Dadurch wird noch einmal die Tragweite der westlichen Niederlage am Hindukusch deutlich, denn mit einem besiegten, vernichteten Gegner verhandelt man nicht. Der Krieg des Westens dort kostete mehr als eine Billion US-Dollar. 150.000 Afghanen verloren seitdem ihr Leben, ebenso über 2.500 US-Soldaten – soweit die offiziellen Zahlen.

Die US-Niederlage am Hindukusch ist keine Ausnahme Seit dem Triumph der Alliierten über Nazi-Deutschland und Japan im Zweiten Weltkrieg wurde kein einziger Krieg mehr nachhaltig gewonnen. Wenn man von den konventionellen Großeinsätzen in Korea und Vietnam absieht, so gab es nirgendwo, nicht einmal bei den belanglosen Scharmützeln in Somalia, beim Einsatz der Contras in Nicaragua - vom Debakel Kennedys in der kubanischen Schweinebucht ganz abgesehen, einen Sieg zu vermelden.

Im Südlibanon, im Irak, in Afghanistan hat sich längst bestätigt, dass die konventionelle Kriegsführung der NATO-Stäbe, aber auch Israels und einst die der Sowjetunion, mit der Abnutzungsstrategie, die den Kern des asymmetrischen Krieges bildet, nicht zurechtkommt. Die ungeheuerliche Durchschlagskraft neuer Monsterbomben, inklusive der "bunker buster", hat sich diesbezüglich als untauglich erwiesen.

Doha, ein schillernder Verhandlungsort

Der Ort und der Charakter des Treffens waren nicht neu. Schon zu Zeiten als die Taliban noch als die Terrorbande Nr. 1 weltweit galten, verfügten diese über ein Verbindungsbüro in Doha, kam es dort auch immer wieder zu geheimen Verhandlungen zwischen den Taliban und den USA.

Neben seinen vielfältigen diplomatischen Manövern, aus Überlebensinstinkt, und seinen Ölreserven, besitzt Katar auch noch die größten Erdgasfelder der Welt, welche es sich mit Iran teilt, was natürlich Begehrlichkeiten weckt. Der militärstrategische Wert Katars für die USA ist nicht zu leugnen. Dort befindet sich der größte Stützpunkt der USA in der Region.

Für die Luftangriffe gegen Ziele in Afghanistan, in Syrien und im Irak spielt er eine zentrale Rolle. 11.000 US-Soldaten sind dort stationiert, die Kosten für den Bau hat Katar alleine getragen. Katar sieht diesen Stützpunkt als Existenzsicherung gegen mögliche Gelüste der Saudis. Die Beziehungen Katars zur Türkei sind schon seit Langem auf sehr hohem Niveau.

Mit dem Beginn des sogenannten" arabischen Frühlings" wurden sie noch enger, denn beide Staaten unterstützen die Muslimbruderschaft, deren nationale Ableger die ersten demokratischen Wahlen in Tunesien und in Ägypten gewannen. Drei Jahre später wurde die Einrichtung eines türkischen Militärstützpunkts in Katar vereinbart. Einigen Berichten zufolge soll dieser, wenn er voll ausgebaut ist, bis zu 1.000, nach anderen Meldungen sogar 3.000 türkische Soldaten beherbergen können.

Derzeit befinden sich dort - einschließlich eines kleinen Kontingents, das in der vorigen Woche eintraf - rund 110 Mann. Das wäre im Fall eines Angriffs selbstverständlich irrelevant, stellt für die Saudis aber eine Warnung dar, sich nicht mit der Türkei anzulegen.

US-Militärs schieben Trump die Schuld in die Schuhe

Im März des vergangenen Jahres war US-Präsident Donald Trump darum bemüht, seinen Deal mit den Taliban, welcher auch in Doha ausgehandelt wurde, als großen außenpolitischen Erfolg zu deklarieren. Dabei war er damals schon das Eingeständnis einer Niederlage. Inzwischen sind führende US-Militärs darum bemüht, Trump die Schuld für ihre Flucht aus Afghanistan in die Schuhe zu schieben, was nicht den Tatsachen entspricht, denn der Krieg war von Anfang an verloren.

Der Afghanistan Krieg war von Beginn an falsch konzipiert, vollzog sich ohne jegliche strategische Grundlage. Die Behauptung, die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA wurden in den Höhlen am Hindukusch ausgeheckt, wurde schon längst widerlegt. Dies wird aber ebenso gerne ignoriert, wie die Tatsache, dass die Anschläge von Manhattan größtenteils von saudischen Staatsbürgern geplant und umgesetzt wurden, zwar nicht von der saudischen Regierung, doch gedeckt von dortigen einflussreichen Kreisen.

Aber schon vor 9/11 befanden sich die Taliban und Washington in einem regen Austausch.

Das State Departement verschloss nicht nur die Augen vor der radikal-islamischen Außenpolitik, die Saudi-Arabien betrieb - gelegentlich leistete es dieser Politik sogar noch Vorschub. Es wusste, dass der Plan der Saudis, Erdgas- und Erdöl-Pipelines quer durch Afghanistan hindurch von Zentralasien bis nach Pakistan zu führen, den Taliban dabei helfen würde an der Macht zu bleiben, um auf diese Weise zugleich dafür zu sorgen, dass Osama Bin Laden ein sicheres Schlupfloch behielt. Trotzdem ermunterte es sogar noch die amerikanische Gesellschaft United Oil of California (UNOCAL) sich daran zu beteiligen."

Schreibt der Ex-CIA-Agent Robert Baer in seinem lesenswerten Buch “Die Saudi-Connection“ über die Verhältnisse in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre.

„Was bedeutet das konkret für mich!?"

Offensichtlich verfolgt man in Washington zurzeit die Strategie der Volksverblödung, indem man die Niederlage in Vergessenheit geraten lassen möchte, sich eher als humanitäre Supermacht mit Herz darstellt, was auch den Taliban gelegen kommt. So ließ man in Kabul und Washington verlautbaren, alles sei rosig.

Nach Angaben der USA seien die Gespräche" offen und professionell" verlaufen. Auch die Taliban werteten die Gespräche als positiv. Der Dialog zwischen Delegationen der USA und der Taliban sei "gut gelaufen", hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung des afghanischen Außenministeriums. Ferner erklärten die Taliban, humanitäre Hilfe sollte nicht mit politischen Fragen verknüpft werden. Laut der Taliban-Erklärung sagten US-Vertreter zu, dass sie den Afghanen humanitäre Hilfe leisten und andere humanitäre Organisationen dabei unterstützen würden, Hilfe zu leisten. Die Taliban begrüßten dieses und erklärten, dass man mit Hilfsorganisation zusammenarbeiten wolle.

Von Seiten Washingtons hieß es, die US-Delegation habe sich bei den Gesprächen in Doha auf Sicherheits- und Terrorismusfragen, auf die sichere Ausreise von US-Bürgern, anderen ausländischen Staatsangehörigen und Afghanen sowie auf die Einhaltung der Menschenrechte konzentriert.

Reizend, angesichts einer so positiven Grundstimmung fragt man sich, wieso es überhaupt 20 Jahre Krieg gab, weshalb unzählige Menschenleben geopfert wurden, warum man nicht von Anfang an den Verhandlungsweg gewählt hat, statt des Krieges?

Die Antwort ist ganz einfach, die westlichen Strategen haben sich mit dem neuen Feindbild China einen Gegner auserwählt, der die Bündelung aller Kräfte erfordert, sodass das Afghanistan-Disaster schnellstmöglich aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit zu verschwinden hat, ebenso wie kritische Fragen und Feststellungen. 

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