus Gründen des Kaufkraftverlustes erst in Aktien oder Gold steckt, wieder verkaufen soll? Er sitzt dann doch wieder auf dem, was man loswerden sollte.

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