Dieses Treffen -sollte es denn dazu gekommen sein- wäre eine dramatische Änderung der Strategie der USA, bezüglich ihrer gescheiterten Mission in Afghanistan. Im 17. Jahr des sogenannten "War on Terror", in dessen Rahmen mittels der "Operation Enduring Freedom" Afghanistan angegriffen wurde, sind weder Krieg noch Terror beseitigt. Bis heute konnte kein afghanischer Staatsbürger mit dem Attentat von 9/11 in Verbindung gebracht werden. Die meisten der Attentäter hatten die Staatsbürgerschaft jenes Königreiches, welches von Donald Trump und seinen Vorgängern im Amt aufgerüstet wurde und wird, nämlich des Königreiches Saudi-Arabien.

Taliban weiterhin unbesiegt

Die Taliban, deren Herrschaft man damals zu beseitigen gedachte, sind bis heute unbesiegt. Oder, um es mit den Worten des pakistanischen Taliban-Experten Ahmed Rashid auszudrücken: "Die Taliban sind nicht versessen darauf, an die Verhandlungstische zurückzukehren, was darauf zurückzuführen sei, dass die Taliban in den vergangenen Monaten so viele militärische Erfolge zu verzeichnen hatten, dass sie selbstbewusst die militärische Linie fortführen, anstelle von Verhandlungen."

Wenn also die Taliban nach einem längeren Zeitraum  als der 1. und der 2. Weltkrieg zusammen, in der Lage sind, der stärksten Militärmacht der Welt die Stirn zu bieten, dann erweist sich, dass der Ausspruch, welcher aus der Zeit Alexander des Großen stammen soll, Afghanistan zu erobern sei einfach, es zu beherrschen unmöglich, auch heute noch von beklemmender Aktualität ist.

In Berlin wird ja immerhin nicht mehr behauptet, als Ausdruck einer totalen geostrategischen Fehlinterpretation, dass "unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt wird". Dennoch sind von der Spree keine Impulse zu erwarten, etwa aus dem Ministerium der inkompetenten Ministerin von der Leyen, irgendwelche Lösungen bezüglich Afghanistans anzubieten.

Afghanistan – Friedhof der Imperien

Neben dem Scheitern der USA und ihrer Alliierten in Afghanistan, dem Friedhof der Imperien, sind auch die Spannungen innerhalb der Taliban ein möglicher Grund, um Verhandlungen mit dem Erzfeind zu erwägen. Hierbei sind die Unterschiede zwischen den afghanischen und den pakistanischen Taliban zu berücksichtigen. Die pakistanischen Taliban folgen einer anderen politischen Strategie als die in Afghanistan.

Worin bestehen die Unterschiede?

Die Taliban in Pakistan haben das Ziel, ein islamistisches Regime in ihrem Lande zu errichten. Sie verfügen über viele Brückenköpfe und Stützpunkte. Ferner bestehen die Taliban Pakistans nicht mehr nur aus Paschtunen, sondern haben sich zu einer nationalen Bewegung entwickelt, in der man alle Völker Pakistans findet. Das ist der Hauptunterschied zu den Taliban Afghanistans, wo mehr als 90% der Taliban der Volksgruppe der Paschtunen angehören.

Weshalb ist der Einfluss Pakistans in Afghanistan so groß? Pakistan und Afghanistan sind nicht nur geographische Nachbarn, sondern schicksalhaft miteinander verbunden. Nicht umsonst sprechen die Strategen in Washington schon seit geraumer Zeit von Afpak.

Basierend auf dem demographischen Gewicht Pakistans, die Atommacht zählt mehr Einwohner als Russland, und dessen Einfluss auf die Paschtunen im Süden Afghanistans nicht zu vermindern. Die lange gemeinsame Grenze, vor allem in der unzulänglichen Bergregion Wasiristans, bietet den afghanischen Taliban ideale Rückzugsgebiete im Nachbarstaat, welche kaum kontrolliert werden können. Selbstverständlich  genießen die afghanischen Taliban dort auch den Schutz ihrer pakistanischen Alliierten, basierend auf dem Sittenkodex der Paschtunen, dem sogenannten Paschtunwali.

Die NATO scheitert

Das Versacken der NATO in Afghanistan wird von Moskau und Peking mit großem Interesse registriert. Ein enger Berater von Wladimir Putin äußerte diesbezüglich an die Adresse Brüssels und Washingtons gerichtet: "You´ll have to eat your own shit!"

Auch in Teheran ist man aufmerksam. Schon 1998 kam es fast zu einem Krieg zwischen dem schiitischen Iran und den radikalsunnitischen Taliban. Zu jener Zeit, in den 1990er Jahren, ging es nicht um Burkas oder Brunnenbau. Auch Menschenrechte und Demokratie spielten keine Rolle, sondern Geld und Geschäfte waren das Leitmotiv weshalb es zu engen Kontakten zwischen den USA und den Gotteskriegern Afghanistans kam.

Washingtons Pipeline-Politik

Damals -und hier wird die Story hochaktuell- ging es um den Bau einer Pipeline in Afghanistan. Der ehemalige CIA-Agent Robert Baer schreibt dazu in seinem lesenswerten Buch Die Saudi-Connection:

"Das State Departement verschloss nicht nur die Augen vor der radikal-islamischen Außenpolitik, die Saudi-Arabien betrieb - gelegentlich leistete es dieser Politik sogar noch Vorschub. Es wusste, dass der Plan der Saudis, Erdgas- und Erdöl-Pipelines von Zentralasien bis nach Pakistan quer durch Afghanistan hindurch zu führen, den Taliban dabei helfen würde, an der Macht zu bleiben - und auf diese Weise zugleich dafür zu sorgen, dass Osama Bin Laden ein sicheres Schlupfloch behielt. Trotzdem ermunterte es sogar noch die amerikanische Gesellschaft United Oil of California(UNOCAL) sich daran zu beteiligen."

Soweit Robert Baer über seine Erfahrungen in den 1990erJahren.Was danach geschah, ab 2001, ist ja bekannt. Wer sich aber die Frage stellt, weshalb die USA und Saudi-Arabien immer noch verbündet sind, warum in Afghanistan immer noch Krieg herrscht und die Taliban nicht besiegt wurden, wieso die USA und der Iran nicht gemeinsam gegen die Taliban kämpfen und weshalb Moskau und Peking nicht um Unterstützung gebeten werden, der kommt der Wirklichkeit jetzt ein wenig näher.

Es wäre also nicht die erste Teestunde zwischen den Taliban und den Amerikanern, die sich kürzlich in Doha vollzogen hat…

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"